Franz Liszt
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Franz Liszt [ˈlist] (* 22. Oktober 1811 in Raiding (auf Ungarisch Doborján), damals Königreich Ungarn, heute Österreich (Burgenland); † 31. Juli 1886 in Bayreuth), war ein österreichisch-ungarischer Komponist und einer der prominentesten und erfolgreichsten Klaviervirtuosen des 19. Jahrhunderts.
Inhaltsverzeichnis
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[Bearbeiten] Leben
[Bearbeiten] Herkunft und Anfänge
Franz Liszt war der einzige Sohn des fürstlichen Rentmeisters Adam Liszt und seiner Frau Maria Anna, geb. Lager, Tochter eines Kurzwarenhändlers aus Krems in Niederösterreich. Der Ort Raiding (ung. Doborján) gehörte in dieser Zeit zum Komitat Ödenburg (ung. Sopron) im ungarischen Teil des Kaiserreichs Österreich und wurde von der ungarischen Adelsfamilie Eszterházy verwaltet. Nach dem Ende der Österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie fiel Raiding an Österreich und ist Teil des Burgenlandes, dem jüngsten Bundesland Österreichs.
Soweit sich dies heute erkennen lässt, waren die Vorfahren Adam Liszts bis zu vier Generationen allesamt Deutsche. Die Mutter Franz Liszts stammte aus einer österreichischen Familie. In Raiding wurde überwiegend nur Deutsch gesprochen, und der Unterricht, den der kleine Franz von dem Dorfkaplan erhielt, wurde ebenfalls auf Deutsch erteilt. Möchte man danach annehmen, dass Liszt selbst als Deutscher bzw. als Österreicher anzusehen sei, so liegen seit dem Winter 1839/40 zahlreiche Bekundungen Liszts hinsichtlich einer wenigstens gefühlten Zugehörigkeit zu einer ungarischen Nation vor, und eine ungarische Identität Liszts wurde und wird bis heute von Ungarn akzeptiert. Bei dem widersprüchlichen Befund wird es an dieser Stelle das beste sein, wenn man sich an seinem sichtbaren Lebenswandel und an seinen Kompositionen orientiert. Nach diesem Maßstab ist Liszt als europäisch internationaler Künstler anzusehen.
Nachdem die Familie zum Ende des Jahres 1823 nach Paris gezogen war und Liszt rasch das Französische erlernte, wurde dies seine Hauptsprache, in der er auch einen großen Teil seiner Briefe schrieb. Die deutsche Sprache beherrschte er aber weiterhin, wenngleich er sich für lange Zeit im schriftlichen Ausdruck in dieser Sprache unsicher fühlte. In den vergleichsweise wenigen Briefen, die er bis in die 1840er Jahre hinein in deutscher Sprache schrieb, sind grammatikalische und semantische Unregelmäßigeiten zu erkennen. Dagegen wirkt sein Sprachstil in deutschen Briefen aus späterer Zeit gelegentlich eigenwillig, aber grundsätzlich korrekt. Durch Reisen, die er zunächst mit seinem Vater und später auf eigenen Füßen unternahm, kamen Kenntnisse in der englischen und in der italienischen Sprache hinzu. Seine Kenntnisse in der ungarischen Sprache blieben zufolge eigener Angaben Liszts gering.
Als kleines Kind fiel Liszt durch Kränklichkeit auf. Durch Notizen seines Vaters ist bekannt, dass für den dreijährigen Franz einmal voreilig ein Sarg gezimmert wurde, weil er für tot gehalten worden war. Der Vater, selbst musikalisch talentiert, erkannte bald musikalische Anlagen und Interessen seines Sohnes. Franz erhielt mit sechs Jahren ersten Klavierunterricht von seinem Vater. Nach eigenen Angaben im Alter brachte Liszt sich selbst das Notenlesen und -schreiben bei, und es entstanden erste eigene Kompositionen, die aber größtenteils verloren oder verschollen sind. In seinen Improvisationen zeigten sich weitere Talente und seine Begabung sprach sich bald herum. Auf Grund einer Initiative des blinden Flötisten Baron Braun trat der neunjährige Franz 1820 in einem Konzert in Ödenburg auf. Er spielte das Klavierkonzert in Es-Dur von Ferdinand Ries mit solchem Erfolg, dass sein Vater ein zweites Konzert organisierte. Der Vater sah sich von nun an in der Rolle eines Impresario. Es gelang ihm schließlich, seinen Sohn Mitgliedern der Familie Eszterházy vorzustellen. In der „Städtischen Preßburger Zeitung“ vom 28. November 1820 hieß es darauf in einem Bericht:
- „Verflossenen Sonntag, am 26. dieses Monats, in der Mittagsstunde hatte der neunjährige Virtuose Franz Liszt die Ehre, sich vor einer zahlreichen Versammlung des hiesigen hohen Adels und mehrerer Kunstfreunde, in der Wohnung des hochgeborenen Grafen Michael Esterházy auf dem Klavier zu produzieren. Die außerordentliche Fertigkeit dieses Künstlers, sowie auch dessen schneller Überblick im Lesen der schwersten Stücke, indem er alles, was man ihm vorlegte, vom Blatt spielte, erregte allgemeine Bewunderung und berechtigt zu den herrlichsten Erwartungen.“
Mit der frühzeitigen Fixierung Liszts auf eine Karriere als klavierspielendes Wunderkind waren allerdings erhebliche Mängel in seiner Allgemeinbildung verbunden. Dies wurde ihm in der Zeit um 1830 auch selbst bewußt, und er bemühte sich darum, ein subjektiv gefühltes Bildungsdefizit mit einer zunächst wahllosen Lektüre von Büchern auszugleichen. Am Ende seines Lebens hat Liszt viele Tausende von Büchern hinterlassen; und aus seinen handschriftlichen Anmerkungen geht hervor, dass er die Bücher nicht nur besessen, sondern auch gelesen hat. Er ist auf diese Weise im Verlauf der Zeit zu einem umfassend gebildeten Menschen geworden.
