Galeere
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Eine Galeere ist ein mit Riemen versehenes und besegeltes Kriegsschiff. Ein wichtiges Kennzeichen ist in der Regel der Rammsporn am Bug.
Als Galeeren im eigentlichen Sinne werden in der Regel nur die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Ruderkriegsschiffe des Mittelmeerraums bezeichnet, doch wird der Begriff untechnisch oft auch auf ihre antiken Vorgänger übertragen. Mehr dazu siehe Ruderschiff.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Historische Entwicklung
[Bearbeiten] Anfänge
Schon seit der Antike wurden Kriegsschiffe im Mittelmeerraum vornehmlich gerudert, was eine Reihe von Vorteilen bot. Ein gerudertes Schiff war vom Wind unabhängig und konnte so im Gefecht beliebige Manöver durchführen, und Wendigkeit ist in einem so stark gegliedertem Seegebiet wie dem Mittelmeer immer ein Vorteil. Außerdem konnte ein gerudertes Schiff für kurze Zeit auf erheblich höhere Geschwindigkeiten gebracht werden als ein gesegeltes, und nicht zuletzt bot ein Schiff ohne Segel dem Gegner erheblich weniger Angriffsfläche für Brandwaffen, denn seit jeher war Feuer an Bord die größte Gefahr für ein Schiff.
Das antike Schiffbauerbe lebte in der Dromone, dem Kriegsschiff des Byzantinischen Reiches, fort. Dromonen hatten einen Unterwasserrammsporn, zwei Ruderreihen und ein Rahsegel. Die Dromone stand somit am Ende einer langen Entwicklung und war ein ausgereifter Schiffstyp, der aber technisch ausgeschöpft war und kaum noch Potential zur Weiterentwicklung bot.
Im 7. und 8. Jahrhundert eroberten die Araber große Teile der Mittelmeerküste und begannen, den Mittelmeerschiffbau zu beeinflussen. Wesentliche Elemente des Arabischen Schiffbaus, wie das trapezförmige Luggersegel und der stark ausfallende Steven, sind noch heute in der Dau zu sehen. Daus hatten den Nachteil, dass sie reine Segelschiffe waren, was in den stetigen Monsunwinden des Indischen Ozeans ein hervorragender Antrieb, aber für ein Kriegsschiff des Mittelmeerraumes zu langsam und zu träge war.
[Bearbeiten] Mittelalter
Mit den Kreuzzügen wuchs der Seeverkehr im Mittelmeerraum rapide. Davon profitiertem vor allem italienische Städte wie Genua und Venedig, die es durch Transport und Handel zu Wohlstand brachten. Die Staaten hatten sowohl das Bedürfnis ihre Seewege zu sichern als auch die finanziellen Mittel Flotten zu bauen und zu unterhalten. Im 11. und 12. Jahrhundert wurden so verschiedene Ruderschiffe gebaut, die teilweise Kopien von Dromonen waren, aber auch schon einige arabische Elemente besaßen. Ende des 12. Jahrhundert schälte sich dann die Galeere als neues Kriegschiff heraus. Sie war ein wendiges schnelles Schiff mit einer Ruderreihe und einem ausfallenden Vorsteven, der in einem Überwasserrammsporn endete. Sie war der Dromone an Geschwindigkeit überlegen und außerdem sehr viel wendiger als eine Dau.
Ab dem 13. Jahrhundert gab es im Mittelmeerraum im Prinzip nur noch einen Kriegschifftyp, die Galeere, die im 14 Jahrhundert ihre Vervollkommnung erlebte. Zum Ende des Mittelalters machte der Schiffbau in ganz Europa rasante Fortschritte, und die Einführung des Heckruders und mehrmastiger Takelagen machte auch vor den Galeeren nicht halt, die nun nicht mehr auf die unhandlichen Seitenruder angewiesen waren und einen zweiten, kleineren Mast am Heck des Schiffes dazubekamen. Im 15. Jahrhundert bekamen die Galeeren noch einen dritten Mast am Bug des Schiffes. Alle drei Masten trugen ein Lateinersegel.
Mit Einführung der Feuerwaffen auf See im 15. Jahrhundert bekammen auch die Galeeren Kanonen an Bord. Da die Galeere, deren Hauptwaffe der Rammstoß ist, direkt auf ihren Feind zufährt, wurden die Kanonen auf der Back in Fahrtrichtung zeigend installiert. Damit hatte die Galeere ihre endgültige Form erreicht, die sie über Jahrhunderte beibehalten sollte.
Die nordafrikanischen Korsaren der Barbareskenstaaten bevorzugten etwas kleinere und wendigere Galeeren, die sogenannten Fustas, mit 15 bis 22 Ruderbänken, für ihre Raubzüge im Mittelmeer.
Im Marinemuseum in Istanbul ist die Galeere Kadirga (türkisch für „Galeere“) zu sehen (ohne Masten). Das Schiff stammt aus dem späten 15. Jahrhundert (nach anderen Angaben aus dem 16. Jahrhundert) und ist die einzige erhaltene Galeere der Welt. Bis 1839 war sie im Dienst. Sie ist 37 m lang, 5,7 m breit und hat einen Tiefgang von ca. 2 m. 144 Ruderer bewegten über 48 Riemen das 140 Tonnen schwere Schiff.
