Reichskommissar
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Reichskommissar war der amtliche Titel von Beauftragten des Deutschen Reichs, denen eine bestimmte abgeschlossene Aufgabe zugewiesen wurde, so z.B. der „Reichskommissar für das Auswanderungswesen“ mit Sitz in Hamburg und für die deutschen Schutzgebiete.
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[Bearbeiten] Weimarer Republik
In der Weimarer Republik war der Reichskommissar bei Reichsexekutionen und im Dritten Reich ein Beauftragter der Reichsregierung, der direkt dem Reichskanzler unterstand (oder dieser selbst war). Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Stadt Danzig 1919/20 bis zur im Versailler Vertrag bestimmten Übergabe an den Völkerbund von einem Reichskommissar verwaltet.
In den Jahren 1923-30 gab es einen Reichskommissar für die besetzten rheinischen Gebiete, 1931/32 einen für die Osthilfe und in der Wirtschaftskrise 1932/33 einen für Arbeitsbeschaffung.
[Bearbeiten] NS-Zeit
Nach dem Vorbild von Franz von Papens Preußenschlag 1932 veranlassten die Nationalsozialisten die Einsetzung von Reichskommissaren beziehungsweise Reichsstatthaltern, um die in den Ländern noch bestehenden demokratischen Institutionen zu umgehen und ihre Macht auszubauen. Nach 1933 wurden Reichskommissare ähnlich Ministern als unmittelbare Vollzugsorgane des Reichskanzlers Adolf Hitler eingesetzt. Aus rechtlicher Sicht hatten Reichskommissare den Vorteil, dass sie Kraft der Amtsgewalt des Reichskanzlers eingesetzt werden konnten, ohne dass dazu ein Kabinettsbeschluss notwendig war. Dies spielte vor allem in der Frühphase des NS-Regimes eine nicht unbedeutende Rolle, als Adolf Hitler und seine beiden NSDAP-Minister Wilhelm Frick und Hermann Göring gegenüber der konservativen Kabinettsmaiorität um Franz von Papen und Alfred Hugenberg deutlich unterlegen waren. Insofern waren beispielsweise das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda und auch das Reichsluftfahrtministerium zunächst als Reichskommissariate geplant beziehungsweise gegründet worden. Seit der Wiedereingliederung des Saarlandes 1935, vor allem aber während der Expansion des Reichs im Zweiten Weltkrieg wurden neue Reichsgebiete und besetzte Gebiete von Reichskommissaren verwaltet.
[Bearbeiten] Zweiter Weltkrieg
Reichskommissare der besetzten Gebiete waren:
- Joseph Grohé (Belgien und Nordfrankreich)
- Arthur Seyß-Inquart (Niederlande)
- Josef Terboven (Norwegen)
- Hinrich Lohse (Ostland)
- Erich Koch (Ukraine)
Als weitere Reichskommissare waren vorgesehen, konnten aber wegen des Kriegsverlaufs nicht mehr in ihr Amt eingesetzt bzw. verwirklicht werden:
- Siegfried Kasche (Reichskommissariat Moskowien)
- ... (Reichskommissariat Kaukasien)
Im Buch Deutsche Herrschaft in Russland von Dullin wird die Bezeichnung Reichskommissar und Reichskommissariat als unglücklich gewählt bezeichnet, weil sie an die Politischen Kommissare der Roten Armee erinnerten.
[Bearbeiten] Literatur
- Daniel Mühlenfeld: Vom Kommissariat zum Ministerium. Zur Gründungsgeschichte des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda, in: Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus 22/2006, S. 72–92.
- Gerhard Schulz: Die nationalsozialistische Machtergreifung. Studien zur Errichtung des totalitären Herrschaftssystems in Deutschland 1933/34. Bd. 2: Die Anfänge des totalitären Maßnahmenstaates, Berlin 1974.