Messfehler
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Es ist grundsätzlich nicht möglich, fehlerfrei zu messen. Durch eine Vielzahl von Ursachen wird die zu messende Größe nicht korrekt erfasst. Die Abweichung eines aus Messungen gewonnenen Wertes vom wahren Wert der Messgröße wird Messabweichung (nach DIN 1319-1:1995) oder Messfehler (alte Bezeichnung) genannt.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Vorbemerkung
Man sollte bei der Angabe eines Messwertes immer hinterfragen:
- Wie weit kann ich mich auf den angezeigten (ermittelten) Wert als korrekte Aussage über die zu messende Größe verlassen?
- Beispiel: Ein Strom ist exakt 5 A, wird auch exakt 5 A angezeigt?
- Wie weit kann ich mich auf den festgestellten Zahlenwert verlassen?
- Beispiel: Heißt die Angabe "5": geschätzt zwischen 0 und 10, vielleicht auch 6, oder heißt die Angabe "5" genau bis auf einen durch Schätzunsicherheit möglichen Fehler ± 0,1? Im zweiten Falle wäre dann 5,0 zu schreiben. Das ist zwar mathematisch dasselbe, aber in der Messtechnik von anderer Qualität.
- Beispiel: Welchen Sinn hat die Angabe „4,8376“ bei einem durch Fehlergrenzen möglichen Fehler ± 0,1? Die Angabe gaukelt eine nicht zu verantwortende Qualität vor und ist durch 4,8 zu ersetzen. Ohne Angabe über die Zuverlässigkeit einer Messaussage ist die Aussage von zweifelhaftem Wert.
[Bearbeiten] Definitionen
[Bearbeiten] „Wahrer“ und „richtiger“ Wert
In der für die Messtechnik grundlegenden DIN 1319 wird zwischen diesen beiden Werten unterschieden:
- xw = wahrer Wert der Messgröße als Ziel der Auswertungen von Messungen der Messgröße; das ist ein ideeller Wert, der in aller Regel nicht genau bekannt ist.
- xr = richtiger Wert der Messgröße als bekannter Wert für Vergleichszwecke, dessen Abweichung vom wahren Wert für den Vergleichszweck als vernachlässigbar betrachtet wird.
Der richtige Wert ist der Wert, den eine fehlerfreie Messeinrichtung ausgeben würde, durch Vergleich mit einem Normal ermittelter (oder fundamental ermittelter oder als richtig festgelegter) Wert. Zwischen xw und xr besteht ein zwar prinzipieller, aber quantitativ unerheblicher Unterschied. Nachfolgend wird der quantitativ eher fassbare Wert xr verwendet. Zusammen mit
- xa = angezeigter (ausgegebener) Wert
liefert der Vergleich von xa mit xr den absoluten und der relativen Fehler eines Messwertes.
[Bearbeiten] Absoluter Fehler F
Diese Größe hat einen Betrag, ein Vorzeichen und eine Einheit, nämlich stets die selbe wie die Messgröße.
[Bearbeiten] Relativer Fehler f
Diese Größe ist stets ohne Einheit; sie kann positiv oder negativ sein.
Beispiel:
- Verwechselungsgefahr: Im Zusammenhang mit Klassenzeichen wird überwiegend als Bezugsgröße (also im Nenner) statt des richtigen Wertes der Messbereichsendwert verwendet. Dann steht als bezogene Größe (also im Zähler) aber kein Fehler, sondern eine Fehlergrenze, was mit der Definition des relativen Fehlers nichts zu tun hat.
[Bearbeiten] Fehlerquellen
- Gerätefehler als Folge der Unvollkommenheit der Konstruktion, Fertigung, Justierung (z. B. durch Werkstoffe, Fertigungstoleranzen)
- durch das Messverfahren bedingte Einflüsse infolge Einwirkung der Messeinrichtung auf die Messgröße (z. B. Rückwirkungsabweichung [Schaltungseinflussfehler] durch Eigenverbrauch des Messgerätes)
- Umwelteinflüsse als Folge von Änderungen der Einwirkungen aus der Umgebung (z. B. Temperatur, äußere elektrische oder magnetische Felder, Lage, Erschütterungen)
- Instabilitäten des Wertes der Messgröße oder des Trägers der Messgröße (z. B. statistische Vorgänge, Rauschen)
- Beobachtereinflüsse infolge unterschiedlicher Eigenschaften und Fähigkeiten des Menschen (z. B. Aufmerksamkeit, Übung, Sehschärfe, Schätzvermögen)
Außerhalb der Diskussion hier stehen
- Verfälschungen durch Irrtümer des Beobachters,
- Verfälschungen durch Wahl ungeeigneter Mess- und Auswerteverfahren,
- Verfälschungen durch Nichtbeachtung bekannter Störgrößen.
