Tibor Varga
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Tibor Varga (* 4. Juli 1921 in Györ, Ungarn ; † 4. September 2003 in Grimisuat, Schweiz) war Violinist, Dirigent und Pädagoge von Weltruf.
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[Bearbeiten] Leben
Ersten Violinunterricht erhielt Tibor Varga im Alter von zweieinhalb Jahren von seinem Vater Lajos, der seinerseits ein ausgezeichneter Geiger war. Infolge einer Kriegsverletzung musste Lajos Varga jedoch auf eine Konzertlaufbahn verzichten und etablierte sich daraufhin als Geigenbauer.
[Bearbeiten] Studium
Auf Vargas Talent aufmerksam geworden, holte Jenö Hubay den erst Zehnjährigen an die Franz-Liszt-Musikakademie Budapest. Dort studierte er u. a. bei Franz Gábriel, Mitgliedern des Waldbauer-Quartetts, Zoltán Kodály und Leó Weiner. Nach Hubays Tod (1937) spielte Varga im Gedenkkonzert unter der Leitung von Ernö Dohnányi, der Hubay 1934 im Amt des Rektors der Liszt-Akademie gefolgt war, Hubays 3. Violinkonzert op. 99.
Nach Abschluss des Musikstudiums an der Budapester Musikakademie widmete Varga sich während der Kriegsjahre an der Universität Budapest einem mehrjährigen Philosophiestudium.
[Bearbeiten] Konzertlaufbahn
Vargas erster öffentlicher Auftritt erfolgte im Alter von 6 Jahren, sein Orchesterdebüt gab er als Zehnjähriger mit Mendelssohns Violinkonzert op. 64. Seit seinem 14. Lebensjahr unternahm er Konzertreisen ins Ausland, bis seine steile Karriere als Violinsolist durch den 2. Weltkrieg jäh unterbrochen wurde. Unmittelbar nach Kriegsende nahm er die Konzerttätigkeit wieder auf und wurde zu einem der weltweit gefragtesten Solisten. Er trat unter den bedeutendsten Dirigenten seiner Zeit hervor, denen er zum Teil auch freundschaftlich verbunden war. Neben einem ungewöhnlich breiten klassischen Repertoire, das alle grossen Violinkonzerte sowie die bedeutenden Sonaten und Vortragsstücke umfasste, pflegte Varga von Anfang an auch die Musik zeitgenössischer Komponisten. Die Violinkonzerte und andere Werke von Béla Bartók, Alban Berg und Arnold Schönberg verdankten ihren eigentlichen Durchbruch im internationalen Musikleben Varga, der sie - zum Teil als Erstaufführungen - im In- und Ausland präsentierte : Unter anderem gestaltete Varga die Erstaufführung von Bergs Violinkonzert in Australien sowie 1949 die europäische Premiere von Schönbergs Violinkonzert, worüber der Komponist sich in einem begeisterten Dankesbrief äusserte (Schönberg, Briefe). Beide Konzerte wie auch das Violinkonzert von Schostakowitsch interpretierte Varga neben anderen Werken auch im Rahmen der BBC Promenade Concerts in der Londoner Royal Albert Hall. Darüber hinaus gab Varga die österreichische Premiere von Strawinskis Violinkonzert (1953) sowie die Welturaufführungen zahlreicher Kompositionen, die ihm teilweise gewidmet sind, darunter die Violinkonzerte von Boris Blacher, Ernst Krenek, Max Méreaux, Gösta Nyström, Almeida Prado, Mátyás Seiber und Winfried Zillig.
Seit den 1950er Jahren trat Varga auch als Dirigent hervor, u. a. mit den von ihm gegründeten Ensembles Kammerorchester Tibor Varga, Orchestre du Festival Tibor Varga und Orchestre de l'Académie Tibor Varga, denen er als Chefdirigent und künstlerischer Leiter vorstand. Von 1989 bis 1993 übernahm er die Künstlerische Leitung des Orchestre des Pays de Savoie (Frankreich). Darüber hinaus war Varga bis zuletzt Gastdirigent international renommierter Orchester.
[Bearbeiten] Aufnahmen
Varga spielte als 13-Jähriger seine ersten Schallplatten ein und trat bereits während seiner Studienzeit an der Budapester Musikakademie regelmässig im Rundfunk auf. Nach seiner Niederlassung in London Ende der 1940er Jahre realisierte er Aufnahmen für international bekannte Labels, u. a. mit dem Philharmonia Orchestra London, den Berliner Philharmonikern und weiteren bedeutenden Orchestern sowie mit namhaften Klavierpartnern, unter ihnen Gerald Moore. Die Aufnahmen des Violinkonzerts no. 2 von Bartók unter Ferenc Fricsay wie auch der Violinkonzerte von Beethoven, Bruch, Mozart, Nielsen, Paganini, Tschaikowski etc. gelten bis heute als Referenz. Führende internationale Rundfunkanstalten strahlten Vargas Auftritte in (Live-)Übertragungen aus und luden ihn darüber hinaus regelmässig zu Studioproduktionen ein. Vargas Interpretationen als Solist, Dirigent und Interpret von Kammermusik sind zum Teil dokumentiert in der Tibor Varga CD Collection.
