Kurt Becher
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Kurt Becher (* 12. September 1909 in Hamburg; † August 1995) war ein deutscher SS-Standartenführer.
[Bearbeiten] Leben
Becher wurde als Sohn eines Hamburger Kaufmanns geboren und erlernte den gleichen Beruf in der Futtermittelbranche. Bereits im Alter von 22 Jahren war er Prokurist bei einer Hamburger Firma. Als begeisterter Reiter trat er nach der Machtergreifung Adolf Hitlers 1934 in die SS („Reiter-SS“) ein. 1937 wurde er Mitglied der NSDAP und kam zu Kriegsbeginn in die 1. SS-Reiterstandarte unter ihrem Kommandeur Hermann Fegelein, dem späteren Ehemann von Eva Brauns Schwester Margarete.
Becher wurde bald befördert und Zugführer in der 1. Schwadron, die sich durch ihre Exekutionstätigkeit in Warschau auszeichnete. Durch ihre effiziente Grausamkeit bekannt geworden, wurde diese Truppe auch im Russlandfeldzug zur Bekämpfung der Partisanen herangezogen. Die Reitereinheit, spätere Brigade unterstand der SS-Polizeiführung im Bereich der Heeresgruppe Mitte, Erich von dem Bach-Zelewski. Bei der Partisanenbekämpfung im Gebiet der Prypjazsümpfe wurde streng nach Befehl gehandelt, welcher lautete: „Jeder Partisan ist zu erschießen. Juden sind grundsätzlich als Partisanen zu betrachten.“
Während dieser Zeit wurden rund 14.000 Juden von seiner Einheit ermordet und Becher immer weiter befördert. Zuerst zum 1. Ordonnanzoffizier seiner Einheit, dann zum SS-Obersturmführer. Kurze Zeit später, Mitte März 1942, wurde Becher zum SS-Hauptsturmführer befördert und in das SS-Führungshauptamt versetzt. Dort übernahm er die Inspektion des Reit- und Fahrwesens der SS. Nach zwei weiteren Einsätzen an der Ostfront wurde ihm 1944 das Deutsche Kreuz in Gold verliehen. Er wurde bald SS-Sturmbannführer und schließlich am 30. Januar 1944 SS-Obersturmbannführer.
Nur drei Monate später, im März 1944, wurde er nach dem Einmarsch in Ungarn nach Budapest berufen, um im Auftrag der SS offiziell Ausrüstung und Pferde zu kaufen. Neben der Beschaffung von Material für die Waffen-SS ging Becher auch daran, Vermögen für die SS sicherzustellen.
Ohne Wissen bzw. in Konkurrenz zum Auswärtigen Amt und der ungarischen Regierung gelang es ihm, den Konzern von Manfred Weiß zu erwerben. Becher hatte dabei ein leichtes Spiel, da Weiß Jude war und zu dieser Zeit die ungarischen Juden bereits systematisch verhaftet und nach Auschwitz-Birkenau gebracht wurden. Becher handelte mit Weiß aus, dass seine 55%igen Anteile gegen eine spätere Zahlung von 3 Millionen Reichsmark in Devisen an die SS überschrieben wurden. Als Gegenleistung durfte die Familie, unter einer Zurückbehaltung von fünf Geiseln, in die Schweiz und nach Portugal ausreisen. Die SS zeichnete Becher für diesen Deal aus, und er wurde am 1. Januar 1945 zum SS-Standartenführer ernannt.
Mit der gleichen Methode trat Becher nun gemeinsam mit Adolf Eichmann, der bereits die Kontakte aufbaute, an das jüdische Hilfskomitee in Budapest heran. Heinrich Himmler schien zu diesem Zeitpunkt bereits Interesse daran zu haben, mit jüdischen Organisationen ins Geschäft zu kommen, um so später auch eine Position für Verhandlungen mit den Alliierten aufzubauen. Er bot via Eichmann an, für rund 10.000 LKWs und Winterausrüstung 1 Million ungarischer Juden freizulassen. Als die Verhandlungen schließlich platzten, hatte Becher den direkten Auftrag von Himmler, weiter Ausschau nach Geschäften unter der Devise „Menschen gegen Waren“ zu halten. So wurden gegen Schmuck im Wert mehrerer Millionen Schweizer Franken 1.684 Juden aus Bergen-Belsen freigekauft. 318 ungarische Juden kamen selbst im August 1944, also kurz nach dem Attentat auf Hitler, noch in die Schweiz.
Becher baute sich mit den Verhandlungen langsam eine Position auf, die ihn nach dem Krieg in einem günstigeren Licht erscheinen lassen sollte. Seine Uneigennützigkeit bei den Verhandlungen war lange Jahre ein Thema. Doch scheint es aus heutiger Sicht, dass Becher systematisch an einer Nachkriegslegende gearbeitet hat. Schließlich wurde er am Ende des Krieges, am 9. April 1945, noch zum „Reichssonderkommissar für sämtliche Konzentrationslager“. Praktisch hatte er zu diesem Zeitpunkt keinen Einfluss mehr auf die Geschehnisse in den Lagern. Doch Becher nutzte die Zeit, um sich auf das Kriegsende vorzubereiten.
So kam es, dass er nach dem Krieg zwar bei den Nürnberger Prozessen als Zeuge aussagte, aber nicht verhaftet wurde. Der Verhaftung entging Becher damals in erster Linie durch die Aussage Dr. Rudolf Kasztners, eines Verhandlungspartners aus der Zeit in Budapest. Noch vor dem Eichmann-Prozess wurde Kasztner deswegen in Israel wegen Begünstigung eines Nazis bezichtigt. Noch bevor dieser in Tel Aviv seine Rehabilitierung durchkämpfen konnte, wurde er 1957 vor seiner Wohnung erschossen.
Becher blieb in Deutschland von jeder weiteren Anklage verschont, sagte aber im Prozess gegen Eichmann in Deutschland vor Gericht aus. Becher weigerte sich nach Israel zu kommen, da er fürchten musste, dort selbst als Kriegsverbrecher verhaftet zu werden.
In Deutschland ging Becher seinen Geschäften nach und baute sich mehrere Handelsfirmen auf, darunter auch das ungarische Unternehmen Monimpex GmbH, das bis zur Wende den deutsch-ungarischen Agrarhandel abwickelte.
In revisionistischen Kreisen wird Becher oft als Zeuge genannt, wenn es um die Relativierung von Opferzahlen in den Konzentrationslagern ging. Andererseits war er einer der wenigen, der von Himmler Versuchen wusste, mit den Alliierten ins Gespräch zu kommen und so einen Sonderfrieden abzuschließen. Bis zum Ende seines Lebens war Becher daher auch immer Ziel diverser Spekulationen. Er starb schließlich im August 1995 mit 86 Jahren, ohne je für seine Taten vor Gericht gestanden zu haben.
[Bearbeiten] Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Becher, Kurt |
KURZBESCHREIBUNG | SS-Standartenführer im Zweiten Weltkrieg |
GEBURTSDATUM | 12. September 1909 |
GEBURTSORT | Hamburg |
STERBEDATUM | August 1995 |