Talking Heads
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Die Talking Heads waren von 1975 bis 1990 eine amerikanische Popgruppe. Sie gehören zu den bedeutendsten und musikalisch anspruchsvollsten Bands der Post Punk und New-Wave-Bewegung in den 80er Jahren.
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[Bearbeiten] Bandgeschichte
[Bearbeiten] Anfänge
David Byrne, Chris Frantz und dessen Freundin Tina Weymouth trafen sich Mitte der 70er Jahre auf der Kunstschule in Rhode Island. Sie entdeckten ein gemeinsames Interesse am Musik machen und gründeten 1975 die Talking Heads. Der Name der Band bezieht sich auf die Fernsehbilder von Nachrichtensprechern, deren Körper auf dem Bildschirm niemals vollständig zu erkennen sind und daher nur als sprechende Köpfe in Erscheinung treten. Sie beschlossen, sich auf das Musikmachen zu konzentrieren und zogen gemeinsam nach Manhattan, wo sie ihre Besetzung um Jerry Harrison verstärkten. Im Umfeld des Musikclubs CBGB in der Lower East Side Manhattans traten sie bald mit anderen Bands der sich formierenden Punk und New Wave Bewegung wie den Ramones und Blondie auf. Ihren ersten Auftritt hatten sie im Vorprogramm der Ramones. Schon während dieser Zeit unterschieden sie sich aber auffallend vom beinahe schon üblichen Erscheinungsbild anderer Punk- und New Wave Bands. So verzichteten sie auf jegliches modische Styling, sondern kleideten sich völlig unprätentiös. Ebensowenig trugen sie die Attitüde der aggressiven, jugendlichen Rebellen zur Schau.
Die frühe Musik der Talking Heads ist geprägt durch einfache und prägnante Figuren und Rhythmen, die jedoch oft gebrochen werden und so meist sehr unruhig wirken. Sie verlassen sich aber nicht auf rockige Riffs und eingängige Melodien und Refrains und unterscheiden sich bereits in ihrer frühen Zeit von vielen anderen Bands ihrer Generation. Ihre Musik ist sparsam mit Gitarre, Bass, Schlagzeug und gelegentlichen Keyboard-Einwürfen instrumentiert. Die jeweiligen Songs werden zwar raffiniert, aber schnörkellos auf den Punkt gebracht. Zusammen mit dem nervös, hektisch und überspannt wirkenden Gesang David Byrnes, dessen Stimme ein Kritiker einmal mit der eines Vierjährigen, der im Supermarkt seine Mutter verloren hat, verglich, ergibt sich eine ausgesprochen lebhafte aber auch irritierende Musik. Direkte Vorbilder sind nur schwer zu benennen. Gelegentlich werden Roxy Music als Einfluss genannt. Die Musik der Talking Heads ist der dieser Band aber völlig unähnlich. Eine Parallele lässt sich lediglich in dem überlegt distanzierten, fast konzeptionellen Umgang beider Bands mit dem Medium Rockmusik erkennen. Mit ihrer Vorliebe, Alltagsthemen in ihren Songs zu verarbeiten, lässt sich möglicherweise der Einfluss Jonathan Richmans erkennen.
[Bearbeiten] Die stilbildenden Jahre 1977 - 1982
Im Jahr 1977 veröffentlichten sie ihr schlicht 77 betiteltes Debutalbum. Bemerkenswert sind bereits hier die Themen der meist von Byrne geschriebenen Songs: Oft singt er von scheinbar banalen Allerweltsthemen wie Gebäuden, Erziehung oder Essen. Dies geschieht aber immer auf eine eigenartig distanzierte Art, bei der meist nicht zu erkennen ist, ob Byrne als Ich-Erzähler auftritt oder die Position des ironisch kommentierenden Beobachters einnimmt. Gute Beispiele hierfür sind die Songs Don't Worry About The Government von 77 oder The Big Country von der zweiten Platte der Talking Heads. Byrne zeichnet in ersterem das Bild eines sorgenfreien, idyllischen Lebens, wie es - scheinbar - der Vorstellung des Sängers entspricht. Die Melodie des Liedes erinnert an ein Kinderlied. In The Big Country nimmt Byrne die Rolle eines Beobachters ein, der die "Heile Welt" der "einfachen Leute" Amerikas beschreibt, jedoch - scheinbar völlig grundlos - für sich selbst das Fazit zieht: "I wouldn't live there if they payed me!" ("Ich würde dort nicht leben wollen, selbst wenn man mich dafür bezahlt!") In scharfem Kontrast dazu steht das Stück Psycho Killer, in dem Byrne in die Rolle eines offensichtlich verwirrten, möglicherweise schizophrenen Mannes schlüpft, der mitten im Song unvermittelt vom Englischen ins Französische fällt.
