Langlütjen
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Langlütjen (früher: Langlütjensand) ist der Name für die beiden im 19. Jahrhundert künstlich angelegten Watt-Inseln Langlütjen I und Langlütjen II. Die Inseln gehören politisch zum Bereich der Stadt Nordenham an der Unterweser. Auf ihnen stehen Reste von zunächst Preußischen Marine- und später Kaiserlichen Marine-Forts, deren Aufgabe der Schutz der Häfen von Bremen und Bremerhaven war.
Langlütjen ist auch der Name eines Leuchtfeuers (Ober- und Unterfeuer als Leuchtbaken) als Seezeichen in der Wesermündung.
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[Bearbeiten] Lage
Die beiden Inseln mit 16.000 und 17.000 m2 Fläche liegen 2 km voneinander entfernt im Wattgebiet der Wesermündung, das bei Ebbe trocken fällt. Etwa 1 km östlich von ihnen verläuft die Fahrrinne der Weser. Erreichbar sind die Eilande bei Ebbe zu Fuß durch das Watt und bei Flut mit dem Boot. Nach Langlütjen I führt vom Festland ein Damm. Die Inseln liegen gegenüber der Stadt Bremerhaven. Sie befinden sich in Höhe des Nordenhamer Ortsteils Blexen im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer.
[Bearbeiten] Frühere militärische Bedeutung
Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts dienten die künstlich aufgeschütteten Eilande als Küstenforts zur Sicherung gegen Angriffe von See. Sie bildeten mit den nicht mehr existenten Forts Brinkamahof I und II vor Bremerhaven ein Festungsviereck. Dass zu dieser Zeit Küstenbefestigungen notwendig waren, zeigte sich bei Gründung des Norddeutschen Bundes 1867, der sich von Frankreich und Großbritannien mit seinem Außenposten Helgoland bedroht fühlte.
[Bearbeiten] Bauentstehung
Die beiden Inselfestungen entstanden nach Plänen des königlichen Ingenieurkomitees Berlin. Die Bauweise lehnt sich an den belgischen Festungsbau und an französische Inselforts des 17. Jahrhundert im Stil des Militärbaumeisters Vauban an. Die Errichtung der künstlichen Inseln bereitete im 19. Jahrhundert erhebliche Schwierigkeiten. Die Baustellen mit ihrer zeitweisen Lage im Wasser waren den Kräften der See ausgesetzt. Die Bauwerke mussten fest gegründet sein, denn sie trugen später schwere Befestigungsanlagen und Geschütze. Außerdem sollten sie feindlichem Artilleriebeschuss standhalten.
[Bearbeiten] Langlütjen I
Auf der ehemaligen Sanddüne Langlütjensand entstand 1869/1870 eine Insel, die mit Erdwällen zu einem befestigten Küstenfort ausgebaut wurde. Von den Bauarbeiten sind nur zu Langlütjen I Überlieferungen vorhanden, die gleichermaßen für Langlütjen II gültig sein dürften. Die Kosten für Langlütjen I wurden vor Baubeginn auf 300.000 Taler geschätzt, die tatsächliche Höhe ist nicht bekannt. An dem Werk arbeiteten rund 300 Mann gleichzeitig. Die Herbeischaffung aller Baumaterialien für die 1869 begonnenen Arbeiten erfolgte per Schiff. Ab 1870 diente dazu der noch heute bestehende Damm, auf dem eine Schmalspurbahn mit einer Spurweite von 837 mm verkehrte. Während der Ebbe war der Bauplatz bei ruhiger Witterung 5 Stunden, bei unruhiger See lediglich 2 Stunden frei von Wasser. Die Arbeiten konnten nur von März bis Dezember durchgeführt werden. In den Untergrund rammte man 112.000 Eichenholzpfähle. In den Fundamenten stecken 300.000 Bund Buschwerk, 2.700 m³ Backsteinschutt und 1.900 m³ Sandsteinquader aus Steinbrüchen bei Hameln und Springe.
