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Erdmagnetfeld

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Das Erdmagnetfeld ist das Magnetfeld, das die Erde umgibt. Es wird von dem so genannten Geodynamo erzeugt.

Die Magnetosphäre schirmt die Erdoberfläche von den geladenen Partikeln des Sonnenwindes ab.
Die Magnetosphäre schirmt die Erdoberfläche von den geladenen Partikeln des Sonnenwindes ab.

Nahe der Erdoberfläche ähnelt das Feld dem eines magnetischen Dipols; siehe Abbildung unten. Die magnetischen Feldlinien treten im Wesentlichen auf der Südhalbkugel aus der Erde aus und durch die Nordhalbkugel wieder in die Erde ein. Im Erdmantel verändert sich die Form des Magnetfeldes (Quadrupolfeld, Multipolfeld). Oberhalb der Erdatmosphäre wird das Dipolfeld durch den Sonnenwind verformt.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte der Erforschung des Erdmagnetfeldes

Inklinationskarte für 1860
Inklinationskarte für 1860

Die Chinesen und Mongolen erkannten die Nordweisung magnetisierter Körper schon vor mehr als tausend Jahren.

Im Jahre 1600 veröffentlichte der englische Arzt und Naturphilosoph William Gilbert sein Werk De Magnete, in dem er erstmals erkannte, dass die Erde die Ursache für die Ausrichtung der Kompassnadel ist. Messungen durch Henry Gellibrand in London ergaben zudem, dass das Magnetfeld nicht statisch ist, sondern sich langsam ändert.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfuhr die Erforschung des Erdmagnetfeldes starke Impulse, so wurde z. B. in Göttingen der Magnetische Verein gegründet. Carl Friedrich Gauß gelang es, eine umfassende Theorie des Erdmagnetismus aufzustellen. Aufbauend auf dem Potentialfeld konnte er 1839 nachweisen, dass der Hauptteil des Erdmagnetfeldes tatsächlich aus dem Erdinneren stammt.

In diese Zeit fällt auch die systematische Beobachtungen kleinerer, kurzzeitiger Variationen des Erdmagnetfeldes im Bereich von einigen Minuten bis hin zu Tagen. Gauß konnte zeigen, dass die Quellen hierfür außerhalb der Erde zu suchen sind.

Seit den Vermessungen in den 1830er Jahren hat sich die Stärke des Erdmagnetfeldes um fast 10 Prozent verringert, in den letzten hundert Jahren allein um etwa 6 Prozent. Diese gewaltig schnelle Änderung ist noch nicht zu erklären, da selbst dann, wenn der Geodynamo sofort ausfallen würde, das Erdmagnetfeld sich viel langsamer in einem Zeitraum von 10.000 Jahren abbauen würde. Man vermutet daher, dass sich das Erdmagnetfeld momentan umpolt und daher zurzeit ein Gegenfeld aufgebaut wird, welches das Erdmagnetfeld weit schneller als bisher angenommen vorübergehend zum Erliegen bringen wird, bevor die Umpolung einsetzen kann.

Die magnetischen Pole sind nicht ortsfest. Der arktische Magnetpol in Kanada wandert derzeit etwa 90 Meter pro Tag Richtung Asien, entsprechend 30 Kilometer pro Jahr.

[Bearbeiten] Form und Stärke des Erdmagnetfeldes

Das Erdmagnetfeld ist gegenüber der Erdachse geneigt
Das Erdmagnetfeld ist gegenüber der Erdachse geneigt

Der Hauptanteil des Erdmagnetfeldes verändert sich nur sehr langsam (Säkularvariation) im Zeitraum von tausenden von Jahren. Heute (und in historischen Zeiträumen) ist seine horizontale Komponente auf weiten Teilen der Erdoberfläche grob in geographische Nord-Süd-Richtung gerichtet. Kleinere Abweichungen von dieser Ausrichtung bezeichnet man als Geographische Deklination. In mittleren und hohen Breiten kommt zu der nordweisenden Horizontalkomponente eine (deutlich stärkere) Vertikalkomponente hinzu, die auf der Nordhalbkugel nach unten, auf der Südhalbkugel nach oben weist. Den Inklinationswinkel der Feldlinien kann man mit einer horizontal aufgehängten Kompassnadel messen. Er beträgt in Deutschland etwa 60° gegen die Horizontale. Am Nordpol und Südpol ist er etwa 90°, am Äquator 0°.