Diese doppelbödige Haltung sollte über Jahre für die Songs der Talking Heads prägend bleiben. Sie gewinnen dadurch einen ausgesprochen vielschichtigen Charakter. Auch in späteren Songs ist die Grundstimmung einer gewissen Entfremdung von der Welt und sich selbst und der Frage nach der eigenen Identität ein immer wiederkehrendes Thema. Dies wird aber nicht in Form einer schwülstigen "Weltschmerzlyrik" verarbeitet, sondern aus einem distanziert ironischen Blickwinkel dargestellt, etwa mit Zeilen wie "I changed my hairstyle so many times now / I don't know what I look like" (Ich habe meine Frisur jetzt so oft verändert / ich weiß nicht wie ich aussehe") aus dem Stück Life During Wartime.
Die erste LP der Talking Heads wurde zwar von der Kritik gelobt, war beim breiten Publikum aber nur ein bescheidener Achtungserfolg. Der Song Psycho Killer avancierte bei einigen wenigen Fans zwar zu einer Art Kult-Hit. Da die Musik der Band aber radio-tauglicher Melodien und Refrains entbehrte, blieben die Talking Heads vorerst ein Insider-Tipp.
Den Themen ihrer Songs entsprechend betitelten die Talking Heads ihr 1978 erschienenes zweites Album konsequenterweise More Songs About Buildings And Food. Mit diesem Album begann auch eine Zusammenarbeit mit dem britischen Produzenten Brian Eno. More Songs ... knüpft sowohl musikalisch als auch textlich an 77 an. Es ist aber deutlich aufwendiger instrumentiert und produziert. Auch deutet sich hier bereits ein Interesse der T.H. an afro-amerikanischer Musik, vor allem Funk an. Die auf dem Album enthaltene Cover-Version eines Al Green Stücks, Take Me To The River wurde ein kleiner Hit.
Auf dem nachfolgendem Album Fear Of Music aus dem Jahr 1979 treten die Einflüsse der Black Music offen zutage. Die Musik wird fast durchgehend von einem dominierenden Funk-Rhythmus getragen, die Intensität deutlich gesteigert. Insgesamt wird das musikalische Spektrum erweitert und reicht von den fast afrikanisch anmutenden Rhythmen des Stückes I Zimbra - der Vertonung eines Lautgedichtes des Dadaisten Hugo Ball - über hektische Funkstücke bis zu - vordergründig betrachtet - verträumten Balladen. Die Stücke tragen meist lakonische Titel wie Mind, Cities, Paper oder Heaven.
Mit dem 1980 veröffentlichtem Album Remain In Light verdichten die Talking Heads ihre Musik noch weiter. Die Besetzung ist um zahlreiche Musiker und mehrere Background-Sängerinnen erweitert. Auch Einflüsse afrikanischer Musik, vor allem des Afrobeat von Fela Kuti, treten mehr und mehr in Erscheinung. Die Musik wird mit einem Teppich von Perkussion unterlegt, über dem sich ein hoch komplexes Gewebe aus verschiedenen Instrumentalstimmen entfaltet. Das Ergebnis ist ein dichter und vibrierender Wall of Sound, in dem die eigentliche Struktur der Songs zugunsten eines intensiven Gesamtklanges in den Hintergrund rückt. Die Texte David Byrnes sind auf dieser Platte eher kryptisch und entziehen sich noch mehr als zuvor einer eindeutigen Interpretation. Aber auch hier erzeugt Byrne durch teilweise paradoxe Texte die Stimmung der Orientierungslosigkeit. Exemplarisch hierfür ist das Stück Once in a lifetime mit Zeilen wie "You may find yourself living in a shotgun shack / And you may find yourself in another part of the world / (...) / And you may ask yourself - Well ...how did I get here?"
Remain In Light gilt heute vielen als ein musikalischer Meilenstein der 80er Jahre und hat viele Nachahmer gefunden. Es kommt jedoch auch zunehmend zu Spannungen innerhalb der Band: Der Einfluss Brian Enos, der auf Remain In Light auch als Co-Autor einiger Songs aufgeführt wird, und dessen enges Verhältnis zu David Byrne wird von den anderen Bandmitgliedern zunehmend mit Argwohn betrachtet.
Nach Remain In Light veröffentlichten die Talking Heads eine Doppel-LP mit Live-Aufnahmen aus den Jahren 1977-80, die einen lebhaften Abriss der Bandgeschichte bis zu diesem Zeitpunkt bietet. Danach legte die Band eine Pause ein, während der die einzelnen Mitglieder sich eigenen Projekten außerhalb der Band widmeten. David Byrne nahm unter anderem ein Album mit Brian Eno auf (My Life in the Bush of Ghosts), Jerry Harrison veröffentlichte eine Solo-LP, und Tina Weymouth und Chris Frantz gründeten die Band Tom Tom Club.
[Bearbeiten] Kommerzieller Durchbruch 1983 und 1984
Erst 1983 erschien mit Speaking In Tongues das nächste Studioalbum, das nicht mehr von Brian Eno produziert wurde. Es ist anders als sein Vorgänger transparenter und klarer produziert. Der Wall of Sound ist klar erkennbaren Strukturen gewichen. Die Musik wird von harten, tanzbaren Funkrhythmen dominiert. Der Song Burning Down The House war in Szene-Diskotheken ein Hit.
