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Francis Fukuyama

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Francis Fukuyama (* 27. Oktober 1952) ist ein US-amerikanischer Politologe.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Fukuyama wurde am 27.Oktober 1952 in Chicago geboren. Er studierte in New York Altertumswissenschaft und an der Harvard-Universität Politikwissenschaft. Er arbeitete für die US-amerikanische Denkfabrik RAND Corporation. Er ist Professor für internationale politische Ökonomie an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore. Fukuyama hat zu den wichtigsten Themen der neueren Weltpolitik Stellung genommen und sich als liberaler Denker etabliert.

[Bearbeiten] Werk

[Bearbeiten] Das Ende der Geschichte (The End of History and the Last Man)

In seinem berühmt gewordenen Buch "Das Ende der Geschichte" (1992) beschreibt Fukuyama den Verlauf der geschichtlichen Evolution als gesetzmäßige und teleologische Verkettung von Ereignissen. Die Geschichte ist keine zufällige Anhäufung von Umständen. Unter Bezugnahme auf eine moderne Variante der hegelschen Dialektik versucht Fukuyama zu erklären, dass das Ende des zweiten Weltkrieges und der Fall der Berliner Mauer (1989) zu einer Schlussphase der politischen Systementwicklung geführt haben. Totalitäre Systeme, wie z. B. der Kommunismus und der Faschismus, stellen keine politischen Alternativen mehr dar. Vielmehr ist der Weg frei für eine liberale Demokratie. Totalitäre Systeme sind zum Scheitern verurteilt, weil sie dem Grundgedanken des Liberalismus widersprechen. Dieser besteht aus folgenden Prinzipien:

Der Faschismus sei am strukturellen Militarismus und der nationalsozialistischen Rassenlehre gescheitert. Beide Umstände bzw. Ideologien haben zwangsläufig Konflikte mit anderen Nationen und ethnischen Minderheiten herbeigeführt. Der Kommunismus hingegen sei in erster Linie wegen der Ökonomie (Planwirtschaft) und des Legitimationsschwundes gegenüber der Bevölkerung zusammengebrochen. Im dialektischen politischen Prozess legt Fukuyama also die liberale Demokratie als Endstadium aus:

  • extremer Liberalismus (These)
  • Totalitarismus (Antithese)
  • liberale Demokratie (Synthese)

[Bearbeiten] Der Aufbruch (The Great Disruption)

[Bearbeiten] Die Informationsgesellschaft

In seinem sozialpolitischen Essay aus dem Jahre 1999 unternimmt Fukuyama den Versuch, die sozialen und ökonomischen Veränderungen der modernen und industrialisierten Gesellschaften zu erklären, welche sich auf Grund der Informationstechnologie ergeben. Die Entwicklung von einer Industrie- zu einer Informationsgesellschaft hat zusammenfassend folgende soziale Probleme herbeigeführt:

  • Zunahme von Kriminalität;
  • Geringe Geburtsraten mit der mittelbaren Folge der Zuwanderung;
    • als Folge der Frauenemanzipation;
    • als Folge der Entkirchlichung der Gesellschaft (extremer Individualismus);
  • Verringerung interpersonaler Verhältnisse;
    • als Folge der Entstehung und Zunahme von virtuellen Netzwerkgesellschaften;
    • als Folge der virtuellen Kommunikation (Internet);

Gleichzeitig analysiert Fukuyama auch die Vorteile der Informationalisierung der Gesellschaft: Dazu zählt der Umstand, dass Wissen und intellektuelle Fähigkeiten des Menschen eine zunehmend wichtigere Rolle in der modernen Gesellschaft spielen. So entsteht allmählich eine Wissensgesellschaft, welche insbesondere auf Hochtechnologisierung und qualifizierte Dienstleistungen basiert. Der Staat ist gezwungen, zunehmend in die Bildung zu investieren, um Innovationen zu fördern. Geistige Arbeit ersetzt immer mehr körperliche Arbeit. Außerdem wird die Globalisierung der Produktion ebenfalls zu den Folgen des Wandels zu einer Informationsgesellschaft sein. Gleichzeitig werden Entwicklungsländer wegen der dort vorhandenen billigeren Arbeitskräfte zunehmend industrialisiert. Im Übrigen lösen Informationstechnologien kulturelle Grenzen auf. Dadurch wird Toleranz gefördert und gleichzeitig Verständnis für andere Kulturen und Lebensweisen entwickelt.

