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Stift Keppel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Koordinaten: 50° 58' 33" N, 8° 5' 05" O

Ansicht der Wappenhalle mit Seufzerbrücke zum Abteiflügel, des Neuen Hauses und der Stiftskirche
Ansicht der Wappenhalle mit Seufzerbrücke zum Abteiflügel, des Neuen Hauses und der Stiftskirche

Stift Keppel ist ein öffentlich-stiftisches Gymnasium in Hilchenbach-Allenbach. Es wird von den vereinigten Stiften Geseke-Keppel im Sondervermögen des Landes Nordrhein-Westfalen getragen.

Seit seiner Gründung vor 1236 durch Friedrich vom Hain hat es eine bewegte Geschichte erlebt: Stift Keppel war Prämonstratenserinnen-Kloster, freiweltliches Damenstift, Stiftsschule, Lyzeum und Oberlyzeum, Lehrerinnenseminar und schließlich koedukatives Gymnasium. Bis ins 19. Jahrhundert stand es unter dem Protektorat des Grafen- und Fürstenhauses Nassau-Oranien, später des preußischen Königshauses. Die Stiftskirche in ihrer Ausgestaltung aus dem 18. Jahrhundert mit den angrenzenden Profangebäuden des Neuen Hauses und des Saalbaus mit dem Konventssaal gehören zu den bedeutendsten barocken Baudenkmälern des Kreises Siegen-Wittgenstein.

Neben dem Gynasium besteht ein Tagungs- und Gästehaus. Ein kleines Museum zeigt das Leben der Stiftsdamen und Internatsschülerinnen.

Stiftswappen
Stiftswappen

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Lage von Stift Keppel

Die Stiftsgebäude liegen im Ferndorftal zwischen den Ortsteilen Allenbach und Dahlbruch der Stadt Hilchenbach an der Bundesstraße 508. Es besteht ein eigener Bahnhof mit Anschluss an die Rothaarbahn nach Siegen bzw. Bad Berleburg. Zu Stift Keppel gehören noch umfangreiche land- und forstwirtschaftlich genutzte Ländereien, darunter 491 ha Wald.

[Bearbeiten] Geschichte

[Bearbeiten] Das Prämonstratenserinnenkloster Keppel

Stift Keppel wurde erstmals in einer Urkunde aus dem Jahre 1239 erwähnt. Darin übertrug Graf Heinrich II. der Reiche von Nassau auf Bitten seines Lehnsmannes Friedrich vom Hain dem Kloster die Einkünfte des Netphener Kirchspiels. In der Urkunde wird auch erwähnt, dass Friedrich auf seinem Besitzt das Kanonissenkloster Keppel errichtet hat. Im Nekrolog der Prämonstratenser-Abtei Arnstein an der Lahn, dem das Kloster Keppel zugeordnet war, wird bereits vor 1236 einer Keppeler Klostervorsteherin gedacht. Das Kloster diente schon früh auch der standesgerechten Versorgung der unverheiratete Töchter des heimischen Landadels. Daher finden sich bei den Konventualinen häufig die Namen von und zu der Hees, von Selbach-Lohe, von Meschede, von Bicken, von Schnellenberg u.a. In der Klosterordnung aus dem Jahre 1392 wird Johann I. Graf von Nassau als Schirmherr und Stifter des Klosters tituliert. Er wählte die Stiftskirche als Grablege für sich uns seine Gemahlin Margarethe, Gräfin von der Mark. Seine Mutter Adelheid, geb. Gräfin von Vianden, leitete in den letzten Jahrzehnten ihrer Witwenschaft selbst als "Magistra" die Geschicke des Stifts.

