Lebenserwartung
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Die Lebenserwartung ist die zu erwartende Zeitspanne, die einem Lebewesen ab einem gegebenen Zeitpunkt bis zu seinem Tod verbleibt. Diese Spanne wird in der Regel mit Hilfe empirischer Daten einer Sterbetafel berechnet. Grundsätzlich kann jeder beliebige Zeitpunkt gewählt werden, ab dem die restliche Lebenszeit ermittelt werden soll.
Die meistermittelte Lebenserwartung ist die ab Zeitpunkt des Eintritts in das Leben, bei Menschen also die Lebenserwartung bei der Geburt. Die Lebenserwartung bei der Geburt ist bestimmt durch die Anzahl der Jahre, die ein Neugeborenes durchschnittlich leben würde, wenn die bei seiner Geburt herrschenden Lebensumstände und Sterblichkeitsraten während seines gesamten Lebens konstant blieben.
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[Bearbeiten] Menschliche Lebenserwartung
Die menschliche Lebenserwartung wird von verschiedensten Einflussfaktoren bestimmt. Sofern Populationen nicht durch Kriege, Seuchen, Hungersnöte, Unfälle dezimiert werden, spielen insbesondere die biologische Lebenserwartung (Zellalterung), Stress, Ernährung und Bewegung die ausschlaggebenden Rollen. Unter guten Rahmenbedingungen können Menschen 100 Jahre und älter werden. Die bisher ältesten Menschen erreichten ein Lebensalter von knapp über 120 Jahren. Für die westlichen Wirtschaftsnationen werden für die aktuelle Jugend ähnlich hohe Lebenserwartungen (impliziert werden medizinische Fortschritte) prognostiziert.
Lebenserwartung stellt auch eine wichtige sozioökonomische Messzahl dar: Je höher sie für eine bestimmte Gruppe ist, desto höher ist in der Regel deren Lebensstandard, beispielsweise medizinische Versorgung, Hygiene, Trinkwasserqualität und Ernährungslage. Unterschieden wird die Lebenserwartung häufig nach Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Berufszugehörigkeit, aber auch nach speziell ausgewiesener Risikogruppe. Während die Statistiken, die sich auf Staaten oder Regionen beziehen, vorwiegend volkswirtschaftliche Indikatoren ausweisen, wird die Unterscheidung nach bestimmten Bevölkerungsgruppen, insbesondere in der Versicherungswirtschaft, auch zur Berechnung von Risiken und der Bemessung von Prämien oder Renten herangezogen.
Die Berechnung der Lebenserwartung erfolgt anhand von Sterbetafeln, welche die exakte Zahl der Überlebenden und Gestorbenen pro 100.000 Einwohner nach Lebensalter in Jahren ausweisen.
[Bearbeiten] Zusammenhang von Lebenserwartung und Geschlecht
Männer haben eine durchschnittliche 7 Jahre geringere Lebenserwartung als Frauen. Als Ursachen hierfür werden von Wissenschaftlern das geringere Gesundheitsbewusstsein aber auch die höheren Risikobereitschaft und die potenziell höheren Morbiditätsrate in den für Männer typisch Berufen genannt.
[Bearbeiten] Zusammenhang von Lebenserwartung und Bildung
Nach einer Studie von Karl Lauterbach (Febr. 2006, Köln, Gesundheitsexperte und SPD-Bundestagsabgeordneter) haben Männer mit hoher Bildung und höherem Einkommen (mehr als 4500 Euro) eine höhere Lebenserwartung als Männer einer Vergleichsgruppe mit niedriger Bildung und niedrigerem Einkommen (unter 1500 Euro). Andererseits haben Mönche und Nonnen eine signifikant höhere Lebenserwartung als die allgemeine Bevölkerung, obschon ihr Einkommen erheblich unter 1500 Euro im Monat liegt. Der typische Vertreter der Gruppe mit niedrigem Einkommen hat eine niedrige Bildung, lebt ungesund (Ernährung, Bewegung, Rauchen) und geht höhere Arbeitsrisiken ein. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Einkommen und Lebenserwartung besteht, wie durch die Klosterstudien eindeutig belegt, nicht. Lebensumstände wie Ernährung, Bewegung, Rauchen, Stress, medizinische Versorgung stellen die entscheidenden Faktoren für die unterschiedlichen Lebenserwartungen dar. Der exakte Einfluss der einzelnen Faktoren konnte bisher wissenschaftlich seriös nicht ermittelt werden.
