Gisonen
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Die Gisonen waren ein einflußreiches Gaugrafengeschlecht im Norden Hessens. Das Zentrum ihres Herrschaftsbereichs lag zunächst im Raum Marburg und später südwestlich von Kassel bei Maden (Gudensberg). Der Ursprung des Geschlecht ist unbekannt; er mag im Oberlahngau (um Marburg) gelegen haben, aber sie können auch aus dem nordhessischen Raum in den Oberlahngau gekommen sein. Zunächst waren sie wohl lediglich Amts- oder Titulargrafen ohne umfangreiches Familiengut, und damit ohne allodiale Grafschaft, jedoch mit enger Bindung zum salischen Königshaus. Sie waren Reichsvögte des um 1015 Kaiser Heinrich II. und seiner Frau Kunigunde gegründeten Kanonissenstifts Wetter und wurden als solche mit königlichen Gütern im Umland von Marburg belehnt. Im Laufe der Zeit erwarben sie erheblichen Besitz in Mittelhessen und an der oberen Lahn und Eder und verstanden es, durch allmähliche Beseitigung der Rechte anderer, in ihrer Gegend grafengleiche Stellung einzunehmen. Ihr Vogteienbesitz war sehr wertvoll und verlieh ihnen eine herausragende Stellung. Der Besitz der Gisonen war der Grundstock des späteren Landesteils „Oberhessen“ der Landgrafschaft Hessen.
Bekannte Grafen des Geschlechts waren:
- Giso I. ist 1008 als Graf bezeugt. Vermutlich baute er die Stammburg Burg Hollende, westlich von Wetter bei Treisbach. Er und seine Nachfolger waren Reichsvögte des um 1015 gegründeten königlichen Kanonissenstifts Wetter und als solche mit königlichen Gütern unweit von Marburg belehnt. Ob er der Stammvater des Geschlechts ist, ist umstritten. Er war wohl auch, zumindest für kurze Zeit, Gaugraf in Hessen mit Sitz auf der Obernburg in Gudensberg bei Fritzlar.
- Giso II. († 1073), Graf in Hessen. Wohl kein Sohn, so doch ein Nachkomme von Giso I. Er und Graf Adalbert von Schauenburg wurden bezichtigt, 1070 einen Komplott gegen den Bayernherzog Otto von Northeim geschmiedet zu haben und wurden von Gefolgsleuten Ottos erschlagen.
- Giso III., Graf in Hessen. Sohn oder Bruder des Giso II.
- Giso IV. (*um 1070; † 12. März 1122), Graf in Hessen bzw. Graf von Gudensberg, 1121 urkundlich als "Giso comes de Udenesberc" erwähnt. Vogt des Klosters Hersfeld, Vogt des Stiftes St. Florin zu Koblenz. ∞ Kunigunde von Bilstein, Gräfin von Gudensberg († 1138/40); Regentin bis zur Volljährigkeit ihres Sohnes Giso V.
- Giso V. (* um 1110; † 1137), Graf von Gudensberg und Hessen, Vogt des Klosters Hasungen (bei Burghasungen).
- Hedwig von Gudensberg, Landgräfin von Thüringen (* um 1098; † 1148), Tochter und Erbin des Giso IV. ∞ Ludwig I. von Thüringen.
Wahrscheinlich gehörte auch die Gräfin Chuniza, die 1072 zusammen mit ihrem Sohn Tiemo dem Kölner Erzbischof Anno II. das Gelände zum Bau des Klosters Grafschaft verkaufte, zum Geschlecht der Gisonen.
1121 beerbte Giso IV. den nordhessischen Gaugrafen Werner IV. von Gudensberg, der kinderlos gestorben war, und kam damit an ausgedehnten Besitz und Vogteirechte im Raum Kassel-Fritzlar-Melsungen. Aber schon 1137 starb das Geschlecht in der männlichen Linie mit Giso V. aus, und die Grafschaft kam mit der Erbtochter Gisos IV., Hedwig, an den Landgrafen Ludwig I. von Thüringen.
Nach dem Tod des letzten Ludowingers, Heinrich Raspe, kam es 1247 zum Thüringisch-hessischer Erbfolgekrieg, der mit der Ausrufung von Heinrich I., dem "Kind von Brabant", Sohn der Sophie von Brabant und Enkel der Hl. Elisabeth von Thüringen, zum Landgrafen auf der Mader Heide bei Gudensberg ausbrach.