Operation Praying Mantis
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Operation Praying Mantis (deutsch Fangheuschrecke oder Gottesanbeterin) war der vom amerikanischen Militär verwendete Deckname für eine Seeschlacht, die am 18. April 1988 zwischen Streitkräften der United States Navy und der Marine des Irans im Persischen Golf ausgetragen wurde. Der Ausgangspunkt war das Auflaufen eines amerikanischen Kriegsschiffes auf eine iranische Seemine wenige Tage vorher. Die Operation endete mit einer schweren Niederlage der iranischen Marine; die US-amerikanischen Truppen versenkten mehrere iranische Schiffe und zerstörten zwei Ölbohrplattformen, die als Kommandozentrale für iranische Einheiten dienten. Es war die größte Seeschlacht unter Beteiligung der US-amerikanischen Marine seit dem Ende des Koreakrieges. Die Iraner setzten teilweise amerikanische Technologie ein, die vor der islamischen Revolution von Schah Mohammad Reza Pahlavi beschafft worden war.
2003 entschied der Internationale Gerichtshof, dass der Start der Operation im Rahmen eines 1955 geschlossenen Abkommens zwischen beiden Ländern auf Grund der gegebenen Basis ungerechtfertigt war.
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[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Vorspiel & Planung
Während des Iran-Irak-Krieges hatte der Iran bereits mehrmals Tanker angegriffen. Aus diesem Grund starteten die USA die Operation Earnest Will, die den sicheren und freien Handel von Öl im Golf durch die ständige Präsenz US-amerikanischer Luft- und Marine-Einheiten erzwingen sollte. Am 14. April 1988 lief die amerikanische Fregatte USS Samuel B. Roberts (FFG-58) während ihrer Patrouillentätigkeit nordöstlich von Katar auf eine Seemine vom Typ M-08 und wurde schwer beschädigt. Wenige Tage nach dem Vorfall konnten Marinetaucher andere Minen aus dem Minenfeld bergen. Die Seriennummern stimmten mit Seriennummern von Minen überein, die am 21. April 1987 auf dem iranischen Minenleger Iran Ajr gefunden wurden. Dieses Schiff war von einem von der Fregatte USS Jarrett (FFG-33) gestarteten Helikopter beim Minenlegen beobachtet worden, woraufhin es von dem Hubschrauber erst beschossen und einen Tag später von Navy SEALs übernommen wurde. An Bord wurden Minen gefunden, außerdem noch ca. 12 iranische Seeleute. Diese wurden zu Verhören auf die USS La Salle (AGF-3) geflogen. Das Schiff wurde am 26. April versenkt.
In den Tagen nach dem 14. April beriet sich US-Präsident Ronald Reagan mit seinen Militärberatern. Vor allem der Vorsitzende der Joint Chiefs of Staff, Admiral William J. Crowe überzeugte den Präsidenten davon, auch Angriffe auf iranische Kriegsschiffe zu erlauben, welche in den Jahren vorher Tanker attackiert hatten.
Unter dem Kommando von Konteradmiral Anthony A. Less bildete die Joint Task Force Middle East, eine Task Force, die die Aktionen aller Einheiten mehrerer US-Teilstreitkräfte im Golf koordinierte, drei so genannte Surface Action Groups (dt. etwa: Kampfgruppe aus Überwasserschiffen). Diese bestanden aus je drei Einheiten, im Detail:
SAG Bravo | SAG Charlie | SAG Delta |
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Zusätzlicher Schutz für alle drei Gruppen wurde durch Kampfflugzeuge des im Golf stationierten Flugzeugträgers USS Enterprise (CVN-65) gewährt.
[Bearbeiten] Angriff
![Marines untersuchen eine Flak ZU-23 auf Sassan](../../../upload/shared/thumb/7/74/Prayingmantis1sassan.jpg/220px-Prayingmantis1sassan.jpg)
Der Angriff auf die iranischen Streitkräfte begann um acht Uhr Ortszeit. Die SAG Bravo, unterstützt durch Helikopter, begann nach einer gefunkten Warnung mit Geschütz- sowie Raketenbeschuss auf die Ölbohrplattform Sassan, Gruppe Charlie wenige Minuten später die Plattform Sirri. Diese Plattformen befanden sich im nördlichen Golf, östlich der Halbinsel Katar und dienten als Kommando- und Koordinationszentrale für Angriffe auf den Golf durchfahrende Tanker sowie als Basis für Schnellboote. Gegen 9:25 Uhr starteten von der Trenton aus zwei Helikopter vom Typ CH-46 Sea Knight des US Marine Corps. Einer der Helikopter landete auf der Sassan, wo Marines Unterlagen sicherstellten und schließlich Sprengladungen anbrachten und zündeten. Der zweite Helikopter konnte nicht auf der Plattform Sirri landen, da diese durch den Beschuss in Brand geraten war.