In guten Kompassen ist die Kompassnadel so austariert, dass sie vor allem auf die Horizontalkomponente anspricht und daher in den meisten Gebieten etwa nach Norden zeigt. Der Kompass wird bis heute zur Navigation eingesetzt.

Die geomagnetischen Pole der Erde fallen nicht genau mit den geographischen Polen der Erde zusammen. Derzeit (2007) ist die Achse des geomagnetischen Dipolfeldes um etwa 11,5° gegenüber der Erdachse geneigt.

Die Beschreibung des Erdmagnetfeldes durch das Feld eines gekippten Stabmagneten im Zentrum der Erde ist relativ grob. Besser wird die Näherung, wenn man sich den gekippten Stabmagneten (Dipol) ein Stück aus dem Zentrum herausgeschoben denkt. Um das Magnetfeld noch besser zu beschreiben, reicht die Annahme von nur einem Dipol (Stabmagneten) nicht aus, man benutzt ein Multipolfeld, das International Geomagnetic Reference Field (IGRF). Alle Modelle sollen nur die Form des gemessenen Feldes an der Erdoberfläche beschreiben. Tatsächlich wird das erdmagnetische Hauptfeld nicht durch Stabmagneten im Erdinneren erzeugt, sondern durch Ströme (s. u.).

Das Magnetfeld der Erde lenkt die geladenen Teilchen des Sonnenwindes ab. Satellitenmessungen ergeben, dass es durch diesen Sonnenwind in großen Höhen stark verformt ist und nicht mehr einem Dipolfeld entspricht, es bildet sich auf der sonnenabgewandten Seite ein Plasmaschweif aus. Durch magnetische Stürme, die durch Sonneneruptionen und den Sonnenwind verursacht werden, wird die Stärke des Feldes kurzzeitig verändert, jedoch nur im Bereich von einigen 100 bis 1000 nT (Nanotesla). Zusätzlich führt die Sonneneinstrahlung auf der Tagseite zu einer stärkeren Ionisation in den oberen Atmosphärenschichten. Die hiermit verbundenen elektrischen Stromsysteme beinflussen das Erdmagnetfeld ebenfalls in der Größenordnung von einigen 10 nT (sq-Effekt).

Zeitliche Schwankungen im Erdmagnetfeld durch einen magnetischen Sturm am 31.3.2001, gemessen in Ile-Ife, Nigeria. Auf der Abszisse ist die Zeit in Minuten (Greenwichzeit) aufgetragen, auf den Ordinaten die Magnetfeldstäkre in Nanotesla [nT] (Minutenmittel)
Zeitliche Schwankungen im Erdmagnetfeld durch einen magnetischen Sturm am 31.3.2001, gemessen in Ile-Ife, Nigeria. Auf der Abszisse ist die Zeit in Minuten (Greenwichzeit) aufgetragen, auf den Ordinaten die Magnetfeldstäkre in Nanotesla [nT] (Minutenmittel)

An der Erdoberfläche variiert die Stärke des magnetischen Feldes (richtiger:magnetische Flussdichte) zwischen 60 µT (Mikrotesla) an den Polen und etwa 30 µT am Äquator. In Mitteleuropa sind es ca. 48 µT, wobei ca. 20 µT in der horizontalen und ca. 44 µT in der vertikalen Richtung auftreten. Im Erdinneren beträgt die magnetische Flussdichte etwa das 100-fache.