Die Talking Heads waren bis dahin aber eine Band, die zwar von Kritikern hoch gelobt und von einem nur verhältnismäßig kleinem Teil des Publikums geschätzt wurde. Größere Hits und Verkaufszahlen hatte die Band aber bis 1984 nicht zu verbuchen. Erst der 1984 erschienene Konzertfilm Stop Making Sense unter der Regie von Jonathan Demme und der gleichnamige Soundtrack machte die Talking Heads schlagartig populär. Der Film ist eine lebhafte und mitreißende Dokumentation einer Reihe von Auftritten der Band. Es wird auf das Zeigen von Backstage-Szenen, begleitenden Interviews und sonstigem Beiwerk vollständig verzichtet, so dass der Zuschauer das Gefühl bekommt eine sorgfältig choreografierte Performance unmittelbar mitzuerleben. Großen Anteil daran hat nicht zuletzt David Byrnes ebenso charismatische wie irritierende Bühnenpräsenz: Der Sänger galt vielen Fans in den 80er Jahren als die Verkörperung des intellektuellen Großstadt-Neurotikers schlechthin. Auch die parallel erschienene Platte wurde ein kommerzieller Erfolg. Einige der darauf enthaltenen Aufnahmen, wie das von David Byrne solo, nur von einer akustischen Gitarre und einer billigen Rhythmus-Box begleitete Psycho Killer, Once in a Lifetime und Life During Wartime wurden auf den Tanzflächen und auf Studentenparties zu beliebten Hits - ein für Live-Aufnahmen eher ungewöhnliches Phänomen. Bezeichnend für diese späte Anerkennung beim breiten Publikum ist, dass die Original-Studioaufnahmen dieser Songs zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Jahre alt waren - ohne dass sie damals Beachtung gefunden hätten. Das Stück Slippery People wurde noch im gleichen Jahr ein Hit für die berühmte Gospelgruppe The Staple Singers
Die filmische Dokumentation ihrer Live-Auftritte stellte aber auch gleichzeitig deren Ende dar: David Byrne verlor das Interesse an Konzerten, so dass es zu keinen weiteren öffentlichen Auftritten der Band kam.
[Bearbeiten] Spätwerk
In den Augen vieler Fans und Kritiker hatten die Talking Heads hiermit ihren künstlerischen Zenit erreicht. Das folgende Album Little Creatures ist musikalisch deutlich näher am Pop-Mainstream der damaligen Zeit orientiert als frühere Alben der Band. Es fand beim breiten Publikum entsprechend größeren Zuspruch. Mit der Single Road To Nowhere verzeichneten die Talking Heads sogar ihren größten Chart-Erfolg.
Die Talking Heads veröffentlichten danach noch zwei weitere Alben, die durchaus respektabel sind und jeweils ihre Höhepunkte haben. Sie konnten damit aber nicht mehr an die künstlerischen Erfolge ihrer früherer Zeiten anknüpfen. Kommerziell waren diese Alben zwar durchaus erfolgreich. Es gelang der Band aber nur noch gelegentlich, ihre frühere Innovationskraft zu entfalten und musikalisches Neuland zu erschließen.
[Bearbeiten] Verschiedenes
Der Song Burning Down The House wurde 2000 von Tom Jones & The Cardigans gecovert.
Vom Song Heaven gibt es Coverversionen der Brit-Soul Band Simply Red und des Jazz-Sängers Jimmy Scott sowie von Joachim Witt (enthalten auf seinem Album Silberblick von 1980). Auch die niederländische Popband The Nits haben einmal eine Coverversion dieses Stückes Live auf der "Nest" Tour gespielt.
Die amerikanische Band Phish spielte in den 90er Jahren während eines Auftritts an Halloween einmal das komplette Remain In Light-Album nach.
Das Lied Radio Head vom 1986 veröffentlichten Album True Stories inspirierte die gleichnamige Band Radiohead zu ihrem Bandnamen.
Nach dem Ausscheiden von David Byrne spielten Chris Frantz, Jerry Harrison und Tina Weymouth in der Band namens The Heads weiter. Im Jahr 1996 erschien das einzige Album No Talking Just Heads, das aber sowohl künstlerisch als auch kommerziell enttäuschte. Jerry Harrison arbeitet inzwischen als Produzent.
[Bearbeiten] Mitglieder
- David Byrne (Sänger und Gitarre)
- Tina Weymouth (Bass)
- Jerry Harrison (Keyboards und Gitarre)
- Chris Frantz (Schlagzeug).
[Bearbeiten] Aufnahmen
[Bearbeiten] Studioalben
- 1977 - Talking Heads: 77
- 1978 - More Songs About Buildings And Food
- 1979 - Fear Of Music
- 1980 - Remain In Light
- 1983 - Speaking In Tongues
- 1984 - Stop Making Sense (Live Recording)
- 1985 - Little Creatures
- 1986 - True Stories (gänzlich verschieden von David Byrnes gleichnamigen Soundtrack aus dem Jahr 1986)
- 1988 - Naked
[Bearbeiten] Andere
- 1982 - The Name of This Band is Talking Heads (Live Album)
- 1984 - Stop Making Sense (Konzertfilm von Jonathan Demme)