[Bearbeiten] Das Wunderkind
Im Mai 1822 zog die Familie nach Wien, um dem Jungen eine professionelle musikalische Ausbildung zu ermöglichen. Neben dem Klavierunterricht Carl Czernys erhielt er Unterricht in Komposition bei dem bereits zweiundsiebzigjährigen Antonio Salieri. Liszt ließ sich schon bald in privaten Kreisen und am 1. Dezember 1822 mit dem Klavierkonzert in a-Moll von Johann Nepomuk Hummel und einer Improvisation in einem Konzert im Landesständischen Theater hören. Am 13. April 1823 gab er im kleinen Redoutensaal jenes Konzert, an dessen Ende er nach der Legende einen Weihekuss Beethovens erhalten haben soll. Zeitgenössische Rezensionen des Konzerts lassen jedoch nichts von der Anwesenheit Beethovens erkennen. Nach einer eigenen Erzählung Liszts aus dem Jahr 1875 hatte er einen Tag vor dem Konzert Beethoven in dessen Wohnung den ersten Satz aus dessen 1. Klavierkonzert vorgespielt, und es kann sein, dass er bei dieser Gelegenheit von Beethoven einen Kuss erhielt. Die Konversationshefte Beethovens lassen keinen sicheren Rückschluss zu.
Im August 1823 kündigte Adam Liszt seine Anstellung bei dem Fürst Esterhazy; und im September 1823 verließ die Familie Liszt Wien. In seine Lebenserinnerungen hat später Czerny den frühzeitigen Abbruch des Unterrichts beklagt und auf ein einseitiges Streben Adam Liszts nach einem möglichst hohen Geldgewinn zurückgeführt. Nach der Schilderung Gustav Schillings in seiner Anfang 1844 erschienenen Liszt-Biografie, die auf einer Titelseite als einzige von Liszt selbst autorisierte Biografie ausgewiesen und - ausweislich der Korrekturen in einem Anhang - vor der Veröffentlichung von Liszt kritisch durchgesehen worden ist, hat es auch zwischen Czerny und seinem Schüler starke Spannungen gegeben. Mit Berufung auf ein von Liszt zur Verfügung gestelltes Tagebuch Adam Liszts schildert Schilling, dass der Schüler den Besuch des Unterrichts schon bald verweigern wollte. Es kam zu einer Aussprache Adam Liszts mit Czerny, wohl auch zu einer energischen Aussprache zwischen Vater und Sohn, worauf der Unterricht eine vorläufige Fortsetzung fand. Aus einem von Liszt selbst in dem Jahr 1881 vor der Veröffentlichung korrigierten Artikel eines französischen Lexikons Biographie des Contemporains geht hervor, dass ihm seinerzeit insbesondere das Üben von Klaviersonaten Muzio Clementis verhasst gewesen ist, weil sie ihm in klaviertechnischer Hinsicht als nicht schwer genug erschienen sind.
