Hodgson Report
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Als Hodgson Report bzw. Hodgson-Bericht wurde eine von Richard Hodgson durchgeführte Untersuchung der paranormalen Phänomene rund um Helena Petrovna Blavatsky und der Theosophischen Gesellschaft (TG) bezeichnet. Die Untersuchung erfolgte im Auftrag der Society for Psychical Research (SPR) in den Jahren 1884/85. Im Vorfeld ereignete sich die sogenannte Coulomb-Affäre die den Hodgson Report maßgeblich beeinflusste und deshalb damit in ursächlichem Zusammenhang gesehen werden muss. Im Verlauf dieser Auseinandersetzungen traten die Theosophen auch aus der hermetischen Bruderschaft aus. Der Report ruinierte den Ruf Blavatskys und der TG und beeinflusste die öffentliche Meinung, wie auch die Geschichtsschreibung, über einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren negativ. Erst 1986 und 1997 wurde der Report von Vernon Harrison, nach einer langwierigen und kritischen Prüfung, als ungerechtfertigt kritisiert und widerlegt. Die öffentliche Meinung zu diesem Thema änderte sich bis heute (2006) jedoch kaum.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Vorgeschichte
[Bearbeiten] Die Theosophische Gesellschaft
1875 wurde in New York von Helena Petrovna Blavatsky, Henry Steel Olcott u.a. die Theosophische Gesellschaft (TG) gegründet. Diese verlegte 1879 ihr Hauptquartier nach Mumbai in Indien und 1882 ein weiteres mal nach Adyar bei Chennai. Während dieser Zeit, besonders ab 1880 in Indien und Sri Lanka, expandierte die TG stark. Zahlreiche Logen wurden gegründet und innerhalb weniger Jahre stellte die Organisation eine ernste Konkurrenz für die Mission mehrerer christlicher Konfessionen in diesen Ländern dar, da die TG vor allem religiöse und ethische Werte propagierte. Neben Olcott, als Präsident, war Blavatsky die Hauptperson innerhalb der TG. Sie machte häufig Schlagzeilen durch paranormale Phänomene, oftmals als regelrechte Wundertaten aufgebauscht, die sie vorgeführt haben soll. Ebenso lieferte Blavatsky, wie auch die TG, Gesprächsstoff durch mehrere Meister der Weisheit, die angeblich Antworten auf anstehende Fragen und Probleme lieferten, obwohl sie nicht anwesend waren und diesbezügliche Briefe aus dem Nichts erscheinen lassen konnten. Diese Meisterbriefe erschienen meist in einem bestimmten Schrank, des als „shrine“ (= Schrein) bezeichnet wurde, und waren dann auch ein Hauptgegenstand sowohl der Coulomb-Affäre als auch des Hodgson Reports.
[Bearbeiten] Die Coulomb-Affäre
Seit 1880 waren Emma und Alexis Coulomb Angestellte der Theosophischen Gesellschaft (TG), nach einigen Differenzen wurden sie jedoch am 14. (17.?) Mai 1884 fristlos entlassen. Bei einer am 18. Mai stattfindenden Inspektion entdeckten die dabei anwesenden Theosophen eine Reihe von geheimen Einbauten in Blavatskys Privaträumen und beim „shrine“. Der bei dieser Begehung anwesende Alexis Coulomb gab an, diese Einbauten auf Anweisung Blavatskys vorgenommen zu haben, was diese jedoch, als sie davon erfuhr, nicht bestätigte. Es war offensichtlich, dass die Vorrichtungen ganz neu waren, die Bedienung der Einbauten war nur mit Schwierigkeiten und erheblicher Kraftanstrengung möglich, dabei entstand beträchtlicher Lärm. Dieser Sachverhalt wurde nicht nur von den Theosophen festgestellt, sondern auch später von Richard Hodgson bei seiner Untersuchung bemerkt und im Hodgson Report erwähnt. Nach ihrer Entlassung fanden die Coulombs Aufnahme in der Mission der Free Church of Scotland in Chennai. Die Coulombs übergaben daraufhin dem Kaplan dieser Kirche eine Reihe von Briefen, welche angeblich Helena Petrovna Blavatsky an Emma Coulomb geschrieben haben soll. Diese stellten Blavatsky als Betrügerin und Fälscherin der Meisterbriefe dar und die geheimen Einbauten als Hilfsmittel um paranormale Phänomene vorzutäuschen. Der Kaplan George Patterson, veröffentlichte Auszüge aus diesen Briefen in der September- und Oktoberausgabe 1884 der in Chennai erscheinenden Monatszeitschrift Madras Christian College Magazine, dem Sprachrohr der Reformierten Kirche in Südindien. Diese Nachrichten verbreiteten sich in Windeseile in Indien und in Folge der ganzen Welt, der Ruf Blavatskys wurde dadurch schwer und nachhaltig in Mitleidenschaft gezogen. Näheres dazu findet sich unter Coulomb-Affäre.
