Internationales Phonetisches Alphabet
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Das Internationale Phonetische Alphabet (IPA) ist ein phonetisches Alphabet, das heißt eine Sammlung von Zeichen, mit deren Hilfe die Laute aller menschlichen Sprachen nahezu genau beschrieben und notiert werden können. Es wurde von der International Phonetic Association entwickelt und ist das älteste, heute am weitesten verbreitete Lautschriftsystem.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Zeichenzuordnungen der Laute und Lautzeichenerweiterungen
Die IPA-Zeichentabelle nutzt unter anderem Buchstaben des lateinischen und griechischen Alphabets, teilweise in abgewandelter Form. Jedes Zeichen bezeichnet dabei einen Laut oder beschreibt einen bereits angegebenen Laut näher, der in einer Sprache der Welt ein Wort von einem anderen unterscheidet.
Das Internationale Phonetische Alphabet ist sprachenübergreifend; dies führt dazu, dass die Zuordnung eines Zeichens zu einem Laut in einer bestimmten Sprache nicht zwangsläufig identisch ist mit der Lautzuordnung desselben Zeichens im IPA. So steht beispielsweise das Zeichen [ç] im IPA für die Aussprache der Buchstabenfolge ch im deutschen Wort „ich“, obwohl es der deutschen Orthographie fremd ist; für die Hochlautung des Französischen, dessen Orthografie „ç“ als stimmloses „s“ kennt, benötigt man das Zeichen dagegen nicht.
Die Sonderzeichen des Alphabets wurden in Unicode im Bereich von U+0250 bis U+02AF aufgenommen.
[Bearbeiten] Vokale
vorne | fast vorne |
zentral | fast hinten |
hinten | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
ung. | ger. | ung. | ger. | ung. | ger. | ung. | ger. | ung. | ger. | |
geschlossen | i | y | ɨ | ʉ | ɯ | u | ||||
fast geschlossen | ɪ | ʏ | ʊ | |||||||
halbgeschlossen | e | ø | ɘ | ɵ | ɤ | o | ||||
mittel | ə | |||||||||
halboffen | ɛ | œ | ɜ | ɞ | ʌ | ɔ | ||||
fast offen | æ | ɐ | ||||||||
offen | a | ɶ | ɑ | ɒ |
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- Siehe auch: Hauptvokal
[Bearbeiten] Konsonanten
Bei den Konsonanten sind verschiedene Luftstrommechanismen zu unterscheiden.
Die pulmonalen Konsonanten werden mit ausströmender Atemluft (d. h. Luft aus der Lunge) erzeugt (pulmonal-egressiv). Zu dieser Gruppe zählen die allermeisten Konsonanten. Bei den Ejektiven und Implosiven wird der Luftstrom dagegen durch Bewegungen des Kehlkopfs erzeugt. Bei den Ejektiven bewegt sich der Kehlkopf nach oben, sodass Luft ausströmt (glottal-egressiv); bei den Implosiven bewegt er sich nach unten, sodass Luft einströmt (glottal-ingressiv). Schnalzlaute (manchmal auch als „Avulsive“ oder im Englischen als “clicks” bezeichnet) entstehen dadurch, dass Zunge und Gaumensegel einen abgeschlossenen Hohlraum bilden, der durch eine Zurück- und Abwärtsbewegung der Zunge vergrößert wird. Beim Öffnen des Hohlraums findet ein Druckausgleich statt (Luft strömt hinein, daher velar-ingressiv), sodass ein Laut erzeugt wird.
[Bearbeiten] Pulmonale Konsonanten
bilabial | labio- dental |
dental | alveolar | post- alveolar |
retroflex | palatal | velar | uvular | pha- ryngal |
glottal | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
stl. | sth. | stl. | sth. | stl. | sth. | stl. | sth. | stl. | sth. | stl. | sth. | stl. | sth. | stl. | sth. | stl. | sth. | stl. | sth. | stl. | sth. | |
Plosive | p | b | t | d | ʈ | ɖ | c | ɟ | k | g | q | ɢ | ʔ | |||||||||
Nasale | m | ɱ | n | ɳ | ɲ | ŋ | ɴ | |||||||||||||||
Vibranten | ʙ | r | ʀ | |||||||||||||||||||
Taps/Flaps | ɾ | ɽ | ||||||||||||||||||||
Frikative | ɸ | β | f | v | θ | ð | s | z | ʃ | ʒ | ʂ | ʐ | ç | ʝ | x | ɣ | χ | ʁ | ħ | ʕ | h | ɦ |
laterale Frikative | ɬ | ɮ | ||||||||||||||||||||
Approximanten | ʋ | ɹ | ɻ | j | ɰ | |||||||||||||||||
laterale Approximanten | l | ɭ | ʎ | ʟ |
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Die Abkürzung »stl.« steht hier für »stimmlos« und »sth.« für »stimmhaft«.