Nach der Fertigstellung erhielt das Fort neun 21cm-Geschütze in Panzertürmen und wurde bis zum Ende des Ersten Weltkrieges genutzt, ist jedoch nie in Kampfhandlungen verwickelt worden. Nach Kriegsende fand eine Demilitarisierung statt und die Bewaffnung wurde von den Siegermächten entfernt.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Bewaffnung auf Flak-Stellungen mit 10,5cm-Geschützen in neu errichteten, betonierten Geschützständen umgestellt. Die Anlagen wurden nach dem Krieg gesprengt und die Trümmerreste in den 1970er Jahren aus Gründen des Küstenschutzes mit Sand überspült. Es ragen jedoch noch immer Trümmerreste aus dem Sand. Die Insel ist mit einem 1,6 Kilometer langen Damm mit dem Festland verbunden. Neben dem Damm wurde in Inselnähe 1983 ein Radarturm für die Weserschifffahrt errichtet.
[Bearbeiten] Langlütjen II
Die Insel Langlütjen II wurde 1872-1876 in unmittelbarer Nähe zu Langlütjen I künstlich mit Sand aufgeschüttet. Die Insel ist ohne Verbindung zum Festland und nur mit dem Boot oder bei Ebbe zu Fuß zu erreichen. Sie hat eine ovale Form mit einer Länge von etwa 200 m und einer Höhe von 10 m ü. NN. Darauf wurde ein Fort als rechteckiger Kasemattenbau aus Ziegelmauerwerk mit abgerundeten Ecken errichtet. Die Kasematten haben gewölbte Decken und sind beschusssicher ausgebaut. Das Fort wird von einem 8 m tiefen Graben geschützt. Es konnte 1880 in Betrieb genommen werden und war für 100 Mann Besatzung vorgesehen, die hier bis zu vier Monate autark leben konnten. Die Bewaffnung im Ersten Weltkrieg bestand aus 5 drehbaren Panzertürmen mit 28 cm Kanonen sowie zwei separaten 15 cm Geschützen. Obwohl der Feind erwartet wurde, kam es zu keinerlei Kampfhandlungen. Bereits nach dem Ersten Weltkrieg wurden die militärischen Installationen des Forts von den Siegermächten demontiert. Im Zweiten Weltkrieg trug die Befestigungsanlage 2cm-Flugabwehrgeschütze und Suchscheinwerfer.
[Bearbeiten] Bedeutung als Baudenkmal
Das Niedersächsische Landesverwaltungsamt, Institut für Denkmalpflege, bewertete 1996 die bauhistorische Bedeutung der Insel Langlütjen II wie folgt:
- Wegen des guten Erhaltungszustandes kommt dem Fort auf Langlütjen II eine herausragende Denkmaleigenschaft zu. Das Objekt ist eine einzigartige militärische Anlage in Deutschland aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie dokumentiert:
-
- National- und Landesgeschichte aus der Entstehungszeit des Deutschen Reichs von 1871
- politische Geschichte aus den Anfängen der NS-Zeit
- Wasserbautechnik
- Wehrtechnik eines Seeforts
[Bearbeiten] Schutzhaftlager
In der Festungsanlage von Langlütjen II befand sich vom 9. September 1933 bis zum 25. Januar 1934 ein Schutzhaftlager der SA. Es wurde auf Veranlassung der Bremer Gestapo eingerichtet, um politische Gefangene aus dem bremischen KZ Findorff aufzunehmen. Neben dem SA-Wachpersonal sollen bis zu 100 Gefangene untergebracht worden sein, denen der tiefe Wallgraben als Gefängnishof diente. Die Schreie von gefolterten Gefangenen seien meilenweit zu hören gewesen. Bei Annäherung an die Insel wurden unangemeldete Besucher ohne Vorwarnung beschossen. Aus Kostengründen und wegen der umständlichen Versorgung wurde die Gefangenenunterbringung nach relativ kurzer Zeit wieder eingestellt.
[Bearbeiten] Inselverkauf
Die beiden Inseln gehörten von jeher dem Staat, nach dem Zweiten Weltkrieg dem Bund. In den letzten Jahren wurden sie als entbehrlich befunden und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben bot sie ab August 2005 als Investoren-Objekte zum Kauf an. Als Kaufpreis pro Insel wurde die Summe von mindestens 100.000 Euro genannt. Als Nutzungsart wurde sanfter Tourismus vorgeschlagen.
Angepriesen wurden die Inseln mit dem Text:
- Zum Verkauf stehen zwei einzigartige Inseln, auf denen sich ein Stück deutscher Geschichte mit der Frische der Nordseeluft vermengt. Ursprünglich dienten diese beiden künstlich aufgeschütteten Inseln mit ihrer architektonisch bedeutsamen und weltweit einzigartigen Festungsanlage als kaiserliches Marine-Fort der militärischen Verteidigung der Wesermündung.
