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Arbeitsrecht der Kirchen

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Wikipedia:Deutschlandlastige Artikel
Deutschlandlastige Artikel
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Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Deutschland

Die arbeitsrechtlichen Regelungen für Mitarbeiter der Kirchen und kirchennaher Organisationen unterscheiden sich in Deutschland nicht unerheblich von den für sonstige Arbeitnehmer anwendbaren Bestimmungen.

Die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, hierzu zählen insbesondere die großen Kirchen, regeln nämlich ihre Dienstverfassung selbst. Das hat seine Grundlage in Artikel 137 Vder Weimarer Reichsverfassung, der nach Artikel 140 GG in das Grundgesetz inkorporiert ist und dadurch bis heute seine Gültigkeit behalten hat (sog. Kirchliches Selbstbestimmungsrecht).

Das bedeutet nicht, dass allgemeine gesetzliche Regelungen hier nicht gelten; vielmehr erfolgt die Selbstbestimmung im Rahmen der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes und der Personalvertretungsgesetze wird jedoch durch Regelungen in diesen Gesetzen selber ausgeschlossen. Die kirchlichen Dienstverfassungen beinhalten zum Teil gravierende Sonderregelungen. Insoweit kann man das Arbeitsrecht der Kirchen als res mixta ansehen, also als gemeinsame Angelegenheit von Staat und Religionsgemeinschaften.

[Bearbeiten] Erfasste Organisationen

Dazu gehört zunächst die sog. verfasste Kirche, also die eigentliche Kirchenorganisation. Diese gliedert sich bei der katholischen Kirche in Bistümer, die – gemeinsam mit je einem Erzbistum – in Kirchenprovinzen zusammengefasst sind; hierzu zählen auch Institute des geweihten Lebens (z.B.: Klöster). Bei der evangelischen Kirche bestehen die Landeskirchen, die in der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland), der UEK (Union Evangelischer Kirchen) und der VELKD (Vereinigte evangelische-lutherische Kirche Deutschlands) zusammengeschlossen sind.

Dazu gehören aber auch privatrechtliche Organisationen, die als “Wesens- und Lebensäußerung” der Kirche gelten, z.B. Diakonie und Caritas, aber auch kirchliche Kindergärten bis hin zur Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) oder dem evangelischen Presseverband Nord e.V, wie das Bundesarbeitsgericht entschieden hat (BAGE 68, 174).

Die Regeln des Arbeitsrechts der "Kirchen" gelten ungeachtet der Bezeichnung auch für alle anderen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die zahlenmäßig aber eine weit geringere Rolle spielen.

[Bearbeiten] Kündigungsschutz der Kirchenmitarbeiter

Das Kündigungsschutzgesetz gilt auch in kirchlichen Organisationen. Aber der Verstoß gegen kirchenrechtliche Loyalitätsobligenheiten kann eine verhaltensbedingte Kündigung sozial rechtfertigen. Es ist Ausfluss des Kirchenrechts, welche Obliegenheiten das sind und wie ihre Schwere und Tragweite zu würdigen ist. Das haben die Arbeitsgerichte als Vorgabe zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 70, 138). Innerhalb der Grenzen des ordre public ist es den weltanschaulich neutralen staatlichen Gerichten verwehrt, diese kircheninternen Lehren auf ihre Sinnhaftigkeit hin zu überprüfen. Ebenso wie die Gerichte bei betriebsbedingten Kündigungen die zu Grunde liegende Unternehmerentscheidung nicht nachprüfen können, ohne die Berufsfreiheit zu verletzten, läge andernfalls ein Eingriff in Religionsfreiheit und Selbstbestimmungsrecht der jeweiligen Gemeinschaft vor.

Allerdings kommt es hinsichtlich der Anforderungen an die Loyalität der kirchlichen Mitarbeiter auf die Art und Stellung an. An eine Putzfrau im kirchlichen Krankenhaus werden geringere Anforderungen hinsichtlich der persönlichen Lebensführung gestellt als an einen Religionslehrer, der ja gerade die kirchliche Lehre glaubwürdig verkünden soll. Auch eine katholische Sekretärin, die sich scheiden lässt und wieder heiratet, oder ein Buchhalter, der aus der Kirche austritt, muss nach dieser Rechtsprechung eine wirksame verhaltensbedingte Kündigung gewärtigen, weil die kirchliche Wertung eines solchen Verstoßes gegen kirchliche Rechtsgrundsätze aus dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen in Art. 140 GG iVm Art. 137 WRV verfassungsmäßig geschützt ist und dieses Verhalten daher vom Arbeitsgericht als Kündigungsgrund akzeptiert werden muss. So hat das Bundesarbeitsgericht am 16. September 2004 die Kündigung eines katholischen Kirchenmusikers für wirksam erklärt, dessen Wiederverheiratung nach der Einstellung nachträglich bekannt wurde; der Abschluss einer nach Glaubensverständnis und Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe sei ein solcher schwerwiegender Loyalitätsverstoß (2 AZR 447/03). Das Arbeitsgericht prüft lediglich, ob die Kündigung nicht ermessensfehlerhaft war, und ob sie mit den von der Kirche aufgestellten allgemeinen Arbeitsbedingungen übereinstimmte. Grundlage der Kündigung ist nämlich ein Verstoß des Mitarbeiters gegen Pflichten, zu deren Einhaltung er sich im Arbeitsvertrag verpflichtete, indem im Vertrag auf die kirchliche Grundordnung [1] im katholischen Bereich und in vergleichbarer Weise auch in evangelischen Einrichtungen auf kirchliche Grundsätze Bezug genommen wird. Ähnliche Loyalitätspflichten bestehen auch bei Managern gegenüber ihrem Unternehmen, wo negative Äußerungen durchaus zur Kündigung führen können.