Die unterschiedliche lange Lebenserwartung verschiedener Bevölkerungsgruppen, insbesondere von Männern und Frauen, spiegelt sich in der privaten Rentenversicherung wider, die ihre Tarife diesen Gegebenheiten anpasst. Bei der Riester-Rente hingegen sind durch Gesetz seit 2007 Unisex-Tarife vorgeschrieben.
[Bearbeiten] Lebenserwartung von Pflanzen und Tieren
Die Lebenserwartung kann auch für Tiere und Pflanzen ermittelt werden. Die Lebenserwartung von Tieren unterscheidet sich vor allem nach dem Leben in freier Wildbahn oder in Gefangenschaft. Häufig erreichen Tiere in Gefangenschaft ein sehr viel höheres Alter als in der Wildnis. Dies zumindest in artgerechter Tierhaltung, wo sie vor Fressfeinden, extremen Wetterverhältnissen und Nahrungsknappheit geschützt sind.
[Bearbeiten] Geschichtliche Entwicklung der menschlichen Lebenserwartung
Die durchschnittliche menschliche Lebenserwartung hat sich in vorhistorischer Zeit nicht, in historischer Zeit zunächst kaum geändert, stieg tendenziell und von Rückschlägen durch Epidemien und Kriegen begleitet sehr langsam, ab dem 19. Jahrhundert immer schneller an. Durch die verschieden ausgeprägten groß- und kleinräumigen Entwicklungen ist sie daher heute weltweit sehr unterschiedlich ausgeprägt: Während in den Staaten Schwarzafrikas, die von der AIDS-Pandemie am stärksten betroffen sind, die Lebenserwartung oft unter 40 Jahre gefallen ist, beträgt sie in Island und Japan derzeit etwa 80 Jahre.
Vor allem in den Industrieländern ist die Lebenserwartung von Frauen und Männern deutlich verschieden. Frauen erreichen dort um sechs bis acht Jahre höhere Werte (Westdeutschland 6 Jahre, Ostdeutschland 7 Jahre), was zum großen Teil auf ein stressigeres Leben der männlichen Bevölkerung zurück geführt wird. Für die Vermutung, dass die unterschiedliche Lebenserwartung von Männern und Frauen in größerem Maße die Lebensumstände und die gewählte Lebensweise als die biologische Disposition (die genetische Veranlagung) widerspiegelt, sprechen unter anderem die Ergebnisse der "Klosterstudie". Hier wurde festgestellt, dass die Lebenserwartung von Nonnen annähernd gleich der der Frauen der Gesamtbevölkerung ist und Mönche im Schnitt nur 1 Jahr jünger als Nonnen sterben.
Es scheinen somit nur bestimmte Gruppen der männlichen Bevölkerung für die geringere Lebenserwartung von Männern verantwortlich zu sein. Dr. Paola Di Giulio vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung identifizierte u.a. die Gruppen der "Active Bon-Vivants" (häufig übergewichtige Vielarbeiter und Raucher; überwiegend Männer) und der "Nihilists" (korpulente Nichtsportler und Gesundheitsvorsorge-Vermeider - in dieser Gruppe zu gleichen Teilen Männer und Frauen). Auf der anderen Seite finden sich in der Gruppe der "Interventionists" (Nicht-Raucher, Nicht-Trinker mit gesunder Ernährung und ohne Stress-Job) hauptsächlich Frauen.