[Bearbeiten] Neuzeit
Die Erfindung der Stückpforte um 1500 machte es möglich, eine größere Zahl schwerer Geschütze in Breitseitenaufstellung zu platzieren. Dies war nur bei Segelschiffen, nicht jedoch bei den Galeeren möglich, da bei ihnen die Breitseiten mit Riemen und Ruderern belegt waren. Der Galeere erwuchs somit ein neuer Gegner, der Anfangs jedoch im Mittelmeer nicht viel zum Einsatz kam, da Galeeren an Geschwindigkeit und Wendigkeit überlegen waren und die Feuerwaffen noch zu schwach, um dies zu kompensieren.

Um jedoch mit der Entwicklung Schritt halten zu können, versuchte man, Galeeren so groß zu bauen, dass sie zusätzlich zu den Ruderern noch ein Batteriedeck tragen konnten. Diese Schiffe nannte man Galeasse. Doch Galeassen hatten durch ihre Größe und Masse den Bonus an Geschwindigketit und Wendigkeit eingebüßt, den Galeeren besaßen, konnten aber nicht so viele Geschütze tragen wie ein reines Segelschiff. Damit war klar, dass die Galeere ihr Entwicklungspotential erschöpft hatte und es nur eine Frage der Zeit war, bis stark armierte Segelschiffe die Galeere als primäres Kampfschiff ablösen würden.
Doch bis es soweit war, wurden im 16. Jahrhundert im großen Stil Galeeren gebaut und eingesetzt. 1571 kam es bei Lepanto zur größten Galeerenschlacht der Geschichte. Die spanische Armada von 1588 bestand unter anderem aus Galeeren und Galeassen, und in den Kriegen der Spanier gegen die Niederländer kamen auf spanischer Seite auch zu Beginn des 17. Jahrhunderts noch Galeeren zum Einsatz.
Anlässlich des vierhundertsten Jahrestages der Seeschlacht von Lepanto wurde im Museu Marítim von Barcelona 1971 eine spanisches Galeere dieser Zeit originalgetreu nachgebaut und ist dort seitdem ausgestellt. Es handelt sich dabei um das Flaggschiff Don Juan de Austrias, die Real, mit der er als Oberbefehlshaber die Flotte der Heiligen Liga anführte. Die Real war 60 m lang, hatte eine Breite von 6,2 m und einen Tiefgang von 2,1 m, wurde von 290 Ruderern bewegt und trug in der Schlacht von Lepanto etwa 400 Mann seemännische Besatzung und Soldaten. Ihrer Bedeutung gemäß waren ihre Aufbauten prächtig verziert und das ganze Schiff in den Farben Rot und Gold gehalten. Mit ihr trug Don Juan entscheidend zum Sieg der Liga bei, indem er das Flaggschiff das osmanischen Admirals Ali Pascha, die Sultana, angriff und nach hartem Enterkampf bezwang.
Die Real war allerdings weitaus größer als die zu ihrer Zeit typischen Galeeren des Mittelmeers. Die venezianische Großgaleeren bei Lepanto waren 46 m lang und 5,5 m breit (7,3 m mit den Ruderauslegern), hatten 1,8 m Tiefgang, und wogen leer etwa 180 Tonnen; die normalen Kriegsgaleeren waren 42 m lang und 5,1 m breit (6,7 m mit den Auslegern), hatten 1,7 m Tiefgang, und wogen 140 Tonnen. Die Schiffe der osmanischen Flotte waren etwas länger (50 m) und breiter (6 m), aber leichter gebaut.
Den europäischen Admiralitäten wurde jedoch schnell bewusst, dass die Galeere aufgrund ihrer geringen Feuerkraft und ihrer fehlenden Hochseetauglichkeit für die Kolonisierung der Welt und zur Sicherung überseeischer Interessen nicht geeignet war. Das neue Kriegsschiff des 17. Jahrhunderts, das Linienschiff, war aufgrund seiner Größe und Bewaffnung mit Galeeren nicht zu bezwingen.
In den Marinen des Orients wurden Galeeren nach wie vor gebaut, noch bis ins 18. Jahrhundert hinein. Aufgrund der ausschließlichen Flottentätigkeit im Mittelmeerraum war die fehlende Hochseetauglichkeit nicht wichtig, Piraterie und Sklavenhandel lieferten Nachschub an billigen Ruderkräften, und Galeeren waren billiger und einfacher zu bauen als die Linienschiffe, die damals die aufwendigsten und komplexesten technischen Systeme waren. Aus ähnlichen Gründen kamen auch in der flachen Ostsee noch im 18. Jahrhundert Galeeren zum Einsatz.
Obwohl die Galeeren sich kaum weiterentwickelten, blieben sie nicht ohne Einfluss auf den neuzeitlichen Mittelmeerbau. Ihre Rumpfform diente als Vorbild für die Entwicklung von Schebecken und Polackern im 18. Jahrhundert.