Die Verkaufsabsichten stießen auch auf Ablehnung. Es wurde vorgeschlagen, wegen der früheren Inhaftierung von politischer Gefangenen in den Jahren 1933/34 auf einer der beiden Insel eine Gedenkstätte einzurichten. Am 5. November 2005 gründete ein Landwirt aus Spieka-Neufeld bei Cuxhaven den „Verein Inselfort Langlütjen II“. Der Verein wollte Geld für die Erhaltung der ehemaligen Festungsinsel sammeln und aus ihr ein attraktives Tourismusziel machen.
Im Dezember 2005 berichtete die Nordsee-Zeitung, dass beide Inseln an einen Käufer aus Süddeutschland verkauft wurden. Am 20. Januar 2006 teilt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Nebenstelle Oldenburg) durch Pressemitteilung mit, dass die Wattinsel Langlütjen II durch notarielle Beurkundung am 13. Januar 2006 verkauft ist. Käufer ist ein Bremer Kaufmann. Der Verkauf der Nachbarinsel Langlütjen I ist ebenfalls an einen privaten Erwerber vorgesehen und steht kurz vor dem Abschluss. Die Verkäuferin weist darauf hin, dass die beiden Inseln inmitten des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer liegen und unter Denkmalschutz stehen. Die künftigen Eigentümer sind daher gesetzlich an die Natur- und Denkmalschutzbestimmungen gebunden. Die Postadresse der Inseln lautet nun: „Wasserstr. 5298, Außenweser“.
[Bearbeiten] Sonstiges
- Derzeit sind die beiden Inseln in einem schlechten baulichen Zustand. Seit etwa 1970 hat sich der Zustand der Festungswerke und auch der steinernen Uferbefestigungen mehr verschlechtert als in den 100 Jahren davor.
- Die Befestigungsanlagen auf Langlütjen I wurden nach dem letzten Krieg gesprengt und es liegen noch immer große Trümmerteile herum. Das Betreten der beiden Inseln ist verboten. Im Rahmen von Stadtrundgängen des Nordenham Marketing- und Touristikvereins kann Langlütjen II mit einem sachkundigen Führer besichtigt werden.
- An verschiedenen Ruinenteilen von Langlütjen I und II wurden rechtsextremistische Schmierereien hinterlassen.
- Nach umfangreichen Recherchen hat der Regisseur Jens-Erwin Siemssen von der Theatergruppe Das letzte Kleinod ein Theaterstück geschrieben, das unter dem Titel „Langlütjen II - Dokumentarische Landschaftsinszenierung einer Insel“ erstmals am Freitag 19. Mai 2006 auf der Insel Premiere hatte. Das Stück wurde teilweise zu ungewöhnlichen Zeiten aufgeführt, weil bei der Anfahrt zur Insel auf die Tide Rücksicht genommen werden musste. Die Besucher begaben sich auf einen Rundkurs über die Insel und an verschiedenen Stationen wurde die Geschichte der Insel in Szene gesetzt.
[Bearbeiten] Literatur
- Langlütjen II - ein ehemaliges Weserfort wird als Baudenkmal entdeckt in: "Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen", Nummer 1/96, Seite 14 ff, ISSN 0720-9835, Angelika Geiger und Walter Wulf
- Investoren für KZ-Insel gesucht in Zeitschrift "Waterkant" 3-05, Hrsg: Aktionskonferenz Nordsee e.V., Bremen
- DAWA Sonderband 28: Die Weserforts - Beiträge zur Geschichte in der Reihe "DAWA Sonderbände", Werner Lacoste, ISBN 3-931032-90-6
[Bearbeiten] Weblinks
- Beschreibung Langlütjen I und II mit Bildern
- Luftbild von Langlütjen I
- Beschreibung des Leuchtfeuer Langlütjen
- Daten zum Leuchtfeuer Langlütjen
- Nordenham Marketing & Touristik (bietet geführte Wanderungen zur Insel Langlütjen II an)
- Verein Inselfort Langlütjen II
- "Festung Langlütjen: Zuschlag erteilt", Nordsee-Zeitung, 7. Dezember 2005
- "Inseln nicht mehr staatlich", Die tageszeitung, 25. Januar 2006
Koordinaten: 53° 33′ 26" N, 8° 30′ 58" O
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