Gegen 11:30 Uhr näherte sich das iranische Flugkörperschnellboot Joshan (Kaman-Klasse) der SAG Charlie und feuerte einen Seezielflugkörper AGM-84 Harpoon auf die Wainwright. Diese konnte den Flugkörper mittels Düppeln von ihrem Ziel ablenken, so dass er ca. 30 Meter steuerbords des Kreuzers ins Wasser fiel. Die Wainwright und die Simpson antworteten mit sechs Standard Missiles und einer Harpoon, die die Joshan in Brand setzten. Daraufhin näherten sich die amerikanischen Einheiten dem Schiff und versenkten es mit Geschützfeuer. Kurze Zeit später wehrte die Wainwright zwei iranische Kampfflugzeuge Typ McDonnell F-4 Phantom ab.
Am frühen Nachmittag griffen iranische Schnellboote vom schwedischen Typ Boghammar ein Ölfeld vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate an. In diesem wurde die unter panamaischer Flagge fahrende Schute Scan Bay attackiert, die 15 US-Amerikaner an Bord hatte. Die Enterprise stellte daraufhin Grumman A-6 Intruder ab, die Streubomben auf die fliehenden Boote abwarfen. Eines der Boote wurde zerstört, während die anderen entkamen und die Insel Abu Musa ansteuerten.
Währenddessen verließ die iranische Fregatte Sahand den Hafen von Bandar Abbas, um SAG Delta zu beschatten, die sich in den Gewässern um den größten Kriegshafen Irans aufhielt, um eventuelle Gegenangriffe zu verhindern. Die Sahand feuerte gegen 15:30 Uhr Flugabwehrraketen auf zwei über Delta operierende A-6 ab, die ihre Ziele jedoch verfehlten. Daraufhin wurde das iranische Kriegsschiff von den A-6 mit zwei Harpoon und vier lasergelenkten Bomben angegriffen, die Joseph Strauss feuerte eine weitere Harpoon. Bereits die Angriffe der A-6 setzten das Schiff in Brand. Mehrere Stunden später sank das ausgebrannte Wrack.
Gegen 17:00 Uhr verließ eine weitere Fregatte, die Sabalan, Bandar Abbas. Dieses Schiff war für Admiral Crowe eines der Hauptziele der Operation, da es in den vorhergehenden Jahren immer wieder Tanker angegriffen und Seeleute getötet hatte. Auch die Sabalan griff A-6 mit drei Raketen an. Die A-6, die nicht getroffen wurden, warfen eine einzelne 500-Pfund-Bombe ab, die den Schornstein traf und die Maschinenräume zerstörte, sodass die Sabalan unbeweglich im Wasser lag. Die Genehmigung, auch die Sabalan zu versenken, wurde jedoch nicht erteilt, da der Verteidigungsminister Frank Carlucci, Admiral Crowe und der Kommandant des United States Central Command, George B. Crist, den Konflikt nicht weiter eskalieren lassen wollten. Iranische Schlepper konnten die Fregatte so in den Hafen schleppen.
[Bearbeiten] Ergebnis
Zahlen über die Verluste auf iranischer Seite sind nicht bekannt geworden, auf amerikanischer Seite fielen zwei Soldaten des Marine Corps. Der Helikopter Bell AH-1 Sea Cobra der beiden, der zur Trenton gehörte, aber Aufklärungsflüge von Wainwright aus durchführte, stürzte während des Abends des 18. April ca. 15 Meilen südwestlich von Abu Musa ab. Die Leichen der Piloten und das Wrack des Helikopters wurden im Mai geborgen. An dem Wrack konnten keine Gefechtsschäden festgestellt werden.