[Bearbeiten] Messabweichungsarten
[Bearbeiten] Systematische Messabweichung
Alle Fehler, die einseitig gerichtet sind und sich - wenn auch schwierig - ermitteln ließen, sind systematische Messabweichungen. Nach DIN 1319-1 ist die systematische Messabweichung die Abweichung des Erwartungswertes vom wahren Wert.
- Systematische Messabweichungen haben Betrag und Vorzeichen.
- Bekannte systematische Abweichungen sind durch Berichtigung auszuschließen.
- Unbekannte systematische Messabweichungen können allenfalls anhand ausreichender Erfahrung in einer Komponente us der Messunsicherheit zusammengefasst werden.
[Bearbeiten] Zufällige Messabweichungen
Nicht beherrschbare, nicht einseitig gerichtete Abweichungen sind zufällige Messabweichungen. Nach DIN 1319-1 die Abweichung des unberichtigten Messergebnisses vom Erwartungswert.
- Selbst unter Wiederholbedingungen werden die Messwerte voneinander abweichen; sie streuen.
- Zufällige Messabweichungen schwanken nach Betrag und Vorzeichen.
- Anhand einer Fehlerrechnung kann aus der Gesamtheit der Werte ein Mittelwert M und eine Komponente uz der Messunsicherheit berechnet werden. Der wahre Wert liegt (bei Abwesenheit systematischer Fehler) mit einer gewissen statistischen Sicherheit in einem Bereich .
- Die gesamte Messunsicherheit ergibt sich zu u = us + uz
Als Regel gilt:
- Durch systematische Messabweichungen wird ein Messergebnis immer unrichtig.
- Durch zufällige Messabweichungen wird ein Messergebnis immer unsicher.
[Bearbeiten] Fehlergrenze
Diese ist begrifflich streng vom Fehler zu unterscheiden. Sie sagt aus, wie groß der Fehler dem Betrage nach höchstens werden darf. Dabei gibt es eine obere und eine unter Fehlergrenze, vorzugsweise gleich groß, beschrieben durch die vorzeichenlose Größe G. Der wahre Wert liegt (bei Abwesenheit eines zufälligen Fehlers) in einem Bereich.
[Bearbeiten] Messgerätefehler
Jedes Messgerät enthält Herstellungsfehler. Diese lassen sich durch Vergleich mit einem wesentlich besseren Messgerät bestimmen; sie sind also systematischer Natur und im Prinzip korrigierbar. Der Aufwand dazu ist allerdings hoch. Zum Umgang mit dem Fehler gibt es zwei Möglichkeiten, von denen eine vom Hersteller des Messgerätes geliefert werden sollte:
- Die Fehlerkurve eines Messgerätes ist die grafische Darstellung der Fehler, aufgetragen in Abhängigkeit von der Anzeige; teilweise wird statt der Kurve auch ein Tabelle angegeben. Anhand der Fehlerkurve sind Betrag und Vorzeichen des Fehlers zu einem Messwert abzulesen; es ist es möglich, Korrekturen vorzunehmen.
- Da die Fehlerkurve den Fehler nur zu einem bestimmten Zeitpunkt und unter anzugebenden Einflussbedingungen dokumentiert, wird meistens darauf verzichtet, und der Hersteller garantiert lediglich Fehlergrenzen unter gewissen Bedingungen. Teilweise werden Fehlergrenzen pauschal durch Klassenzeichen beschrieben.
[Bearbeiten] Siehe auch
Ausgleichsrechnung, Fehlerfortpflanzung, Fehlerrechnung, Fehlergrenze, Genauigkeitsklasse, Justierung, Kalibrierung, Eichung, Messgerät, Messeinrichtung, Messgerätefehler, Messtechnik, Messunsicherheit, Parallaxefehler, Standardabweichung