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Leberecht Migge

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Leberecht Migge: Lage- und Gartengestaltungsplan der Siedlung Frankfurt-Heddernheim, Ende 1920er Jahre
Leberecht Migge: Lage- und Gartengestaltungsplan der Siedlung Frankfurt-Heddernheim, Ende 1920er Jahre

Leberecht Migge (* 20. März 1881 in Danzig (poln. Gdańsk), Polen; † 30. Mai 1935 in Worpswede) war ein deutscher Landschaftsarchitekt und Autor. Er wuchs als zwölftes von dreizehn Kindern einer Danziger Großkaufmannsfamilie auf.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Nach einer Gartenbaulehre und ersten praktischen Erfahrungen in Hamburg war Leberecht Migge seit 1902 bei der Gartenbaufirma Jacob Ochs tätig. Er entwickelte sich rasch vom handwerklich-technisch ausgerichteten Gärtner zum Grüngestalter.

Ab 1913 war Leberecht Migge freischaffend tätig. Bereits 1912 war er dem Deutschen Werkbund beigetreten. Gefördert durch die hierdurch entstandenen Kontakte und die Planung verschiedener öffentlicher Parks entwickelte Migge seine eigene Theorie von Rolle und Funktion der Landschaftsarchitektur. Er publizierte seine Ideen in Büchern wie "Jedermann Selbstversorger" (1918) und "Die Gartenkultur des 20. Jahrhunderts" (1913). Er stellte hierin seine Vorstellungen über die sozialen Funktionen des städtischen Grünraums dar und entwickelte die aus England kommende Idee der Gartenstadt zu seinem eigenen Modell weiter. Nach seiner Auffassung sollte es möglich sein, die Städte zu autonomen Wesen zu entwickeln, ohne die umgebende Landschaft auszubeuten.

Seit 1920 lebte Migge in der Künstlerkolonie Worpswede und versuchte zunächst hier seine Ideen im "Sonnenhof"-Projekt und darüber hinaus durch seine Arbeit für den Anhaltischen Siedlerverband zu verwirklichen. Für den Siedlerverband plante er unter Anderem jeweils die Gärten in der Versuchssiedlung "Dessau-Ziebigk", "Hohe Lache" und in Dessau-"Kleinkühnau". Für Migges Nutzgärten ist typisch, dass jeweils alle Gärten einer Siedlung einem gleichen Muster folgen und durch rhythmische Akzente wie Obstbaumpflanzungen unterschieden werden. Seinem sozialreformerischen Anliegen entsprechend wurden die Gärten mit Spalierwänden, Dungsilos und Gartenlauben ausgestattet.

Die künstlerischen Auseinandersetzungen mit dem von Heimatschutzbewegung und Volksparkbewegung bestimmten Zeitgeist führten Leberecht Migge und Künstler wie Bernhard Hoetger und Heinrich Vogeler zu dem sozialreformerischen Modell der "Arbeitskommune". In diesem Projekt wurde die Verzahnung von Gärtnerei, Landwirtschaft und angelagerten Werkstätten mit dem Ziel erprobt, Hand- und Kopfarbeit in der Kunst zusammenzuführen. Zu diesem Zweck hatte Migge den "Moorhof" in Worpswede gegen Bezahlung mit Produkten des Hofes von dem Bildhauer Bernhard Hoetger gepachtet.

In den 1920er und 1930er Jahren gestaltete Leberecht Migge viele Außenanlagen der in der Zeit der "Weimarer Republik" entstandenen Bewegung des "Neuen Bauens. Er arbeitete in dieser Zeit mit bekannten Architekten wie Otto Haesler (Georgsgarten, Celle), Bruno Taut und Martin Wagner (Hufeisensiedlung Britz, Neukölln, Berlin ; Waldsiedlung Zehlendorf) zusammen. Zusammen mit Ernst May und dem Frankfurter Gartenbaudirektor Max Bromme gestaltete er den Übergang von der Frankfurter Kernstadt zu den neuen Siedlungen in der Peripherie. Die Gärten und Grünanlagen der Römerstadt-Siedlung sind ein bekanntes Beispiel für diese Zusammenarbeit.