Ansicht der Abteigartens mit Saalbau und Abteiflügel
Ansicht der Abteigartens mit Saalbau und Abteiflügel

[Bearbeiten] Das freiweltliche Damenstift Keppel und das Collegium virginum nobilium

Graf Wilhelm der Reiche von Nassau führte in seinen Landen bis 1536 die Reformation ein. 1594 verfügte sein Sohn Johann VI., der Gründer der Nassauischen Hohen Schule, schließlich die Säkularisierung des Klosters zu einem "freiweltlichen Fräuleinstift" evangelischer Prägung. Noch Wilhelm der Reiche initiierte 1549 die Gründung eines Collegium virginum nobilium, einer Stiftsschule, an der bis zum Dreißigjährigen Krieges ca. 350 Töchter (und auch Söhne) des Adels und höheren Bürgertums unterrichtet wurden. Die Zöglinge kamen u.a. aus den Häusern von Nassau, von Wittgenstein, von Sayn, von Solms, von Waldeck, von Isenburg und von Wied, aber auch Töchter von Bürgerlichen, Advokaten, Schultheißen, Professoren, Apotheker finden sich in der Matrikel. Unter den Schülerinnen war von 1581 bis 1596 auch Christine von Dietz, die uneheliche Tochter der Anna von Sachsen, Ehefrau von Wilhem von Oranien, mit Jan Rubens, dem Vater von Peter Paul Rubens. Während des Krieges gelangte Keppel kurzzeitig in den Besitz des Jesuitenkollegs in Siegen. Stiftsoberin Maria von Effern erreichte aber 1650 nach dem Westfälischen Frieden die Rekonstitution des Damenstifts. Unter dem zum Katholizismus konvertierten Landesherrn Graf Johann des Jüngeren kam es zur Einrichtung eines Simultaneums mit vier reformierten und vier katholischen Stiftsdamen, einem Wechsel zwischen katholischen und reformierten Äbtissinnen und zwei konfessionell getrennten Haushaltungen. Im Barock kommt es zu einer Neugestaltung des Innenraumes der Stiftskirche und zum Neubau des Neuen Hauses und des Saalbaus mit Konventssaal.

[Bearbeiten] Die Aufhebung des Stifts im 19. Jahrhundert

Der neue Landesherr, Grossherzog Joachim Murat von Berg, eine Schwager Napoléon Bonapartes und späterer König von Neapel, oktroierte 1808 dem Kovent Isabella Marquise de Meslé als Äbtissin auf. 1812 erfolgte unter der napoleonischen Herrschaft und nach dem Aussterben der meisten Siegerländer Adelsfamilien die Aufhebung des Stifts, das nach dem Wiener Kongress 1815 mit dem gesamten Fürstentum Nassau-Siegen an Preußen fiel. Der preussische König ernannte weiter Stiftsdamen, die aber keiner Residenzpflicht unterlagen, darunter die Dichterin Katharina Diez. Die verwaiste Stiftskirche wurde von 1839 bis 1846 von der evangelisch-reformierten Gemeinde Hilchenbachs genutzt und von 1844 bis 1900 residierte die katholischen Diasporagemeinde dort und unterhielt eine Volksschule im Konventssaal.

[Bearbeiten] Die Keppelsche Schul- und Erziehungsanstalt

1871 erreichten der Oberstiftshauptmann Piper und der Stiftsrentmeister Manger die Errichtung der "Keppelschen Schul- und Erziehungsanstalt" für Mädchen mit angeschlossenem Internat unter der Schirmherrschaft der preußischen Königin Elisabeth. Finanzielle Unterstützung kam von Kaiser Wilhelm I.. Vorbilder waren die Königin-Luise-Stiftung (gegründet 1811) in Berlin-Dahlem und die "Erziehungs - und Bildungsanstalten" in Droyßig (gegründet 1847). Von dort kam auch die erste Stiftsoberin Nanny von Monbart. 1872 wurde ein Lehrerinnenseminar angeschlossen. Die externen Schülerinnen kamen aus dem Siegerland, die internen aus ganz Preussen, aber auch England, Frankreich und Italien. Bekannte ehemalige keppeler Schülerinnen waren die Thüringische Ministerin für Volksbildung, Marie Torhorst, und die Dichterin Helene von Monbart, eine Nichte der ersten Stiftsoberin. Es wurden ein neues Schulhaus und zwei neuen Flügel des Hauptgebäudes errichtet. 1910 erfolgt die Anerkennung als Lyzeum und Oberlyzeum. 1926 wurde in Keppel erst mal von Frauen das Abitur als Zugangsvoraussetzung zum Hochschulstudium abgelegt. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde Keppel zu einer Frauenoberschule umgewandelt und sollte 1944 verstaatlicht werden. Am Ende des 2. Weltkrieges diehnte Keppel als Notkrankenhaus.

