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Versicherung (Kollektiv)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Mit Versicherung wird das Grundprinzip der kollektiven Risikoübernahme (Versicherungsprinzip) bezeichnet: Viele zahlen einen Geldbetrag (= Versicherungsbeitrag) in den Geldtopf Versicherer ein, um beim Eintreten des Versicherungsfalles aus diesem Geldtopf einen Schadenausgleich zu erhalten. Da der Versicherungsfall nur bei wenigen Versicherten eintreten wird, reicht der Geldtopf bei bezahlbarem Beitrag aus. Voraussetzung ist, dass der Umfang der Schäden statistisch abschätzbar ist und demnach mit versicherungsmathematischen Methoden der von jedem Mitglied des Kollektivs benötigte Beitrag bestimmbar ist.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Der Versicherungsbegriff

Versicherung ist Deckung, eines im einzelnen ungewissen, insgesamt schätzbaren Geldbedarfs, auf der Grundlage zwischenwirtschaftlichen Risikoausgleichs.

(abgeleitet aus dem Versicherungsbegriff nach Farny: Versicherung ist die Deckung, eines im einzelnen ungewissen, insgesamt schätzbaren Geldbedarfs, auf der Grundlage eines Risikoausgleiches im Kollektiv und in der Zeit.)


[Bearbeiten] Grundprinzip der Versicherung

Alfred Manes definiert Versicherung als „die gegenseitige Deckung zufälligen, schätzbaren Geldbedarfs zahlreicher gleichartig bedrohter Wirtschaften“, Karl Hax als „die planmäßige Deckung eines im einzelnen ungewissen, im ganzen aber schätzbaren Geldbedarfs auf der Grundlage eines zwischenwirtschaftlichen Risikoausgleichs“. Eine gesetzliche Definition besteht nicht.

Der Versicherung liegt der Mechanismus der gemeinsamen Tragung von Risiken in einem Kollektiv (Pool, Portefeuille) zu Grunde. Die Vorteile dieser gemeinsamen Tragung werden durch das Gesetz der großen Zahlen beschrieben, welches besagt, dass bei steigender Anzahl von gleichartigen Ereignissen sich der tatsächliche Ausgang dem erwarteten Ausgang (oder dem erwarteten Durchschnitt) anpasst; die Streuung (Variabilität) der Ausgänge um den Durchschnitt nimmt ab. Demnach gleichen sich das Risiko der Schwankung des Ausgangs um so mehr aus, je größer das Kollektiv ist. Dies Effekt einer gemeinsamen Tragung von Risiken in einem Kollektiv wird als Risikoausgleich im Kollektiv bezeichnet.

Zwischen einem reinen Risikoausgleichspool und einem privatwirtschaftlich organisierten, gewinnorientierten Versicherer bestehen aber zwei Unterschiede: 1) Der Versicherer erhebt von den Versicherungsnehmern einen fest vereinbarten Preis, für ggf. höhere Schäden haftet der Versicherer. 2) Der Versicherer bildet Eigenmittel, mit denen er Schwankungen ausgleichen kann, die nicht von den Beiträgen gedeckt sind, und damit können auch in solch ungünstigen Fällen die versprochenen Leistungen erbracht werden.

Damit ist Versicherung die nach dem Wahrscheinlichkeitsprinzip arbeitende wirtschaftliche Absicherung von Risiken gegen Beitragszahlung; sie wird entweder nach dem Assoziationsprinzip als Gegenseitigkeitsversicherung oder nach dem Spekulationsprinzip als Erwerbsversicherung betrieben. Allerdings betreiben auch die Gegenseitigkeitsversicherer heute kaum noch den reinen Risikoausgleichspool (abgesehen von einigen wenigen kleineren Vereinen, meist Tierversicherungen, z.B. Kuhgilden), sondern erheben feste Beiträge nach dem Spekulationsprinzip.

Antike Vorformen der Gegenseitigkeitsversicherung begegnen uns in den ägyptischen, griechischen und römischen Begräbnisvereinen (collegia tenuiorum), die mittels regelmäßiger Beiträge für ein anständiges Begräbnis ihrer Mitglieder und für den Totenkult sorgten. Die bis in die Neuzeit fortwirkende Entwicklung der Gegenseitigkeitsversicherung beginnt jedoch erst im frühen Mittelalter in Nordeuropa mit der auf einem gegenseitigen Treueverhältnis beruhenden und sich zur gemeinsamen Erfüllung religiöser, politischer, wirtschaftlicher und geselliger Zwecke zusammenschließenden Gilden und Genossenschaften, die sich bevorzugt der gemeinschaftlichen Risikoübernahme und Hilfeleistung bei Tod, Brand, Viehsterben, Schiffbruch und Gefangennahme widmeten. Im 17. und 18. Jhdt. entstanden auf staatliche Initiative die ersten öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalten.

