Zustandsraum (Automatisierungstechnik)
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Der Zustandsraum in der Automatisierungstechnik bzw. Regelungstechnik bezeichnet eine Beschreibung eines dynamischen Systems im Zeitbereich. Hierbei werden die inneren Einzelzustände des Systems zu einem Vektor zusammengefasst, dem Zustandsvektor, der als Ortsvektor eines Punkts im (zwei- oder mehrdimensionalen) Zustandsraum interpretiert wird. Der Zustandsvektor bewegt sich zeitlich auf einer Kurve, der Trajektorie, durch den Zustandsraum. Für ein gegebenes Eingangssignal geht dabei durch jeden Punkt des Zustandsraums genau eine Trajektorie, was (im zweidimensionalen Fall) graphische Darstellungen ermöglicht. Es handelt sich mathematisch gesehen um einen Phasenraum.
Vorteile gegenüber einer Systemcharakterisierung im Frequenzbereich, z.B. durch die Übertragungsfunktion, ergeben sich durch die Uneingeschränktheit der Allgemeinheit, da die Laplace-Transformation bestimmte Anfangsbedingungen voraussetzt, die in der Zustandsraumdarstellung frei gewählt werden können. Auch wird durch die Übertragungsfunktion (ebenso wie durch die Impuls- oder Sprungantwort im Zeitbereich) lediglich das Ein-/Ausgangsverhalten beschrieben, nicht jedoch das, was innerhalb des Systems geschieht. Dies ist aber beispielsweise im Hinblick auf die Stabilität interessant: Es kann – je nach Struktur des Systems und Wahl des Eingangssignals – zu einer Resonanzkatastrophe im Innern des Systems kommen, ohne dass sich dies (rechnerisch) im Ausgangssignal zeigt. Die Zustandsraumbeschreibung schafft hier Abhilfe.
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[Bearbeiten] Nichtlineare Zustandsgleichungen
[Bearbeiten] Lineare Zustandsgleichungen
Für zeitkontinuierliche Systeme lauten die linearen Grundgleichungen in vektorieller Form:
Der Zustand x ist der Zustandsvektor. Über die Matrizen A und B sind die Verkettungen der einzelnen Zustände, samt die Zugriffe über die Steuervariablen (Eingangsgrößen) u darstellbar. Die Matrix A wird als Systemmatrix, B als Steuermatrix bezeichnet. Mittels der Koppel- oder Beobachtungsmatrix C sind die Verkettungen der Ausgangsgrößen y beschreibbar. Die Durchgangsmatrix D beschreibt die Durchgriffe des Systems, sie ist bei nicht sprungfähigen Systemen Null.
Einen wichtigen Sonderfall stellen Systeme mit einer Ein- und einer Ausgangsgröße dar (SISO Single Input, Single-Output Systeme). Hier sind und Vektoren und ein Skalar. Es werden dann häufig die Formelzeichen , und d verwendet.
In vielen Fällen interessiert anstelle eines kontinuierlichen Verlaufs nur der Systemzustand zu diskreten Zeitpunkten, beispielsweise den Abtastzeitpunkten bei Regelung durch einen Digitalrechner. In diesem Fall ist x anstelle einer vektorwertigen Funktion der Zeit eine Folge von Vektoren. An die Stelle der Zustandsdifferentialgleichung tritt dann eine Differenzengleichung.
Die Typen der linearen Grundgleichungen:
System-Typ | Zustandsraum-Modell |
Kontinuierlich Zeitinvariant | |
Kontinuierlich Zeitvariant | |
Diskret Zeitinvariant | |
Diskret Zeitvariant | |
Laplace-Transformierte Kontinuierlich Zeitinvariant |
|
Z-Transformierte Diskret Zeitinvariant |
Für die letzten beiden Fälle wurde davon ausgegangen, dass der Anfangszustand des Systems ist (siehe Differentiationssatz der Laplace-Transformation bzw. Differenzensatz der Z-Transformation).
