Molare Schmelzpunkterniedrigung
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Molare Schmelzpunkterniedrigung (Gefrierpunktserniedrigung) bezeichnet das Phänomen, dass der Schmelzpunkt in Lösungen niedriger liegt als in reinen Flüssigkeiten.
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[Bearbeiten] Definition
Die molare Schmelzpunkterniedrigung ΔT ist für verdünnte Lösungen proportional zur Molalität n des gelösten Stoffes:
Dabei senkt sich der Gefrierpunkt pro Mol gelöstem Stoff pro Kilogramm Lösungsmittel um einen lösungsmittelspezifischen Wert. Diesen Wert nennt man die kryoskopische Konstante Eb, die nur vom Lösungsmittel und nicht vom gelösten Stoff abhängt (bei Wasser ist dieser Wert 1,86 (K·kg)/mol). Sie lässt sich aus dem Raoultschen Gesetz und der Clausius-Clapeyronschen Gleichung ableiten zu
,
wobei
- R die Gaskonstante = 8,314472 J/(mol·K),
- Tg der Gefrierpunkt des Lösungsmittels in K und
- LS die spezifische Schmelzwärme des Lösungsmittels in J/kg
ist. Diese Beziehung gilt nur für stark verdünnte Lösungen (Konzentrationen <0,1 mol/L), bei höher konzentrierten Lösungen ist die Aktivität der Ionen und des Wassers zu beachten. Sehr stark konzentrierte Lösungen haben auch einen Tripelpunkt, bei der die Salzlösung gefriert, vorher friert nur Wasser aus der Lösung aus, die Lösung wird immer weiter aufkonzentriert.
Da der Gefrierpunkt jeweils genau um 1,86 °C sinkt, wenn man ein Mol eines Stoffes in einem Kilogramm Wasser löst, nennt der Chemiker die dazugehörige Temperatur auch molare Gefrierpunktserniedrigung. Dieser Effekt ist unabhängig von der Art des gelösten Stoffs, es handelt sich um eine kolligative Eigenschaft.
Es ist dabei zu beachten, dass Salze in wässriger Lösung dissoziieren. Kochsalz (NaCl) zerfällt z. B. in die Ionen Na+ und Cl-. Die Schmelzpunkterniedrigung ist daher in verdünnten Kochsalzlösungen doppelt so hoch wie zunächst erwartet.
Ebenso von der Molalität bzw. von der Konzentration der gelösten Stoffe abhängig ist der Siedepunkt. Man spricht von Molarer Siedepunkterhöhung. Ursache für diese Effekte ist eine Erniedrigung des chemischen Potenzials der Lösung gegenüber dem reinen Lösungsmittel durch die Mischungsentropie.
[Bearbeiten] Beispiele
Stoff | Schmelzpunkt in °C | Gefrierpunktserniedrigung in (K · kg) / mol |
---|---|---|
Wasser | 0 | 1,86 |
Naphthalin | 80,2 | 6,8 |
Chloroform | -63,5 | 4,68 |
Benzol | 5,5 | 5,12 |
Campher | 179 | 39,7 |
Ethanol | -114,6 | 1,99 |
Cyclohexan | 6,4 | 20,2 |
[Bearbeiten] Hintergrund
Neben der Siedepunktserhöhung ist die Gefrierpunktserniedrigung eine weitere Folge, die mit dem verringerten Dampfdruck von Lösungen zusammenhängt.
Steht ein flüssiges Gemisch aus dem festen Stoff A und dem Lösungsmittel B im Gleichgewicht mit dem festem Stoff A, so ergibt sich der Ansatz μA,l = μA,s (mit μ als Chemisches Potential). Es gilt weiterhin dμA,l = dμA,s.
Hierbei bezeichnet der Index l die flüssige Phase, während s die feste Phase kennzeichnet. Aus obiger Gleichung lassen sich die totalen Differentiale aufstellen:
wobei der Molenbruch des gelösten Stoffes im Lösungsmittel ist. Arbeitet man bei konstantem Druck, nimmt die Gleichung die stark vereinfachte folgende Form an:
Die Differenz der Entropien des festen und des flüssigen Zustandes (SA,l − SA,s) entspricht der molaren Schmelzentropie der Substanz A. Diese Größe lässt sich als ΔHSchm./TSchm. beschreiben.
Als TSchm. wird die Schmelzpunkttemperatur der reinen festen Phase bezeichnet. Setzt man diesen Zusammenhang in die obige Gleichung ein und integriert zwischen den Grenzen der Temperaturen TSchm. und T bzw. 1 und dem Molenbruch xA, so ergibt sich:
mit xA = 1 − xB und erhält man die Gleichung
Ersatz von xB durch , wobei
und
bzw.
ist, führt bei Einführung von Molalitäten auf die folgenden Gleichungen (mit T · Ts ≈ T2s):
mit
Durch Umformen der Gleichung kann man leicht das Molekulargewicht des gelösten Stoffes aus der beobachteten Gefrierpunktserniedrigung bestimmen. Es gilt:
[Bearbeiten] Anwendung
Aus der Gefrierpunkterniedrigung lässt sich die Molekularmasse des gelösten Stoffes bestimmen. Das Messverfahren hierzu bezeichnet man als Kryoskopie.
Diese Methode der Molekulargewichtsbestimmung fand und findet auch noch heute breite Anwendung in organischen und anorganischen Chemie, wenn es gilt, die Molekulargewichte neu-synthetisierter Verbindungen zu bestimmen. Dazu werden nach Möglichkeit Lösungsmittel ausgesucht, die eine große kryoskopische Konstante aufweisen.