[Bearbeiten] Physikalischer Zusammenhang

Physikalisch werden immer magnetische Flussdichten, welche in Tesla gemessen werden, angegeben. Der Zusammenhang mit der magnetischen Feldstärke, welche in Ampere pro Meter gemessen wird, ergibt sich über die magnetische Leitfähigkeit. Die magnetische Feldstärke ist im leeren Raum (Vakuum) und einigen speziellen Materialien direkt proportional der magnetischen Flussdichte, der Zusammenhang kann aber in Materie wie im Erdinneren mit magnetisch nichtlinearen und nichtisotropen Verhalten auch komplexere Verknüpfungen aufweisen. Historisch und umgangssprachlich hat sich für die magnetische Flussdichte meist der etwas unpräzise Begriff des Magnetfeldes etabliert.

Aufgrund der unterschiedlich guten magnetischen Leitfähigkeiten von Materie für den magnetischen Fluss treten innerhalb der Erdkruste kleine lokale Abweichungen (Anomalien) des Feldes auf. Im Jahr 2005 ergaben Messungen, dass das Erdmagnetfeld im Wesentlichen nur vier ausgedehnten Regionen der Übergangszone zwischen Kern und Mantel entspringt. So konzentriert sich der magnetische Fluss auf Regionen in Nordamerika, Sibirien und die Küste der Antarktis. Diese Flecken entstehen und vergehen über Jahrtausende und sind Hinweise auf Veränderungen der Konvektionsströme im Erdinneren.

[Bearbeiten] Entstehung und Aufrechterhaltung des Erdmagnetfeldes (Geodynamo)

Über die Entstehung des Erdmagnetfeldes gibt es verschiedene Theorien. Es handelt sich um ein bisher unvollständig formuliertes Problem aus der Magnetohydrodynamik. Sicher ist, dass im äußerlichen Erdmagnetfeld eine Energie (der Größenordnung 1018 Joule) gespeichert ist und vermutlich die Energie im inneren Feld (innerhalb des Erdkörpers) um zwei Größenordnungen höher liegt. Das Erdmagnetfeld speichert auch einen Drehimpuls.

Nach der gängigen Theorie geht das Magnetfeld der Erde vom Erdkern aus. Für die Entstehung von planetaren Magnetfeldern müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Es muss eine große Menge einer elektrisch leitenden Flüssigkeit oder eines solchen Gases vorhanden sein. Diese Bedingung erfüllt auf der Erde der flüssige äußere Erdkern, der stark eisenhaltig ist und den inneren festen Kern aus nahezu reinem Eisen umschließt. (Anmerkung: Eisen oder Nickel sind dort, weil weit über den Curie-Temperaturen - nicht (ferro-)magnetisierbar. Damit sind diese Materialien dort selbst nicht magnetisch, sondern können nur durch ihre Bewegung − als bewegte Ladungsträger − ein Magnetfeld bewirken. Dafür müssen sie aber zusätzlich ionisiert sein, was bei den hohen Temperaturen aber wieder eher gegeben ist.)
  • Es muss eine Energiequelle vorhanden sein, damit sich das flüssige leitende Material im Erdkern durch Konvektion bewegt. Man vermutet einheitlich, dass der Erdkern sehr heiß ist (Einige Schätzungen liegen bei 5.000 Grad Celsius, also in etwa so heiß wie die Sonnenoberfläche). Neben thermischer Energie aus der heißen Vergangenheit der Erde und Wärme durch den radioaktiven Zerfall von Uran und Thorium ist weiterhin noch chemische Energie für die Wärme im Erdinneren verantwortlich. Wie in einer Lavalampe steigt heißes, flüssiges, weniger dichtes Eisen im Erdkern zum Mantel auf, wo es einen Teil seiner Wärme abgibt und somit wieder absinkt (diesen Vorgang bezeichnet man als Konvektion). Dabei bilden sich so genannte Konvektionswalzen, wie man sie im kleinen Maßstab in jeder Kaffeetasse nach dem Sahneeingießen beobachten kann. Erstarrt das Eisen wieder am festen Erdkern, so wird Bindungsenergie frei, was zur erneuten Aufheizung des Materials führt.
  • Der Planet muss rotieren. Wie die Luftmassen der Erdatmosphäre werden auch die Konvektionsströme im Erdinneren durch die Corioliskraft, also durch ihre eigene Trägheit abgelenkt und auf eine Schraubenbahn gezwungen. Durch diese Verwirbelungen der Konvektionsströme und damit auch der Feldlinien erhöht sich die magnetische Feldstärke.

