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Jeremia

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Dieser Artikel erläutert den Propheten Jeremia aus dem Alten Testament, für den Namen siehe Jeremias.
Prophetische
Bücher des
AT der Bibel

Jeremia ist neben Jesaja und Ezechiel einer der drei großen Schriftpropheten des Tanach, der Hebräischen Bibel. Im Kanon des Alten Testaments steht sein Buch nach Jesaja an zweiter Stelle der Prophetenbücher. Im hebräischen Kanon gehört es zu den hinteren der Nebiim. Seit dem Mittelalter wird das Buch in 52 Kapitel unterteilt.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Autor und Zeitgeschichte

Jeremia wirkte etwa 627 bis 587 v. Chr. in Jerusalem. Er predigte dem Volk Israel Bekehrung und Umkehr zu JHWH und prophezeite jahrelang den Untergang der Tempelstadt, der im Jahr 586 v. Chr. tatsächlich eintrat.

Das Buch ist eine wichtige Quelle für die Geschichte des ausgehenden Königtums im Südreich Juda. Viele der darin erwähnten Völker des Nordens finden sich auch in assyrischen und griechischen Quellen (Aschkenas, Gomer, Minni, Meder und Perser).

Der Autor bezeichnet Jeremia (in Jer. 1,1.11) als Sohn des Priesters Hilkija, der möglicherweise von Ebjatar, dem von David nach Anatot verbannten Priester (1 Kön 2,26), abstammt. Ob dieser mit dem 2 Kön 22 genannten Priester Hilkija identisch ist, ist höchst zweifelhaft. Eine priesterliche Prägung seiner Botschaft, wie etwa beim Propheten Ezechiel, ist trotz seiner priesterlichen Herkunft jedenfalls nicht erkennbar. Auch seine Stellung gegenüber der Josianischen Reform (622 v. Chr.) bleibt völlig unklar, da Jeremiaworte aus den Jahren zwischen der Reform und dem Tod des Josia nicht überliefert sind.

Jeremia stammt aus Anatot (Jer 1,1), dessen Bewohner ihm das Auftreten als Prophet ausreden wollen (Jer 11,18-23).

Im biblischen Jeremiabuch ist die letzte Nachricht seine Verschleppung nach Ägypten. Spätere nicht-kanonische Schriften erzählen von seinem Leben dort und seiner Steinigung ca. 580 v. Chr. durch Juda .

[Bearbeiten] Gliederung

1-10 Berufung Jeremias als Prophet und Gerichtsworte

Besonders beachtenswert ist die Tempelrede in Kap. 7 und die Götzenpolemik in Kap. 10 (vgl. Jes 44).

11-20 Klagen und Gerichtsworte

Die Konfessionen Jeremias thematisieren die Einsamkeit des Propheten, der darum Gott anklagt. Einprägsam sind auch die zahlreichen Zeichenhandlungen Jeremias: Der verdorbene Gürtel (13), der zerschmetterte Krug (19), u.a..

21-24 Worte an die Führenden: Jerusalem wird zerstört werden!

25 Ansage des 70jährigen Exils

26-29 1. Schülerbericht: Das Schicksal Jeremias

Hier wird Jeremia im Konflikt mit anderen Propheten gezeigt, v.a. dem Hofpropheten Hananja.

30-35 Heilsworte

Die Rede vom Neuen Bund (31) wird verdeutlicht durch den Ackerkauf in Anatot (32). Dies soll zeigen, dass Israel jenseits der bevorstehenden Zerstörung Jerusalems eine Zukunft hat.

36-45 2. Schülerbericht: Das Schicksal Jeremias im belagerten Jerusalem

Hier steht Jeremia im Konflikt mit dem letzten König Judas Zidkija. Nach der Eroberung Jerusalems (39) und der Ermordung des babylonischen Statthalters Gedalja (41) flieht er nach Ägypten (43). Seine letzte Zeichenhandlung dort (43) kündigt die Eroberung Ägyptens durch die Babylonier an.

46-51 Worte gegen fremde Völker

52 Bericht über die Zerstörung Jerusalems und die Begnadigung Jojachins (vgl. 2 Kön 24f)

[Bearbeiten] Jeremia 1 als Programmtext

Jeremia 1 kann als Programmtext des gesamten Buches gelesen werden. Dieses Kapitel legt vielfältige Spuren ins Buch hinein:

  • Die komplexe Überschrift in Jeremia 1,1 qualifiziert die „Worte Jeremias“ als JHWH-Wort und akzentuiert zwei Primärdaten: 628 – evtl. Beginn der Kultsäuberungsmaßnahmen Josias – und 586.
  • Jeremia 1,5 bezeichnet Jeremia als „Prophet für die Völker“ – so eindeutig wie kein anderer Charakter des Alten Testaments trägt er diesen Titel: 31 Mal wird Jer als „der Prophet“ bezeichnet.
  • In Jeremia 1,11-15 führt der Anblick eines Mandelzweiges, dessen Bezeichnung hebräisch wie „Wachebaum“ klingt, zur Eingebung, dass JHWH über der Erfüllung seines Wortes wacht. Dies ist eine zentrale Aussage des gesamten Buches.
  • „Ausreißen und niederreißen, vernichten und einreißen, aufbauen und einpflanzen“ (Jeremia 1,10) sind Jeremias Aufgaben. Dem Übergewicht der destruktiven Wortpaare entspricht die Dominanz der Gerichtsreden im Buch Jeremia.
  • „Ich werde mein Urteil sprechen“ lautet Jeremia 1,16. Dementsprechend wird die erste Buchhälfte von Anklagen und Urteilsankündigungen beherrscht.
  • „Fürchte Dich nicht vor ihnen“ lautet Jeremia 1,8: Bevor noch die Adressaten der Gerichtsworte Jeremias genannt sind, wird klar: Jeremia als Bote des Wortes Gottes wird massiv bedroht! Unter Jeremias Gegnern fallen v.a. zwei Gruppen auf: Propheten / Priester (Jeremia 26-29) sowie Könige / Beamte (Jeremia 21-24.34-38).

[Bearbeiten] Theologische Schwerpunkte

Theologische und ethische Analysen gehen ineinander über, ebenso die Kritik. Ein Grundgedanke ist, dass - wenn Israel anderen Göttern folgt - JHWH gegen sein auserwähltes Volk prozessiert und mit dem Verlust des Landes droht. Saeqaer (Hebr. = Lug, Trug, Verlogenheit) gilt als Schlüsselwort: Nicht mehr das Recht JHWHs bestimmt eine auf Solidarität gründende Gemeinschaft, sondern Täuschung, Betrug und Gewinn prägen die Gesellschaft. Daher trifft die Kritik v.a. die Propheten, Priester und Könige.

In manchen Texten scheint das Gericht als unausweichlich, dann wieder gibt es doch konkrete Heilserwartungen - vermutlich verstärkt durch spätere Zusätze. Heil und Unheil lassen sich nicht immer säuberlich scheiden. Heil liegt darin, dass die Zeit des Unheils begrenzt ist, dass Gott auf Bestrafung verzichtet und Jerusalem zurückkehren darf zu JHWH.

[Bearbeiten] Konfessionen Jeremias: Jer 11-20

Die Konfessionen Jeremias in den Kap. 11-20 thematisieren die inneren und äußeren Konflikte des Propheten, sie sind im Stil von Klagepsalmen gehalten.

  • 12, 11-7: Jeremia klagt über das Glück der Frevler (רשעים) und der Treulosen (בוגדי בגד).
  • 15, 10-21: Jeremia klagt über sein Amt und die damit verbundene Isolation (Vgl. Kap 16,1-19!): er steht allein gegen alle im Land, jeder flucht ihm (V.10), er hat sich von jeglicher Geselligkeit fernzuhalten (V.17) V.15 bittet Jeremia sogar um Rache an seinen Gegnern!
  • 17, 14-18: Jeremia fragt, wann endlich das angesagte eintreten mag, damit er nicht zum Spott wird. Wiederum die bitte, seine Verfolger mögen zuschanden werden.
  • 18, 18-23: Klage über die Nachstellungen und Anschläge; Jeremia bittet um das verheerende Ende seiner Gegner (V. 23: „Vergib ihnen ihre Missetat nicht... Lass sie vor dir zu Fall kommen... zur Zeit deines Zorns!) zum Machterweis Gottes.

20, 7: als ein von Gott vergewaltigter will er sich schließlich seinem Dienst entziehen. 20, 14-18: kein Gebet mehr, sondern Selbstverfluchung. Ähnlich wie Hiob 3 verflucht er den Tag seiner Geburt. Im Gesamtkontext des Buches wendet sich jedoch das Geschick Jeremias: Kap. 37ff gehört Jeremia zu den Geretteten, während seine Gegner ihre Strafe erfahren. Deren Überlegenheit und Erfolg waren also nur vorläufig. Man könnte sagen, die Person und das Geschick Jeremias boten sich als „Folie“ für die Spannung zwischen realen Verhältnissen und Gerechtigkeit Gottes, die zwar noch aussteht, sich aber letztendlich durchsetzen wird. In späteren Schriften war es dann kein großer Schritt mehr in Richtung Apokalyptik. Die Verbindung von Gefährdung und Bewahrung eines Propheten gibt es in der Form nur bei Jeremia.


[Bearbeiten] Textgeschichte des Buches

Das Jeremiabuch ist in zwei Versionen überliefert, einer griechischen und einer hebräischen. Die griechische Version ist offensichtlich eine sklavische, aber eigenwillige Übersetzung eines komplexen hebräischen Originals, das nicht die heute vorliegende hebräische Version ist. Unterschiede zwischen den beiden Versionen bestehen in Position und Reihenfolge der Völkerorakel sowie in der Länge: Die hebräische Version ist um ein Siebtel länger. Ob nun die uns vorliegende hebräische Version oder die hebräische Vorlage der griechischen Version älter ist, ist umstritten. Bei den Texten von Qumran finden sich beide Versionen, also kann man von einer längeren parallelen Überlieferungsgeschichte ausgehen.