[Bearbeiten] Der Hodgson Report
[Bearbeiten] Die Society for Psychical Research
Während sich diese Vorkommnisse in Indien abspielten, befand sich Blavatsky zusammen mit Olcott und anderen Theosophen auf einer großen Europareise. Schon seit mehreren Jahren waren in der Presse regelmäßig Berichte über außerordentliche paranormale Phänomene, teils hervorgebracht von Blavatsky selbst, teils im Dunstkreis der TG geschehen, veröffentlicht worden. In England stellte Olcott Kontakt zur Society for Psychical Research (SPR) her, diese 1882 gegründete Organisation, beschäftigte sich mit der wissenschaftlichen Erforschung parapsychologischer Ereignisse. Bereits durch die Presseberichte aufmerksam geworden, zeigte die SPR Interesse, bildete daraufhin aus ihren Mitgliedern ein Komitee, dieses bestand neben Hodgson aus Edmund Gurney, Frederick William Henry Myers, Frank Podmore, Eleanor Mildred Sidgwick (geborene Eleanor Mildred Balfour, häufig als Mrs. Henry Sidgwick bezeichnet), Henry Sidgwick und John Herbert Stack. Das Komitee führte schließlich von Mai bis Dezember 1884 eine Reihe von Gesprächen mit Blavatsky, Olcott und anderen indischen sowie britischen Theosophen. Die Unterredungen erhöhten jedenfalls das Interesse seitens der SPR, als im September 1884 die Coulomb-Affäre auch in England bekannt wurde. Der dadurch aufkommende Verdacht, die von Blavatsky hervorgebrachten Phänomene seien auf Betrug aufgebaut, gaben den Ausschlag für eine weitergehende Untersuchung des Falles durch die SPR.
In Folge wurde Richard Hodgson bestimmt, als Mitglied und Vertreter der SPR nach Indien zu fahren, um die Untersuchung dort vor Ort durchzuführen. Derweil veröffentlichte das SPR-Komitee im Dezember 1884 ein internes Papier, den 130 Seiten starken First Report of the Committee of the SPR (= Erster Bericht des SPR-Komitees), über die Ergebnisse der Gespräche, die Zweifel bezüglich der Coulomb-Affäre und die Gründe, welche die Untersuchung rechtfertigten. Hodgson traf am 18. Dezember 1884 in Indien ein, blieb rund 3 Monate dort und kehrte im April 1885 wieder nach England zurück. Der von ihm verfasste, knapp 200 Seiten starke Report of the Committee Appointed to Investigate Phenomena Connected with the Theosophical Society (= Bericht des Untersuchungsausschusses der Phänomene im Zusammenhang mit der Theosophischen Gesellschaft), wurde daraufhin vom Komitee geprüft, einstimmig für recht und richtig erklärt und mit einer Schlussfolgerung versehen. Auf der Generalversammlung der SPR, am 24. Juni 1885, vorgelesen, fand das Ganze Zustimmung und wurde im Dezember 1885 in den Proceedings (= Sitzungsprotokollen) der SPR veröffentlicht. Für den Bericht bürgerte sich später die Bezeichnung „Hodgson Report“ ein.