Nach Zwischenaufenthalten mit Konzerten in München, Augsburg, Stuttgart und Straßburg traf die Familie Liszt am 11. Dezember 1823 in Paris ein. Mit der Begründung, dass er kein Franzose sei, blieb es Franz Liszt jedoch verwehrt, am Pariser Konservatorium zu studieren. Es war der Konservatoriumsdirektor Luigi Cherubini, selbst kein Franzose, der Vater und Sohn abschlägig beschied. Liszt erinnerte sich später:
- „Ich bebte an allen Gliedern. Nichtsdestoweniger verharrte, flehte mein Vater, seine Stimme belebte meinen Mut und ich versuchte ebenfalls einige Worte zu stammeln. Allein das Reglement war unerbittlich – und ich untröstlich. Alles schien mir verloren, selbst die Ehre, und ich glaubte an keine Hilfe mehr. Mein Klagen und Seufzen wollte gar nicht enden. Die Wunde war zu tief und blutete noch lange Zeit fort.“
Für die weitere Vervollkommnung seines Klavierspiels war Liszt danach weitgehend auf das strenge Regiment seines Vaters gestellt, der ihn dazu zwang, täglich zwölf Fugen Johann Sebastian Bachs zu spielen und in alle Tonarten zu transponieren. Liszt erhielt außerdem Kompositionsunterricht bei Ferdinando Paer und Antonín Reicha. Nach privaten Auftritten in höchsten Gesellschaftskeisen und Konzerten am 7. März und 12. April 1824 im Italienischen Theater stieg Liszt in Paris als "petit Listz" oder "petit Litz" rasch zu einer Berühmtheit auf. Er wurde in Rezensionen zum wiedergeborenen Mozart ernannt. In Konzerten in England, das er zusammen mit seinem Vater in den Jahren 1824, 1825 und 1827 besuchte, war er als "Master Liszt" bekannt. Die Einnahmen flossen in Strömen, so dass Adam Liszt trotz der hohen Lebenshaltungskosten in Paris einen Geldbetrag in einer Größenordnung von 60.000 Francs in Anleihen seines früheren Arbeitgebers, des Fürsten Eszterházy, zur Existenzsicherung anlegen konnte. Diese Rücklage ist bis zum Tod von Liszts Mutter im Jahr 1866 unangetastet geblieben.
Die veröffentlichten Kompositionen des Wunderkinds, neben einem Beitrag zu den Variationen von 50 berühmten Komponisten über einen Walzer Diabellis in der Hauptsache Variationen op.1 über ein eigenes Thema, Variationen op.2 über ein Thema von Rossini, ein Impromptu op.3 über Themen von Rossini und Spontini, zwei Allegri di bravura op.4 und 12 Etüden op.6 sind in dem Stil der brillanten Wiener Schule gehalten, mit dem auch seine späteren Virtuosenkollegen Sigismund Thalberg und Theodor Döhler begannen. Liszt hat sich an dem Stil seiners Lehrers Czerny orientiert, der ihm in großer Fülle eigene Kompositionen zukommen ließ. Die Opuszahl 5, die frei geblieben ist, war wohl für die Oper Don Sanche ou le Château d’amour bestimmt, die Liszt mit etwas Hilfestellung seines Lehrers Ferdinando Paer komponierte. Die Oper wurde am 17. Oktober 1825 unter der Leitung von Léon Kreutzer in Paris uraufgeführt, doch war die Aufführung ein Misserfolg, so dass die Oper schon bald von dem Spielplan verschwand. Zahlreiche andere Kompositionen des Wunderkinds, deren Existenz durch Angaben in Briefen Adam Liszts und anderen Quellen bekannt geworden ist, darunter Klaviersonaten, Klavierkonzerte und Werke in kammermusikalischen Gattungen, sind verschollen. Einige Zeitgenossen vermuteten, dass Liszt den Misserfolg seiner Oper nicht hatte verwinden können, so dass er aus diesem Grund bei der Veröffentlichung von Kompositionen Zurückhaltung walten ließ. Aus der Sicht der Öffentlichkeit war das Wunderkind ein mit überragend brillanter Klaviertechnik ausgestatteter frühreifer Pianist und geschickter Improvisator, jedoch kein ernstzunehmender Komponist. Es ergab sich allerdings aus der Veröffentlichung der Etüden op.6 eine Folge, die erst viel später sichtbar geworden ist. Zufolge einer Notiz Robert Schumanns von 1829 hatte er früher seinem Vater Klavierstücke, darunter ein Allegro in c-Moll von Liszt, vorgespielt. Mit dem Allegro in c-Moll, von Schumann "Opus I" genannt, ist höchstwahrscheinlich die 8. Nummer der Etüden op.6 gemeint, an der Schumann Gefallen fand. Dementsprechend hob er in einer Rezension, die im Oktober 1839 in der Neuen Zeitschrift für Musik erschien, die vor langer Zeit entstandenen Etüden des Wunderkinds im Vergleich mit den jüngst bei Haslinger in Wien erschienenen 12 Grandes Etudes als beneidenswertere Kompositionen hervor.