Die versicherbaren Risiken sind sehr vielfältig, lassen sich aber auf wenige Risikogruppen reduzieren, die allerdings keine exakten Grenzen haben:

  • biometrische Risiken, darunter versteht man die das Leben und den Lebensunterhalt betreffenden individuellen Risiken wie Erwerbsunfähigkeit, Pflegebedürftigkeit, Langlebigkeit und vorzeitigen Tod. Sie werden durch Lebensversicherungsprodukte abgedeckt
  • Kostenrisiken (beispielsweise Gerichtskosten, Krankheitskosten) werden beispielsweise durch die Rechtsschutzversicherung und die Krankenversicherung gedeckt
  • Schadensrisiken (beispielsweise Feuer, Unfall, Diebstahl) werden durch zahlreiche Schadensversicherungsarten gedeckt (beispielsweise Wohngebäudeversicherung, Unfallversicherung, Hausratversicherung)
  • Haftungsrisiken werden durch zahlreiche Formen der Haftpflichtversicherung gedeckt

Die Rechtsordnung trennt das Versicherungsrecht in das immer umfangreicher werdende Sozialversicherungsrecht und das Privatversicherungsrecht, das wiederum Versicherungsunternehmensrecht, Versicherungsaufsichtsrecht und Versicherungsvertragsrecht umfasst. Das Versicherungsvertragsrecht ist besonderes Schuldvertragsrecht und als solches das den Besonderheiten des Versicherungsvertrages gerecht werdende Sonderprivatrecht.

Die Zweige der Sozialversicherungen können nur eingeschränkt zu den Versicherungen gezählt werden, da es sich nur um umlagefinanzierte (Umlageverfahren) staatlich organisierte Pflichtversicherungen handelt. Zudem werden in der gesetzlichen Rentenversicherung die Beiträge nicht unter den Leistungsberechtigten umgelegt, sondern von einer Generation für die andere erbracht (Generationenvertrag). Sie bildet keine Rückstellungen, sondern finanziert sich aus den laufenden Einnahmen und ist damit nicht demographiefest. Sozialversicherungen werden an dieser Stelle nicht weiter behandelt.

[Bearbeiten] Deckungsprinzipien

Für die Deckung der Anwartschaften insbesondere bei Personenversicherung haben sich zwei grundlegende Deckungsprinzipien herauskristallisiert.

Besonders augenfällig wird dieser Unterschied bei der Gegenüberstellung von gesetzlicher und privater Rentenversicherung. Unabhängig vom Deckungsprinzip dienen aber beide zur Absicherung des Alters- z.T. auch des Invaliditätsrisikos. Während aus den Beiträgen der privaten Rentenversicherungen ein Kapital angespart wird, aus dem eine versicherungsmathematisch berechnete Rente gezahlt wird, werden die monatlich eingehenden Beiträge von der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar wieder ausgegeben. Zukünftige Rentner sind darauf angewiesen, dass zukünftige Beitragszahler die späteren Renten dann mit ihren Beiträgen finanzieren werden. Bei steigender Rentnerzahl und sinkender Beitragszahlerzahl ist dies ein unsicheres Prinzip.

[Bearbeiten] Untypische Versicherungen

Eine Lotterie ist einer Versicherung in manchen Aspekten sehr ähnlich, nicht zuletzt auch deshalb, weil Versicherungen ursprünglich vielfach Wett- oder Lotteriecharakter hatten. Allerdings dient das Glücksspiel weder der finanziellen Risikovorsorge noch dem kollektiven Ansparen!

Eine besondere Form der Lotterie ist die Tontine, bei der eine Gesamtheit von Anlegern einen Betrag aufbringt, der nach dem Ablauf einer vereinbarten Laufzeit verzinst an die Überlebenden der Gesamtheit ausbezahlt wird. Hier steht die Beitragszahlung nicht unter Risiko. Für die Leistung wird das biometrische Risiko zur Erhöhung der Rendite für die Überlebenden genutzt. Allerdings ist die Tontinenversicherung als Vorläufer unserer heutigen Rentenversicherungen anzusehen.

Die insbesondere in Frankreich üblichen Kapitalisierungsgeschäfte (Sparversicherungen), frz. Contrats de capitalisation sind ebenfalls keine (Lebens-)versicherungen im eigentlichen Sinn, da hier ausschließlich ein Sparvorgang vorliegt.

