Tang-Dynastie
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Die Tang-Dynastie (chin. 唐朝, táng cháo) war eine chinesische Kaiserdynastie, die von 618 bis 907 an der Macht war. Sie folgte auf die Sui-Dynastie und ging der Zeit der fünf Dynastien voraus. Unterbrochen wurde die Tang-Dynastie durch Wu Zetians Zhou-Dynastie (chin. 武周, Wǔ Zhōu, 690-705).
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[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Die Zeit 617 bis 660
Die Dynastie wurde durch den chinesischen General Li Yuan (einen Halbtürken) gegründet, der 617 inmitten zahlreicher Rebellionen Chang-an eroberte, woraufhin der Sui-Kaiser Yang Di von seinen Ratgebern erdrosselt wurde. Chinas Hauptstadt zur Tang-Zeit wurde Chang'an (heute Xi'an; damals 2 Millionen Einwohner), aber auch Luoyang mit 1 Million Einwohnern war bedeutend.
General Li Yuan nahm als Kaiser den Namen Gaozu an. Er galt als unentschlossener Herrscher, der stets im Schatten seines Sohnes Li Shimin stand und musste schließlich abdanken. Li Shimin verbuchte als Kaiser Taizong 626/30 einen entscheidenden Sieg über die Osttürken, was der Tang-Dynastie die Ausbreitung entlang der Seidenstraße ermöglichte und auch China dem Ausland öffnete (vgl. z.B. Xuanzang). Viele fremde Kaufleute und Krieger strömten in der Folge ins Land und prägten die Stadtkultur jener Zeit. Mit ihnen kam Neues - z.B. spielte die chinesische Aristokratie damals Polo, ein Spiel aus dem Iran, was nur aufgrund des verbreiteten Pferdebesitzes durch die Kontrolle der Zuchtgebiete in Gansu möglich wurde.
Taizong erneuerte auch die staatlichen Beamtenprüfungen (Geschichte, konfuzianische Klassiker, Lyrik und Verwaltungsaspekte; es bestanden maximal 10 % der Kandidaten), um sich bessere Verwaltungsbeamte heranzuziehen. In der Praxis bestimmten aber Geld und Herkunft, wer Beamter wurde, so dass die höchsten Posten weiterhin dem Adel vorbehalten blieben.
Die Verwaltung Tang-Chinas war wie folgt untergliedert:
- kaiserliche Kanzlei
- Staatskanzlei mit den klassischen sechs Ministerien (Beamte, Finanzen, Riten, Heer, Justiz und öffentliche Arbeiten)
- kaiserliches Sekretariat (zuständig für Kontrolle und Zensur)
- Staatsrat, dem u.a. die Spitzen der Staatskanzlei angehörten.
Die Strafgesetze wurden vereinfacht und gemildert, das Schulwesen gefördert. Der Gesetzkodex der Tang-Zeit, das Tanglü-shuyi, ist vollständig überliefert. Er war sehr umfangreich (über 500 Paragraphen in 12 Abschnitten) und besticht durch lückenlose Logik. Man bewertete sowohl die Schwere bzw. das Wesen der Straftat als auch die gesellschaftliche Stellung des Opfers.
Gegen Ende seines Lebens stürzte sich Tai-tsung († 649) aber in einen belastenden Krieg gegen Korea, was ihn zuletzt sogar innerhalb der eigenen Regierung isolierte. Für das Jahr 651 wird die erste arabische Gesandtschaft am Tang-Hofe vermerkt, gesendet von Kalif Uthman, 643 kam sogar eine aus Byzanz. Weitere Kriege Chinas gegen die Gök-Türken verliefen zwar erfolgreich – 657/59 wurden auch die Westtürken unterworfen, ein persischer Prinz namens Peroz forderte 661 chinesische Unterstützung gegen die Araber an – aber die Erfolge waren nicht von Dauer.
[Bearbeiten] Die Zeit 660 bis 705 (Ära Wu)

Der Kaiser Gaozong (reg. 650-683) litt ab 660 an Schwindelanfällen und Kopfschmerzen. Man nahm an, dass er von seiner Frau, der späteren „schrecklichen Kaiserin“ Wu Zhao (einer ehemaligen Konkubine) bis zu seinem Tod 683 langsam vergiftet wurde. Wu Zhao ermordete ihren erstgeborenen Sohn und sperrte zwei weitere ihrer Söhne ein. Dann nahm sie 690 den Kaisertitel an und regierte (trotz ihrer zahlreichen Morde) mit der Unterstützung der Buddhisten, der Geheimpolizei und offenbar auch großer Teile des Volkes (Zweite Zhou-Dynastie).
Nach Wu Zhaos Sturz 705 fiel die Herrschaft nach zwei Morden und einer Abdankung schließlich an Kaiser Xuanzong (713–756). Unter Xuanzong erlebte Tang-China zunächst ein Goldenes Zeitalter des Friedens, der Kultur und Gelehrsamkeit.