[Bearbeiten] Entstehung des Buches

Als Verfasser gilt in der biblischen Tradition der gleichnamige Prophet, der etwa von 627 bis 587 v. Chr. in Jerusalem wirkte. Der Name Jeremia/Jirmejah/Jirmejah bedeutet "Gott erhöht". Jer 1,1.11 bezeichnet ihn als Sohn des Priesters Hilkija. (Auch 2 Kön 22 nennt einen Hilkija als Hohenpriester; in der Regel wird aber von der Forschung eine Identität der beiden Personen verneint.) Eine priesterliche Prägung der Botschaft Jeremias, wie etwa beim Propheten Ezechiel, ist jedoch nicht erkennbar.

Jeremia stammt aus Anatot (Jer 1,1), dessen Bewohner ihm das Auftreten als Prophet ausreden wollen (Jer 11,18-23). Hatte er eine verwandtschaftliche Beziehung zum dorthin verbannten Priester Davids Ebjatar (1. Kön 2,26)?

Interessanterweise ist das Buch Jeremia durchzogen von Hinweisen auf eine entstehende Schriftkultur: Nicht nur Baruch trägt den Titel ‚Schreiber’ (36,26), sondern der Titel ist auch sonst Funktionsbezeichnung (36,12; 37,15.20; 52,25). Von Tafel (17,3), Tinte (36,18) und Schreibermesser (36,23) ist die Rede. Die wörtlich zitierte Unheilsdrohung Michas (26,17f) und Anspielungen auf zahlreiche frühere Propheten setzen schriftliche Dokumentation dieser früher entstandenen Prophetenbücher voraus.

In der wissenschaftlichen Theologie wird zugestanden, dass überraschend große Anteile des Buches authentischen Ursprungs sind - dies gilt v.a. für die biographischen Passagen, in denen eine auffällige Häufung von Personennamen für ereignisnahe Darstellung bürgt: Baruch ben Nerija, Ahikam ben Schafan, Zefanja ben Maaseja, Ebed-Melech. Dennoch ist das Buch von deuteronomistischen Schülern Jeremias in exilischer Zeit stark nachbearbeitet worden. Wie dies genau geschah, ist umstritten.

[Bearbeiten] Jeremia in der Kunst

  • Karl Federlin schuf 1877 zum 500. Jubiläum der Grundsteinlegung des Ulmer Münsters die große Sandsteinstatue des Propheten Jeremia. Sie wurde von Mitgliedern der örtlichen jüdischen Synagoge (unter anderem auch durch den Vater von Albert Einstein) gestiftet. Die Statue steht auf der Kanzelseite des Hauptschiffes unterhalb der großen Orgel.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

Kommentare

  • Siegfried Herrmann: Jeremia. Biblischer Kommentar XII. Neukirchener Verl., Neukirchen-Vluyn, 1986- [bislang nur Lfg. 1 und 2 erschienen] - ISBN 3-7887-0787-9
  • Gunther Wanke: Jeremia. Zürcher Bibelkommentar 20. Theol. Verl., Zürich
  • Georg Fischer: Jeremia 1-25. Herders theologischer Kommentar zum Alten Testament. Herder, Freiburg i.Br. u.a. 2005 (764 S.) - ISBN 3-451-26838-8
  • Jack R. Lundbom: Jeremiah. 3 Bde. New York 1999-2004
    • Bd. 1: Jeremiah 1-20. A New Translation with Introduction and Commentary. The Anchor Bible 21A. Doubleday, New York 1999. (934 S.) - ISBN 0-385-41112-X
    • Bd. 2: Jeremiah 21-36. A New Translation with Introduction and Commentary. The Anchor Bible 21B. Doubleday, New York 2004. (649 S.) - ISBN 0-385-41113-8
    • Bd. 3: Jeremiah 37-52. A New Translation with Introduction and Commentary. The Anchor Bible 21C. Doubleday, New York 2004. (624 S.) - ISBN 0-385-51160-4
  • Walter Brueggemann: A Commentary on Jeremiah. Exile and Homecoming. Eerdmans, Grand Rapids, Mich. 1999 - ISBN 0-8028-0280-X

Einzelstudien

  • Winfried Thiel: Die deuteronomistische Redaktion von Jeremia 1-25. WMNAT 41. Neukirchener Verl., Neukirchen-Vluyn 1973 (331 S.) - ISBN 3-7887-0341-5
  • Winfried Thiel: Die deuteronomistische Redaktion von Jeremia 26-45. WMANT 52. Neukirchener Verl., Neukirchen-Vluyn 1981 (138 S.) - ISBN 3-7887-0647-3
  • Axel Graupner: Auftrag und Geschick des Propheten Jeremia. BThSt 15. Neukirchener Verl., Neukirchen-Vluyn 1989 (202 S.) - ISBN 3-7887-1364-X
  • Christl Maier: Jeremia als Lehrer der Tora. Soziale Gebote des Deuteronomiums in Fortschreibungen des Jeremiabuches. FRLANT 196. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2002 - ISBN 3-525-53880-4
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