[Bearbeiten] Das öffentlich-stiftische Gymnasium

Bereits 1946 wurde die Verstaatlichung des Stiftes rückgängig gemacht und der Unterricht begann wieder, allerdings unter schwierigsten Verhältnissen. In den nächsten Jahrzehnten kam es jedoch zu einer starken Zunahme der Schülerzahl, Einführung der Koedukation 1977 und einem großzügigen Ausbau der Schulgebäude. Das Gymnasium hat heute etwa 730 Schüler und 40 Lehrer. Nach der Schließung des Jung-Stilling-Gymnasiums ist Stift Keppel das einzige Gymnasium im Gebiet der Stadt Hilchenbach.

[Bearbeiten] Liste der Äbtissinen und Oberinnen

Äbtissinnen des Klosters Äbtissinnen des Damenstifts Oberinnen/Schulleiterinnen
13. Jh. 1. Kunegundis 16. Jh. 17. Anna v. Schellenberg 1871 33. Nanny v. Monbart
2. Elisabeth 18. Elis. v. Selbach-Lohe 1899 34. Anna v. Ciriacy-Wantrup
3. Aleidis 19. Magdal. v.d. Hees 1921 35. Anna Engels
14. Jh. 4. Getrud 17. Jh. 20. Anna v. Nassau 1927 36. Cornelia van Senden
5. Adelheid 21. Maria v. Effern 1934 37. Anna Stolberg
6. Lucardis 22. Sophie Margarete v. Nassau 1941 38. Frau Ballowitz
7. Gertr. v. Haiger 23. Ernestine Claudia M.F. v. Nassau 1945 39. Frau Dr. Löffler
15. Jh. 8. N. v. Westerburg 24. Johanna Stephana v.d. Hees 1945 40. Annemarie Schaefer
9. Katharina v. Holdinghausen 25. Eleonora Th. Vogt v. Elspe 1948 41. Juliane Freiin v. Bredow
10. Elis. v. Hilchenbach 26. Johanna Maria v. Holdinghausen 1966 42. Dr. Waltraud Giesekus
11. Elis. v. Haiger 27. Agathe Juliane v. Steprodt 1988 43. Renate Shimada
12. Kunigunde v. Lünen 28. Anna Elisabeth v.d. Hees
13. Else Kolbe v. Wilnsdorf 18. Jh. 29. Sophie Charlotte v. Bottlenberg
14. Sibilla v.d. Bruch 30. Johanna v. Syberg
15. Elis. Rode v. Wilnsdorf 31. Marianne v. Donop
16. Elis. v.d. Hees 19. Jh. 32. Isabella de Meslè


