Tycho Brahe
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Tycho Brahe anhören ?/i (* 14. Dezember 1546 in Knudstrup, Schonen; † 24. Oktober 1601 in Prag) war ein dänischer Astronom.
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[Bearbeiten] Leben
Tycho (oder Tyge) de Brahe war adliger Abstammung. Er wurde 1566 an der Universität Rostock (Mecklenburg) immatrikuliert. Im Alter von 20 Jahren verlor Brahe bei einem Duell, dessen Grund der Streit um eine mathematische Formel mit einem Kommilitonen war, einen Teil seiner Nase. Er trug daher eine Nasenprothese aus einer Gold-Silber-Legierung, die er mit einer Salbe anklebte. Vom damaligen König Friedrich II. wurden die Sternwarten Uranienborg und Stjerneborg auf der Insel Ven (oder Hven) vor Landskrona finanziert, an denen Brahe 20 Jahre lang forschte. Er baute nicht nur alle benötigten Instrumente selbst, sondern druckte auch seine eigenen Bücher.
Brahe war ein herausragender beobachtender Astronom. Zu seiner Zeit gab es noch keine Teleskope. Seine Beobachtungen der Stern- und Planetenpositionen, die damals die präzisesten waren und eine Genauigkeit von zwei Bogenminuten erreichten, führte er mit Hilfe eines Mauerquadranten durch. Er beobachtet 1572 einen „Neuen Stern“ (stella nova), den er als „ein Wunder, wie es seit Anbeginn der Welt nicht gesehen wurde“ beschreibt. Zwar war eine Supernova bereits 1054 von Chinesen gesehen worden, aber von den europäischen Gelehrten der Scholastik nicht beachtet worden. Nach dem Tod Friedrichs II. († 1588) kürzte sein Nachfolger König Christian IV die finanziellen Mittel, weshalb Brahe im Oktober 1597 auf Einladung von Heinrich Rantzau auf dessen Schloss Wandsbek zog. Im September 1598 verließ Brahe Wandsbek mit seinen Söhnen und Studenten und wechselte 1599 nach Prag. Kaiser Rudolf II. wollte ihm dort eine neue Sternwarte erbauen lassen, doch Brahe starb, bevor der Bau beendet war. In Prag berief Tycho Brahe Johannes Kepler zu seinem Assistenten; Kepler nahm 1600 die Einladung nach Prag an. In einer Zeit, in der Frauen de facto von der Ergreifung eines naturwissenschaftlichen Berufs ausgeschlossen waren, gelang es Sophie Brahe (1556–1643), der Schwester von Tycho, sich eigenständig Kenntnisse der Astronomie anzueignen. Gegen alle Konvention arbeitete sie häufig mit ihrem Bruder zusammen. In ihrem Schloss-Observatorium, dem Uraniborg, führten sie gemeinsam genaue Himmelsbeobachtungen durch und verfassten einen neuen Fixsternkatalog von tausend Gestirnstandorten.
Die Umstände seines Todes sind bizarr und nicht völlig geklärt. Offenbar erlitt er bei einer Audienz oder einem Festbankett des Kaisers einen Blasenriss durch eine Harnverhaltung, an dem er einige Tage später verstarb. Grund für den Blasenriss war die Hofetikette, die es den Gästen untersagte, sich vor dem Kaiser zu erheben (es kursieren jedoch verschiedene Varianten dieser Geschichte). Jedenfalls verstarb er jämmerlich an einer inneren Vergiftung. Neuere Forschungen an Haarproben ergaben eine hohe Quecksilberkonzentration, die tödlich gewesen sein könnte. Mehrere Hypothesen könnten das Quecksilber erklären: Entweder nahm Brahe ein quecksilberhaltiges Heilmittel ein, es handelt sich um eine Folgevergiftung aus dem Umgang mit Chemikalien – er hatte sich zeitlebens auch mit Alchemie beschäftigt – oder er wurde von jemand anderem vergiftet. Als möglicher Täter wurde sogar Johannes Kepler vorgeschlagen, der mit Brahe um dessen Daten im Streit lag. Es existieren einige wütende Briefe Keplers an Brahe, der seine Beobachtungen nicht an Kepler geben wollte und dessen Weltbild ablehnte. Indiz für diese Hypothese ist, dass Kepler Nutzen aus Brahes Tod zog, weil er endlich an die wichtigen Planetenbeobachtungen Brahes kam. Andererseits ist sicher, dass Kepler zumindest wichtige Teile seiner Theorien wie das dritte keplersche Gesetz erst nach Brahes Tod, bei Durchsicht der Daten, überhaupt entwarf. Andererseits soll Brahe Kepler bereits zu Lebzeiten die wichtigsten Daten selbst überreicht haben. Gegen die Mordhypothese spricht zudem, dass die Giftigkeit von Quecksilber zu jener Zeit noch nicht bekannt war. Die Leichenrede für Brahe hielt sein Freund, der berühmte Arzt und Anatom Jan Jessenius.