[Bearbeiten] Versicherung im Kontext des Risikomanagements

Bevor ein Risiko richtig versichert werden kann, muss es erkannt, bewertet und der Umgang mit dem Risiko festgelegt werden. Mit diesem Prozess, welcher als Vorstufe jedem Versicherungsabschluss vorausgehen sollte befasst sich das Risikomanagement. Risikomanagement oder Risk-Management (engl.) ist der gesamtheitliche Umgang mit Risiken. Eine generelle, einfache Definition von Risiko ist Unsicherheit. Die Komponenten eines Risikos sind:

  1. Ein Wert (Sache, Person, Prozess, System, Zustand)
  2. Die Gefahren, welchen die Werte ausgesetzt sind
  3. Die Auswirkungen, wenn sich die Gefahr am Wert verwirklicht (direkte und indirekte finanzielle und nicht-finanzielle Auswirkungen).

Weitere Dimensionen von Risiko sind Eintrittswahrscheinlichkeit und Häufigkeit. Die Versicherungswirtschaft oder der Versicherungsmarkt (als Begriff für alle, welche sich mit versicherbaren Risiken befassen) kümmert sich primär um die durch eine Versicherungsgesellschaft (den Versicherer) versicherbaren Risiken. Nur ein Teil aller Risiken ist durch eine Versicherungsgesellschaft versicherbar. Weitere Risiken sind in anderer Art und Weise absicherbar, wie zum Beispiel das Risiko von sinkenden Aktienkursen durch Optionen (Bsp. Put-Option). Außerdem gibt es die Versicherungswirtschaft konkurrenzierende oder ergänzende Techniken, wie die Securitization, welche den Kapitalmarkt zur finanziellen Absicherung von Risiken anzapft. Viele Risiken sind nicht oder nur teilweise auf andere überwälzbar, wie das Risiko des Unternehmers, dass ein neu lanciertes Produkt am Markt keinen Erfolg hat; könnte man dieses Risiko voll abwälzen, hätte man auch kein Recht auf einen Gewinn. Denn der Gewinn ist der Lohn für eingegangene Risiken.

Welches die richtigen Instrumente, die richtige Methoden im Umgang mit Risiken sind, ist eine Frage, welche das Risikomangement zu beantworten hilft. Vielfach ist die Antwort nicht ein Allerheilmittel, sondern ein Mix aus verschiedenen Maßnahmen (z.Bsp. Risikohäufigkeit reduzieren, planmäßiger Umgang mit der Situation, wenn sich Risiko verwirklicht, einen Teil der finanziellen Auswirkungen selber tragen, einen Teil versichern). Ein kritischer Schritt im Umgang mit Risiken ist die Erkennung von Risiken, denn mit nicht erkannten Risiken kann auch nicht planmäßig umgegangen werden.

[Bearbeiten] Klassifikation von Versicherungsarten

Allgemein werden Versicherungen anhand von drei Kriterien in Gruppen eingeteilt:

1. Personen- und Nichtpersonenversicherungen
  • Die Personenversicherung gliedert sich in die Lebens-, die Kranken- und die Unfallversicherung.
  • Zur Nichtpersonenversicherungen werden alle Sach-, Haftpflicht- und sonstige Vermögensversicherungen gerechnet. Beispiele sind Grundstücks- & Eigentumsversicherung
2. Schadens- und Summenversicherungen
  • Die Schadensversicherung deckt im Versicherungsfall den konkreten Schadensbedarf. Eine vereinbarte Versicherungssumme beschreibt bei dieser Versicherungsart lediglich die maximale Versicherungsleistung. Typische Schadensversicherungen sind die Kranken-, die Hausrat-, die Haftpflicht- und die Rückversicherung sowie die Kraftfahrtversicherung.
  • Die Summenversicherung leistet im Versicherungsfall eine vorbestimmte Versicherungssumme. Summenversicherungen sind immer Personenversicherungen, bekanntestes Beispiel ist die Lebensversicherung, daneben steht noch die Unfallversicherung.
3. Aktiven- und Passivenversicherungen
Bei den Schadensversicherungen kann man folgende Einteilung vornehmen:
  • Aktivenversicherung schützen Sachwerte, die bei einem Unternehmen auf der Aktivseite stehen. Beispiele sind Gebäudeversicherung oder Kaskoversicherung.
Beide Gruppen unterscheiden sich in der Funktionsweise. Während es bei der Aktivenversicherung das Prinzip der Unterversicherung gibt (der Schaden wird nur im Verhältnis Versicherungssumme zum Wert des beschädigten Gegenstandes ersetzt), gilt bei der Passivenversicherung das Prinzip der Erstrisikodeckung, d.h. der Schaden wird immer in voller Höhe bis zum Erreichen der Deckungssumme ersetzt.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks


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