Neutral-Moresnet
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
2. Belgien (Grenzverlauf von 1830), Provinz Lüttich
3. Neutral-Moresnet (1816–1919)
4. Preußen, Rheinprovinz
a. Deutsch-belgische Grenze (1843),
b. Straße Aachen–Lüttich
c. Heutige Deutsch-belgische Grenze (1919),
Neutral-Moresnet (dt. auch Altenberg, esp. Amikejo (Ort an dem sich Freunde treffen)) war von 1815 bis 1919 ein 270 Hektar großes Gebiet zwischen Deutschland und Belgien, 7 km südwestlich von Aachen. Es gehörte weder zum einen, noch zum anderen Staat, war also faktisch ein unabhängiger Zwergstaat. Im Norden reichte das Gebiet Neutral-Moresnets bis zum Vaalserberg, der damit ein Vierländereck (mit den Niederlanden, Belgien und Deutschland) bildete.
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[Bearbeiten] Geschichte
Die Neutralität des Gebietes resultierte aus der Uneinigkeit zwischen Preußen und dem Vereinigten Königreich der Niederlande (Belgien bestand damals noch nicht) beim Wiener Kongress 1815 über die Zugehörigkeit des an Bodenschätzen (Galmei) reichen Gebietes. Galmei war für die Zink- und Messingherstellung am Anfang des 19. Jahrhunders notwendig und wurde aus diesem Gebiet nach ganz Europa exportiert. Artikel 25 der Schlussakte beschreibt die Grenzen Preußens, Artikel 66 die der Niederlande. Moresnet wird von beiden Seiten beansprucht. Im Dezember 1819 trafen sich Unterhändler aus Preußen und den Niederlanden in Aachen und fanden nach einem halben Jahr einen Kompromiss: so entstanden das niederländische Moresnet im Westen (ab 1830 belgisch), Preußisch-Moresnet im Osten und Neutral-Moresnet blieb unbestimmt, da die beiden Kommissionen sich nicht über die Weise einig wurden, wie die Grenzziehung [...] vorzunehmen sei.
Diese Schwierigkeit wird der Entscheidung der beiderseitigen Regierungen vorgelegt.[..]In Erwartung dieser Entscheidung wird die provisorische Grenze durch die Gemeinde Moresnet gebildet... Im Abkommen wurde weiterhin erwähnt, dass das Gebiet einer gemeinschaftlichen Verwaltung unterworfen wird und von den beiden Mächten nicht militärisch besetzt werden darf. Daher auch der Name Neutral-Moresnet. Es hatte mit seinen Galmeivorkommen (Zinkspat) bei seiner Entstehung um 1815 nur 256 Einwohner, 1858 wurden bereits 2.575 Einwohner gezählt, kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges dann 4668. Deutsche, Wallonen, Flamen und Niederländer siedelten sich an. Bis 1847 siedelten sich viele junge Männer an, um den Militärdienst zu umgehen. Danach regelten Belgien und Preußen, dass nur ursprünglich Ansässige vom Militär befreit waren. Im Laufe des 19. Jahrhunderts gab es zahlreiche Verhandlungen zwischen Preußen und Belgien zur Aufhebung des Provisoriums.
Im Ersten Weltkrieg wurde es durch Deutschland besetzt. Erst im Versailler Vertrag vom 28. Juni 1919 erkannte Deutschland die volle Souveränität Belgiens über Neutral-Moresnet an. Neutral-Moresnet änderte seinen Namen in Kelmis (fr. La Calamine) und Preußisch-Moresnet in Neu-Moresnet.
[Bearbeiten] Rechtswesen
In Neutral-Moresnet galt bis zuletzt der von Napoleon herrührende Code Civil und der Code Penal. Da im Gebiet selbst keine Gerichte existierten, mussten belgische und deutsche Richter entsprechend der ehemaligen französisch-napoleonischen Gesetze entscheiden.
Zwei Kommissare hatten die Aufsicht über das Gebiet (je ein preußischer in Aachen und ein niederländischer (später belgischer) in Verviers). Sie ernannten den Bürgermeister, der aber durch das fehlende Verwaltungsgericht nicht in seinen Entscheidungen überprüft werden konnte. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts gab es zusätzlich einen Gemeinderat. Mitgeredet hat auch die Grubengesellschaft Societé de la Vieille Montagne, die eigene Siedlungen, Läden, ein Krankenhaus und die Sparkasse betrieb.
[Bearbeiten] Esperanto
Seit 1907 existiert eine Gruppe von Esperanto-Anhängern. Sie wollten aus Neutral-Moresnet einen Esperanto-Staat bilden. In Dresden wird bei der Tagung des Weltbundes der Esperantisten Moresnet zum Hauptsitz der Esperanto-Bewegung ausgerufen. Laut einem Bericht in der Aachener Post waren die Bewohner Moresnet begeisterte Esperantisten: "Die Kurse zur Erlernung der Sprache waren überfüllt und überall hörte man nur noch Esperanto radebrechen; die 75 Gastwirte des Ortes taten ein übriges und firmierten in der neuen Landessprache." Dr. Wilhelm Molly († 1919), der Chefarzt der Erzgrube, versuchte vergeblich, in Neutral-Moresnet den ersten Esperanto-Staat der Welt auszurufen.
[Bearbeiten] Sonstiges
Die Steuern waren niedrig und wurden über Jahrzehnte nicht erhöht. Da beide Länder Neutral-Morenet als Hoheitsgebiet betrachteten, war die Einfuhr zollfrei. Für die Ausfuhr wurde aber Zoll verlangt.
1903 versuchte man, ein legales Kasino zu eröffnen, was aber Preußen unterband. Es gab zahlreiche illegale Schnapsbrennereien und einen schwunghaften Handel mit Alkohol.
[Bearbeiten] Heute
Außer Moresnet-Village (Alt-Moresnet) und Moresnet-Kapelle (Eikschen), die seit 1975 bei Bleiberg eingemeindet sind, gehört der Rest der Region heute zu der in der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens liegenden Gemeinde Kelmis. Moresnet-Village und Moresnet-Chapelle sind Gemeindeteile von Plombières/Bleiberg in Belgien, der Nachbargemeinde von Kelmis.
[Bearbeiten] Tourismus
Gerade wegen der Bedeutung der Esperantoepisode werden heute viele Sprachkurse angeboten, und die Gastwirtschaften des Gebietes benutzen esperantische Begriffe.
[Bearbeiten] Weblinks
- Umfangreiche Website zur Geschichte Neutral-Moresnets
- Martin Herzog: Fünfzig Häuser ohne Staat, in: Die Zeit 01/2007, 28.12.2006
- Das Göhltal Museum Kelmis mit Informationen über mehr als 1000 Jahre Erzabbau und Neutral-Moresnet.
- Geschichtliches zu Kelmis und Neutral-Moresnet
- Sendung vom Deutschland Radio Berlin am 17. Dezember 2004
- Manuskript der SWR2-Wissen-Sendung vom 4. Februar 2005
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