Seerhein
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Der Seerhein ist ein etwa vier Kilometer langes Fließgewässer, Abfluss des Obersees (Bodensee) und Hauptzufluss des Untersees.
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[Bearbeiten] Geographie
Der Großteil des Seerheins, darunter das gesamte Nordufer und der östliche Teil des Südufers, liegen auf deutschem Territorium. Auf den westlichen zwei Kilometern verläuft in der Mitte des Flusses die Grenze zur Schweiz.
Anrainergemeinden sind von Ost nach West Konstanz und Gottlieben. Am Südufer liegen die Konstanzer Altstadt und der Ortskern des ehemaligen Dorfes Paradies, dazwischen dicht bebautes Siedlungsgebiet des 19. und 20. Jahrhunderts. Es folgt das vom schweizerischen Tägerwilen verwaltete Konstanzer Gemeindegebiet Tägermoos und die sehr kleine Gemarkung der Schweizer Gemeinde Gottlieben. Am Nordufer liegen der Konstanzer Stadtteile Petershausen und Stromeyersdorf.
Auf halber Strecke, zwischen Paradies/Tägermoss und Stromeyersdorf, weist der Seerhein eine kleine seeartige, aber namenlose Verbreiterung auf.
An der (alten) Konstanzer Rheinbrücke beginnt mit dem Kilometer 0 die Kilometrierung des Rheins.
Im Stadtgebiet ist das Ufer befestigt und wird teilweise als Bootsanlegestelle genutzt. Außerhalb der Stadt ist das Ufer unbefestigt und bietet im Tägermoos Bademöglichkeiten. Das westliche Nordufer (Wollmatinger Ried) ist, ebenso wie das Schweizer Ufer westlich von Gottlieben, moorig-sumpfig und mit Schilf bewachsen.
Sehenswürdigkeiten am Seerhein sind der Rheintorturm und der Pulverturm als Reste der mittelalterlichen Stadtbefestigung, das ehemalige Kloster Petershausen und das Schloss Gottlieben. Am Rheinufer liegen zudem die Gebäude der HTWG Konstanz und des Rheinstrandbads.
[Bearbeiten] Verkehr
Der Seerhein ist schiffbar und wird vor allem von den Ausflugsbooten der Weißen Flotte, Sportbooten und Ruderern genutzt. Früher existierten zudem mehrere Personenfähren.
Über den Seerhein sind drei Brücken gebaut. Im Osten befindet sich die Konstanzer Rheinbrücke, die wichtigste Verkehrsader schon seit dem Mittelalter und heute innerstädtische Verbindung zwischen der nach Allmannsdorf und Staad führenden Mainaustraße und der Konzilstraße in der Innenstadt. Westlich davon führt seit 1991 eine Geh- und Radwegbrücke von der Schottenstraße nach Petershausen. Im Westen der Stadt überquert die vierspurige Neue Rheinbrücke („Schänzlebrücke“) den Seerhein und verbindet die überregionalen Verkehrsadern der Schweizer Autobahn A7 und der deutschen B 33.
[Bearbeiten] Geschichte
Der Seerhein ist im Kontext von Obersee (Bodensee) und Untersee eine leicht zu überquerende Stelle und erscheint so als gut geeigneter Ort für eine Fähr- oder Brückenverbindung, einen Seehafen und eine Stadtgründung. Im Bereich von Konstanz und Kreuzlingen quert in Süd-Nord-Richtung ein trockener Endmoränenwall die ursprünglich komplett versumpfte Seerhein-Talmulde. Keltische, römische und später alemannische Siedler, das Bistum Konstanz und später die Freie Reichsstadt Konstanz wussten diese strategische Position auszunutzen.
Der Seerhein markierte in der Antike über längere Zeiten den nördlichen Grenzbereich des Römischen Reiches. Im Frühmittelalter stellte er die Grenze dar zwischen den Rechts- und Herrschaftsräumen Thurgau und Hegau sowie die Nordgrenze der Stadt Konstanz. Auf dem Nordufer lag die im Jahr 983 als Kloster gegründete, später als Siedlung nach Konstanz eingemeindete Vorstadt Petershausen. Als Gründungsort des Klosters Petershausen wurde die nördliche Rheinseite gewählt, damit es wie der Petersdom auf dem außerstädtischen Flussufer zu stehen kam. Als Entsprechung des Tiber diente der Seerhein.
Das Stadtufer war im Mittelalter durch eine teilweise im Wasser gelegene Stadtmauer mit mehreren Türmen wehrhaft befestigt und durch eine teilweise in Stein gebaute Brücke mit dem Nordufer verbunden. Auf der Brücke befand sich eine große, vom Rhein angetriebene städtische Kornmühle. Das lange Zeit unbefestigte Petershauser Ufer wurde im 19. Jahrhundert für Industrieansiedlungen genutzt. Teilweise noch Industriegebiet, wird es mittlerweile nach und nach in Naherholungs- und Wohngebiete umgewandelt.
Am 23. Februar 1549 soll sich das „Wasserwunder von Konstanz“ ereignet haben: Der Seerhein hob und senkte sich über mehrere Stunden in Abständen von etwa einer Viertelstunde um eine Elle, also mehr als einen halben Meter. Im Untersee meinten Fischer zu beobachten, dass das Wasser des Rheins rückwärts floss. Der Konstanzer Chronist Christoph Schulthaiß berichtete über dieses Ereignis:
- Wunder anloffen des wassers
- Uff disen tag ... morgens früeh, ist der see an und abgeloffen, wol einer elen hoch, der gestalt, so der see angeloffen, so ist er in der wette [vermutlich eine flache, als Pferdetränke genutzte Uferstelle im Tägermoos] schier bis zu der Spitals Egk heruff gegangen, so er abgeloffen, ist er schier by der stegen an der Vischprugk erwunden, und so er so klain geworden, so ist er bald mit einem ruschen, als ob das gwoll von dem wind (welcher doch nit was) getriben wurd, wider ausgeloffen. Und sölchs ist etwa in einer stund vier oder funf mal geschehen (wie ich selbst gesehen hab). Das hat also bis nach Mittag gewert, aber je speter es worden, je minder er an- und abgeloffen ist. Glicher gstalt ist auch im Rheyn hinab geschehe.
Heute kann dieses Ereignis wissenschaftlich erklärt werden: Bestimmte Windverhältnisse regten die Eigenschwingung des Ober- und Untersees an. Eine stehende Welle entstand, bei der der gesamte See als Resonanzkörper wirkte. Am Seerhein, gewissermaßen einem Querschnitt durch die Seemitte, war dieser Effekt besonders gut sichtbar.[1]
[Bearbeiten] Einzelnachweise
Koordinaten: 47,67° N; 9,17° O