Für die US Navy war die Operation Praying Mantis die größte Seeschlacht seit dem Koreakrieg und gleichzeitig ein Propagandaerfolg. Sie zeigte, dass die Reaktion der Navy auf feindliche Handlungen in wenigen Tagen geplant werden kann. Von den eingesetzten Waffen verfehlte laut der Navy nur eine einzige ihr Ziel, während die von den iranischen Schiffen eingesetzten Raketen von elektronischen Gegenmaßnahmen sowie Düppeln von ihren Zielen weggelenkt wurden. Präsident Reagan sagte nach der Operation in einer Pressekonferenz: It must know, that we will protect our ships and if they threaten us, they'll pay a price.[1] (dt.: Es muss klar sein, dass wir unsere Schiffe beschützen und, wenn sie uns bedrohen, werden sie den Preis dafür bezahlen).
Für den Iran hingegen war der 18. April ein den Kriegsverlauf entscheidend ändernder Tag. Neben einem Gutteil seiner Marine verlor der Iran außerdem in einer Landschlacht die Halbinsel Al Faw an den Irak. Da der Iran durch die Vorgänge um Praying Mantis und Earnest Will außerdem zusehends in internationale Isolation geriet und Waffeneinkäufe erschwert wurden, unterzeichnete Iran im Juli 1988 ein Waffenstillstandsabkommen entsprechend einem Vorschlag der Vereinten Nationen.
1992 reichte Iran eine Klageschrift beim Internationale Gerichtshof ein, der die Angriffe auf die Ölplattformen im Rahmen des 1955 zwischen den Parteien geschlossenen Treaty of Amity, Economic Relations and Consular Rights between the United States of America and Iran[2] (dt.:Abkommen über freundschaftliche und wirtschaftliche Beziehungen und konsularische Rechte zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Iran) klären sollte.
Am 6. November 2003 fällte der Internationale Gerichtshof ein Urteil über die Rechtmäßigkeit der Angriffe. Dabei wurde mit 14:2 Stimmen entschieden, dass die Operation keine Notwendigkeit für die Wahrung der essentiellen Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten laut Artikel XX, Absatz 1 (d) des Abkommens, hatte. Dieser Absatz erlaube lediglich kriegerische Handlungen aus direkten Selbstverteidigungsinteressen. Dabei reiche das Auflaufen eines Schiffes auf eine Mine nicht aus, um eine militärische Operation diesen Ausmaßes zu starten. Trotzdem wurde die Forderung des Iran nach Reparationszahlungen abgewiesen, da die Operation kein Bruch der Verpflichtung zu freiem Handel zwischen den Territorien der Parteien nach Artikel X, Absatz 1, darstelle. Dies wurde damit begründet, dass die Plattformen kein Öl förderten, das an die USA geliefert hätte werden können, da ein amerikanisches Embargo vom 29. Oktober 1987 dies verhindere. Mit 15:1 Stimmen wurde eine Gegenklage der USA abgewiesen, die Entschädigungen für Angriffe auf Tanker nach ebendiesem Artikel forderte. Die Begründung lautete, dass keines der Schiffe Handel zwischen Iran und den USA trieb. Der grundsätzliche Einwand der USA, der Iran mache die Schifffahrt im Golf unsicher, wurde ebenfalls nicht anerkannt.
[Bearbeiten] Literatur
- Peniston, Bradley (2006). No Higher Honor: Saving the USS Samuel B. Roberts in the Persian Gulf, Annapolis: Naval Institute Press. ISBN 1591146615.
- Symonds, Craig L. (2005). Decision at Sea: Five Naval Battles that Shaped American History, USA: Oxford University Press. ISBN 0195171454.
[Bearbeiten] Weblinks
- Artikel von David F. Winkler aus Sea Power, Sept. 2003 (engl.)
- Zeitlicher Ablauf in Tabellenform und Fotos (engl.)
- Videoclip des USN public affairs office über Praying Mantis (engl.)
- Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes über die Unrechtmäßigkeit der Operation und eine Zusammenfassung der britischen The Daily Star (beides engl.)
[Bearbeiten] Quellennachweis
- ↑ aus dem Navy-Clip unter http://www.youtube.com/watch?v=e1lylcpeIXc
- ↑ Text des Abkommens nachzulesen unter: http://www.parstimes.com/law/iran_us_treaty.html
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