[Bearbeiten] Rezeption und Bedeutung für die Gegenwart

Die von Migge mit fester politischer Überzeugung fachlich untermauerten und mit Nachdruck vertretenen Ideen machten ihn unter seinen Kollegen zu einem "Einzelkämpfer", obwohl viele seiner Vorstellungen der sozialen Situation seiner Zeit angepasst waren und von ihnen in einzelnen Aspekten geteilt wurden.

Mit seinen Arbeiten steht Leberecht Migge in der Tradition der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzenden Reformbestrebungen im großstädtischen Wohnungsbau und in der Stadtplanung, die schließlich in die Gartenstadtbewegung am Anfang des 20. Jahrhunderts mündete. Zu dieser Zeit gelangte die Verantwortung für die Gestaltung des Freiraumes zunehmend in die kommunale Verantwortung. Förderlich hierfür waren theoretische Funktionskonzepte wie die Unterscheidung in "sanitäres" Grün und "dekoratives" Grün (Camillo Sitte) und die Freiflächentheorie von Martin Wagner. Zu einer Intensivierung dieser Tendenzen kam es jedoch erst unter den geänderten gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen der Weimarer Zeit. Mit der wachsenden Bedeutung öffentlicher Grünflächen eröffneten sich auch für die privaten Grünräume neue Gestaltungsmöglichkeiten, die mit neuen Bau- und Siedlungsformen korrespondierten. Das Verhältnis von Innenwohnraum zu Außenwohnraum wurde zu einem charakteristischen Unterscheidungsmerkmal verschiedener Architekturströmungen und ihrer Protagonisten.

Da der Berufsstand der Gartenarchitekten traditionell für eine bürgerliche Klientel arbeitete, setzten sich die neuen Bestrebungen der Freiraumgestaltung im Geschosswohnungsbau nur langsam durch. So musste ein Mitarbeiter des Architekten Ernst May 1927 empört feststellen: "Es war, als gäbe es in Deutschland nur Schlösser und Zierparks und nicht tausende Menschen, die auf einem kleinen Stück Erde auch einen Garten der Schönheit haben möchten". Es verwundert daher nicht, dass die Arbeiten Leberecht Migges auf dem Gebiet des neuen Bauens im Geschosswohnungsbau in damaliger Sicht als die eines Außenseiters seiner Zunft erschienen. Migge entwarf im öffentlichen Raum vielfältige nutzungsorientierte Konzepte wie Spielbereiche für Kinder, gemeinschaftlich nutzbare Dachgärten, Ruhebereiche für Ältere oder auch der Müllentsorgung.

Migges besonderes Interesse galt jedoch dem privat nutzbaren Garten, der als "erweiterter Wohnraum" diente. Dieses Konzept wurde bereits vor dem Ersten Weltkrieg entwickelt, es wurde jedoch von ihm zu serieller Anwendung weiterentwickelt. Hierzu Migge selbst:"Das Ziel der Garten-Industrialisierung ist, jedermann einen Garten zu verschaffen, einen technisch guten Garten."

Ein weiterer Schwerpunkt Leberecht Migges waren seine sozialreformerischen Bestrebungen, den benachteiligten Bevölkerungsgruppen eine Selbstversorgung zu ermöglichen. Diese Bestrebungen gehen bis in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zurück. Auch auf diesem Gebiet war Migge kein "Einzelkämpfer", durch seine publizistische Wirkung jedoch ein herausragender Verfechter dieser Ideen. Eine Untersuchung der Wirtschaftlichkeit ergab jedoch, dass eine Einführung des von Migge entwickelten Gartentyps kaum tragfähig war. Durch diese Bestrebungen kommt Leberecht Migge dennoch ein großer Anteil an der Hinwendung der Gartenarchitektur zu kleinbürgerlichen und proletarischen Interessen zu.

Umstritten ist der Anteil Leberecht Migges an den Bauten der klassischen Moderne. Indem Migge dem sozialen und wirtschaftlichen Nutzen des Hausgartens eine dominierende Stellung beim Hausbau einräumte, war es genau das Gegenteil von dem, was das Bauhaus wollte: Der Freiraum sollte wie das Gebäude streng, einfach und funktional sein. Walter Gropius als einflussreichster Architekt des Bauhauses überließ den Freiraum am liebsten der Natur.

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Weblinks

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