[Bearbeiten] Mitarbeitervertretung in kirchlichen Organisationen

Weder das Betriebsverfassungsgesetz noch das Personalvertretungsgesetz gilt in kirchlichen Organisationen (§ 118 II BetrVG, § 96 BPersVG).

Die Kirchen haben für sich und ihre angegliederten Organisationen eigene Mitarbeitervertretungen geschaffen. In der katholischen Kirche gilt insoweit die MAVO (Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung); die evangelische Kirche hat eine zuvor unübersichtliche und zersplitterte Regelung vereinheitlicht und am 6. November 1992 das MVG (Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der evangelischen Kirche in Deutschland) erlassen.

Bereits mit der Fassung des MVG von 1992, für den Bereich des Diakonischen Werkes (DW) der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im Oktober 1993 auf der Diakonischen Konferenz des DW-EKD in Halle (Saale) übernommen, ist es den einzelnen Landeskirchen und ihren Diakonischen Werken überlassen, eigene Regelungen zu treffen. So gibt es in verschiedenen Landeskirchen weiterhin "eigene" Mitarbeitervertretungsgesetze, zum Beispiel für den Bereich der Konföderation Evangelischer Kirchen in Niedersachsen, sowie für viele Landeskirchen voneinander abweichende Übernahmegestze, die Einführung und Anwendung des MVG regeln.

Die Mitwirkungsrechte der Mitarbeitervertretungen unterscheiden sich erheblich von Betriebsverfassungsgesetz und Personalvertretungsgesetz. Dabei ist die Mitbestimmung eher schwächer ausgestaltet; die Gegenstände der Beteiligung werden aber im Großen und Ganzen ähnlich definiert. Allerdings gibt es regionale Unterschiede der Beteiligung der Mitarbeitervertretungen. Die Benennung der Sozialpartner, die auf dem Weg des dritten Weges (siehe dort!) Arbeitsrecht gestalten (Grundlagen des Arbeitsvertragsrechts, Tarifentwicklung) ist nicht einheitlich. So werden die Mitarbeiter durch Delegierte aus den Gesamtausschüssen oder Arbeitsgemeinschaften der MAVen repräsentiert, in einigen Landeskirchen, so in Bayern, wird der Gesamtausschuss von Seiten der Kirchen- und Diakonieleitung nicht anerkannt. Dort nehmen zum Teil Verbände die Vertretung der Mitarbeiterseite wahr, die in der Mitarbeiterschaft gar nicht bekannt oder vertreten sind.

Die bei Einführung des MVG hervorgehobene Bedeutung der Vereinheitlichung des Mitarbeitervertretungsrechts und die daraus zu schlussfolgernde Einheitlichkeit des kirchlich-diakonischen Arbeitsrechts wird durch die Entscheidung landeskirchlicher Gremien von Beginn an unterwandert.

Bei Streitigkeiten im Bereich des Mitarbeitervertretungsrechts besteht die Möglichkeit, die seit kurzem eingerichteten kirchlichen Arbeitsgerichte anzurufen. Der staatliche Rechtsweg ist insoweit nicht eröffnet.

[Bearbeiten] Tarifverträge in kirchlichen Organisationen

Die Kirche darf bei der dargestellten Rechtslage Tarifverträge abschließen. Sie muss es allerdings ebensowenig wie jeder andere Arbeitgeber. Umstritten ist, ob die Kirche mithilfe von Arbeitskampfmaßnahmen zum Abschluss von Tarifverträgen gezwungen werden darf. Die eine Meinung lehnt dies unter Verweis auf das verfassungsmäßig gewährleistete Recht der Kirchen auf Selbstbestimmung ab, während die Gegenmeinung anführt, dass das Selbstbestimmungsrecht wegen der verfassungsrechtlichen Betätigungsfreiheit der Koaltionen (Gewerkschaften) das Streikrecht nicht gänzlich ausschließen könne[2].