Dunkel hinterlegte Felder bezeichnen physiologisch unmögliche Artikulationen. Beispielsweise ist ein glottaler Nasal unmöglich, weil bei einem Verschluss der Stimmlippen keine Luft durch die Nase ausströmen kann usw.
[Bearbeiten] Nicht-pulmonale Konsonanten
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[Bearbeiten] Andere Symbole
Zeichen | Unicode-Code | Bedeutung |
---|---|---|
ʍ | U+028D | stimmloser labiovelarer Frikativ |
w | U+0077 (w) | stimmhafter labiovelarer Approximant |
ɥ | U+0265 | stimmhafter labiopalataler Approximant |
ʜ | U+029C | stimmloser epiglottaler Frikativ |
ʢ | U+02A2 | stimmhafter epiglottaler Frikativ |
ʡ | U+02A1 | stimmloser epiglottaler Plosiv |
ɕ, ʑ | U+0255, U+0291 | stimmloser und stimmhafter alveolopalataler Frikativ |
ɺ | U+027A | lateraler alveolarer Flap |
ɧ | U+0267 | stimmloser velopalataler Frikativ ([ʃ] und [x] zugleich) |
[Bearbeiten] Suprasegmentalia
Von den Suprasegmentalen Zeichen stehen die Betonungszeichen vor der Silbe, auf die sie sich beziehen, die Längezeichen danach.
Zeichen | Unicode-Code | Bedeutung | Beispiele |
---|---|---|---|
ˈ (kein Apostroph) | U+02C8 | Hauptbetonung | April /aˈprɪl/, Backe /ˈbakə/ |
ˌ (kein Komma) | U+02CC | Nebenbetonung | Wasserpfeife /ˈvasərˌpfaɪfə/, Ringelblume /ˈrɪŋəlˌbluːmə/ |
ː (kein Doppelpunkt) | U+02D0 | lang | Lack [lak], lag [laːk] |
ˑ | U+02D1 | halblang | eˑ |
˘ | U+0306 | extrakurz | ĕ |
. | U+002E (.) | Silbengrenze | Bo-te [ˈboː.tə], Mu-se-um [mu.ˈzeː.ʊm] |
| | U+007C (|) | untergeordnete Intonationsgruppe (Sprechtaktgrenze) | Sie haben Glück, nicht wahr? [ziː habən ↓glʏk | nɪçt ↑vaːr] |
‖ | U+2016 | übergeordnete Intonationsgruppe | |
‿ | U+203F | Lautverbindung (Liaison) | les enfants [lez‿ɑ̃ˈfɑ̃] (frz. 'die Kinder') |
[Bearbeiten] Töne und Intonation
Zeichen | Unicode-Code | Bedeutung | Beispiele |
---|---|---|---|
̋ (Doppelakut) oder ˥ | U+030B oder U+02E5 | besonders hoch | [e̋] |
́ (Akut) oder ˦ | U+0301 oder U+02E6 | hoch | [é] |
̄ (Makron) oder ˧ | U+0304 oder U+02E7 | mittel | [ē] |
̀ (Gravis) oder ˨ | U+0300 oder U+02E8 | niedrig | [è] |
̏ (Doppelgravis) oder ˩ | U+030F oder U+02E9 | besonders niedrig | [ȅ] |
̌ (Hatschek) | U+030C | steigend | [ě] |
̂ (Zirkumflex) | U+0302 | fallend | [ê] |
↓ | U+2193 | Downstep | |
↑ | U+2191 | Upstep | |
↗ | U+2197 | Global rise | |
↘ | U+2198 | Global fall |
Bemerkung:
- Unicode hat keine eigenen Zeichen für die meisten Konturtöne. Stattdessen werden Folgen aus Zeichen für Registertöne verwendet und die genaue Darstellung wird der jeweiligen Schriftart überlassen, üblicherweise durch OpenType-Regeln: [é̄ ḕ̄] oder [e˥˧ e˧˩˨] (in vielen Browsern nicht korrekt dargestellt). Weil nur sehr wenige Schriftarten die Kombinierung von Registerton-Zeichen erlauben, wird oft das alte System der Tonmarkierung durch hochgestellte Nummern von '1' bis '5' verwendet, beispielsweise [e53 e312]. Deren Verwendung hängt allerdings von lokalen Linguistiktraditionen ab; bei asiatischen Sprachen wird „5“ für den höchsten Ton verwendet und „1“ für den tiefsten, bei den afrikanischen Sprachen umgekehrt. Gelegentlich ist noch eine alte IPA-Tradition anzutreffen, nach der die Konturtöne durch untergesetzte Diakritika bezeichnet werden: [e̖ e̗] für tief-fallend bzw. tief-steigend.