[Bearbeiten] Auf eigenen Füßen
Während eines Erholungsaufenthalts in Boulogne-sur-Mer erkrankte Adam Liszt an starkem Fieber, worauf er am 28. August 1827 verstarb. Der sechzehnjährige Liszt war plötzlich auf sich allein gestellt. Er kehrte nach Paris zurück, wo er zusammen mit seiner Mutter eine kleine Wohnung bezog und zum Bestreiten des Lebensunterhalts Klavier- und Kompositionsunterricht erteilte. In dieser Zeit verliebte er sich in seine Klavierschülerin Caroline de Saint-Cricq, die aus adligem Hause stammte. Nach der traditionell überlieferten Vorstellung von dem Hergang hatte die Mutter des Mädchens gegen eine Verbindung nichts einzuwenden, doch legte nach ihrem Tod am 1. Juli 1828 der Vater wegen des unüberbrückbaren Standesunterschieds sein Veto ein. Eine andere Version wird in dem Anfang 1844 erschienenen Buch "Franz Liszt, aus nächster Beschauung dargestellt" von Gustav Schilling mitgeteilt. Das Buch ist auf der Titelseite als einzige von Liszt selbst autorisierte Biographie ausgewiesen. Ein Anhang mit Korrekturen lässt auch erkennen, dass das Buch vor der Veröffentlichung von Liszt kritisch durchgesehen worden ist; dabei ist die folgende Schilderung, die sich auf Caroline de Saint-Criq bezieht, unkorrigiert geblieben.
"Allerdings besaß das Mädchen, das er liebte, zugleich Rang und Reichthum; indeß hatte die Unmöglichkeit einer näheren Verbindung mit ihm weder ausschließlich hierin noch etwa in einer Nichterwiderung seiner Zuneigung ihren Grund, wenn gleich Liszt’s Verdacht, wie wir nachher erfahren werden, damals hauptsächlich nur auf Ersterem ruhete. Der Vater des Mädchens nämlich war der Verbindung durchaus entgegen, und vergaß er oder hielt er es nicht für rathsam, seine Gründe offen genug darzulegen, so lag unter den obwaltenden persönlichen Verhältnissen für den Künstler ein Verdacht, wie der so eben bezeichnete, zu nahe, als dass er ihn nicht hätte ergreifen müssen; doch waren keinerlei Ostentationen oder was dergleichen damit verbunden, die Liszt hätten unangenehm sein oder werden können; vielmehr entsagte er, entsagte frei und mit dem edelsten Stolze einem Glücke, dessen er sich wohl würdig, doch dessen er sich von anderer Seite her nicht für werth erachtet glaubte, und entsagte, obwohl er hell genug den heißen Kampf begriff, den es ihm sowohl als seiner Geliebten kosten werde, und obwohl er tief und klar genug auch empfand den Schmerz, den der bloße Gedanke an die Entsagung schon seinem leidenschaftlich glühenden Herzen bereitete."
Übernimmt man diese Version, so möchte man meinen, dass die junge Dame sich von Liszt ein anderes Verhalten gewünscht haben wird. Dem entspricht die von Liszt selbst im Jahr 1834 im Rückblick gegebenen Charakterisierung: „Je n’ai été qu’un enfant, presqu’imbécible pour Caroline“. Liszt hätte sich insoweit nach seiner eigenen Einschätzung wie ein Idiot benommen, indem er das Mädchen ohne hinreichenden Grund sitzen ließ. Die treibende Kraft mag dabei mit vermeintlich guten Ratschlägen seine Mutter gewesen sein.
Liszt scheint sich danach von Teilen der Gesellschaft zurückgezogen zu haben, worauf am 23.Oktober 1828 im Corsaire eine Todesanzeige mit einem knappen Nachruf erschien. Die Anzeige wurde aber bereits am 26. Oktober 1828 von einer Madame Alix in einer Gegegendarstellung dementiert. Es ist dort zu erfahren, dass Liszt, der an der von Madame Alix geleiteten Mädchenschule als Klavierlehrer angestellt war, sich bei bester Gesundheit befand. Aus einem Brief Liszts an seinen früheren Lehrer Czerny vom 23. Dezember 1828 ist bekannt, dass er für den 25. Dezember ein Konzert angekündigt hatte, dessen Programm neben einer Improvisation Liszts am Ende des ersten Teils und mehreren Darbietungen von Sängern und Instrumentalisten das Klavierkonzert in Es-Dur von Ludwig van Beethoven (entsprechend dem zeitgenössischen Sprachgebrauch wohl nur den ersten Satz) sowie im zweiten Teil Variationen Czernys über eine Melodie aus der Oper Il Pirata von Bellini und ein Duo von Mayseder enthalten sollte. Das Konzert musste abgesagt werden, weil Liszt die Masern bekam. Am 22. März 1829 war Liszt in den Salons Pape an einer zwölfhändigen Bearbeitung der Zauberflöten-Ouvertüre sowie am 1. April, am 7. April, am 11. April und am 11. Juni 1829 an weiteren Konzerten beteiligt, so dass von einem unbekannten Aufenthaltsort oder einer lang andauernden Krankheit in dieser Zeit keine Rede sein kann. Es wird aber unbestreitbar sein, dass das Erlebnis mit Caroline de Saint-Criq für Liszt eine Zeit der Krise gewesen ist.
