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Joachim Fernau

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Joachim Fernau (* 11. September 1909 in Bromberg, † 24. November 1988 in Florenz) war ein deutscher Journalist, Schriftsteller und Maler hugenottischer Abstammung. Ein Teil seiner Werke erschien unter dem Pseudonym John Forster.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Fernaus Vater war Beamter in Bromberg (heute Bydgoszcz) in der Provinz Posen. 1920 zog die Familie nach Schlesien. Fernau besuchte die Schule und das Humanistische Gymnasium in Hirschberg (heute Jelenia Góra) im Riesengebirge. Nach dem Abitur im Jahre 1929 studierte er in Berlin und arbeitete als freier Journalist, vor allem für den Ullstein Verlag. Dabei spezialisierte er sich auf Sportreportagen.

Im Jahr der Nürnberger Rassengesetze 1935 verlobte sich Fernau mit einer Jüdin. Seine Verlobte musste schließlich nach England auswandern. Im August 1939 hielt sich das Paar dort mehrere Wochen auf. Bei Fernaus Rückkehr nach Berlin lag der Einberufungsbefehl bereits vor. Die Verlobung war schließlich zum Scheitern verurteilt.

Fernau wurde zunächst zur Wehrmacht einberufen. Er diente bei einem Polizeibataillon und wurde im Frühjahr 1940 als Kriegsberichterstatter zur Propagandatruppe der Waffen-SS überstellt. Als solcher verfasste er einen den „Endsieg“ versprechenden Propagandatext (Wir werden den letzten Preis, den wir noch zu bezahlen haben, eben bezahlen. Mit allen Mitteln und mit allen Kräften. Der Sieg ist wirklich ganz nahe. in: "Das Geheimnis der letzten Kriegsphase" u.a. Völkischer Beobachter, 30.08.1944). Fernaus späterer Rechtfertigungsversuch: Der Aufsatz war als Radiorede verfaßt, die in französischer Sprache von Radio Paris aus in die Partisanengebiete gestrahlt wurde und erreichen sollte, die Siegeszuversicht der Partisanen (...) zu erschüttern. (...) sein Erfolg war frappierend. Es gibt keinen Grund , nicht stolz darauf zu sein, auf diese Weise viele Soldaten vor dem Hinterrücks-Erschossenwerden bewahrt zu haben. (...) auf den weiteren Gang der Dinge hatte ich als Soldat keinen Einfluß. (...) schließlich gelangte er in die Heimatzeitungen, für die er nicht gedacht gewesen war. [1] Von seiner Tätigkeit distanziert hat sich Fernau jedoch nie.

Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Fernau als Redakteur in Stuttgart. 1952 ließ er sich als freier Schriftsteller und Maler in München nieder. Zeitweise lebte er in der Toskana. 1952 erschien „Deutschland, Deutschland über alles...“, eine weitgehend humoristisch erzählte Geschichte Deutschlands, mit der Fernau seinen charakteristischen Stil fand. Er griff Stoffe wie die Geschichte des alten Griechenlands, des Römischen Reiches, Preußens, oder das Nibelungenlied auf und erleichterte dem Leser den Zugang durch Verwendung von damals aktueller Alltagssprache, durch Ironie und die ihm eigene schnoddrige Distanz, sowie durch plötzliche Wechsel zwischen Witz und Ernsthaftigkeit.

Fernaus Bücher erheben keinen wissenschaftlichen Anspruch. Sie sind Prosaerzählungen, die seine Weltsicht zum Ausdruck bringen, welche von tiefer Skepsis gegenüber der Moderne und von Pessimismus geprägt ist. Fernaus zentrales Anliegen war die deutsche Nation und ihr wechselvolles Schicksal („Deutschland - Meine Liebe, mein Alptraum“ hieß es in „Deutschland, Deutschland über alles...“), auf welche er in nahezu allen Büchern Bezug nimmt - indirekt auch in jenen mit klassisch-antiken Themen.

Fernau schrieb mehrere Romane, darunter das teilweise autobiographische Buch „Die jungen Männer“ (1960), die Liebesgeschichte „Weinsberg oder die Kunst der stacheligen Liebe“ (1963) und den Goethe-Roman „War es schön in Marienbad?“ (1982).

Fernau starb 1988 in seiner Wahlheimat Florenz im Alter von 79 Jahren und wurde in München auf dem Alten Bogenhausener Friedhof beigesetzt.

Sonstiges

Als Maler hatte Fernau zu Schülerzeiten Unterricht bei dem damals bedeutenden Berliner Kunstprofessor Hermann Sandkuhl.

Fernau betätigte sich auch als Kunstsammler. 1996 vermachte seine Witwe Gabriele Fernau die private Sammlung im Rahmen einer Schenkung der Klassik Stiftung Weimar, wo die Bilder nach und nach restauriert und im Weimarer Stadtschloss als »Sammlung Fernau« ausgestellt werden.


Zitate

Es gibt Dinge, die verdoppeln sich durch Stirnrunzeln,
verdreifachen sich durch Verbote –
und sterben bei einem Lachen.

(aus ... und sie schämeten sich nicht, 1958)

Eines allerdings trifft auf fast alle kleinen Ritter des Mittelalters zu: Sie waren sagenhaft ungebildet....aber was die meisten von ihnen von sich gaben, entspricht etwa der Produktion des heutigen deutschen Films. Man schlägt halt zwei Stunden tot.

