Umverteilung
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Begriff bezeichnet die Handlung oder den Prozess der Umverteilung oder aber eine ökonomische Theorie oder Politik, die Ungleichheiten bei der Verteilung des Wohlstands reduzieren soll.[1]
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Umverteilung durch Steuerprogression
Die Steuerprogression einer Einkommensteuer führt zu einer nivellierenden Umverteilung der besteuerten Einkommen. Der Grad der Nivellierung ist messbar: Die Ungleichverteilung der Brutto-Einkommen[2] ist bei Anwendung progressiver Steuertarife höher, als die Ungleichverteilung der Netto-Einkommen[3]. Die Nivellierungswirkung ist in Deutschland allerdings gering: Im Jahr 2001 verminderte die Einkommensteuer die Ungleichverteilung der Einkommen im ganzen Bundesgebiet um um 3,2%, wenn sie basierend auf der Hoover-Ungleichverteilung berechnet wird[4].
[Bearbeiten] Umverteilung durch Subventionen
Weitere Umverteilungen finden durch Subventionen statt. Subventionen erfolgen direkt durch Geldzahlungen, Steuervergünstigungen oder durch Bereitstellung von kostenloser/kostengünstiger öffentlicher Leistung. Manchmal werden dazu weitgehend eigenwirtschaftlich arbeitende, aber von der Politik abhängige Körperschaften gezwungen wie etwa der ÖPNV.
[Bearbeiten] Umverteilungsdebatte
Die Diskussion um eine angenommene, eine geforderte oder eine abgelehnte Umverteilung ist in der Sozialpolitik ein geradezu historischer Streitpunkt.
[Bearbeiten] Legitimität
Die meisten Umverteilungsdiskussionen gehen davon aus, dass die Einkommen berechtigt sind und entsprechend der Produktivität differenziert sind. Auf der anderen Seite wird argumentiert, dass man die Produktivität eines einzelnen Beschäftigten nicht messen kann. Beide Aussagen widersprechen sich und auch die unterschiedliche Lohndifferenzierung bei äquivalenten Arbeitsabläufen in verschiedenen Ländern zeigen, dass man die Produktivität eines einzelnen Beschäftigten nicht messen kann. Deshalb ist die Behauptung, dass der Lohn der Produktivität des Beschäftigten entspricht - falsch. Die Lohndifferenzierung sagt deshalb nur etwas über die Machtverteilung aus. Die Einkommensdifferenzierung kann deshalb sehr ungerecht sein und über die Umverteilung nähert man sich in der Regel mehr der Gerechtigkeit als dass man sich davon entfernt.
Allgemein herrscht Konsens dazu, dass eine Umverteilung notwendig ist, wenn die biologische Existenz oder die Gesundheit eines Menschen gefährdet sind. Es gibt allerdings gegenwärtig in Deutschland und in vielen anderen Ländern Diskussionen darüber, welcher Umfang der medizinischen Leistungen gesellschaftlich zu garantieren sei. Eine Position ist, dass die gegenwärtig erfolgende Umverteilung zu umfangreich und nicht gezielt genug gerichtet sei. Die Gegenposition ist, dass die Umverteilung nicht ausreiche, wo Ungleichverteilung der Einkommen und Vermögen zunähme.
Die Umverteilung von Ressourcen erfolgt in staatlichen oder sonstigen Gemeinschaften festgelegten Gesetzen und Regeln. Diese Regeln können sich durch ihre Legitimität unterscheiden, denn es ist ein Unterschied, ob sie demokratisch gestaltet wurden oder autoritär verfügt wurden. Am deutlichsten werden Unterschiede, wenn unterschiedliche Umverteilungsweisen in ressourcenreichen Staaten miteinander verglichen werden. Im ölreichen Norwegen wird die Umverteilung im weitgehenden demokretischen Konsens mit hohen Steuern und Sozialabgaben durchgeführt. Im ölreichen Nigeria fehlen ausreichend staatliche Regelungen zur Umverteilung bzw. zum Freiheits- und Eigentumsschutz. Die Folge davon sind illegale Umverteilungen (z.B. Anbohren von Bezinleitungen), Korruption, extrem hohe Kriminalität sowie die Zerstörung der Umwelt. Nigeria ist auch ein Beispiel für die Umverteilung regionaler Ressourcen in andere Regionen ohne eine entsprechen reziproke Umverteilung von Wohlstand. Zu diesem Problem trägt insbesondere Korruption bei: Von 163 Staaten lag Nigeria im Jahr 2006 auf dem hohen Platz 138 der Rangordnung[5] korrupter Länder. Norwegen lag dagegen auf Rang 8, was transparentere Prozesse zur Erzielung von Umverteilungsvereinbarungen ermöglicht.