[Bearbeiten] Die Untersuchung
Die Untersuchung Hodgsons widmete sich hauptsächlich zwei Themen:
1) Den angeblich von Blavatsky hervorgebrachten Phänomenen. In diesem Zusammenhang untersuchte Hodgson die Ereignisse rund um den „shrine“, wo viele der Meisterbriefe erschienen waren, Schiebetüren vor doppelten Wänden, Wanddurchbrüche, Bodenklappen und mehrere Möbelstücke - kurz, alle Gegenstände und Einrichtungen, die geheime Vorrichtungen und Einbauten aufwiesen. Zur Illustration fertigte er mehrere Zeichnungen bzw. Pläne der Räumlichkeiten mit den Standorten der untersuchten Möbel an.
2) Den Blavatsky-Coulomb-Briefen sowie damit in Zusammenhang den Meisterbriefen. Hier unterzog Hodgson die Briefe einem Schriftvergleich mit nachweislich von Blavatsky verfassten Schreiben. Einige dieser belastenden Briefe ließ er von anderen Personen prüfen, deren Aussagen stimmten schließlich mit seinen überein. Diesem Teil der Untersuchung waren zwei Faksimiles von Handschriften beigefügt.
Emma und Alexis Coulomb waren die beiden Hauptzeugen, welche die Aussagen Hodgsons stützten. Ein weiterer Zeuge kam noch durch den russischen Ex-Theosophen Vsevolod Sergeevich Solovyoff hinzu, von diesem übernahm Hodgson die Behauptung, Blavatsky wäre eine russische Spionin. Als Ergebnis seiner Untersuchung sah Hodgson als erwiesen an, dass Blavatsky die Meisterbriefe, mit verstellter Handschrift, geschrieben habe. Auch die Blavatsky-Coulomb-Briefe wurden als echt, und damit als von Blavatsky verfasst, gesehen. Die geheimen Vorrichtungen und Einbauten dienten, laut Hodgson, dazu, paranormale Phänomene vorzutäuschen, wie bestimmte Geräusche hervorzubringen oder die Meisterbriefe aus dem nichts erscheinen zu lassen. Sein Resümee war, dass Blavatsky in erheblicher Weise in Täuschungen und Fälschungen mit betrügerischer Absicht verstrickt war.
[Bearbeiten] Prüfung durch das SPR-Komitee
Das SPR-Komitee kam nach Prüfung von Hodgsons Untersuchung zur Schlussfolgerung:
1) Die Blavatsky-Coulomb-Briefe waren unzweifelhaft von Blavatsky geschrieben. Damit war erwiesen, dass sie und andere Personen mit Hilfe gewöhnlicher Mittel scheinbare Wunder produzierten, um die Theosophische Bewegung zu unterstützen.
2) Dass speziell der „shrine“, von dem behauptet wurde, die Meister der Weisheit würden dort ihre Briefe (die Meisterbriefe) erscheinen lassen, eine eigens an der Rückseite angebrachte Vorrichtung aufwies, um die Briefe heimlich einlegen zu können. Diese Vorrichtung wurde regelmäßig von Blavatsky und ihrern Helfern zu diesem Zweck benutzt.
3) Daraus ergab sich mit hoher Wahrscheinlichkeit die Vermutung, dass sämtliche Erzählungen im Zusammenhang mit Wundern, welche die Existenz der Meister der Weisheit beweisen sollen, entweder
- a) eine bewusste Täuschung von Blavatsky waren bzw. von ihr angestiftet wurden, oder
- b) eine ungezwungene Illusion oder Halluzination oder unbewusste Verdrehung oder eine Erfindung der Zeugen waren.
4) Nach Begutachtung der von Richard Hodgson durchgeführten Erhebungen, sind wir (das SPR-Komitee) der Meinung, dass die Beweise für Wunder keinesfalls hinreichend sind, sowohl in Ausmaß als auch Charakter derselben, als auch in Hinblick auf die oben erwähnten Vermutungen. Wir denken demgemäß, dass es Zeitverschwendung wäre, die Untersuchung auszudehnen.
Mit Bezug auf Frau Blavatsky selbst kam das Komitee zum Schluss:
Aus unserer Sicht halten wir sie weder für das Sprachrohr unsichtbarer Propheten, noch für eine gewöhnliche Abenteurerin; wir meinen, dass sie ein Anrecht auf dauernde Erinnerung als eine der vollendetsten, genialsten und interessantesten Schwindlerinnen der Geschichte hat.
