Heilige Vorhaut
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Heilige Vorhaut Jesu (lateinisch: "sanctum praeputium") ist eine Reliquie der Römisch-Katholischen Kirche der angeblichen Vorhaut von Jesus von Nazaret. Da ein zentraler Inhalt des christlichen Glaubens die Himmelfahrt Jesu ist, blieben von seinem Körper nur die Bestandteile übrig, die er zu dem Zeitpunkt nicht mehr gehabt haben soll (siehe Christusreliquien). Ausgehend von dem Gedanken, dass bei der Beschneidung Jesu im Tempel (Brit Mila) dessen Vorhaut auf diese Weise übrig geblieben ist, beanspruchten eine Anzahl von europäischen Kirchen im Mittelalter, im Besitz dieser Reliquie zu sein, der angeblich wunderbare Heilkräfte zugeschrieben wurden.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Beschneidung
Seit dem Spätmittelalter wurde zum Gedenken an die Beschneidung Jesu acht Tage nach seiner Geburt, von der im Lukasevangelium 2,21 berichtet wird ("Und als die Eltern das Kind Jesus in den Tempel brachten, um mit ihm zu tun, wie es Brauch ist nach dem Gesetz..."), am 1. Januar das Fest der Beschneidung des Herrn (in circumcisione domini) gefeiert. Der Festtag wurde jedoch durch das Zweite Vatikanischen Konzil 1962 abgeschafft.
[Bearbeiten] Orte
Eine Anzahl von Orten beanspruchte im Mittelalter, im Besitz der Heiligen Vorhaut zu sein. Dazu gehörten:
- Die Abtei von Charroux (Angeblich wurde sie beschafft durch Karl den Großen oder einen Engel.)
- Die Lateranbasilika in Rom (Papst Innozenz III. weigerte sich jedoch die Authentizität anzuerkennen.)
- Die Abteikirche von Coulombs in der Diözese von Chartres (Katharina von Valois bat im Jahr 1421 ihren Mann, König Heinrich V. von England, ihr die Heilige Vorhaut zu besorgen, da ihr süßer Duft eine gute Geburt garantieren würde.)
- Die Kathedrale von Le Puy-en-Velay
- Santiago de Compostela
- Die Stadt Antwerpen
- Eine Kirche in Besançon
- Eine Kirche in Metz
- Eine Kirche in Hildesheim
- Eine Kirche in Calcata, Campagna Romana.
- das Kloster Andechs
[Bearbeiten] Geschichte
Eine Heilige Vorhaut tauchte im Jahr 1112 in Antwerpen auf. Nach einem feierlichen Einzug in die Frauenkirche sah der Bischof von Cambray drei Blutstropfen von ihr fallen. Mit einer eigenen Kapelle geehrt, blieb diese Reliquie in Antwerpen, bis sie beim Bildersturm von 1566 verschwand. Doch im 14. Jahrhundert wurde in Rom die Existenz einer weiteren Heiligen Vorhaut Jesu bekannt, für deren Echtheit sich die heilige Birgitta verbürgte.
Im italienischen Ort Calcata wurde die Heilige Vorhaut noch im Jahr 1983 am Beschneidungsfest in einer Prozession durch die Straßen getragen. Dieses Fest endete allerdings, als Diebe den mit Edelsteinen verzierten Behälter (mit Inhalt) stahlen. Der Versuch des britischen Fernsehjournalisten Miles Kington im Jahr 1997, die Heilige Vorhaut zu finden, endete erfolglos.
Der Gedenktag für die Heilige Vorhaut wurde von der katholischen Kirche früher am 1. Januar weltweit begangen. Heute bemüht sich der Vatikan aber, das Interesse an dieser Reliquie herunterzuspielen, da es „unverschämte Neugier auslöse“.
[Bearbeiten] Bedeutung
Die heilige Katharina von Siena soll in einer Vision eine mystische Hochzeit mit Jesus erlebt haben, bei der ihr Jesus seine Vorhaut als Ehering gegeben haben soll. Diese Vision scheint aber eine anti-katholische Parodie des 17. Jahrhunderts gewesen zu sein und ist damit kaum glaubhaft.
Nach Darstellung von G. W. Foote & J. M. Wheeler, Crimes of Christianity (1887), soll der griechische Gelehrte und Kurator der Vatikanischen Bibliothek, Leo Allatius († 1661), in einer Schrift “De Praeputio Domini Nostri Jesu Christi Diatriba” ("Vortrag über die Vorhaut unseres Herrn Jesus Christus") spekuliert haben, dass die Heilige Vorhaut mit Jesus zum Himmel empor stieg und sich in die Saturnringe verwandelte. Diese Ringe waren erst im Jahre 1610 mittels eines der ersten Teleskope entdeckt worden.
[Bearbeiten] Literatur
- Alphons Victor Müller: "Die hochheilige Vorhaut Christi im Kult und in der Theologie der Papstkirche". Berlin 1907.
- Marc Shell: "The Holy Foreskin; or, Money, Relics, and Judeo-Christianity." Jews and Other Differences: The New Jewish Cultural Studies. Ed. Jonathan Boyarin and Daniel Boyarin. Minneapolis: University of Minnesota, 1997.