Tarifvertragliche Regelungen gibt es nur bei der Nordelbischen Kirche und bei der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg. Allerdings kann die verfasste Kirche auch die Grundlagen des Tarifsystems abweichend regeln (Einschränkung des Arbeitskampfes, Bindung des “Arbeitgeberverbandes” an die Entscheidungen der Synode, Differenzierungsverbot zwischen Mitgliedern und Nichtmitgliedern der Tarifvertragsparteien, Verbot der Vereinbarung günstigerer Bedingungen), wovon auch Gebrauch gemacht wurde.

Anstelle einer einzelvertraglicher Setzung von Arbeitsrechtsregelungen ("Erster Weg") oder einer Übernahme des Tarifvertragssystems ("Zweiter Weg") haben die meisten Kirchen den “Dritten Weg” gewählt. Dieser beinhaltet, dass die Grundbedingungen des Arbeitsverhältnisses in allgemeinen Richtlinien oder Ordnungen festgelegt werden, deren Erstellung kircheninternen Gremien obliegt, die paritätisch zur Hälfte aus gewählten Vertretern der Mitarbeiter und zur Hälfte aus Vertretern des Dienstgebern besetzt sind. Die evangelische Kirche in Deutschland hat hierzu durch ein Arbeitsrechts-Regelungsgesetz “Arbeitsrechtliche Kommissionen” gebildet, während die Katholische Kirche ganz ähnlich Kommissionen zur Ordnung des Arbeitsvertragsrechtes (KODA) errichtet hat.

Diese haben jeweils Regelungswerke erstellt, die in Aufbau und Inhalt üblichen Tarifverträgen ähneln und durchaus vergleichbare Arbeitsbedingungen zum außerkirchlichen Tarifrecht konstituieren. Im Unterschied zu tarifvertraglichen Regelungen finden solche Regelwerke aber im evangelischen Bereich nicht unmittelbare und zwingende Anwendung auf die Arbeitsverhältnisse (vgl. § 4 Tarifvertragsgesetz), sondern müssen ausdrücklich durch einzelvertragliche Regelung vereinbart werden. Deshalb sind im kirchlichen Bereich auch einzelvertragliche Vereinbarungen zulässig, die zum Nachteil der Arbeitnehmer von solchen AVR abweichen. Im katholischen Bereich werden die von der KODA vereinbarten arbeitsrechtlichen Regelungen durch den jeweiligen Diözesanbischof als Kirchenrecht in Kraft gesetzt und erlangen so direkte Geltung in die Arbeitsverhältnisse hinein.

[Bearbeiten] Schweiz

[Bearbeiten] Österreich

[Bearbeiten] Siehe auch

Tendenzbetrieb

[Bearbeiten] Literatur

  • Eder, Joachim, Tarifpartnerin Katholische Kirche? Der „Dritte Weg“ der katholischen Kirche in der Bundesrepublik Deutschland aus kanonistischer Sicht, Passau 1991
  • Hammer, Ulrich, Kirchliches Arbeitsrecht. Handbuch, Frankfurt/Main 2002.
  • Jurina, Josef, Das Dienst- und Arbeitsrecht im Bereich der Kirchen in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1979
  • Maier, Clemens, Kollektives Arbeitsrecht in der Katholischen Kirche. Der Dritte Weg im Spannungsfeld von Dienstgemeinschaft und Leitungsgewalt, LIT-Verlag, Münster 2006
  • Pahlke, Armin, Kirche und Koalitionsrecht. Zur Problematik des kirchlichen Arbeitsrechtsregelungsverfahrens, insbesondere des sog. Dritten Weges der Kirche, Tübingen 1983
  • Pree, Helmuth, Die Stellung des kirchlichen Laiendienstnehmers im CIC/1983, in: Recht im Dienste des Menschen, FS für Hugo Schwendenwein, hrsg. v. Klaus Lüdicke, Graz 1987, S. 467 ff.
  • Puza, Richard, Die Amts- und Berufspflichten der kirchlichen Bediensteten in Deutschland, in: ThQ 183 (2003), S. 39-70
  • Rauscher, Anton, Die Eigenart des kirchlichen Dienstes. Zur Entscheidung der katholischen Kirche für den „Dritten Weg“, Würzburg 1983
  • Rhode, Ulrich, Der Bischof und der Dritte Weg, in: Recht in Staat und Kirche. Joseph Listl zum 75. Geburtstag, hrsg. v. Wilhelm Rees, Berlin 2004, S. 313-339, Berlin 2004, S. 313-339

[Bearbeiten] Fußnoten

  1. vgl. für die katholische Kirche in Deutschland die "Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" [1]
  2. Eine Zusammenfassung des Meinungsstandes findet sich bei [2] Dr. Jürgen Kühling, Richter am Bundesverfassungsgericht a.D, Arbeitskampf in der Diakonie Gliederungspunkt B.I. Der Autor bejaht im Übrigen das Streirecht bei der Kirche.

[Bearbeiten] Weblinks


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