Als Ursache des Erdmagnetfeldes gelten Konvektionsströme im äußeren flüssigen Erdkern, die durch den Temperaturunterschied zwischen dem festen inneren Erdkern und dem Erdmantel aufrechterhalten werden. Dabei handelt es sich um flüssiges Eisen mit insgesamt dem sechsfachen Mondvolumen. Ähnlich dem in Dynamos und Stromgeneratoren angewandten Prinzip der Selbstinduktion wird durch die Bewegung der elektrisch leitfähigen Schmelze ein elektrischer Strom induziert, von dem das Magnetfeld der Erde ausgeht. Man spricht daher auch vom Geodynamo. Das Erdmagnetfeld wird also aus der kinetischen Energie des Erdkerns erzeugt. Die Konvektion der Schmelze kann auch als Rotationsbewegung angesehen werden, die das Bestreben hat, die ursprüngliche Richtung der Rotationsachse, ähnlich einem Foucaultschen Pendel, beizubehalten. Dieses ist eine alternative Beschreibung für die Ablenkung durch die Corioliskraft (siehe weiter oben). Daher liegen die magnetischen Pole etwa in der Nähe der geographischen Pole.

Einer anderen unbestätigten Theorie zufolge tragen auch die besonders vom Mond, aber auch von der Sonne und anderen Himmelskörpers ausgehenden Gezeitenkräfte zur Entstehung des Erdmagnetfeldes bei. Durch sie wird die Erde in ihrer Rotation allmählich abgebremst (siehe Gezeiten: Rückwirkungen auf Erde und Mond). Die Gezeitenkräfte wirken dabei auf den Erdmantel stärker als auf den Erdkern, denn der größere Radius des Erdmantels führt zu einem größeren Unterschied der Anziehung durch den Mond, da die dem Mond zu- und abgewandten Bereiche des Erdmantels weiter voneinander entfernt sind als die entsprechenden Bereiche des Erdkerns. In der Konsequenz bedeutet die stärkere Abbremsung des Erdmantels, dass der innere Erdkern ein wenig schneller rotiert als der Erdmantel, was nicht zuletzt durch die Wirkung des äußeren flüssigen Erdkerns als reibungsarmes Medium ermöglicht wird. Durch die schnellere Rotation des festen Erdkerns gegenüber dem Erdmantel wird ein elektrischer Strom induziert, der das Erdmagnetfeld hervorruft.

Mittlerweile kann man diese als Superrotation bezeichnete schnellere Drehung des Erdkerns tatsächlich nachweisen. Erdbebenwellen zeitlich verschiedener Erdbeben vom selben Entstehungsort, die durch den Erdkern laufen, werden mit wachsendem Zeitabstand immer unterschiedlicher im Erdkern abgelenkt. Der unterschiedliche Ankunftspunkt auf der gegenüberliegenden Erdseite kann dabei gemessen werden. Die Ablenkungsunterschiede rühren sehr wahrscheinlich von Inhomogenitäten des inneren festen Kerns her, die durch eine leicht schnellere Drehung des Kerns ihren Ort ändern. Aus diesen Analysen ergibt sich, dass der innere Erdkern 0,3° bis 0,5° pro Jahr schneller als der Erdmantel und die Erdkruste rotiert. Damit macht er etwa alle 900 Jahre eine zusätzliche Drehung. Man geht jedoch aktuell davon aus, dass diese Superrotation durch den Geodynamo selbst und nicht durch die Gezeiten angetrieben wird, das heißt, dass die Superrotation eine Folge, aber nicht die Ursache des Geodynamos ist.