Dieser Satz vor allem, die Schlussfolgerung der ganzen Untersuchung, formte bis heute (2006) die öffentliche Meinung und fand Eingang in Geschichts- und Nachschlagewerke. Der Hodgson Report galt vielfach als Musterbeispiel für eine wissenschaftliche Arbeit, er wurde mit den Attributen Meisterwerk, ehrlich, gewissenhaft, unparteiisch usw. ausgezeichnet. Jedenfalls fällte er ein Urteil, nicht aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung, sondern Kraft seines Anspruches auf Wissenschaftlichkeit und der damit implizierten Prinzipien. Der Autor der Hodgson Reports, wie auch jene, die ihn bestätigend unterzeichnet hatten, galten jahrzehntelang als Vorbilder, deren Reputation dadurch noch erhöht worden war.
[Bearbeiten] Kritik
[Bearbeiten] Widerlegungen ohne Wirkung
Vorweg ist zu erwähnen, dass vor der Veröffentlichung des Hodgson Reports weder Blavatsky noch der TG Gelegenheit zur Einsicht oder gar Stellungnahme gegeben wurde. Das Erscheinen des Reports rief, vor allem wegen Blavatskys Bekanntheit, großes Aufsehen hervor. Von Anfang an kam es zu teils heftigem Widerspruch, sowohl von theosophischer als auch unabhängiger Seite. Mehrere Prüfungen der Meisterbriefe als auch der Beweisführung Hodgsons führten zu anderen Ergebnissen bzw. deckten schwerwiegende Unstimmigkeiten im Report auf. So sah sich Hodgson 1893 gezwungen, eine Rechtfertigung in den Proceedings der SPR zu veröffentlichen. Da diese Begründung nur aus fadenscheinigen Ausreden bestand und die Kritiken nicht entkräften konnte, hielt die öffentliche Diskussion weiter an, eine Revision wurde aber weder von Hodgson noch von der SPR in Erwägung gezogen. Der frühe Tod Hodgsons, am 20. Dezember 1905, änderte nichts an dieser Situation, in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen erschienen Aufsätze oder Bücher, die sich mit der Thematik befassten und immer neue Ungereimtheiten zu Tage förderten.
Hervorzuheben sind die Arbeiten von Walter Adley Carrithers jr. (1924-1994), er publizierte auch unter dem Pseudonym Adlai E. Waterman, in den 1950er und 1960er Jahren. Der Schwerpunkt von Carrithers Untersuchung lag auf dem ersten Teil des Hodgson Reports über die geheimen Vorrichtungen und Einbauten. In einer akribisch recherchierten Prüfung des Reports und der damit zusammenhängenden Ereignisse, wies er in diesem mehr als 100 (!) Widersprüche, Auslassungen, Verdrehungen und Falschaussagen nach. Danach war es unmöglich, dass Blavatsky oder ihre angeblichen Helfershelfer die geheimen Vorrichtungen zur Täuschung verwendet haben konnten. All dies wurde jedoch nur von wenigen wahrgenommen, außerhalb der TG und der SPR nahm kaum jemand davon Notiz, ganz im Gegenteil galt der Hodgson Report weiterhin als vorbildlich und in Folge Blavatsky als Betrügerin.
[Bearbeiten] Langsamer Meinungsumschwung
Die erste distanzierende Äußerung gegenüber dem Hodgson Report seitens der SPR erfolgte nicht freiwillig, sondern durch Druck von außen. In der Ausgabe vom 19. Juli 1968 des Time-Magazine, erschien der überaus unschön formulierte und nachweislich auf falschen Behauptungen beruhende Artikel Cult of the Occult. Darin hieß es u. a., dass die SPR Blavatsky beschuldigt habe, eine Betrügerin, Fälscherin und Spionin zu sein. Daraufhin richtete die SPR ein mit 25. Juli 1968 datiertes Schreiben an den Herausgeber des Time-Magazine, worin sie um Berichtigung ersuchte, da dies nicht zutreffend sei. Die SPR erklärte dazu, dass alle Veröffentlichungen ihrer Gesellschaft ausschließlich in Verantwortung der jeweiligen Autoren erscheinen und dass für die im Hodgson Report erhobenen Anklagen ausschließlich der Verfasser und nicht die SPR verantwortlich sei. Der Widerruf wurde zwar vom Time-Magazine verweigert und da die SPR keine weiteren Schritte unternahm, blieb dies auch folgenlos, doch hatte sich damit die SPR erstmals offiziell vom Hodgson Report distanziert.