- Die Diakritika für Upstep und Downstep wären eigentlich übergeschriebene Pfeile, doch stellt Unicode zurzeit keine eigenen Zeichen dafür zur Verfügung.
[Bearbeiten] Diakritika
Zeichen | Unicode-Code | Bedeutung | Beispiele | |
---|---|---|---|---|
Phonation (Siehe auch Anmerkung am Ende der Tabelle) | ||||
untergestellt: ̥ |
|
stimmlos, bzw. entstimmt |
See [z̥eː] (südliches Deutsch) | |
übergestellt: ̊ |
|
gut [g̊uːt] (südliches Deutsch) | ||
untergestellt: ̬ |
|
stimmhaft |
[s̬], [t̬] | |
übergestellt: ̌ |
|
[ǧ] | ||
übergestellt: ʰ |
|
aspiriert | Tasse [ˈtʰasə], [dʰ] | |
Genauere Beschreibung der Artikulation eines Vokals | ||||
untergestellt: ̹ |
|
stärker gerundet | [ɔ̹] | |
übergestellt: ͗ |
|
|||
untergestellt: ̜ |
|
weniger gerundet | [ɔ̜] | |
übergestellt: ͑ |
|
|||
̟ |
|
weiter vorne | [u̟] | |
̠ |
|
weiter hinten | [i̠] | |
̈ |
|
zentralisiert | [ë] | |
̽ |
|
zur Mitte zentralisiert | [e̽] | |
̝ |
|
angehoben | [e̝] [ɹ̝] = Stimmhafter alveolarer Frikativ |
|
̞ |
|
gesenkt | [e̞] [β̞] = Stimmhafter bilabialer Approximant |
|
̘ |
|
vorverlagerte Zungenwurzel | [e̘] | |
̙ |
|
zurückverlagerte Zungenwurzel | [e̙] | |
|
rhotisch | [ɚ] | ||
Genauere Beschreibung des artikulierenden Organs bei Konsonanten | ||||
untergestellt: ̪ |
|
dental | [t̪], [d̪] | |
übergestellt: ͆ |
|
|||
̼ |
|
linguolabial | [t̼], [d̼] | |
̺ |
|
apikal | [t̺], [d̺] | |
̻ |
|
laminal | [t̻], [d̻] | |
̃ |
|
nasaliert | Chance [ʃɑ̃ːsə] | |
Zusätzliche Engebildung | ||||
ʷ |
|
labialisiert | Glück [gʷlʷʏkʰ] | |
ʲ |
|
palatalisiert | [tʲ], [dʲ] | |
ˠ |
|
velarisiert | [tˠ], [dˠ] | |
ˁ |
|
pharyngalisiert | [tˁ], [dˁ] | |
|
velarisiert oder pharyngalisiert | [ɫ] | ||
ˀ |
|
glottalisiert | ||
Art der Verschlusslösung für Plosive | ||||
ⁿ |
|
nasale Verschlusslösung | Redner [ˈreːdⁿnər] | |
ˡ |
|
laterale Verschlusslösung | Handlung [ˈhandˡlʊŋ] | |
̚ |
|
keine hörbare Verschlusslösung | stimmt [ˈʃtim̚t] | |
Silbizität | ||||
untergestellt: ̩ |
|
silbisch | reden [ˈreːdn̩] | |
übergestellt: ̍ |
|
Regen [ˈreːgŋ̍] | ||
untergestellt: ̯ |
|
nichtsilbisch | Stein [ʃtaɪ̯n] | |
übergestellt: ̑ |
|
|||
Stimmqualität | ||||
untergestellt: ̤ |
|
behaucht | [b̤], [a̤] | |
übergestellt: ̈ |
|
|||
untergestellt: ̰ |
|
knarrig | [b̰], [a̰] | |
übergestellt: ̃ |
|
Anmerkung: Ob mit Diakritika versehene Zeichen Äquivalente zu dem jeweils anderen Zeichen der Artikulationsart und des Artikulationsortes sind, ist von der IPA nicht vollständig festgelegt worden. Im „Handbuch der International Phonetic Association“ heißt es dazu: „Es ist strittig, ob [k̬] und [g] phonetisch identische Laute bezeichnen, und dasselbe gilt für [s] und [z̥]. Möglicherweise werden bei der Unterscheidung zwischen [k̬] und [g] oder [s] und [z̥] unterschiedliche Dimensionen einbezogen, die von der Stimmbandvibration unabhängig sind, wie etwa Gespanntheit gegenüber Ungespanntheit in der Artikulation, sodass die Möglichkeit, Stimmhaftigkeit separat zu bezeichnen, wichtig wird. Es kann aber in jedem Fall vorteilhaft sein, wenn man in der Lage ist, die lexikalische Form eines Wortes beizubehalten […].“
Zeichen mit Unterlänge können durch ein übergestelltes Diakritikum ausgezeichnet werden. Standardmäßig sollte jedoch mit untergestellten Diakritika ausgezeichnet werden, wenn beide Möglichkeiten bestehen.