Die Driftgeschwindigkeit stimmt mit derjenigen überein, die auch bei der Verschiebung der Südatlantischen Anomalie beobachtet wird.

[Bearbeiten] Paläomagnetismus und die Umpolung des Erdmagnetfeldes

Wanderung des arktischen Magnetpols
Wanderung des arktischen Magnetpols

Eisenhaltiges Gestein, das oberhalb des Curiepunktes erhitzt wird und sich dann abkühlt, wird in Richtung des äußeren Magnetfeldes, normalerweise des Erdmagnetfeldes, magnetisiert. Dieses trifft für Vulkangestein zu, tritt aber auch bei Ziegeln oder Tongefäßen auf. Dadurch wird die damalige Magnetfeldrichtung gleichsam eingefroren und kann bis heute bestimmt werden. Das entsprechende wissenschaftliche Fach heißt Paläomagnetismus.

Aufgrund der Rekonstruktion des Paläomagnetfeldes anhand erstarrter Magma der ozeanischen Kruste, die sich im Rahmen der Plattentektonik am mittelozeanischen Rücken ständig nachbildet, weiß man, dass sich das Erdmagnetfeld im Mittel etwa alle 250.000 Jahre umkehrt. Zuletzt hat sich dieses allerdings vor etwa 780.000 Jahren ereignet, die nächste Umpolung ist also gleichsam "überfällig". Der Polsprung, also die magnetische Feldumkehr, dauert etwa 4.000 bis 10.000 Jahre (Computersimulationen gehen von etwa 9.000 Jahren aus). Offenbar verursachen Störungen im Geodynamo die Aufhebung der ursprünglichen Polarität. Umpolungen sind bis vor etwa 100 Millionen Jahren gut dokumentiert. Da das Magnetfeld derzeit abnimmt, könnte in nicht allzu ferner Zukunft eine Umpolung bevorstehen (Schätzung: Jahr 3000 – 4000), diese Vermutung ist wissenschaftlich jedoch noch nicht gesichert. Allgemein ist zu beobachten, dass die Häufigkeit der Polsprünge in den letzten 120 Millionen Jahren zugenommen hat.

Während der Phase der Umpolung wäre die Erde dem Sonnenwind etwas stärker ausgesetzt. Das korrespondiert mit der Beobachtung, dass in den entsprechenden Sedimentschichten gehäuft ein Artenwechsel von Kleinorganismen festgestellt werden konnte. Möglicherweise war daher die Oszillation des Erdmagnetfeldes und die damit einhergehenden DNS-Mutationen durch hochenergetische Strahlung ein Schrittmacher und zugleich bedeutender Antrieb der Evolution. Allerdings entstehen wohl durch die Wechselwirkung der Ionen des Sonnenwindes in der Ionosphäre magnetische „Schläuche“ (Filamente), die von der sonnenzugewandten Seite zur Schattenseite der Erde führen[1]. Diese Selbstmagnetisierung führt zu einer magnetischen Abschirmung von ähnlicher Wirkung wie das heutige Magnetfeld.

Es gibt einige Anzeichen für eine bevorstehende Polumkehr. So gibt es Stellen in der Kern-Mantel-Zone, wo die Richtung des Magnetflusses umgekehrt ist als für die jeweilige Hemisphäre üblich (siehe weiter oben). Die größte dieser Regionen erstreckt sich südlich unter der Südspitze Afrikas nach Westen bis unter die Südspitze Südamerikas (Südatlantikanomalie, siehe am Ende des Artikels). Weitere Flussrichtungswechsel zeichnen sich unter der Ostküste Nordamerikas und unter der Arktis ab. Diese Bereiche vergrößern sich messbar und bewegen sich immer weiter polwärts. Mit diesem Phänomen lässt sich die Schwächung und anschließende Umkehrung des Dipolfeldes erklären. Die Flussumkehr entsteht, wenn sich auf der Kern-Mantel-Grenze durch Turbulenzen die Konvektionsströme und damit auch die magnetischen Feldlinien, die im Kern normalerweise horizontal verlaufen, zu vertikalen Schlaufen verbiegen. Tritt eine solche Schlaufe in einem Punkt aus dem Kern aus und in einem anderen wieder in ihn ein, so erhält man zwei räumlich nah beieinander liegende Orte mit unterschiedlicher Richtung des magnetischen Flusses. Diese Anomalien können das Gesamtfeld schwächen, wenn die Region mit dem umgekehrten Fluss näher am geographischen Pol liegt als die Region mit normalem Fluss, weil das Dipolfeld besonders empfindlich auf Veränderungen im Polbereich reagiert. Bis zur vollständigen Polumkehr werden also diese Anomalien immer weiter wachsen.