In den Jahrzehnten vor und nach diesem Geschehen kam es bei der SPR allmählich zu einer Meinungsänderung hinsichtlich des Hodgson Reports. Einerseits weil die Beweislast gegen ihn immer größer wurde und seine schweren Mängel offensichtlich geworden waren. Andererseits, wenn auch nicht so offenbar, waren die unmittelbar daran Beteiligten inzwischen gestorben, auch die Interessen naher Angehöriger, Anhänger und Schüler verloren zunehmend an Bedeutung, damit einhergehend gewann eine neue, von Rücksichtnahmen und Vorurteilen freiere Generation an Einfluss. Dies ermöglichte eine unvoreingenommenere Betrachtung der ganzen Angelegenheit und daraus entstand ein Klima, in dem Kritik und Richtigstellung leichter zu akzeptieren und schließlich, zumindest von einem einflussreichen Kreis, erwünscht war. Dennoch zögerte man seitens der offiziellen SPR mit einem Widerruf des Reports, da dies als Exempel für andere umstrittene Texte hätte gelten können und die SPR ja keinerlei Verantwortung für die von ihr veröffentlichten Artikel übernahm.
Anfang der 1980er Jahre war die Zeit reif geworden, Vernon Harrison begann von sich aus eine unabhängige Prüfung des Hodgson Reports, später sicherte John Beloff, als Herausgeber des SPR-Journals, seine Unterstützung bei der Publikation dieser Prüfung zu. Auf diesem Wege war eine „offizielle“ Widerlegung möglich geworden, ein selbständiger Wissenschaftler und langjähriges Mitglied der SPR, verfasste unbeeinflusst eine Wissenschaftliche Arbeit und die SPR veröffentlichte diese in ihrer Zeitschrift.
[Bearbeiten] Vernon Harrisons Widerlegung
Insgesamt 15 Jahre lang untersuchte Vernon Harrison den Hodgson Report, 1986 veröffentlichte er seine erste Untersuchung unter der Überschrift „J'Accuse“ (= Ich klage an), in Anspielung an den offenen Brief Émile Zolas an Präsident Félix Faure zur Dreyfus-Affäre. 1997 erschien der zweite Teil seiner Arbeit unter dem Titel „J'Accuse d'autant plus“ (= Ich klage umso mehr an), beides zusammen erschien 1998 auch in deutscher Übersetzung. Harrison konzentrierte sich bei seinen Untersuchungen auf den zweiten Teil des Reports, also die Blavatsky-Coulomb-Briefe und die Meisterbriefe. Er kam zum Schluss:
„In „J'Accuse“ habe ich geschrieben: „Während Hodgson gewillt war, jeglichen Beweis zu benutzen, wie trivial und fragwürdig er auch immer sein mochte, um HPB [Abkürzung für Helena Petrovna Blavatsky] zu belasten, ignorierte er jeden Beweis, der zu ihren Gunsten hätte herangezogen werden können. Sein Bericht ist durchsiebt mit tendenziösen Behauptungen, von Mutmaßungen, die als Tatsache oder bewiesenes Faktum vorgebracht werden, von nicht bestätigten Aussagen ungenannter Zeugen, von Unterschlagung von Beweisen und völliger Unwahrheit.“ Wenn das übertrieben erscheint, antworte ich, dass nun - da ich die Gelegenheit hatte, den Hodgson Bericht im Lichte des eindeutigen Beweises, der uns bleibt (die Meisterbriefe in der Britischen Bibliothek), noch einmal zu lesen - der Hodgson Bericht sogar noch schlimmer ist, als ich gedacht hatte. Der Hodgson Bericht ist nicht - wie seit mehr als einem Jahrhundert angenommen wird - ein Vorbild für eine unparteiische und gewissenhafte Untersuchung: Er ist das Werk eines Mannes, der bei seiner Untersuchung frühzeitig seine Schlüsse gezogen hat und danach - Beweismittel unterschlagend und verdrehend - nicht zögerte, fehlerhafte Argumente zur Unterstützung seiner These heranzuziehen. ([1], Vorwort Seite x)“