(aus Deutschland,Deutschland über alles...,1972)

Man nennt mich (richtiger: schimpft mich) konservativ. Das stimmt, wenn man darunter einen Mann versteht, dem das Bewahren des Vernünftigen und Guten im Geistigen ebenso wie im Alltäglichen wichtiger ist als das Ändern um des Ändern und das Verwerfen um des „Fortschritts“ willen und der nicht um jeden Preis „in“ sein will, wie man heute zu sagen pflegt. In allen Büchern habe ich mich bemüht, wahrhaftig und unabhängig im Denken zu sein....

(Joachim Fernau über sich u.a. aus Hauptmann Pax (Klappentext der Taschenbuchausgabe im Moewig-Verlag), 1981)

Es gibt die liebe,naive Dummheit (die echte) und eine von ihrer Klugheit überzeugte, immer "gut informierte" kämpferische Dummheit. Um zu wissen, um welche es sich handelt, brauchen sie einen Dummen nur geistig provozieren: Der echte schweigt, der andere legt los.

(aus Halleluja. Die Geschichte der USA, 1977)


Werke in Auswahl

  • Abschied von den Genies. Die Genies der Deutschen und die Welt von morgen, 1953
  • Fibel der Demokratie. Ein Buch für solche die viel fragen und solche die viel antworten müssen, 1953
  • „Deutschland, Deutschland über alles ...“ Von Arminius bis Adenauer, 1953
  • Bericht von der Furchtbarkeit und Größe der Männer, 1954, später veröffentlicht als Hauptmann Pax
  • Heldentum nach Ladenschluss, 1954
  • Und sie schämeten sich nicht. Ein Zweitausendjahr-Bericht, 1958, Neuausgabe 1981
  • Knaurs Lexikon alter Malerei, 1958
  • Rosen für Apoll - Die Geschichte der Griechen, 1961
  • Suite Nr 1, Lyrik, 1961
  • Weinsberg oder Die Kunst der stachligen Liebe, 1963
  • Die jungen Männer, 1960
  • Disteln für Hagen. Bestandsaufnahme der deutschen Seele, 1966
  • Wie es euch gefällt. Eine lächelnde Stilkunde, 1969
  • Brötchenarbeit, 1970
  • Cäsar lässt grüßen. Die Geschichte der Römer, 1971
  • Ein Frühling in Florenz, Roman, 1973
  • Die treue Dakerin. Drei Erzählungen, 1974
  • Ein wunderbares Leben, Roman, 1975
  • Ernst und Schabernack, 1976
  • Ein wunderbares Leben, Roman, 1977
  • Halleluja. Die Geschichte der USA, 1977
  • Die Gretchenfrage. Variationen über ein Thema von Goethe, 1979
  • Mein dummes Herz, Lyrik 1980
  • Komm nach Wien, ich zeig’ dir was, 1981
  • Sprechen wir über Preußen. Die Geschichte der armen Leute, 1981
  • War es schön in Marienbad. Goethes letzte Liebe, 1982
  • „Guten Abend, Herr Fernau“, fiktive Gespräche, 1986
  • Und er sah, dass es gut war. Das Alte Testament erzählt. Fragment, 1989
  • Was halten Sie vom Alten Fritz und anderes Kleingedrucktes, 1997

Literatur

  • Christa Bürger: Textanalyse und Ideologiekritik. Zur Rezeption zeitgenössischer Unterhaltungsliteratur. Frankfurt am Main 1973.
  • Volker Busch: Artikel Fernau, Joachim. In: Walther Killy (Hrsg.), Literaturlexikon, 15 Bde., Bertelsmann, Gütersloh/München 1988–1991.
  • Gabriele Fernau: Geschichten von Herr und Hund. Meine vierbeinigen Memoiren. Herbig, München 1999. ISBN 3-7766-2108-7
  • Joachim Fernau: In dem Hause auf dem Berge..., Briefwechsel mit Lesern. Herbig, München 1992. ISBN 3-7766-1711-X
  • Gustav René Hocke: Schriftsteller und Maler Joachim Fernau. Sein malerisches Werk. Limes, Wiesbaden u.a. 1976. ISBN 3-8090-2098-2
  • Martin Lichtmesz: Aus dem Herzen, auf den Barrikaden: Der Tragiker mit der Narrenkappe. In: Zwielicht 1, S. 37 (2006)
  • Otto Köhler: Unheimliche Publizisten. Droemer Knaur, München 1995. ISBN 3-426-80071-3 - Behandelt besonders Kontinuität in Fernaus Publizistik vor und nach dem Nationalsozialismus
  • Armin Mohler: Autorenportrait Joachim Fernau. In: Criticón 7, S.140 (1971)
  • Armin Mohler: Joachim Fernau. In: Von rechts gesehen S. 243 ff., Seewald, Stuttgart 1974. ISBN 3512003656
  • Armin Mohler: Joachim Fernau. Fragment einer Monographie. In: Criticón 111, S. 35 (1989)
  • Peter Wapnewski: Mit dem anderen Auge. Erinnerungen Berlin-Verl., Berlin 2005. S. 119 ff. ISBN 3-8270-0380-6

Quellen

  1. J. Fernau: In dem Hause auf dem Berge, S. 139, Herbig Verlag München, 1992

Weblinks

Andere Sprachen
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