[Bearbeiten] Die Zeit 705 bis 907
Xuanzong verfiel aber bald der Trägheit und wurde willenloses Werkzeug zweier Günstlinge (Li Linfu, Yang Guozhong) und einer Nebenfrau namens Yang Guifei. Li Linfu konnte 737 sogar die Hinrichtung dreier Söhne Xuanzongs erwirken.
Inzwischen machten sich die erhöhten Militärausgaben ständiger Kriege entlang der Seidenstraße (751 Schlacht am Talas gegen die Araber) in erhöhten Steuern bemerkbar. In der Regierung herrschte Streit zwischen den adligen Beamten und den durch staatliche Prüfungen gewonnenen Beamten, während sich der alte Kaiser vollständig ins Privatleben zurückzog. In der Armee hatten sich Berufssoldaten breitgemacht, die Generäle hatten zu große Kompetenzen bekommen, da der erste Minister Li Linfu († 752) der Zivilverwaltung in den Provinzen misstraute und mit den Militärs ein Gegengewicht schaffen wollte.
Als ein türkischer General namens An Lushan bei Hofe den Machtkampf gegen den neuen ersten Minister Yang Guozhong verlor, zettelte er einen Aufstand an. An Lushan eroberte 755/6 Luoyang und Chang-an, wurde aber im Folgejahr ermordet. Kaiser Xuanzong († 762) floh nach Chengdu und dankte zugunsten seines Sohnes Suzong (reg. 756-762) ab. Der holte die Hauptstädte zwar 757 zurück, aber die Situation blieb bis zum Ende des Aufstandes 763 wechselhaft. Während des Aufstandes des An Lushan sollen 36 Millionen Menschen ums Leben gekommen sein, fast ¾ der damaligen Bevölkerung.
Die Uiguren, Tibeter u.a. mischten sich ab 762/63 in China ein. Ehrgeizige Statthalter erhoben sich ununterbrochen gegen die Zentralgewalt, die nur noch ein Schatten ihrer selbst war. Bei Hofe regierten oftmals schwache Kaiser, die Eunuchen oder auch einflussreiche Generäle. Ein Kaiser musste bereits 783/84 aus der Hauptstadt fliehen.
Der endgültige Untergang der Tang kam aber erst im Aufstand des Huang Chao 876 - 884. Dieser Aufstand kostete nach damaliger Darstellung noch mehr Menschenleben als der Aufstand des An Lushan. Und zwar hatte Huang Chao zunächst die Südprovinzen (u.a. Kanton 879) verwüstet und sich dann nach Norden gewandt. Der Kaiser Xizong (reg. 874-88) floh 881 nach Chengdu und musste beide Hauptstädte Huang Chao überlassen, der diverse Tang-Prinzen umbrachte und erst 884 von einem türkischen Kavalleriekorps geschlagen werden konnte. 885 kehrte der Kaiser nach Chang-an zurück und starb bald darauf.
Die Eunuchen bemächtigten sich 900 der Person des Kaisers, wurden aber von einem General namens Zhu Wen (ein Überläufer Huang Chaos) beseitigt. Nach den nötigen Vorbereitungen wurden 907 alle Tang-Prinzen von Zhu Wen umgebracht, womit die Dynastie endete.
[Bearbeiten] Wirtschaft und Kultur der Tang-Epoche
[Bearbeiten] Grundlagen und Zusammenhänge
Auch in der Tang-Epoche erlebte China eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit. Die Großstädte wuchsen, mit ihnen die Stadtkultur und Kriminalität. Dichtkunst (Li Bai, Du Fu), Malerei, Musik (Pipa), keramische Produktion erreichten ein hohes Niveau, auf technischem Gebiet entwickelte sich der Buchdruck, und die Herstellung von Schießpulver gelang. Einige chinesische Erfindungen und Entdeckungen jener Zeit: Buchdruck mit Stempeln um 600, tickende Wasseruhr 725, Diabetes um 640, Kometenschweif 635, Hartporzellan 700, Streichhölzer 577 und nicht zuletzt die Zeitung.
Die Grundlage dieser gesellschaftlichen Blüte waren Maßnahmen auf wirtschaftlichem, sozialem und steuerlichem Bereich, die nachfolgend näher beleuchtet werden.
Die Kanalbauten der Sui mit ihren Umschlagplätzen und Speichern 587-608 begünstigten den Warentransport und Binnenhandel, ernährten die Hauptstadt und bildeten eine Grundlage des wirtschaftlichen Aufschwungs im 8. und 9. Jahrhundert. Ihre Kontrolle erlaubte es den Tang auch, sich in den schwierigen Bedingungen nach dem An Lushan-Aufstand 756 an der Macht zu halten. Verschifft wurden in erster Linie Getreide und Seide. Aber auch der Reistransport stieg aufgrund der Produktionssteigerung dank verbesserten Anbaus (Umsetzen der Schößlinge) innerhalb eines Jahrhunderts um das 5-10-fache an.
