Gustav Flügel (Komponist)
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Carl Gustav Flügel (* 2. Juli 1812 in Nienburg an der Saale; † 15. August 1900 in Stettin) war ein deutscher Komponist.
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[Bearbeiten] Leben und Werk
Flügel wird von seinem Vater, einem musikalisch gebildeten Laien, „zur Musik bestimmt“. Ersten Orgelunterricht erhält er bei dem Kantor Thiele, dem Vater des Orgelvirtuosen Louis Thiele. Von an 1822 besucht er die Schule in Bernburg und setzte seinen Unterricht an den dortigen Kirchen fort. Von 1827 bis 1830 studiert er Musik bei Friedrich Schneider in Dessau, zusammen mit Schubring studiert Flügel Bachs Orgelkompositionen. Zwischen 1830 und 1836 arbeitet er als Musiklehrer in Nienburg, Bernburg und Köthen.
Am 26. Juni 1835 besucht der junge Gustav Flügel Robert Schumann (erste Erwähnung in der Neuen Zeitschrift für Musik), mit dem er von nun an über Jahre brieflich und persönlich Kontakt hält. (Die Nachtfalter Op. 16 sind Clara Schumann gewidmet).
Auf Schumanns Rat hin zieht Flügel im April 1836 nach Magdeburg, wo zu der Zeit auch Richard Wagner am Stadttheater wirkt. Hier lernt Flügel auch seine spätere Frau Minna Oppermann kennen. Es entstehen Lieder, Klaviersonaten und mehrere (heute verlorene) Streichquartette.
Im Frühjahr 1838 wird Flügel vom Vorstand des Gesangvereins zu Schönebeck an der Elbe aufgefordert, sich dort niederzulassen und die Direktion zu übernehmen. Er nimmt das Amt Ende März 1838 an und hat so seine erste feste Stellung errungen, wiewohl er nebenher weiter als Musiklehrer tätig bleibt und wohl auch bleiben muss.
1840 zieht Flügel nach Stettin, wo er als privater Musiklehrer tätig ist und konzertante Opernaufführungen leitet. Als Komponist von Klavierstücken erringt Flügel allgemeine Anerkennung, der Durchbruch erfolgt 1846 mit den Sonaten Op. 4 und 7. Freundliche Kontakte zu den bedeutendsten Musikern spiegeln sich in den Widmungen seiner Werke (darunter Liszt (Op. 5), Spohr (Sonate Nr. 4 Op. 20) und nicht zuletzt Mendelssohn, der sich für die ihm gewidmete Klaviersonate (Nr. 3 B-Dur Op. 13) mit freundlichsten Worten bedankt).
1850 erfolgt die Berufung als Seminarmusiklehrer nach Neuwied, wo er auch Elisabeth zu Wied, der späteren Königin von Rumänien („Carmen Sylva“) Klavierunterricht erteilt. 1856 wird er zum Königlichen Musikdirektor ernannt und 1858 zusammen mit Franz Liszt Ehrenmitglied des Niederländischen Vereins zur Beförderung der Tonkunst (Das Archiv der Toonkunstbiblioteek Amsterdam bewahrt einige der sehr seltenen Originalhandschriften Flügels).
1859 wird Flügel zum Organisten der Schlosskirche in Stettin berufen. In dieser Zeit entstehen die heute noch beliebten Choralvorspiele, darunter das bedeutende Präludienbuch Op. 72 sowie diverse Lieder, Kompositionen für Chor in verschiedener Besetzung etc. Von etwa 1890 an entstehen die großen Konzertstücke für Orgel. 1898 muss Flügel das Amt aus Krankheitsgründen niederlegen.
Flügel stirbt am 15. August 1900 in Stettin in seiner Amtswohnung am Königsplatz 2. Von Flügels 19 leiblichen Kindern, von denen viele früh starben, tritt nur der Sohn Ernst Flügel (* 1844, Organist in Breslau) in die Fußstapfen des Vaters.
[Bearbeiten] Bedeutung
Die Bedeutung von Gustav Flügel liegt vor allem in der Orgelkomposition, für die er in einer Zeit, in der die deutsche Kirchenmusik weitgehend darniederlag, meisterhafte Werke schuf. Er hinterließ ein Oeuvre von 121 gedruckten Kompositionen, von denen besonders die Konzertstücke für Orgel hervorzuheben sind, die stimmungsmäßig bereits auf Reger hinweisen. Op. 82. u. 88 wurden für den SFB eingespielt. Einzelne Choralvorspiele finden immer wieder Eingang in neuere Sammlungen.