[Bearbeiten] Alternative Notationen
[Bearbeiten] Ältere Notationen
Das IPA ist nicht das einzige System zur Notation von Sprachlauten. Im Laufe der Zeit hat es einige Versuche gegeben, die Einteilung der Laute exakter zu gestalten. Ein Beispiel stellt die ikonische Notation dar, wie die Visible Speech von Alexander Melville Bell, bei der einzelne Merkmale eines Lautes (z. B. die Rundung der Lippen und dergleichen) im Zeichen selbst abgebildet werden. Andere Versuche in Richtung einer analphabetischen Notation wurden von den Linguisten Otto Jespersen (1889) oder Kenneth L. Pike (1943) unternommen. Dadurch, dass in diesen Systemen die einzelnen Stellungen der Sprechwerkzeuge unabhängig voneinander angegeben werden können, lassen sich Lautnuancen viel feiner kodieren.
[Bearbeiten] Neuere Notationen
[Bearbeiten] SAMPA, X-SAMPA und Kirshenbaum
Mit den Notationen SAMPA, X-SAMPA und Kirshenbaum wurden Alphabete entwickelt, mittels derer Lautschrift im ASCII-Code geschrieben werden konnte. Diese Systeme wurden vom IPA abgeleitet. Da Unicode-Zeichensätze für die Darstellung des IPA immer breitere Verwendung finden, tritt die Bedeutung dieser Systeme jedoch immer mehr in den Hintergrund.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Handbook of the International Phonetic Association: A guide to the use of the International Phonetic Alphabet. Cambridge University Press (1999). ISBN 9780521652360.
- M. Duckworth, G. Allen, W. Hardcastle, M. J. Ball: Extensions to the International Phonetic Alphabet for the transcription of atypical speech. In: Clinical Linguistics and Phonetics. Taylor & Francis, London 4.1990, S. 273–280. ISSN 0269-9206
- Canepari, Luciano. (2005a). "A Handbook of Phonetics: ‹Natural› Phonetics." München: Lincom Europa, pp. 518. ISBN 3-89586-480-3 (hb).
- Canepari, Luciano. (2005b) "A Handbook of Pronunciation: English, Italian, French, German, Spanish, Portuguese, Russian, Arabic, Hindi, Chinese, Japanese, Esperanto." München: Lincom Europa, pp. 436. ISBN 3-89586-481-1 (hb).
[Bearbeiten] Weblinks
- Website der International Phonetic Association
- Richtlinien für die Transkribierung der deutschen Standardlautung (pdf)
- Phonetics Flash Animation Project – interaktive Darstellung der Laute des Englischen, Deutschen und Spanischen
- IPA-Schreibmaschine zum Gebrauch mit dem Internet Explorer
- IPA-Schreib- und Sprechmaschine, optionale Textausgabe als Bitmap
- allgemeinverständlicher Überblick über die Aussprache
- IPA-Tastaturlayout für Windows
- IPA-Zeichen in Word und OpenOffice.org (PDF)
- Internationales Phonetisches Alphabet als druckfreundliches PDF-Dokument
- canIPA Natural Phonetics : Luciano Canepari's ausgedehnte Version vom IPA (500 Grund-, 300 Ergänzungs-, und 200 Sondersymbole), mit vielen PDF-Dateien zum Runterladen (auf Englisch, Italienisch und Französisch)