Das Überleben der Kleinbauern und damit den sozialen Frieden sicherten Steuergesetze (619) und die dazugehörigen Agrarverordnungen (624). Darin wurden den Bauern gleichmäßig verteilte Parzellen auf Lebenszeit übergeben. Grundlage der Vergabe waren genaue Volkszählungen unter Berücksichtigung des Alters sowie ein Katastersystem zur Landbewertung-/verteilung. Das System wurde aber schon im späten 7. Jhrd. durch manipulierte Zahlenangaben und Ausdehnung des privaten und kirchlichen Gutsbesitzes untergraben. Es war zudem zu anfällig gegen veraltete Zahlen, Abwanderung und veränderten Anbau.
Die Klasse der Kleinbauern verfiel im 8. Jhrd., die Steuereinnahmen sanken. 780 kam deswegen eine Steuerreform, welche die traditionellen Steuern nach der Anzahl der Personen durch die Steuern nach Grundbesitz und Ernte ersetzte. Parallel dazu griff der Staat ähnlich wie zur Han-Zeit ab 759 auf Monopole an Salz, Alkohol und Tee zurück, um den Einnahmenverlust auszugleichen. Damit machte der Staat seine Einnahmen (hier: Gewinne) auch von der politischen Situation unabhängig. Zwecks diesbezüglichen Geldtransfers führte man um 806-20 auch den Wechsel ein. Das Geldwesen entwickelte sich in der Folge analog zu dem im arabischen Kalifat, wo man Steuergelder unter ähnlich schwierigen politischen Umständen transferieren musste.
Gegen Ende der Tang-Epoche verzeichnet man also eine steigende Bedeutung des Eigentums und des Handels, was die frühkapitalistische Entwicklung in der nachfolgenden Song-Epoche begründete.
[Bearbeiten] Weltoffenheit und Reaktion
Ein weiterer Punkt war die Weltoffenheit jener Zeit. Der Buddhismus, insbesondere die Chan-Schule stand nach seiner Förderung durch Wu Chao noch immer in voller Blüte, man verzeichnete viele Pilgerreisen nach Indien und als erstes Buch der Menschheitsgeschichte wurde 868 nach dem Abklingen der großen Buddhistenverfolgung das Diamant-Sutra im Holzdruckverfahren hergestellt. Gebildete Chinesen richteten ihr soziales Verhalten nach den Lehren des Konfuzius, ihre Stellung in der Natur erklärte ihnen der Taoismus und für die spirituelle Kultivierung des Geistes war Buddha zuständig. Diese drei Philosophien und Religionen wurden staatlich gefördert. Fremde Kaufleute sorgten für den Transithandel über Land und See, unterhielten in den schnell wachsenden Großstädten wie Guangzhou eigene Handelskontore. Haupthandelsprodukte waren Tee, Porzellan und Seide. Durch ausländische Kaufleute und Krieger fanden auch Islam und Manichäismus Eingang in China.
Nach dem An Lushan-Aufstand wurden die Ausländer allerdings für die Lage im Land verantwortlich gemacht. Um 800 kam es dann zu einer Art intellektueller Wende im Land, einer Rückbesinnung auf traditionelles Gedankengut, welche sich in der Vereinfachung als simpler Nationalismus äußerte. 836 verbot man den Kontakt mit Ausländern. Viele Ausländer wurden bei den Unruhen in den Städten erschlagen, einige Tausend 760 in Yangzhou und 120.000 in Kanton 879. Der Kontrollverlust an der Seidenstraße schnitt zudem den Buddhismus von seinen Ursprungsregionen im Südwesten ab und leitete so seinen Niedergang im Land ein. Macht und Reichtum der buddhistischen Klöster erweckten viele Neider. Besonders der Staat war in einer Finanzkrise - 845 hatte Kaiser Wuzong die meisten der 4.600 Klöster und 40.000 Schreine zerstören lassen.
[Bearbeiten] Verweise
[Bearbeiten] Literatur
- Peter K. Bol: "This Culture of Ours": Intellectual Transitions in T'ang and Sung China, Stanford 1992.
- Charles Hartmann: Han Yü and the T'ang Search for Unity, Princeton 1986.
- Dieter Kuhn (Hg.): Chinas Goldenes Zeitalter: Die Tang-Dynastie (618-907 n.Chr.) und das kulturelle Erbe der Seidenstraße, Heidelberg 1993.
- David McMullen: State and Scholars in T'ang China, Cambridge 1988.
- Stephen Owen: The Great Age of Chinese Poetry: The High T'ang, New Haven 1981.
- Denis C. Twitchett: Financial Administration Under the T'ang Dynasty, Cambridge 1970.
- Denis C. Twitchett: The Writing of Official History under the T'ang, Cambridge 1992.
- Denis C. Twitchett und John K. Fairbank (Hg.): The Cambridge History of China, Vol. 3, Sui and T'ang China, 589-906, Cambridge 1979.
- Arthur F. Wright und Denis C. Twitchett (Hg.): Perspectives on the T'ang, New Haven 1973.
- Howard Wechsler: Offerings of Jade and Silk: Ritual and Symbol in the Legitimation of the T'ang Dynasty, New Haven 1985.
- Stanley Weinstein: Buddhism under the T'ang, Cambridge 1987.
[Bearbeiten] Weblinks
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