Hochaltar in der Stiftskirche
Hochaltar in der Stiftskirche

[Bearbeiten] Architektur

Die ursprünglich romanische Stiftskirche aus dem Jahr 1275 basiert auf einem älteren Vorgängerbau, der aber Mitte des 13. Jahrhunderts abgebrannt war. Der schlichte Rechteckchor wurde später um ein gotisches Chorpolygon erweitert. Sie weist heute noch die klassische Dreigliederung der Prämonstratenserinnenkirchen in Chor, Leutkirche und Nonnenempore auf. Im Chor finden sich u.a. 18 Grabepitaphien aus der Zeit von 1464 bis 1748 und ein spätgotisches Chorgestühl. Der Altarstein und die barocke Kanzel wurden 1677 bzw. 1682 von der Äbtissin Johanna Maria von und zu Holdinghausen gestiftet. Das mehrstufige Altarretabel (1701) im Chor und die Kirchenorgel (1695) auf der Nonnenempore wurde von der Äbtissin Anna Elisabeth von der Hees gestiftet. Die Kirche besaß gemäß den Ordensregeln nie einen grundständigen Glockenturm. Patrone der Stiftskirche sind der Evangelist Johannes und die 1231 in Marburg gestorbene und 1235 kurz vor Stiftsgründung heiliggesprochenen Elisabeth von Thüringen, die sowohl dem Mutterstift Arnstein, als auch dem Hause Nassau nahestand.

Epitaphien im Chor der Stiftskirche - 1464: Johann v. Bruch, 1501: Philippe v.d. Hees, 1562: Anna v. Schnellenberg, 1572: Katharina v. Zweifel, 1580: Anna v.d. Hees, 1581: Elisabeth v. Selbach-Lohe, 1590: Agnes v. Selbach-Quadfasel, 1592: Agnes v. Selbach i.d. Eichen, 1612: Magdalene v.d. Hees, 1616: Anna v. Bruch, 1621: Elisabeth v.d. Hees, 1717: Anna Elisabeth v.d. Hees, 1719: Maria Marg. Elis. v. Bicken, 1719: Dietr. Ph. Ludw. Fr. v. Meschede, 1736: Maria A. Gertr. V. Neuhoff, gnt. Ley, 1741: Maria Franziska v. Riedt, gnt. Kettig v. Bassenheim, 1747: Margareta Alvera v. Winshem, 1748: Sophie Charlotte v. Bottlenberg, gnt. Kessel
Konventssaal
Konventssaal

Das sogenannte Neue Haus (1733) und der angrenzende Saalbau mit dem kunstvoll ausgestaltetem Konventssaal (1752) wurden von der Äbtissinen Sophie Charlotte von Bottlenberg, genannt Kessel, und Elisabeth von Neuhoff, genannt Ley, entlang des Kreuzganges errichtet.

1903 bis 1911 wurden auf dem Areal des Abteiflügels ein neuer Südflügel und im Bereich des alten Dormitoriums ein erweiterter Kirchenflügel errichtet, letzterer von dem Herborner Architekten Ludwig Hoffmann, der auch das Oberlehrerhaus errichtete.

In den 50er bis 70er Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden die neuen Schulgebäude mit der Wappenhalle, den naturwissenschaftlichen Unterrichtsräumen, der Gymnastikhalle, der heutigen Aula, mehrere Lehrerhäuser und das neue Internatsgebäude mit den Tennisplätzen. Noch neueren Datums ist die große Mehrfachturnhalle (1991) am Sportplatz. Daneben gehören noch einige Häuser im Ferndorftal und der alte Bahnhof zu den Stiftsgebäuden.

Nicht mehr vorhanden sind das alte Übungsschulhaus mit kleiner Turnhalle, das Stiftskrankenhaus, der alte Friedhof, die Stiftsmühle, das Brauhaus, die Ökonomiegebäude und das Freibad.

[Bearbeiten] Weblinks


[Bearbeiten] Literatur

  • „Stift Keppel“ von Dr. Erwin Isenberg, Heft 80 der Reihe „Westfälische Kunststätten“, Münster, 1996
  • „750 Jahre Stift Keppel, 1239-1989, Beiträge zur Geschichte und Gegenwart“, hrsg. Von Dr. E. Isenberg, U. Reich und Dr. H. Wunderlich, Stift Keppel 1989
  • „Stift Keppel: Mädchenbildung im Klostergemäuer“ von Dorothea Jehmlich in : Zur Geschichte der Schulen im Siegerland, ed. Edgar Reimers (Siegener Studien 50), Essen 1992, S.75-103.
  • „Alte Keppeler Chroniken“, übertragen und kommentiert von Dr. Erwin Isenberg, Kreuztal 1992
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