Jordansche Normalform
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Die Jordansche Normalform ist ein Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet der linearen Algebra. Sie ist ein einfacher Vertreter der Äquivalenzklasse der zu einer trigonalisierbaren Matrix (trigonalisierbaren linearen Abbildung) ähnlichen Matrizen (linearen Abbildungen). Die Trigonalisierbarkeit ist gleichbedeutend damit, dass das charakteristische Polynom der Matrix (linearen Abbildung) vollständig in Linearfaktoren zerfällt. Benannt wurde die Jordansche Normalform nach Marie Ennemond Camille Jordan.
Die Jordansche Normalform zu einer quadratischen Matrix A ist eine Matrix J in der folgenden Blockdiagonalform
Die Matrix Q ist die Matrix der Eigenvektoren und Hauptvektoren, d.h. die Eigenvektoren und dazugehörigen Hauptvektoren werden spaltenweise als Matrix geschrieben, Q-1 ist die inverse Matrix von Q.
Die Ji sind die Jordan-Blöcke. Diese haben folgende Form:
Die λi sind dabei die Eigenwerte von A. Zu jedem Eigenwert λi gibt es seiner geometrischen Vielfachheit entsprechend viele Jordan-Blöcke. (Die geometrische Vielfachheit ist dabei bestimmt durch die Anzahl linear unabhängiger Eigenvektoren zum Eigenwert λi.) Die Gesamtdimension aller Jordan-Blöcke eines Eigenwertes entspricht seiner algebraischen Vielfachheit, d. h. seiner Vielfachheit im charakteristischen Polynom.
In einem Jordanblock sind die sogenannten Jordanketten „gespeichert“ (siehe Hauptvektor). Besteht A z. B. nur aus einem Jordanblock mit Eigenwert λ und bezeichne ej den j-ten Eigenvektor, dann sieht man leicht, dass (A − λE)e1 = 0 und (A − λE)ej + 1 = ej für gilt.
Im Spezialfall einer diagonalisierbaren Matrix ist die Jordansche Normalform eine Diagonalmatrix.
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[Bearbeiten] Zur Form von Q
Seien die Eigenvektoren zu den Jordankästchen Ji (Jedem Jordankästchen entspricht genau ein Eigenvektor) und
die Hauptvektoren der jeweils l-ten Stufe, wobei nj die Dimension des j-ten Jordankästchens ist.
Die Matrix Q hat dann die Form:
wobei k die Anzahl der Jordankästchen war.
In Worten: Die Spalten von Q sind die Eigenvektoren mit den dazugehörigen Hauptvektoren in der Reihenfolge der dazugehörigen Jordankästchen.
[Bearbeiten] Algorithmus zur Bestimmung einer komplexen Jordanschen Normalform
Für die Jordansche Normalform eines Endomorphismus wählt man eine Basis
des Vektorraums V und berechnet die Jordansche Normalform der Matrix von u in Bezug auf die Basis a, i. e. die Matrix zum Basiswechsel Ma(u).
Im folgenden wird die Jordansche Normalform einer (quadratischen) Matrix bestimmt. Die Jordansche Normalform existiert genau dann, wenn alle Eigenwerte im Körper liegen, über dem man die Jordansche Normalform betrachtet.
Sei V nun ein -Vektorraum mit
und En die Einheitsmatrix.
[Bearbeiten] Bestimmung der Eigenwerte
Mit dem charakteristischen Polynom
χA
errechnet man
verschiedene Eigenwerte.
[Bearbeiten] Bestimmung der Größe der Jordanblöcke
Hierfür muss man die Dimension der Potenzen der Eigenräume bestimmen.
Das heißt, man berechnet für
und
.
Die Dimension des Kernes erhält man wiederum aus dem Dimensionssatz: .
Der Rang von A kann z.B. mit dem Gaußschen Algorithmus bestimmt werden.
Mit definiert man also positive Zahlen, um mit der Formel 2as − as − 1 − as + 1 die Anzahl der Jordankästchen mit der Größe s zum Eigenwert λi zu erhalten.
[Bearbeiten] Komplexe Jordansche Normalform
Die erhaltenen Jordanblöcke schreibt man in eine Matrix und erhält die komplexe Jordansche Normalform einer Matrix.