Harrison verfolgte den Verbleib der Blavatsky-Coulomb-Briefe, denn Hodgson hatte kein einziges Faksimile dieser wichtigsten Beweisstücke angefertigt, obwohl dies nachweislich leicht möglich gewesen wäre. Dabei kam er zur wahrscheinlichen, auf Indizien gestützten Folgerung, dass diese von den Coloumbs gefälscht worden waren. Es gilt als sicher, dass sie durch Elliott Coues, einen erklärten Feind Blavatskys, vernichtet wurden, der damit eine Entlastung verhindern wollte. Damit war der Hodgson Report in dieser Richtung nicht nachprüfbar und Harrison musste sich auf die Beweisführung Hodgsons konzentrieren. Diese war überaus schlampig, es fehlten, bis auf eine Ausnahme, sämtliche Angaben zu erwähnten Zeugen und deren Qualifikation. Ebenso hatte Hodgson über die Aussagen dieser Personen keinerlei schriftliche Belege angeführt, weder über die gestellten Fragen noch deren Antworten. Der als einziger nachvollziehbare Zeugenbericht war verstümmelt und Teile davon fehlten, u. a. auch die gestellten Fragen. Dazu kam, dass einerseits die Briefe, zu denen Aussagen gemacht wurden, nicht identifiziert werden konnten, und andererseits jene, deren Zuordnung möglich war, kein belastendes Material enthielten. Harrison konnte weiters zeigen, dass Hodgson einige entlastende Gutachten willkürlich umgedreht hatte und stattdessen als Belastungen gebrauchte, eine Begründung für dieses Tun fehlte.
Der wesentliche Teil von Harrisons Arbeit war, und dies entsprach seinem Fachgebiet, die Prüfung der Meisterbriefe. Eine große Anzahl von ihnen war von Alfred Percy Sinnett testamentarisch dem Britischen Museum vermacht worden und befinden sich heute in der British Library, wo sie auch öffentlich eingesehen werden können. Hodgson war ja bei seinem Vergleich derselben mit nachweislich von Blavatsky geschriebenen Schriftstücken zur Ansicht gelangt, dass Blavatsky die meisten Meisterbriefe, in betrügerischer Absicht und mit verstellter Handschrift, verfasst hatte. Unter Zugrundelegung von Hodgsons Vergleichen und seiner Beweisführung, zeigte Harrison, dass die Meisterbriefe von Mark Twain oder Dwight D. Eisenhower geschrieben wurden. Das ist natürlich absurd, doch damit war erwiesen, dass Hodgsons Schriftvergleiche völlig unbrauchbar und ohne jeden Aussagewert waren. Harrison ging noch weiter und prüfte anhand einer Leihgabe von 1323 Farbdias der Meisterbriefe, Zeile für Zeile unter 50-facher Vergrößerung, umfassend alle Details derselben. Mittels zahlreicher Vergleiche, sowohl aus einer größeren Perspektive betrachtet, als auch kleinste Einzelheiten berücksichtigend, widerlegte Harrison Punkt für Punkt Hodgsons Schlussfolgerungen und zeigte im Gegenteil auf, dass Blavatsky keinesfalls die Meisterbriefe geschrieben haben konnte. Harrison erstellte über seine Arbeit ein Gutachten und fügte eine, vor einem Anwalt beschworene, Eidesstattliche Erklärung hinzu.
Damit war die Anschuldigung, Blavatsky wäre eine Betrügerin und Fälscherin, klar widerlegt und Blavatsky rehabilitiert. Hingegen standen dadurch sowohl Richard Hodgson als auch die Mitglieder des SPR-Komitees unter Druck.