[Bearbeiten] Tycho Brahes Weltsystem
Brahe entwickelte ein eigenes Weltsystem, eine Planetentheorie, das geozentrische und kopernikanisch-heliozentrische Aspekte vereint: Zwar umkreist die Sonne noch die Erde, aber alle anderen Himmelskörper die Sonne. Damit sollten zwar der Großteil der Probleme der Epizykeltheorie beseitigt sein, aber auch ihn selbst überzeugte die Lösung nicht. Seinen Kompromissvorschlag hatte Brahe wegen seiner beschränkten mathematischen Fähigkeiten jedoch nicht durchrechnen können.
Nach Brahes Tod entwickelte Kepler, der kurz zuvor dessen Assistent geworden war, aufgrund der Aufzeichnungen Brahes über die Bewegungen des Planeten Mars seine Gesetze der Planetenbewegungen, die dazu führten, dass das heliozentrische Weltbild allgemein anerkannt wurde.
Obwohl Brahe durch seine Arbeit den Grundstein dazu gelegt hatte, hatte er das heliozentrische Weltbild abgelehnt. Erhalten hat sich dieses Weltbild nur im Namen der mathematischen Exzentrizität.
[Bearbeiten] Ehrungen
Der Mondkrater Tycho wurde zum Gedenken nach Brahe benannt, ebenso der Asteroid (1677) Tycho Brahe. Im Hamburger Stadtteil Jenfeld wurde eine Straße nach ihm benannt, weil er seine Astronomiae Instauratae Mechanica im benachbarten Wandsbek drucken ließ und auch einige Monate dort wohnte. Zwischen Helsingør in Dänemark und Helsingborg in Schweden verkehrt eine Fähre der Reederei Scandlines namens Tycho Brahe. In der Lutherstadt Wittenberg befindet sich eine Gedenktafel.
Ein von Jo Jastram geschaffenes Portraitrelief mit Sonnenuhr schmückt seit September 1996 einen Hausgiebel in der Rostocker Garbräterstraße. In der Rostocker Gartenstadt befindet sich eine Astronomische Station, die den Namen Tycho Brahe trägt, und eine nach ihm benannte Straße gibt es in der Rostocker Südstadt.
Am 12. September 2006 wurde Tycho Brahe für seinen 11 monatigen Aufenthalt in Wandsbek ein Denkmal gegenüber dem Wandsbeker Rathaus errichtet [1] .
Tycho-Brahe-Büste in Hamburg-Wandsbek |
[Bearbeiten] Werke
- Astronomiae Instauratae Mechanica, KLP, Prag 1996, ISBN 80-8591723-8 <Repr. d. Ausg. Wandsbek 1598>
- Opera omnia sive astronomiae instauratae, Olms, Hildesheim 2001, ISBN 3-487-11388-0 <Repr. d. Ausg. Frankfurt 1648>
[Bearbeiten] Literatur
- Alexandra Coelho Ahndoril: Der Astronom des Königs. List-Verlag, Berlin 2004. ISBN 3-548-60460-9
- Max Brod: Tycho Brahes Weg zu Gott. Ein Roman. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1984. ISBN 3-518-36990-3
- John Louis Emil Dreyer: Tycho Brahe. A picture of scientific life and work in the sixteenth century. Edinburgh 1890. (Digitalisat); deutsche Ausgabe: Karlsruhe 1894; Nachdruck: Vaduz 1999.
- Kitty Ferguson: The nobleman and his housedog. Tycho Brahe and Johannes Kepler. Review, London 2002. ISBN 0-7472-7022-8
- Karin Figala: Tycho Brahes Elixier. In: Veröff. d. Forschungsinst. d. Dt. Museums f. d. Gesch d. Naturwiss. u. d. Technik 13/1972, S. 139–176.
- Joshua Gilder: Der Fall Kepler. Mord im Namen der Wissenschaft. List TB bei Ullstein, Berlin 2005. ISBN 3-5486-0638-5
- Jürge Helfricht: Astronomiegeschichte Dresdens. Hellerau-Verlag, Dresden 2001, S. 28–31. ISBN 3-910184-76-6
- Alfred Otto Schwede: Ich war des Sternenjunkers Narr. Eine Erzählung um den Astronomen Tycho Brahe. Union-Verlag, Berlin 1983.
- Victor E. Thoren: The Lord of Uraniborg. A Biography of Tycho Brahe. Cambridge University Press, Cambridge 1990. ISBN 0-521-35158-8
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Tycho Brahe – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Literatur von und über Tycho Brahe im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- http://www.ethbib.ethz.ch/exhibit/brahe/ Virtuelle Ausstellung der ETH-Bibliothek
- http://www.tychobrahe.net/ge/index.html Biographie und Werk
- http://www.sil.si.edu/DigitalCollections/HST/Brahe/thumbs.htm Astronomische Instrumente Tycho Brahes
Personendaten | |
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NAME | Brahe, Tycho |
ALTERNATIVNAMEN | Brahe, Tyge |
KURZBESCHREIBUNG | dänischer Astronom |
GEBURTSDATUM | 14. Dezember 1546 |
GEBURTSORT | Knudstrup, Schonen |
STERBEDATUM | 24. Oktober 1601 |
STERBEORT | Prag |