[Bearbeiten] Magnetfeld und Klima

Obwohl auf den ersten Blick bei einer spontanen Umpolung sich nichts Wesentliches am Erdmagnetfeld ändert – der Südpol ist dann dort, wo jetzt der Nordpol ist, und umgekehrt – ist doch bei einem tausende Jahre dauernden Umpolungs- bzw. Wanderungsprozess mit einer globalen Klimaänderung zu rechnen.

Da bei einer Änderung der Lage und Struktur des abschirmenden Magnetfelds auch vermutlich eine Verminderung der Stärke desselben eintritt (s. o.), wird dann durch die erhöhte Einfallsmenge energiereicher Strahlung die neutrale Atmosphäre ionisiert. Dieser solare Partikelstrom könnte bei nicht vorhandenem bzw. verringertem Erdmagnetfeld vergleichsweise ungehindert in erdnähere Schichten (einige 10 km Höhe) eindringen und möglicherweise auch direkt thermische Veränderungen bewirken.

Chemische Reaktionen und Transportprozesse in der Atmosphäre führen je nach Magnetfeldkonfiguration zu einem verstärkten oder verringerten Ozonabbau, was ebenfalls Auswirkung auf die UV-Strahlung haben kann. Auch wird die Wolkenbildung durch kosmische Teilchen beeinflusst, was wiederum eine Aufheizung oder Abkühlung der Erde bewirkt. Quantitative Untersuchungen sind derzeit (2006) dazu nicht bekannt.

[Bearbeiten] Beobachtung des Feldes

Derzeit wird das Magnetfeld in über 200 Laboratorien weltweit ständig gemessen und überwacht. Die Gesamtheit des Erdmagnetfeldes wird von Satelliten gemessen. Den Anfang markierte der NASA-Satellit Magsat im Jahre 1980, die momentan genauesten Daten liefert seit 2000 CHAMP, ein vom GeoForschungsZentrum Potsdam entwickelter Minisatellit. Seine Messungen des Erdmagnetfeldes erreichen in Stärke und Richtung eine überaus große Genauigkeit von 0,0002 Prozent, darüber hinaus kann man mit ihm Echtzeitbeobachtungen machen. Für 2010 ist der Start des Satelliten Swarm geplant.

Seit 1995 werden auch numerische Computersimulationen eingesetzt, um herauszufinden, wie sich das Erdmagnetfeld in Zukunft verändern könnte, beziehungsweise was die Ursachen für historische Veränderungen waren. Die Rechenzeiten sind meistens sehr lange, so benötigte die Aufstellung eines 3D-Modells der Veränderung des Erdmagnetfeldes über einen Zeitraum von 300.000 Jahren eine Rechenzeit von über einem Jahr (bei einer Arbeitszeit von 12 Stunden pro Tag). Die so entstandenen Vorhersagemodelle entsprechen recht genau der tatsächlichen momentanen oder historischen Entwicklung des Magnetfeldes und stützen so die oben dargelegten Theorien, jedoch ist nicht gesichert, inwieweit sie die Verhältnisse im Erdinneren realistisch wiedergeben. So können die Simulationen noch keine dreidimensionalen Turbulenzen im Erdinneren wiedergeben, außerdem ist ihre räumliche Auflösung noch sehr gering. Man hofft, die Computer bis 2015 entsprechend verbessern zu können.