[Bearbeiten] Neue Ziele
Die Jahre 1830 - 1833 sind für Liszt mit neuen Bekanntschaften und Erfahrungen verknüpft, die für sein weiteres Leben prägend geworden sind. In künstlerischer Hinsicht ist hier vor allem an Hector Berlioz, Nicolò Paganini, Fréderic Chopin und Felix Mendelssohn Bartholdy, aber auch an Ferdinand Hiller zu denken. Ein besonders nachhaltiger Einfluss ging von Vorträgen aus, die im Jahr 1832 der Komponist und Musikgelehrte Francois Joseph Fétis hielt. Liszt wies im September 1859 in einem Brief an Fétis im Rückblick auf die Wichtigkeit der von diesem seinerzeit entwickelten Gedanken über Omnitonie und Omnirhythmik hin. In privater Hinsicht geht es um verschiedene Damen, darunter insbesondere Jeanne Frédérique Athénais de Saint-Hippolyte, Comtesse de Benoist de la Prunarède, genannt Comtesse Adèle de la Prunarède, Euphémie Didier, Charlotte Laborie und die Gräfin Marie d'Agoult, mit denen sich Liszt in ein kompliziertes Beziehungsgeflecht eingelassen hat. Als Neben- oder Randfigur kommt noch Valerie Boissier hinzu. In weltanschaulicher Hinsicht lassen sich Einflüsse der Revolution vom Juli 1830 und eine starke Begeisterung für die Lehre der Saint-Simonisten erkennen, wie sie beispielsweise durch den von Liszt verehrten Père Enfantin in seiner Broschüre „Dans la réunion générale de la famille“ vom 19. November 1831 propagiert worden sind. Auch eine enge Bekanntschaft Liszts mit Victor Hugo und Heinrich Heine fügt sich in diesen Zusammenhang ein. Alle diese Aspekte haben in Kompositionen Liszts deutlich erkennbare Spuren hinterlassen. Zwei knappe Begegnungen Liszts mit Clara Wieck im März 1832 werden dagegen lediglich registriert, weil sie in dieser Zeit weitgehend folgenlos geblieben sind. Die von Clara Wieck im Frühjahr 1832 in Paris veröffentlichten Klavierstücke hat Liszt erst viel später kennengelernt. Durch eine Notiz in dem Terminkalender Liszts für das Jahr 1832 wird noch ein Besuch bei George Sand belegt, doch ist eine engere Bekanntschaft wohl erst im Herbst 1834 entstanden.
[Bearbeiten] Der Salonlöwe
Ein Erlebnis von großer Tragweite war Liszts erstes Zusammentreffen mit Niccolò Paganini. Liszt hörte den Violinist am 20. April 1832 in einem Wohltätigkeitskonzert zugunsten der Opfer einer aktuell grassierenden Cholera-Epidemie in Paris. Es war nicht nur Paganinis virtuoses Spiel auf der Violine, das das Publikum in verzückte Rage geraten ließ. Es war auch die dämonische Aura, mit der sich der exzentrische Paganini umgab. Als „Teufelsgeiger“ ließ er sich feiern. Liszt war fasziniert. Er übte von nun an viele Stunden am Tag Klavier:
„…Seit 15 Tagen arbeiten mein Geist und meine Finger wie zwei Verdammte,- Homer, die Bibel, Platon, Locke, Byron, Hugo, Lamartine, Chateaubriand, Beethoven, Bach, Hummel, Mozart, Weber sind alle um mich herum. Ich studiere sie, betrachte sie, verschlinge sie mit Feuereifer; überdies übe ich 4 bis 5 Stunden (Terzen, Sexten, Oktaven, Tremolos, Repetitionen, Kadenzen, etc. etc.). Ach! Sollte ich nicht verrückt werden, wirst Du einen Künstler in mir wieder finden! Ja, einen Künstler, einen wie Du ihn wünschst, einen, wie man ihn heutzutage braucht […]“
Schwer zu akzeptieren war für Liszt das Kunstverständnis seiner Zeit. Denn Kunst war auch im 19. Jahrhundert noch das Privileg der Reichen und des Adels. Für diese stellten die Konzertsäle nicht nur Orte der Kunst dar, sondern insbesondere Gelegenheiten zum Repräsentieren und zur Vorführung des neuen Abendkleides.
