Hermann Schmitz (I.G. Farben)
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Hermann Schmitz (* 1. Januar 1881 in Essen; † 1960) war ein deutscher Industrieller, von 1935 bis 1945 Vorstandsvorsitzender der I.G. Farben.
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[Bearbeiten] Biografie
Hermann Schmitz wurde als Kind einer verarmten Arbeiterfamilie geboren. Obwohl er überdurchschnittlich begabt war, konnten ihm seine Eltern nur den Besuch einer Handelsschule finanzieren. 1906 trat er seine erste Stelle als Sekretär bei der Metallgesellschaft (damals das größte Nichteisenmetall-Unternehmen der Welt) in Frankfurt am Main an, wo seine Talente (unter anderem seine harte Verhandlungstaktik) rasch zum Vorschein kamen und ihm zu einer steilen Karriere verhalfen. Bereits vier Jahre später, 1910, wird er stellvertretendes Vorstandsmitglied des Weltunternehmens. Er sicherte in dieser Position der Metallbank Einfluß auf das Geschäft mit spanischem Blei. (Sator, S. 17)
Im Ersten Weltkrieg war er „Kommissar“ unter Walter Rathenau, der bis zum Antritt seiner Position als Präsident bzw. Aufsichtsratvorsitzender der AEG im Jahr 1915 die Kriegsrohstoffabteilung im preußischen Kriegsministerium leitete. [1]
In der „Interessengemeinschaft der deutschen Teerfarbenindustrie“, dem Vorläufer des späteren Zusammenschlußes der deutschen Großindustrie zur I.G. Farben, war er Vorstandsmitglied. In dieser Position war Schmitz einer der Vertreter Deutschlands als Sachverständiger bei den Verhandlungen zum Versailler Vertrag nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg.
Bei dieser Gelegenheit lernt Hermann Schmitz Carl Bosch kennen[2] und tritt 1919 in die BASF ein, die 1925 in der I.G. Farben aufging. Er wurde persönlicher Finanzberater von Bosch, der durchsetzt, dass Schmitz bald zum Finanzdirektor der I.G. Farben ernannt wird. 1925 erwarb Schmitz im Namen der I.G. Farben das Patent auf das Bergius-Verfahren zur Hochdruck-Verflüssigung von Kohle zu Öl. Von 1926 an war er Mitglied des Vorstands des Konzerns. Er war der Initiator und Hauptaktive bei der Verschleierung des Auslandsbesitzes der I.G. Farben vor den Alliierten durch Gründung von Tarngesellschaften, wie beispielsweise der Interhandel.[3]
1933 gehörte er zu den 18 Grundsteinstiftern für das 1937 erbaute Haus der Deutschen Kunst in München.
Im Nationalsozialismus stieg Schmitz 1935 als Nachfolger von Carl Bosch zum Vorstandsvorsitzenden der I.G. Farben auf und war somit auch hauptverantwortlich für den Einsatz von Zwangsarbeitern in Fabriken der I.G. Farben und Massenmorde in den für die I.G. Farben errichteten Konzentrationslagern von Auschwitz.[4]
Schmitz wurde 1935 zum Wehrwirtschaftsführer ernannt und war (wie auch sein Neffe Max Ilgner) Mitglied im wirtschaftspolitischen Beirat des Reichskanzlers Heinrich Brüning und „Ehrenabgeordneter“ der NSDAP im Reichstag, trat aber im Gegensatz zu anderen herausgehobenen Vertretern der I.G. Farben[5] nicht selbst in die Regierung ein.
1941 erhielt er das Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse.
Im I.G.-Farben-Prozess nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er 1948, zusammen mit anderen leitenden Angestellten des Unternehmens, wegen „Plünderung“ zu vier Jahren Gefängnisstrafe verurteilt (unter Anrechnung der bisherigen Haft), 1949 entlassen.
In der Bundesrepublik konnte er 1952 Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank Berlin-West werden und 1956 Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats der 1951 unter dem Namen Rheinstahl-Rheinische Stahlwerke[6] wiedergegründeten Rheinischen Stahlwerke AG, Duisburg-Meiderich.