Bis dahin werden diese Untersuchungen meistens durch aufwändige Laborversuche ergänzt. Schon seit den 1960er Jahren ist bekannt, wie man kleine Geodynamos im Labor erzeugen könnte. Schwierigkeiten bei der Umsetzung macht jedoch vor allem die extreme Verkleinerung der Wirklichkeit im Labor. Es mussten also eine entsprechende Reynolds-Zahl (sie gibt die maßstabsgerecht zulässigen Veränderungen an) und entsprechende Versuchsbedingungen gefunden werden. So gelang es erst im Jahre 2000 ein solches Magnetfeld mit flüssigem Natrium als Strömungsmedium im Labor zu erzeugen.

Neben den globalen Messungen werden magnetische Messungen in großer Zahl für die Angewandte Geophysik und Erkundung von Rohstofflagerstätten vorgenommen. Nicht zuletzt sind Richtungsmessungen mit Magnetsonden und Kompassen für Zwecke der Navigation und Geodäsie zu erwähnen.

[Bearbeiten] Die Südatlantikanomalie

Siehe Südatlantische Anomalie.

[Bearbeiten] Orientierung am Erdmagnetfeld

Einige Tiere, so zum Beispiel Blindmäuse, Haustauben, Zugvögel, Meeresschildkröten, Haie und wahrscheinlich auch Wale nutzen das Erdmagnetfeld zur Orientierung. Dieses geschieht durch eingelagerte ferromagnetische Substanzen in ihren Organen.

Einige in Gewässern vorkommende, mikroaerophile Bakterienarten werden durch das Erdmagnetfeld parallel zu den Feldlinien ausgerichtet. Im Inneren dieser magnetotaktischen Einzeller befinden sich Reihen von Magnetosomen, die die ferromagnetischen Minerale Magnetit oder Greigit enthalten. Die Magnetosomen wirken wie Kompassnadeln und drehen so die Bakterien parallel zu den Feldlinien des Erdmagnetfelds. Die Bakterien schwimmen in nördlichen Breiten zum magnetischen Südpol, in südlichen Breiten zum magnetischen Nordpol. Dadurch und wegen der Inklination des Magnetfelds schwimmen die Bakterien stets schräg nach unten, wo sie dicht über dem Sediment ein von ihnen bevorzugtes Milieu mit niedrigen O2-Konzentrationen vorfinden. (Siehe auch Magnetotaxis)

[Bearbeiten] Literatur

  • Volker Haak, Stefan Maus, Monika Korte, Hermann Lühr: Das Erdmagnetfeld - Beobachtung und Überwachung. Physik in unserer Zeit 34(5), S. 218 - 224 (2003), ISSN 0031-9252
  • Rolf Emmermann und Volker Haak: Die Erde. Physik Journal 1 (2002) Nr. 10, Seiten 29-31
  • U. R. Christensen, A. Tilgner: Der Geodynamo. Physik Journal 1 (2002) Nr. 10, Seiten 41-47
  • U. R. Christensen, A. Tilgner: Power Requirement of the geodynamo …. Nature 429 (13 May 2004)
  • Gary A. Glatzmaier, Peter Olson: Geheimnisvoller Geodynamo. In: Spektrum der Wissenschaft 09/05, S. 54ff
  • Kertz, W., 1999: Geschichte der Geophysik. Zur Geschichte der Wissenschaften, Band 3, TU Braunschweig

[Bearbeiten] Weblinks

commons:Hauptseite
Commons
Commons: Erdmagnetfeld – Bilder, Videos und/oder Audiodateien

[Bearbeiten] Video

Aus der Fernsehsendung Alpha Centauri:

[Bearbeiten] Quellen

  1. RealVideo: Was passiert, wenn das Erdmagnetfeld verschwindet?
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