[Bearbeiten] Pädagogische Tätigkeit
Unmittelbar nach Kriegsende war Varga Mitbegründer und erster Professor einer der Budapester Franz-Liszt-Musikakademie angegliederten Musikhochschule seiner Heimatstadt Györ. Von 1949 bis 1986 wirkte er als Professor für Violine und Kammermusik an der 1946 gegründeten Nordwestdeutschen Musikakademie Detmold (Deutschland), deren Streicherabteilung unter seiner Leitung Weltruf erlangte. Seit Anfang der 1950er Jahre fungierte Varga in den weltweit führenden Violin- und Kammermusikwettbewerben als Jury-Mitglied bzw. -Präsident. Daneben gab er regelmässig Meisterkurse in Darmstadt (Internationale Ferienkurse für Neue Musik), London, Paris, Salzburg, Siena und anderen Städten Europas sowie in den USA und hielt wiederholt auch öffentliche Vorträge über musikalische Themen. Seit 1988 unterrichtete Varga an der von ihm gegründeten, auf die professionelle Streicherausbildung spezialisierten Ecole Supérieure de Musique, der er auch als Direktor vorstand. Darüber hinaus wirkte Varga im Auftrag der Kulturministerien Frankreichs und Portugals als künstlerischer und pädagogischer Berater. Ab Oktober 2002 bekleidete er eine Professur für Violine an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Graz (Österreich).
[Bearbeiten] Gründungen
1954-1988 : Kammerorchester Tibor Varga (Detmold / Deutschland). - 1989 gab Varga die Leitung an Christoph Poppen weiter, seither Detmolder Kammerorchester
1963 : Internationale Sommerakademie Tibor Varga (Sion / Schweiz)
1964-2001 : Festival Tibor Varga (Sion / Schweiz)
1967 : Internationaler Violinwettbewerb Tibor Varga (Martigny / Schweiz). - Jährlich ausgetragen. Preisträger (Auswahl) : Mirijam Contzen, Latica Honda-Rosenberg, Jean-Jacques Kantorow, Nam-Yun Kim, Boris Kuschnir, Vadim Repin
1974 : Tibor Varga Stiftung
1988 : Ecole Supérieure de Musique, seit 2001 Conservatoire supérieur et Académie de musique Tibor Varga (Sion / Schweiz).
Mitbegründer der der Budapester Franz Liszt-Musikakademie angegliederten Musikhochschule in Györ (Ungarn) sowie des Conservatoire national supérieur de musique Lyon (Frankreich).
[Bearbeiten] Auszeichnungen
Tibor Varga war Ehrenbürger mehrerer Städte Frankreichs und der Schweiz. Deutschland, Frankreich, die Schweiz und Ungarn ehrten ihn mit hohen Auszeichnungen, u. a. mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, den Orden der Arts et Lettres und der Légion d'Honneur, dem Schweizerischen Kulturstaatspreis und dem Verdienstorden des Ungarischen Staates. Die Universität bzw. die Franz Liszt-Akademie Budapest verliehen ihm die Ehrenprofessorenwürde, mit der vor ihm u. a. Edward Elgar, Emil Gilels, Richard Strauss und Arturo Toscanini gewürdigt wurden.
Die von Varga anlässlich der Europäischen Rektorenkonferenz Graz 2003 komponierte Etude-Caprice für 4 Violinen wurde nach seinem Tode zur offiziellen Hymne der European University Association (EUA) erhoben.
[Bearbeiten] Bedeutung
Tibor Varga, einer der bedeutendsten Musiker seiner Zeit, prägte als Geiger und Dirigent entscheidend die Interpretationsgeschichte des 20. Jahrhunderts und gilt darüber hinaus als Begründer eines neuen Violinstils. Seine Interpretationen der Violinkonzerte von Beethoven, Brahms, Nielsen, Paganini, Tschaikowski usw. setzten Maßstäbe, seine Wiedergaben der Musik von Bach und Mozart, die er vor allem mit seinem Kammerorchester pflegte, wirkten stilprägend. Obgleich Vargas Ruf auf seinen Aufsehen erregenden Darbietungen der klassisch-romantischen Violinliteratur gründete, galt er seit den 1940er Jahren auch als einer der führenden Interpreten zeitgenössischer Musik. Geradezu legendär wurden seine mustergültigen Interpretationen der Violinkonzerte und anderer Kompositionen von Béla Bartók, Alban Berg und Arnold Schönberg, denen er im internationalen Musikleben durch zahlreiche (Erst-)Aufführungen zum Durchbruch verhalf.
Personendaten | |
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NAME | Varga, Tibor |
KURZBESCHREIBUNG | ungarischer Violinist |
GEBURTSDATUM | 4. Juli 1921 |
GEBURTSORT | Győr, Ungarn |
STERBEDATUM | 4. September 2003 |
STERBEORT | Sion |