[Bearbeiten] Begriffsabgrenzung und Missverständnisse
Die unterschiedliche Verwendung des Begriffes Lebenserwartung führt häufig zu unklaren Formulierungen und Missverständnissen. Diese liegen insbesondere darin begründet, dass die Lebenserwartung nur ein Schätzwert ist, der sich in der Zeit verändert:
Eine wichtige Ursache ist, dass bei der Betrachtung der Lebenserwartung häufig übersehen wird, dass diese mit zunehmendem Alter der noch Lebenden steigt. Beispiel: Ein Jahrgang hat bei der Geburt eine Lebenserwartung von 75 Jahren. Nach 60 Jahren ist jedoch ein Teil bereits verstorben, der in der ursprünglichen Erwartung enthalten war. Die noch lebende Gruppe der 60-Jährigen hat nun noch eine Lebenserwartung von über 25 Jahren, womit sie im Durchschnitt ein Lebensalter von 85 Jahren erreichen wird. Ein 80-Jähriger hat mit derselben Berechnung eine Gesamtlebenserwartung von über 90 Jahren. Bei demografischen Vorhersagen, beispielsweise zur Berechnung der Renten ist dies von entscheidender Bedeutung.
Ein ähnlicher Trugschluss kann bei der Lebenserwartung bestimmter Berufsgruppen auftreten. So ist die Lebenserwartung von Bischöfen deutlich höher als von Automechanikern. Dies liegt in erster Linie nicht an der gesünderen Lebensweise, sondern daran, dass Bischöfe nicht mit 25 sterben können, da sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht Bischof sind.
Auf gleiche Weise kann die Kindersterblichkeit die Lebenserwartung ab Geburt unverhältnismäßig verzerren. So wird für den Großteil des Mittelalters eine Gesamtlebenserwartung der Bevölkerung von dreißig Jahren und weniger angenommen. Die Lebenserwartung der Frauen lag um die 24 Jahre, die der Männer bei ca. 28 Jahren. Betrachtet man jedoch die Lebenserwartung derer, die das erste Lebensjahr überlebt haben, steigt diese sprunghaft an. Wenn die Kindheit überlebt worden ist, konnte man durchschnittlich über vierzig Jahre alt werden. Die - heutzutage - im Vergleich zu Frauen niedrigere durchschnittliche Lebenserwartung der Männer wird auf gleiche Art durch die risikobehaftetere Lebensweise der jungen Männer während der Adoleszenz beeinflusst. So sterben viel mehr junge Männer als Frauen im Alter zwischen 16 und 25 Jahren durch Verkehrsunfälle und andere Risikofaktoren dieser Altersgruppe - was sich auf die statistische Gesamtlebenserwartung auswirkt. Männer bis 65 Jahre sterben 3,6 Mal so häufig an Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Frauen. Gerade in den mittleren Jahren, also bis etwa 65 Jahre, versterben nahezu doppelt so viele Männer wie Frauen.
Häufig werden zudem Lebenserwartung, Durchschnittsalter und Höchstalter begrifflich nicht getrennt. Beispielsweise gilt der Kaukasus als Heimat besonders vieler sehr alter Menschen, die hundert Jahre und älter werden. Die durchschnittliche Lebenserwartung in diesen Ländern liegt jedoch signifikant unter dem Niveau westlicher Industrieländer. Auch auf die Tier- und Pflanzenwelt bezogen werden häufig Rekordalter mit Durchschnittsalter verwechselt: Elefanten können beispielsweise ein Alter von 70 Jahren und mehr erreichen, sterben aber in freier Wildbahn oft bedeutend früher. Hier wird das Rekordalter häufig mit der Lebenserwartung gleichgesetzt.
[Bearbeiten] Literatur
- Flindt: Biologie in Zahlen. Frankfurt am Main 1988. ISBN 3-437-30592-1
- Lampert, T./Kroll, L.E. (2005). Einfluss der Einkommensposition auf die Gesundheit und Lebenserwartung DIW Discussion Paper 527/2005. Download
- Schlag nach! 100000 Tatsachen aus allen Wissensgebieten. Mannheim 1976. ISBN 3-411-02430-5, S.134, 148
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Online Berechnung der Lebenserwartung (basierend auf den österreichischen Generationen- und Rentensterbetafeln)
- „Klosterstudie“ zur Lebenserwartung von Nonnen und Mönchen
- Statistisches Bundesamt: Lebenserwartung in Deutschland 2004
Autoren, die sich mit dem Thema beschäftigen: Alexander Hanika, Harald Trimmel, Walter Krämer, James W. Vaupel