[Bearbeiten] Die großen Konzertstücke für Orgel
- Op. 74 II Orgelstücke (vmtl. 1874, Leipzig, Kühn), gewidmet A. W. Gottschalg
- Op. 77 II Orgelstücke (Wie schön,...) (1879 Berlin, Schlesinger), gewidmet August Haupt
- Op. 82 Sollt ich meinem Gott nicht singen Fantasie (1881? Magdeb., Heinrichshofen), gewidmet A. G. Ritter
- Op. 83 Sonate (E-Dur) (1881 Magdeburg, Heinrhfn.), gewidmet seinem Sohn Ernst Flügel
- Op. 85 Frühlings-Phantasie (1882 Leipzig, Leuckart), gewidmet Wilhelm Freudenberg
- Op. 88 Sollt ich meinem Gott nicht singen canonische Choralbearbeitung (1882 Leipzig, Kahnt), gewidmet Carl Piutti
- Op. 97 Phantasie (Fis-Moll) (1885/90 Strassbg,Schmidt) (gewidmet Ph. Spitta?)
- Op. 99 III Fugen (1890, Leipzig, Rieter), gewidmet Emil Höpner
- Op. 101 III Fugen in Cdur (1891 Leipzig, Leuckart), gewidmet Elisabeth Krahnstöver
- Op. 102 II Orgelstücke (Du dessen Augen flossen...) (1891 Leipzig, Leuckart), gewidmet Carl Adolf Lorenz
- Op. 103 II Orgelstücke (Tocc. u. And.) (1891 Leipzig, Rieter), gewidmet Carl Rundnagel
- Op. 104 Toccata und Fuge (1892 Leipzig, Rieter), Generalsup. Pötter gewidmet
- Op. 105 Toccata und Fuge (1892 Leipzig, Leuckart), gewidmet Otto Türke
- Op. 106 Fuge in F (1893 Leipzig, Rieter), gewidmet Gustav Hecht
- Op. 107 Toccata in F (1893 Langensalza, Beyer), gewidmet Paul Taggatz
- Op. 109 Allein Gott in der Höh'... (1894 Zittau/Zürich, Loebel), gewidmet Otto Zimmer
- Op. 110 Elegie und Fuge (1894 Leipzig, Rieter), gewidmet Theophil Forchhammer
- Op. 112 Toccata appassionata (1894 Zittau/Zürich, Loebel), gewidmet Otto Paulstich (komponiert Sept. 1847!)
- Op. 113 Durch Nacht zum Licht (1895 Zittau/Zürich, Loebel), gewidmet Marie Margarete Paulstich
[Bearbeiten] Literatur (Auswahl)
Monographien
- Gotthold Frotscher: Geschichte des Orgelspiels und der Orgelkomposition. Merseburger Verlag, Kassel 1988 (Repr. d. Ausg. Berlin 1935)
- Elisabeth Müller: Das Choralspiel im 19. Jahrhundert. Am Beispiel des Kleinmeisters Gustav Flügel. Musikhochschule Lübeck 1992 (Diplomarbeit)
- William S. Newman: The Sonata since Beethoven. Norton Books, New York 1983, ISBN 0-393-95290-8
- Gerhard Puchelt: Variationen für Klavier im 19. Jahrhundert. Blüte und Verfall einer Kunstform. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1973, ISBN 3-534-06489-5
- Hugo Riemann (Begr.): Brockhaus-Riemann-Musik-Lexikon. Direct Media, Berlin 2004, ISBN 3-89853-438-3 (1 CD-ROM)
- August Scheide: Zur Geschichte des Choralvorspiels. Gadow, Hildburghausen 1923
- Bruno Weigl: Handbuch der Orgelliteratur. Leuckart, München 1988 (Repr. d. Ausg. Leipzig 1932)
Aufsätze
- Peter Brusius: Gustav Flügel (1812–1900). Ein vergessener Orgelkomponist der Romantik. In: Ars Organi 35. Jg. (1987), Nr. 2, S. 91–93.
- Johann B. Heindl (Hrsg.): Galerie berühmter Pädagogen, verdienter Schulmänner, Jugend- und Volksschriftsteller und Componisten aus der Gegenwart in Biographien und biographischen Skizzen. Verlag Finsterlin, München 1858 (1. Band, 1. Abt.)
- Michael Heinemann: Symphonische Choräle. Zur Orgelmusik von Gustav Flügel (1812–1900). In: Studien zur Orgelmusik Bd. 1 (1998), S. 89–95.
- Gustav Wandel: Aus dem Leben eines deutschen Kirchenmusikers. In: Sonntagsblatt des Reichsboten, Juli, 3. Jg. (1912) Berlin
- Michael Wilfert: Gustav Flügel (1812–1900). Ein zu Unrecht vergessener Stettiner Musiker. In: Baltische Studien, Neue Folge Bd. 90, 2005, S. 181–204, ISBN 3-937719-02-4
- Eckhard Wendt: In: Stettiner Lebensbilder. Veröff. d. Hist. Komm. f. Pommern, hg. von Roderich Schmidt, Reihe V: Forschungen zur Pommerschen Geschichte. Bd. 40, Köln (Böhlau) 2004, S. 155–157, ISBN 3-412-09404-8
Personendaten | |
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NAME | Flügel, Gustav |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Komponist |
GEBURTSDATUM | 2. Juli 1812 |
GEBURTSORT | Nienburg an der Saale |
STERBEDATUM | 15. August 1900 |
STERBEORT | Stettin |