Von der aufgesetzten Vornehmheit, die in den Salons vorherrschte, war Liszt nur wenig angezogen, vielmehr abgestoßen. 1833 schrieb er an eine Schülerin:
- “Mehr als vier Monate habe ich weder Schlaf noch Ruhe gehabt: Geburtsaristokratie, Begabungsaristokratie, Glücksaristokratie, elegante Koketterie der Boudoirs, die schwere Atmosphäre der diplomatischen Salons, der sinnlose Tumult der Routs, Gähnen und Bravorufe in literarischen und künstlerischen Abendveranstaltungen, egoistische und verletzende Freuden auf dem Ball, Plaudereien und Dummheiten in Teegesellschaften, Scham und Selbstvorwürfe am nächsten Morgen, Triumph im Salon, überspannte Kritiken und Lobhudeleien in Zeitungen aller Art, künstlerischen Enttäuschungen, Erfolg beim Publikum, alles das habe ich durchgemacht, alles erlebt, alles gefühlt, verachtet, verflucht und beweint.“
Es war eine Erfahrung, die Liszt stark geprägt hat.
[Bearbeiten] Pilgerjahre
„Années de Pèlerinage“ (Pilgerjahre) benannte Liszt eine Sammlung von Klavierkompositionen, die er 1835 schrieb und ursprünglich als „Album d’un voyageur“ herausgab. Es war die Zeit, in welcher er mit der Gräfin Marie d'Agoult durch Europa reiste und sich an verschiedenen Orten in Italien und der Schweiz aufhielt. Die Gräfin (die später unter ihrem Schriftsteller-Pseudonym Daniel Stern Romane publizierte) hatte er 1833 kennengelernt. Das leidenschaftliche Aufflammen füreinander mündete in eine langjährige Beziehung. Aus dieser Verbindung gingen die drei Kinder Blandine 1835, Cosima 1837 (die spätere Ehefrau Richard Wagners) und Daniel 1839 hervor.
[Bearbeiten] Liszt und Thalberg
Der Name Sigismund Thalbergs ist wegen einer Rivalität, die mit seinem ersten Auftritt in Paris im November 1835 begann und im Frühjahr 1837 eskalierte, bis heute mit dem Namen Liszts verknüpft. Die subjektive Wichtigkeit der Rivalität für Liszt geht aus seinem Verhalten hervor, mit dem er im Oktober 1882 auf den Erhalt von Druckfahnen des ersten Bandes von Lina Ramanns Buch Franz Liszt als Künstler und Mensch reagierte. Er versah spontan zwei Bögen, d. h. 16 Seiten, mit Korrekturen, und in diesen Bögen ist gerade dasjenige Kapitel enthalten, in dem es um seine frühere Rivalität mit Thalberg geht.
Thalberg hatte sich nach seiner Ankunft in Paris zuerst am 16. November 1835 in einem Privatkonzert des österreichischen Botschaftssekretärs Graf Rudolph Apponyi hören lassen. Er trat dann am 24. Januar 1836 im Rahmen des ersten Konservatoriumskonzerts der Saison vor großem Publikum auf. Sein Debüt wurde in der Pariser Gazette musicale von Hector Berlioz enthusiastisch rezensiert. Am 2. April 1836 war Thalberg an einem Konzert bei dem Klavierhändler Fournier beteiligt, und am 16. April gab er im Italienischen Theater sein erstes eigenes Pariser Konzert. Im Ergebnis wurde er in dem Urteil des Publikums, der Kritik und prominentester Künstler als hervorragender Komponist und führender Pianist seiner Zeit anerkannt. Nachdem er für sein Konzert im Italienischen Theater einen Geldbetrag von 10.000 Francs eingenommen hatte, konnte er es sich auf seiner nachfolgenden Reise über Brüssel nach London leisten, mit Transportkosten von 6.000 Francs einen eigenen Konzertflügel mitzuführen.
Liszt hatte sich im Winter 1835/36 in Genf und im April 1836 in Lyon aufgehalten. In der nächsten Saison besuchte Thalberg am 4. Februar 1837 in Paris ein Konzert Liszts, so dass es bei dieser Gelegenheit zu einer ersten persönlichen Begegnung der beiden Künstler kam. Liszt besuchte dann am 16. Februar 1837 ein Konzert bei dem Konservatoriumsprofessor Zimmermann, in dem mit zwei Solonummern, einer Fantasie über Melodien aus Meyerbeers Oper Die Hugenotten und einer Fantasie über zwei englische Nationallieder, Thalberg zu hören war. Die Pariser Zeitgenossen hatten erwartet, dass Liszt seinen Virtuosenkollegen als österreichischen Landsmann begrüßen würde. Statt dessen gingen von Liszt nur Aggressionen aus. Er hatte bereits zu Beginn des Jahres 1837 in einer Rezension die von den übrigen Zeitgenossen gelobten Kompositionen Thalbergs als angeblich inhaltslos und und vollständig unbedeutend in Grund und Boden verrissen. Zudem hatte er bahauptet, dass der Erfolg Thalbergs lediglich auf Propaganda zurückzuführen sei.
