Buraku
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Buraku (jap. 部落, Sondergemeinde) bezeichnet in Japan ein von der Mehrheitsbevölkerung abgegrenztes Wohngebiet, in dem Angehörige einer als Burakumin (部落民, Bewohner der Sondergemeinde) bezeichneten Minderheit leben.
Die Minderheit der Burakumin, deren Nachfahren auch heute noch in bestimmten gesellschaftlichen Bereichen diskriminiert werden, gehört ethnisch zur japanischen Mehrheitsbevölkerung – im Unterschied zu den Ainu oder den Koreanern, den anderen beiden großen Minderheitengruppen in Japan – und ist weder im Aussehen noch durch Religion oder Sitten von den „normalen“ Japanern zu unterscheiden. Ihre gegenwärtige Zahl wird auf etwa zwei bis drei Millionen geschätzt, die Zahl der Buraku-Gebiete auf 5.000 bis 6.000.
Im Deutschen wird für Burakumin oft einfach nur Buraku verwendet.
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[Bearbeiten] Entwicklung
Sowohl religiöse Auffassungen als auch gesellschaftliche Ausformungen führten zur Diskriminierung der Burakumin. Einen Hinweis auf die gesellschaftlich sehr unterprivilegierte Stellung geben historische Bezeichnungen für diese Gruppe: Eta (穢多, „viel Schmutz“) oder Hinin (非人, „Nicht-Menschen“).
Die Burakumin entstammen einer Bevölkerungsgruppe, die unterhalb des von den Herrschern während der Edo-Zeit (1603–1867) festgelegten Vier-Stände-Systems (Krieger, Bauern, Handwerker, Kaufleute) stand. Grund für ihre Ausgrenzung waren ihre teils aus shintōistischen, teils aus buddhistischen Motiven als unrein betrachteten Berufe. Dazu gehörten zum Beispiel alle Tätigkeiten, die mit Toten (z. B. Leichenwäscher und Totengräber) oder dem Töten von Tieren bzw. der Verarbeitung von Fleisch oder Fellen (z. B. Trommelhersteller, Gerber und Schlachter, aber auch Strohsandalenhersteller) zu tun hatten.
Da die Berufe zudem erblich waren und Melderegister bestanden, in denen die Bevölkerung bei Geburt eingetragen wurde, konnte man die Burakumin jederzeit identifizieren. Das verfestigte die Diskriminierung, die sich auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens erstreckte: Die Menschen mussten in bestimmten Ortschaften (Buraku) leben, ihre Kinder durften keine normale Schule besuchen, es gab besondere Tempel zur Ausübung ihrer Religion, sie durften die Häuser von „Normalbürgern“ nicht betreten, kein Essen annehmen und nicht im Gemeindewald Holz sammeln, außerdem wurde ihnen nur das ärmlichste Land zum Anbau zur Verfügung gestellt.
Obwohl ein so genannter „Befreiungserlass“ die Burakumin 1871 offiziell mit den Normalbürgern (平民 heimin) gleichstellte, gingen die Diskriminierungen weiter. Zum Beispiel bürgerte sich für sie die Bezeichnung shinheimin (新平民, Neubürger) ein, die in ähnlicher Weise wie burakumin abwertet (Euphemismus-Tretmühle).
Im Jahr 1922 gründeten etwa 2.000 Burakumin-Abgeordnete im Okazaki-Park von Kyōto die auch heute noch aktive Zenkoku-Suiheisha-Bewegung, eine nationale Bewegung zur Emanzipation der Burakumin.
[Bearbeiten] Gegenwärtige Situation
Die Nachfahren der Burakumin haben auch heute noch Schwierigkeiten im gesellschaftlichen Leben Japans, zum großen Teil wegen der noch bestehenden Register, die bis in die 1970er-Jahre öffentlich einsehbar waren und über Generationen die Familiennamen und die Herkunft enthalten (Koseki).
Personalabteilungen größerer Unternehmen führen illegale Listen, die auf den offiziellen Melderegistern beruhen und die ehemals den Burakumin vorbehaltenen Siedlungen und Wohngegenden aufzeigen. Bewerber können daher leicht aufgrund ihres Geburtsortes als Burakumin identifiziert werden. Auch bei ehelichen Verbindungen kommt es immer noch zu Diskriminierungen.
Da auch der Familienname Auskunft über die Herkunft geben kann, ist es den Nachfahren der Burakumin seit einigen Jahren erlaubt, ihren Namen zu ändern.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Hubertus Kanus: Unter dem Joch der Tradition; in: Merian 11/1980, S. 40-43, ISBN 978-3455280111
[Bearbeiten] Weblinks
- Buraku Liberation League (englisch)
- Buraku Liberation and Human Rights Research Institute (englisch)