[Bearbeiten] Anmerkungen
- ↑ Schmitz forderte dort 1916 u.a. eine staatliche Bezuschussung der Stickstoffproduktion bei der BASF. Begründung: „Die in Merseburg zur Zeit im Bau befindliche Tochterfabrik der BASF in Ludwigshafen wird nach ihrer Inbetriebnahme das wichtigste Glied in der Stickstoffversorgung Deutschlands für Munitionszwecke sein. An der frühzeitigen Fertigstellung der Fabrik hat das Heer das allergrößte Interesse.“ (zitiert nach Sator, S. 18)
- ↑ Bosch war seit 1919 Vorstandsvorsitzender der BASF, ab 1925 der I.G. Farben
- ↑ Schmitz' raffiniertes Vorgehen zeigte sich erneut 1928: Im Vorfeld der Aktienemission der I.G. Farben (250 Millionen Reichsmark) kündigte er eine Anhebung der Dividende an, um damit den Aktienkurs zu steigern. Nach Ausgabe sank der Kurs durch von ihm veranlasste Maßnahmen wieder. Damit brauchte der Konzern rund 10 Millionen Reichsmark weniger Dividende auszahlen und die Aktien konnten mit Gewinn wieder zurückgekauft werden. Dieses Vorgehen war eigentlich ein Verstoß gegen den § 226,1 (Aktienrückkauf) des damaligen Handelsgesetzes.
- ↑ 1941 wurde in Auschwitz eine Buna-Fabrik von Häftlingen erbaut, für die eigens das KZ Auschwitz III Monowitz errichtet wurde. In diesem waren die I.G. für Unterkunft und Verpflegung und die SS für Bewachung und Austausch der Zwangsarbeiter zuständig. Nach verschiedenen Untersuchungen sind während des Baus und der Produktion im I.G. Farbenwerk Auschwitz-Monowitz über 25.000 Häftlinge ums Leben gekommen. Eine Tochtergesellschaft der I.G. Farben, die Firma Degesch (Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung), vertrieb das Schädlingsbekämpfungsmittel Zyklon B, das in den Gaskammern des KZ Auschwitz-Birkenau zum Massenmord eingesetzt wurde.
- ↑ Paul Moldenhauer (Aufsichtsratsmitglied) war Finanzminister, Hermann Warmbold (Aufsichtsrat) war Wirtschaftsminister.
- ↑ 1973 von Thyssen übernommen, 1976 in Thyssen Industrie AG umfirmiert, heute ThyssenKrupp. Einer der Großaktionäre dieses Unternehmens war in der Zeit des Nationalsozialismus die I.G. Farben. Quelle: [1]
[Bearbeiten] Quellen und weiterführende Literatur
- Joseph Borkin: The Crime and punishment of I.G. Farben, André Deutsch Ltd., London 1979. ISBN 0-233-97126-2. Online-Fassungen: [2](Gesamtscan), [3] (Auszug: Kapitel 13 "Corporate Camouflage" als Onlinetext)
- Joseph Borkin: Die unheilige Allianz der I.G. Farben: eine Interessengemeinschaft im Dritten Reich. Campus Verlag, Frankfurt am Main, New York 1979, 1990 (Bd. 1030)
- Jan Große Nobis: Die IG FARBEN und das Ende der Weimarer Republik. [4]
- ... von Anilin bis Zwangsarbeit. Eine Dokumentation des Arbeitskreises I.G.Farben der Bundesfachtagung der Chemiefachschaften [5]
- Klaus Sator: Großkapital im Faschismus: dargestellt am Beispiel der IG-Farben. (Reihe Marxismus aktuell), Frankfurt am Main 1978
[Bearbeiten] Weblinks
- Foto von Hermann Schmitz (links) im Gespräch mit Hermann Göring (rechts) und Carl Krauch (Vorstandsmitglied der I.G. Farben seit 1925, Aufsichtsratsvorsitzender ab 1940, in der Mitte neben Schmitz).
Bildquelle: Hans Magnus Enzensberger (Hrsg.):O.M.G.U.S.: Ermittlungen gegen die I.G. Farben. Verlag Franz Greno, Nördlingen 1986 (Sonderband der Anderen Bibliothek). ISBN 3-891-900-198.
Personendaten | |
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NAME | Schmitz, Hermannn |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Industrieller der I.G. Farben |
GEBURTSDATUM | 1. Januar 1881 |
GEBURTSORT | Essen |
STERBEDATUM | 1960 |
Kategorien: Essen | I.G. Farben | Industrieller | Geboren 1881 | Gestorben 1960 | Deutscher | Mann