Haben die Kästchen alle die Größe 1 hat man den Spezialfall einer Diagonalmatrix und A ist somit diagonalisierbar.
Das Minimalpolynom von A erhält man aus
, wobei mi die Größe des größten Jordanblocks zum Eigenwert λi ist.
Die Jordansche Normalform ist bis auf die Reihenfolge der Kästchen eindeutig bestimmt. Sofern alle Eigenwerte in liegen sind zwei Matrizen, die die selbe Jordansche Normalform haben, zueinander ähnlich.
[Bearbeiten] Beispiel
Sei . Die Dimension des Vektorraums ist somit 5.
Das charakteristische Polynom χ(A) = (X − 3)5. Der einzige Eigenwert der Matrix ist also 3.
Nun berechnen wir die as für .
rg(A − 3E5)0 ist die Einheitsmatrix und diese hat vollen Rang, also 5. Die Dimension des Vektorraumes ist ebenso 5, also ist .
rg(A − 3E5) = 2. Somit ist .
. Damit ist
.
Die Anzahl der Jordankästchen mit Größe 1 sind 2a1 − a0 − a2 = 6 − 0 − 5 = 1 Stück.
Die Anzahl der Jordanblöcke mit Größe 2 sind 2a2 − a1 − a3 = 10 − 3 − 5 = 2 Stück.
Den anderen Kästchen bleibt jetzt nichts mehr anderes übrig als die Größe 0 zu haben.
Schließlich ist die Jordansche Normalform von A .
Das Minimalpolynom ist (X − 3)2.
[Bearbeiten] Reelle Jordansche Normalform
Betrachtet man Matrizen über den reellen Zahlen R, so kann es passieren, dass das charakteristische Polynom nicht in Linearfaktoren zerfällt (also komplexe Nullstellen besitzt).
Da man in diesem Fall die komplexe Jordan'sche Normalform nicht verwenden kann (sie hätte Einträge aus C sowie eine komplexe Transformationsmatrix), führt man die reelle Jordanform ein.
Sei λj = aj + bji Eigenwert, dann ist auch
Eigenwert
derselben Vielfachheit, wobei i2 = − 1
Die Jordan-Blöcke Jj haben im Fall folgende Form:
und für die Matrix J gilt immer noch:
,
allerdings für ein anderes Q, welches nun eine reelle Transformationsmatrix ist.
[Bearbeiten] Systeme linearer Differentialgleichungen
Die JNF ist eng verknüpft mit linearen Differentialgleichungen y'(x)=Ay(x) in einer Dimension n, d.h. A ist eine n×n-Matrix mit konstanten reellen oder komplexen Komponenten. Diese hat die formale Lösung durch Potenzreihenansatz
mit Anfangswert y(0)=y0.
Gilt nun für irgendeinen Exponenten m die Gleichung Amy0 = 0, so bricht die Potenzreihe ab, das System hat eine polynomiale Lösung vom Grad kleiner m. Man kann jetzt die Kerne der Matrixpotenzen bestimmen, für diese gilt . Bestimmt man nun eine zu dieser Schachtelfolge von Unterräumen angepasste Basis von
, so erhält man die Jordan-Blöcke zum Eigenwert λ=0. Ist zum Beispiel Am+1v=0, aber Amv von Null verschieden, so sind
linear unabhängig und der Schachtelfolge angepasst.
Für den allgemeinen Fall macht man den Ansatz y(x) = exp(λx)u(x), es ergibt sich für u die Differentialgleichung u' = (A − λI)u. Damit der maximale Kern nichttrivial ist, muss λ Eigenwert, d. h. Nullstelle des charakteristischen Polynoms det(A-λI), von A sein. Die Kerne unterschiedlicher Eigenwerte sind transversal zueinander, so dass eine gemeinsame, den jeweiligen Kernen angepasste Basis des gesamten n-dimansionalen Raumes gefunden werden kann. Für jedes Basiselement ergibt sich eine Lösung y(x) = exp(λx)u(x) mit polynomialem u, und jede Lösung kann aus diesen zusammengesetzt werden (Superpositionsprinzip). Nach geeignetem Sortieren der angepassten Basis und Transformation von A in diese Basis ergibt sich die Jordan-Normalform.