[Bearbeiten] Wiederherstellung der sozialen Ordnung

Fukuyama vertritt die These, dass die durch diesen Wandel entstehenden sozialen Probleme von den Gesellschaften durch die gesetzmäßige Bildung neuer formeller und informeller Normen gelöst werden. Jede Gesellschaft sei in der Lage, eine neue Ordnung zu erfinden. Dabei geht Fukuyama von der Prämisse aus, dass nur Gesellschaften in der Lage seien eine neue Ordnung zu erfinden, die genügend Sozialkapital aufweisen. Unter Sozialkapital (nicht gleichzusetzen mit soziales Kapital) ist die Zusammenfassung informeller sowie formeller Normen zu verstehen, die alle Mitglieder einer Gesellschaft teilen, um eine effektive Kooperation untereinander zu ermöglichen. Es handelt sich also um einen Indikator, der negativ zu bemessen ist. Hohes Sozialkapital stehe häufig im Zusammenhang mit niedrigen Kriminalitätsraten und der generellen Bereitschaft, sich für die Gesellschaft zu opfern (damit ist z. B. ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen gemeint).

[Bearbeiten] Das Ende des Menschen (Our Posthuman Future: Consequences...)

In seinem wissenschaftskritischen Werk Das Ende des Menschen (2002) liefert Fukuyama Argumente für eine staatliche Kontrolle der Biotechnologie und Humanmedizin. Zunächst setzt sich Fukuyama mit den sozialen und politischen Nachteilen des sog. Posthumanismus auseinander. Die wissenschaftlichen und technologischen Fortschritte im Rahmen der Humanmedizin und der Biotechnologie, haben nämlich zusammenfassend folgende Entwicklungen herbeigeführt:

[Bearbeiten] Soziale und politische Nachteile

Dabei warnt Fukuyama vor einem naiven Optimismus. Insbesondere seien seiner Ansicht nach die sozialen Folgen dieser wissenschaftlichen Errungenschaften nicht absehbar. Der generelle Heilungseffekt dieser Techniken kann zu einer spürbaren Verlängerung des menschlichen Lebens führen. Doch Fukuyama betont, dass der positive Schein dieser Entwicklung trügt. Dieser Umstand führt zu einer Überalterung der Gesellschaft. Die Gesellschaft sei außerdem nach Altersklassen strukturiert, so dass eine Überalterung dazu führen kann, dass die jüngeren Menschen nicht die Möglichkeit haben werden, die soziale Stufenleiter hinaufzuklettern. Es folgen Diskriminierungsaktionen gegen ältere Menschen. Die Präimplantationsdiagnose und das Embryo-Screening könnten zu einer regelrechten sexuellen und genetischen Selektion führen (sog. Designer-Babys). Wenn Eltern in der Lage versetzt werden, bestimmte Eigenschaften ihrer künftigen Kinder auszuwählen, dann würden sie dies ausnutzen, um intelligentere, größere und schönere Kinder zu haben. Auf Grund der damit verbundenen hohen Kosten, könnten nur reiche Eltern diese Selektion vornehmen, so dass eine Elite entstehen würde, die sogar behaupten könnte, sie sei genetisch höherwertig. Dies könnte zur Bildung einer neuen Art von Aristokratie führen. Die Folgen einer sexuellen Selektion könnten ebenfalls verheerend sein, weil eine geschlechtsspezifische Verschiebung der Gesellschaft stattfinden könne (Beispiel: Volksrepublik China). Nach Fukuyama könnten auch gesellschaftlich akzeptierte Formen des Zusammenlebens (Beispiel: homosexuelle Partnerschaften) durch die zukünftige Entwicklungen in der Biomedizin in Frage gestellt werden. Ginge man von der Prämisse aus, dass Homosexualität genetisch bedingt sei, dann könnten embryonale Screening-Methoden dazu führen, dass sich Eltern zwischen einem heterosexuellen Gene enthaltenden und einem homosexuelle Gene enthaltenden Embryo entscheiden könnten. Fällt die Entscheidung - wie zu erwarten - für heterosexuelle Kinder, dann könnte dies zu einer zunehmenden Diskriminierung von Homosexuellen führen. Im Übrigen setzt sich Fukuyama sehr kritisch mit der Möglichkeit, Keimbahnen zu manipulieren, auseinander. Die Gesundheit von Menschen zu gewährleisten sei in Ordnung. Ebenfalls nicht zu beanstanden sei der Versuch, genetische Krankheiten zu heilen (sog. Heilbehandlung). Doch als unzulässig müsse die Unternehmung angesehen werden, die eine Vervollkommung der Natur anstrebe. Es mag zwar sein, dass die Evolution mit Blindheit geschlagen sei, doch fest stehe, dass sie immerhin einer strikten Anpassungslogik folge, welche Organismen hervorbringt, die für ihre Umgebung tauglich sind.