Die zeitdiskrete Zustandsdarstellung wird aus der kontinuierlichen Form mittels Diskretisierung über einer festen Zeitschrittweite T gewonnen. Die diskrete Form ist besonders für Berechnungen in Echtzeit geeignet. In Echtzeit wird zuerst die Ausgangsgleichung gerechnet, und danach erst die Zustandsdifferenzengleichung zur Ermittlung der Zustände für den nächsten Berechnungsschritt. Die zeitkontinuierliche Darstellung eignet sich hingegen gut für Simulationen ohne Echtzeit-Ansprüche, durch numerische Integration. Die Exaktheit kann hier durch die Wahl des Integrationsverfahrens und die Anpassung der statischen oder dynamischen Schrittweite beeinflusst werden.
Von zentraler Bedeutung ist die Systemmatrix, aus der die Eigenwerte, und damit die Systemdynamik und deren Stabilität abgeleitet werden kann (charakteristisches Polynom). Ist die Durchgriffsmatrix keine Nullmatrix, haben die Systemeingänge zeitgleichen Einfluss auf die Ausgange, was zu einer algebraischen Schleife führen kann.
Sind A, B, C, D konstant, so ist das System linear und zeitinvariant, d. h. ein sog. LZI-System.
[Bearbeiten] Ähnlichkeitstransformation
Die Zustandsraum-Darstellung ist nicht eindeutig. Zum gleichen System existieren viele Zustandsraum-Darstellungen. Anstatt der gewohnten Zustandsvariablen kann man auch einen neuen Satz an Zustandsvariablen benutzen, falls man durch beschreiben kann. , wobei P eine reguläre, lineare Transformationsmatrix ist, d.h. muss durch ohne Hinzufügen von Eingängen oder Ableitungen beschreibbar sein.
Es gilt dann:
Die neue Zustandsraumdarstellung beschreibt das gleiche System. Es ist deshalb selbstverständlich, dass alle Systemeigenschaften bei der Transformation unverändert bleiben.
[Bearbeiten] Übertragungsfunktion
Die "Übertragungsfunktion" eines kontinuierlichen zeitinvarianten Zustandsraum-Modells kann auf folgende Weise hergeleitet werden:
durch die Laplace-Transformation erhält man
womit in der Ausgangs-Gleichung substituiert wird
und die Übertragungsfunkion ergibt
[Bearbeiten] Allgemeine Lösung im Zeitbereich
Die allgemeine Lösung im Zeitbereich erhält man durch:
Schwierigkeiten kann dabei die Matrixexponentialfunktion bereiten, die analog zur skalaren Exponentialfunktion definiert ist durch die Potenzreihe
Um hier einen geschlossenen Ausdruck angeben zu können, ist es hilfreich, A mittels Hauptachsentransformation auf Diagonalgestalt zu transformieren. Für eine Diagonalmatrix der Form
ergibt sich dann die Matrixexponentialfunktion zu
[Bearbeiten] Normalformen
Normalformen werden benutzt, um strukturelle Eigenschaften eines Systems klar hervor zu heben. Oft besitzt ein System in der Zustandsraumdarstellung Zustandsvariablen, welche sich im Übertragungsverhalten des Systems nicht bemerkbar machen. So kann es z.B. sein, dass sich Pole und Nullstellen kürzen, so dass diese keinerlei Einfluss auf die Übertragungsfunktion G(s) haben. Diesen Fall nennt man eine Nichtminimal-Realisierung des Systems, und dies führt dazu, dass das System entweder nicht steuerbar, nicht beobachtbar, oder weder steuerbar noch beobachtbar ist.
[Bearbeiten] Regelungsnormalform
Die gegebene Übertragungsfunktion kann mit folgendem Ansatz in eine Zustandsraumdarstellung überführt werden.
Die gegebene Übertragungsgfunktion wird in die Zähler- und Nennerfaktoren ausmultipliziert
- .
Zu dieser Übertragungsfunktion im Frequenzbereich gehört im Zeitbereich die Differentialgleichung (DGL):
Aus dieser DGL ergeben sich für die ZR - Darstellung nach Regelungsnormalform folgende Zustandsgleichungen:
Die Koeffizieten können nun einfach direkt in die Zustandsmatrizen eingetragen werden:
Diese Zustandsraum-Realisierung wird Regelungsnormalform genannt, wenn das Modell steuerbar ist.