[Bearbeiten] Grad der Umverteilung
Grundsätzlich stellt sich neben der Frage der ethischen Rechtfertigung der Umverteilung die Frage, wie viel oder wie wenig Umverteilung eine Gesellschaft verträgt und ob Umverteilung überhaupt nötig sei. Wird mit dem Ziel einer geringeren Ungleichheit zu viel umverteilt, so reduziert dies die Leistungsbereitschaft aller. Leistung wird dann nicht mehr durch ein höheres Einkommen belohnt. Wird mit dem Ziel einer höheren Ungleichheit zu wenig umverteilt, so steigt das Konfliktpotential. Bei extrem hohen Ungleichverteilungen steigt das Risiko gewaltsamer Auseinandersetzung.
Oft wird behauptet, dass die sozialen Unterschiede in einer Gesellschaft zu groß wären wenn eine zu geringe Umverteilung erfolgen würde. Die Gegenposition ist, dass soziale Unterschiede leistungsfördernd wirken können. Die Grundfragen sind:
- Wann sind soziale Unterschiede zu groß oder zu klein?
- Welche negativen oder positiven Folgen haben soziale Unterschiede?
[Bearbeiten] Kriminalität
Dazu wird manchmal behauptet, große soziale Unterschiede hätten eine gestiegene Anzahl der Eigentumsdelikte zur Folge. Dieses Argument bleibt umstritten - es werden genauso die hohen Kriminalitätsraten einiger Metropolen der Vereinigten Staaten zitiert wie auch die Praxis der sozialistischen Staaten in Osteuropa, wo die sozialen Unterschiede offiziell gering waren aber die Eigentumsdelikte keinesfalls eliminiert wurden. Bei beiden Argumenten ist zu berücksichtigen, dass soziale Unterschiede nur einer von vielen möglichen Faktoren ist, die Einfluss auf den Grad der Beschaffungskriminalität haben. Siehe dazu Reduzierung der Kriminalität durch Voght.
[Bearbeiten] Grundfragen
Umverteilung beschränkt sich aber nicht nur auf steuerliche Fragen und Subventionen. So entstand im Zusammenhang mit der Diskussion um Verteilungsgerechtigkeit auch der Begriff der "Umverteilung von unten nach oben". Eine als nicht leistungsgerecht empfundene Verteilung von Einkommen wird in dieser Weise ebenfalls als Umverteilung bezeichnet.
Die Frage nach der ethischen Seite von Umverteilung zum Ausgleich unterschiedlicher Ressourcenverteilung ist eine der grundlegenden Fragen, mit denen sich die Menschen in einer Gesellschaft auseinandersetzen. In Demokratien wird versucht, sie in einem pragmatischen Ansatz dem Wähler zur Beantwortung zu übergeben.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Sozialpolitik,
- soziale Gerechtigkeit,
- soziale Ungleichheit,
- Wohlfahrtsökonomie,
- Einkommensverteilung
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Quelle: http://www.answers.com/topic/redistribution
- ↑ Online-Rechner: Ungleichverteilung der Brutto-Einkommen im Jahr 2001
- ↑ Online-Rechner: Ungleichverteilung der Netto-Einkommen im Jahr 2001
- ↑ Durch progressive Einkommensbesteuerung sinkt die Ungleichverteilung von 33,2% (brutto) auf 30,0% (netto). Rechengang (Tabellenkalkulation) mit Grunddaten vom Bundesamt für Statistik, Nov. 2005: http://luaforge.net/frs/?group_id=49&release_id=347
- ↑ http://www.transparency.org/policy_research/surveys_indices/cpi/2006
[Bearbeiten] Weblinks
- Eintrag (englisch) in der Stanford Encyclopedia of Philosophy (inkl. Literaturangaben)