[Bearbeiten] Begründung der Kritik am Posthumanismus

Fukuyama stützt seine kritische Haltung gegenüber dem Posthumanismus auf die Menschenrechte, die er traditionell aus der Menschenwürde herleitet. Wenn es künftig möglich sein sollte, durch genetische Manipulationen der Keimbahnen die Grundstruktur eines Menschen zu verändern, um eine Vervollkommnung zu erreichen, dann sei das Prinzip, wonach alle Menschen dem Grunde nach gleichwertig sind, in Frage gestellt. Dabei begründet er die Menschenwürde weder durch die Berufung auf Gott, noch positivistisch. Vielmehr leitet er die Menschenwürde aus der Natur des Menschen und liefert somit eine moderne Variante des kantianischen Würdebegriffes. Nach seiner Auffassung ist die menschliche Natur die Gesamtheit von Verhaltensformen und Eigenschaften, die für die menschliche Gattung typisch sind, wobei sich diese eher aus genetischen Umständen als aus Umweltfaktoren ergeben.

[Bearbeiten] Staatliche Kontrolle als Lösung

Fukuyama schlägt vor, die technische und wissenschaftliche Entwicklung in der Bio- und Humanmedizin angemessen zu kontrollieren. Die Staaten müssen

  • den Gebrauch der oben genannten Techniken regulieren;
  • Institutionen bilden und einsetzen, die zwischen Heilbehandlung und Vervollkommnung unterscheiden;
  • diesen Institutionen gewisse Eingriffsrechte geben;
  • international tätig werden, um eine weltweite Regulierung und Kontrolle zu ermöglichen.

[Bearbeiten] Position zum Neokonservatismus in Scheitert Amerika

In seinem 2006 erschienen Buch "Scheitert Amerika?"" dekonstruiert Fukuyama die "Clan-Ideologie" der Neocons und sagt sich von ihnen los. Er kritisiert die Politik Bushs und vor allem das Mittel des Krieges gegen den Irak als leninistisch. Leninismus bedeutet hier für Fukuyama das aktive Eingreifen in unvermeidliche Prozesse, um sie zu beschleunigen. "Der klügste Weg, die amerikanische Macht zum gegenwärtigen Zeitpunkt geltend zu machen, ist kein militärischer", schreibt er kritisch in Richtung der Neocons: "Gefragt wäre die Fähigkeit der USA, internationale Institutionen zu gestalten wie schon in den Jahren unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg." Dabei kritisiert Fukuyama einerseits das Konzept des "Exzeptionalismus", die die "Vereinigten Staaten über die anderen hinaus hebt" (Karl Grobe), und die dieser Haltung entsprechenden Ideologie des "Manifest Destiny". Dahinter stehe der Glaube an einer amerikanischen Berufung, allen anderen mit Machtmitteln den richtigen Weg zu zeigen. Gleichzeitig spricht er dieser Haltung die Legitimität ab, weist ihr aber eine Effektivität zu, die er gleichzeitig bejaht. Karl Grobe stellt in seiner Rezension in Frankfurter Rundschau "Abkehr eines Vordenkers" dazu fest, das Fukuyama sich "im Namen der USA auf die Seite der Effektivität" stelle, nach der "eine schnelle Eingreiftruppe … immer besser als eine vom Völkerrecht durchtränkte und gehemmte UN-Debatte" sei.

[Bearbeiten] Veröffentlichungen

  • Das Ende der Geschichte (The End of History and the Last Man), 1992
  • Trust: The Social Virtues and the Creation of Prosperity, 1995
  • Der Aufbruch (The Great Disruption: Human Nature and the Reconstitution of Social Order), 1999
  • Das Ende des Menschen (Our Posthuman Future: Consequences of the Biotechnology Revolution), 2002
  • State-Building: Governance and World Order in the 21st Century, 2004
  • America at the Crossroads: Democracy, Power, and the Neoconservative Legacy. Yale University Press, März 2006. - ISBN 0-30011-399-4 (vgl. [1])
  • Scheitert Amerika? Supermacht am Scheideweg. Berlin: Propyläen Verlag, März 2006. - ISBN 3-54907-289-9 (Rezensionen: [2], [3])

Interview

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks


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