Wird die Rivalität als Konkurrenz zweier rivalisierender Klaviervirtuosen angesehen, so war in der Pariser Saison 1836/37 zuerst Liszt in wenigstens sieben öffentlichen Konzerten zu hören, bevor Thalberg am 12. März 1837 Gelegenheit zu einem eigenen Konzert im Pariser Konservatorium fand. Das Mengenverhältnis der Konzertauftritte beider Künstler sah im Fortgang entsprechend aus. In einem Wohltätigkeitskonzerts am 31. März 1837 waren schließlich beide Künstler nacheinander zu hören. Obwohl Liszt darauf verfiel, mit dem Verteilen von Freikarten den Erfolg eigener Konzerte herbeizuzwingen und er außerdem noch befreundete Kritiker um wohlwollende Rezensionen bat, war es zufolge eigener Angaben im Alter auf seiner Seite bei einer sehr kleinen Zahl von Anhängern geblieben, während Thalberg trotz der viel geringeren Zahl seiner Konzertauftritte erfolgreicher gewesen war. Dies wird in der zeitgenössischen Presse bestätigt durch Kommentare, in denen Liszt den Rat erhielt, sich an Thalberg ein Beispiel zu nehmen.
In den Folgejahren trafen Liszt und Thalberg noch bei einigen weiteren Gelegenheiten zusammen. Thalberg, der gegenüber Liszt das Verhalten einer wohlwollenden Höflichkeit beibehielt, ging dabei neuen Konfrontationen aus dem Weg, indem er sich in der Gegenwart Liszts nicht mehr mit seinem Klavierspiel hören ließ. Es gelang ihm dennoch, sein eigenes Ansehen im Vergleich mit dem Ansehen Liszts beständig zu steigern. So wurde im Frühjahr 1840 in Paris in der Rezension eines Konzerts, das von Liszt gegeben worden war, Thalberg als Cäsar, Octavian oder Napoleon des Klavierspiels gerühmt. Während die Kompositionen Liszts in zeitgenössischen Rezensionen verrissen wurden, erhielt Thalberg für seine Kompositionen lobende Rezensionen in Superlativen. In privaten Briefen hat Liszt bis in die 1840er Jahre hinein in einem Tonfall polemischer Ablehnung über Thalberg gesprochen. Seine Kompositionen lassen dagegen erkennen, dass er bereits im Sommer 1837 damit begann, Setzweisen seines Rivalen zu übernehmen. In späterer Zeit reicht der Einfluss Thalbergs bis in Liszts Klaviersonate in h-Moll hinein.
Übernahmen Liszts aus Klavierwerken Thalbergs sind bereits den Zeitgenossen aufgefallen. Francois Joseph Fétis, mit dem Liszt im Frühjahr 1837 mit Hinblick auf den künstlerischen Rang Thalbergs in eine öffentlich geführt Debatte verwickelt gewesen war und mit dem er sich im Februar 1841 in Brüssel versöhnte, schrieb in einem Aufsatz Etudes d’exécution transcendante, der in der Pariser Revue et Gazette musicale vom 9. Mai 1841 erschien, Liszt habe nach einer Zeit der Krise einen eigenen Stil gefunden, indem er Setzweisen Thalbergs übernahm und sich gleichzeitig an Vorträge über "Omnitonalität" erinnerte, die Fétis im Jahr 1832 in Paris gehalten hatte. Liszt hat dieser Deutung in einem Brief an Fétis vom 17. Mai 1841 sowie in Briefen an andere Bekannte aus dieser Zeit zugestimmt. Im Zusammenhang mit der Entstehung seiner Fantasie über Melodien aus Bellins Norma erzählte Liszt im Alter mit etwas Übertreibung, er habe seinerzeit alles bei Thalberg abgeschrieben.
[Bearbeiten] Konzertreisen
In einem Brief an seine Biografin Lina Ramann vom 30. August 1884 hat Liszt seinen "geringfügigen Lebenswandel im Noten spielen und Schreiben" in fünf Akte eingeteilt und diese Akte mit kommentierenden Stichworten versehen. Die Stichworte für den 2. Akt lauten: "1830 bis 1838, herum tastendes Studieren und Produzieren in Paris, und vorübergehend in Genf und Italien, vor meinem Wieder Auftreten in Wien (1838), dessen Erfolg mich zur Virtuosenlaufbahn bestimmte." Der 3. Akt wird mit den Worten: "Concert Reisen: Paris, London, Berlin, Petersburg etc: Fantasien, Transcriptionen, Saus und Braus." charakterisiert.
Die zum Ende des 2. Akts von Liszt angesprochenen Konzerte in Wien hatte er im April und Mai 1838 gegeben. Dagegen wird mit den Stationen Paris, London, Berlin und St. Petersburg ein Bezug auf eine Zeit hergestellt, die im April 1841 begann. Liszt hat in seiner Skizze insoweit eine Zeit von etwa 3 Jahren übersprungen. Da Liszt selbstverständlich auch in dieser Zeit konzertierte, stellt sich die von ihm selbst vorgegebene Einteilung seines Lebenswandels als unbrauchbar heraus. Es wird deshalb nachfolgend eine andere Skizze einer Systematik mitgeteilt. Dabei zeigt sich als Tendenz, dass Liszt in seiner Auskunft an Lina Ramann um ein Umschiffen von privaten und beruflichen Niederlagen bemüht gewesen ist.