[Bearbeiten] Seeschlachten mit Galeeren
[Bearbeiten] Lepanto
Die Schlacht von Lepanto war die letzte große Seeschlacht mit geruderten Galeeren. Am 7. Oktober 1571 besiegte eine Flotte der Heiligen Liga unter Don Juan de Austria eine Flotte des Osmanischen Reichs unter Ali Pascha. Die Flotte der Heiligen Liga, eines vom Papst initiierten Bündnisses gegen die „Ungläubigen“, bestand zum größeren Teil aus spanischen, zum kleineren Teil aus venezianischen Schiffen. Mit dieser Schlacht wurde die seit dem Fall Konstantinopels 1453 als Bedrohung des Abendlandes empfundene osmanische Expansion eingedämmt. Die europäischen Staaten konnten im Mittelmeer wieder Fuß fassen. Die Macht Spaniens, des Reiches, in dem die Sonne nie unterging, erreichte ihren Zenit.
(Ein Nachbau von Don Juans Flaggschiff, der Galeere Real, befindet sich seit 1971 im Museu Maritim in Barcelona.)
[Bearbeiten] Leben an Bord
Trotz ihres beengten Raumes gab es auf der Galeere zwei Welten, die wenig gemein hatten.
Vom Achterdeck aus, das oft mit Täfelungen und Schnitzereien reichlich geschmückt und verziert war und über dem ein Sonnensegel Schatten spendete, wurde das Schiff befehligt und gesteuert. Vom Achterdeck aus kam man über eine schmale Stelling, die mittschiffs von vorne bis achtern verlief, auf die Back. Dort warteten die Seesoldaten auf ihren Einsatz im Enterkampf, später standen hier auch Kanonen, die in Fahrtrichtung ausgerichtet waren und mit denen die schnellen Galeeren Jagd auf ihre Gegner machten. Normalerweise gab es auf den Mittelmeergaleeren des 16. und 17. Jahrhunderts links und rechts je eine kleine Plattform (anstelle jeweils einer Ruderbank), wo das Schiffsboot bzw. der Kochherd standen. Auch hier konnten Seesoldaten zum Nahkampf bereitgestellt werden.
Ein, je nach Größe der Galeere, Deck oder Halbdeck tiefer saßen die Ruderer. Bei kleinen Galeeren waren es 80, bei großen Galeassen mehrere hundert. Sie waren häufig, aber nicht unbedingt, Sklaven, Sträflinge oder Kriegsgefangene. Zwei bis fünf von ihnen bedienten je einen Riemen. Allerdings gab es auch Galeeren, bei denen jeder Ruderer sein eigenes Ruder bediente. Je weiter der Ruderer vom Drehpunkt des Riemens entfernt saß, desto größer war der Weg, den er bei jedem Schlag zurücklegen musste. Während derjenige, der direkt an der Bordwand saß, nur den Oberkörper zu bewegen brauchte, musste der Ruderer, der zur Schiffsmitte hin saß, bei jedem Schlag aufstehen und einen Schritt vor und zurück machen. Die Sterblichkeit unter den Ruderern war sehr hoch. Es war meist billiger, einen neuen Ruderer zu beschaffen, als einen Kranken oder Verletzten gesund zu pflegen.
[Bearbeiten] Waffen
[Bearbeiten] Soldaten an Bord
Auf Kriegsschiffen versahen auch ausgebildete Soldaten ihren Dienst. Mehr dazu unter Marineinfanterie.
[Bearbeiten] Schiffsbewaffnung
Die wichtigste und ureigenste Bewaffnung bestand ursprünglich, neben der zum Entern vorgesehenen kämpfenden Besatzung, aus dem Rammsporn am Bug. Dieser diente dazu, gegnerische Schiffe zu rammen und zu versenken. Bei allen weiteren Waffen standen der Nutzung viele Schwierigkeiten im Wege. Zwei Probleme waren vorrangig: Der hohe Preis der Anschaffung und die Wartung der teils sensiblen Technik. Weiterhin waren speziell ausgebildete Geschützmeister zur Bedienung nötig, die von mindestens einem halben Dutzend Hilfskräfte unterstützt werden mussten. Darüberhinaus hatten die Waffen und auch ihre Munition oft ein beträchtliches Eigengewicht.
Als Hilfsmittel zum entern befand sich auf römischen Galeeren teilweise ein sog. "Rabe" (Corvus), eine herunterklappbare Enterbrücke mit einem Sporn am Ende.
[Bearbeiten] Weblinks
Wiktionary: Galeere – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
- Galeere (Detaillierter Artikel mit vielen instruktiven Bildern)
- Colleccions (Webseite des Museu Maritim von Barcelona zum Nachbau der Galeere Real, auf Katalanisch)
[Bearbeiten] Literatur
Hugh Bicheno, Crescent and Cross: The Battle of Lepanto 1571, Phoenix Paperback, London, 2004, ISBN 1-84212-753-5