[Bearbeiten] Auswirkungen
Als passender Ausdruck, um die Auswirkungen zu beschreiben, erscheint - verheerend - als gerechtfertigt. Dies gilt sowohl für Blavatsky selbst, als auch die TG als Ganzes. Blavatskys Ruf in der Öffentlichkeit war ruiniert, sie selbst als Schwindlerin und Fälscherin denunziert. In Folge der Anschuldigungen verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand und es ist dem Hodgson Report zumindest eine Mitverantwortung an ihrem frühen Tod im 59. Lebensjahr, am 8. Mai 1891, anzulasten. Auch die gesamte TG war durch die Angelegenheit schwer betroffen, die Betrugs- und Fälschungsvorwürfe schlugen auf die Organisation als Ganzes durch und brachten sie nachhaltig in Misskredit. Es kam zu Massenaustritten, zahlreiche Logen wurden deshalb aufgegeben oder mussten geschlossen werden, darunter auch die deutsche Loge Germania. Nicht abschätzbar ist die Behinderung der Expansion in den folgenden Jahrzehnten.
Obwohl die Anschuldigungen spätestens seit 1997 widerlegt sind, wirkt der Schaden, sofern überhaupt je gutzumachen, bis heute (2006) fort. In Geschichtsbüchern und Nachschlagewerken, wie auch unzähligen Aufsätzen, Artikeln und Titeln, wird Blavatsky nach wie vor als Betrügerin bezeichnet bzw. damit in Verbindung gebracht. Ebenso finden sich auf vielen einschlägigen Webseiten (einschließlich der Wikipedia!) teils offene, teils unterschwellige Aussagen in dieser Richtung. Als „Beweis“ beziehen sich diese Angaben öfters auf die in der British Library aufbewahrten Briefe, die, aufgrund Hodgsons Untersuchung, Blavatsky gefälscht haben soll. Doch gerade das wurde durch Harrisons Arbeit eindeutig entkräftet. Von all dem sind nach wie vor große Teile der öffentlichen Meinung beeinflusst und häufig wird der Betrugsvorwurf dann gleich auf die gesamte TG ausgedehnt.
[Bearbeiten] Literatur und Quellen
- [1] Harrison, Vernon: H.P. Blavatsky und die SPR, Eine Untersuchung des Hodgson Berichtes aus dem Jahre 1885. Theosophischer Verlag 1998; ISBN 3-930623-21-8
- Hastings, Beatrice: Defence of Madame Blavatsky (Band 2). The Hastings press, Worthington 1937
- Hubbell, Gabriel G.: Fact and fancy in spiritualism, theosophy, and psychical research. The R. Clarke company, Cincinnati 1901
- Kingsland, William: The real H. P. Blavatsky, a study in theosophy and a memoir of a great soul. J.M. Watkins, London 1928
- Sinnett, Alfred Percy: The „occult world phenomena“. G. Redway, London 1886
- Society for Psychical Research (Hrsg.): The Society for Psychical Research report on the Theosophical Society. Arno Press, New York 1976; ISBN 0405079753
- Solovyoff, Vsevolod Sergeevich: A modern priestess of Isis. Arno Press, New York 1976; ISBN 0405079761
- Vania, K. F.: Madame H. P. Blavatsky, her occult phenomena and the society for physical research. Sat Publishing Co., Bombay 1951
- Waterman, Adlai E. (Pseudonym von Walter Adley Carrithers jr.): The „Hodgson report“ on Madame Blavatsky, 1885-1960, re-examination discredits the major charges against H.P. Blavatsky. Theosophical Publishing House, Madras 1963
[Bearbeiten] Weblinks
[Bearbeiten] Pro Blavatsky
- Vernon Harrisons Buch über die Widerlegung des Hodgson Reports online (pdf-Dokument, 2630 kb)
- Walter Adley Carrithers Kritik des Hodgson Reports (englisch)
- Die SPR und die theosophischen Phänomene, eine Zusammenfassung des Hodgson Reports (englisch)
- Der Hodgson Report aus der Sicht einer Theosophin (englisch)
- Annie Besants Kritik am Hodgson Report (englisch)
- Widerruf der SPR (englisch)
[Bearbeiten] Kontra Blavatsky
Der Hodgson Report ist bis heute (März 2006) nicht online, jedoch gedruckt erhältlich - siehe Literatur.