[Bearbeiten] Problematischer Einstieg
Liszt erhält im Oktober 1837 in Italien ein sehr dringlich formuliertes Angebot, zu Konzerten nach Wien zu reisen. Er möchte das Angebot auch annehmen, und bis Ende Dezember 1837 wird täglich seine Ankunft in Wien erwartet, doch kann er die Reise nicht antreten, weil er die Gräfin d'Agoult, die hochschwanger ist und ihrer Niederkunft entgegensieht, nicht alleine zurücklassen darf. Ein zweites Hindernis besteht darin, dass er auf seiner Reise nach Italien seine Tochter Blandine in Genf der Obhut eines Pastors Demelleyer übergeben hat. Es hat sich herausgestellt, dass das Kind mehrfach erkrankt und schlecht behandelt worden ist. Um das Problem zu lösen, nimmt Liszt sich vor, im April 1838 nach Genf zu reisen, um seine Tochter abzuholen. Im April 1838, Liszt hält sich zusammen mit der Gräfin inzwischen in Venedig auf, reist er jedoch zu Konzerten nach Wien, wo er die mit der Gräfin vereinbarte Dauer seines Aufenthalts um ein Vielfaches überzieht.
Weil die Gräfin in Venedig erkrankte, kehrt Liszt Ende Mai/ Anfang Juni 1838 nach Venedig zurück, wo er erfährt, dass die Gräfin sich inzwischen einem anderen Liebhaber, einem Grafen Emilio Malazzoni, zugewendet hat. Die Auflösung dieser Affäre zieht sich bis in den September 1838 hinein hin. Zudem ist das Problem der in Genf zurückgelassenen Blandine noch immer ungelöst. Nachdem die Gräfin sich brieflich an einen Bekannten in Genf gewendet hat, trifft Blandine in der Begleitung ihrer Amme am 5. Januar 1839 in Mailand und am 15. Januar 1839 bei ihren Eltern in Florenz ein.
Ein bei seiner Abreise von Wien gegebenes Versprechen Liszts, Anfang September 1838 zu neuen Konzerten zurückzukehren, ist auf Grund seiner privaten Situation uneingelöst geblieben. Bei beständigen Streitigkeiten mit der Gräfin setzt Liszt als neuen Plan durch, dass er, beginnend mit dem Winter 1839/40, für eine Zeit von anderthalb Jahren in den wichtigsten Musikzentren konzertieren und damit Kapital bilden will. Nach Abschluss dieser Phase wollen beide nach Italien zurückkehren und sich dort niederlassen. Liszt will dann mit der Komposition von Opern und anderen repräsentativen Werken beginnen.
[Bearbeiten] Winter 1839/40 bis Sommer 1841
Seit dem Winter 1839/40 konzertiert Liszt in Wien, in Budapest, in Prag, in Leipzig und Dresden, in Paris, in London, im Rheinland, in Hamburg, in der britischen Provinz, in Belgien, wieder in Paris und in London, bis zum Mai/Juni 1841 die gesetzte Frist von anderthalb Jahren abgelaufen ist. Bei allem äusseren Anschein von sensationellen Erfolgen hat sich jedoch gezeigt, dass der ursprünglich gefasste Plan mit Hinblick auf den wirtschaftlichen Ertrag ein Fehlschlag gewesen ist. Dies ist vor allem dadurch entstanden, dass Liszt im Zusammenhang mit seiner Tournee durch die britischen Provinzen einen riesigen Geldverlust erlitten hat, den er nicht mehr aufholen konnte. In der Zeit eines Urlaubsaufenthalts auf der Rheininsel Nonnenwerth überredet er deshalb die Gräfin, einer Verlängerung seiner Konzerttätigkeit um zwei Jahre zuzustimmen. Mit dieser Entscheidung beginnt in eigentlichem Sinn die Identifizierung Liszts mit dem Virtuosenberuf.
[Bearbeiten] Herbst 1841 bis Frühjahr 1844
Nach dem Ende des Aufenthalts auf der Insel Nonnenwerth reist Liszt über Zwischenstationen zu Konzerten nach Berlin. In Berlin lernt er die Schauspielerin Charlotte von Hagn kennen, mit der sich eine Liebesbeziehung entspinnt. Die Gräfin in Paris erfährt hiervon durch Zuträger, die sie auf der Insel Nonnenwerth kennenlernte. In diesem Zusammenhang kommt es Mitte Oktober 1842 zu einem Eklat, weil es so aussieht, dass Liszt einen Monat zuvor in Koblenz oder in Köln entgegen seinen Beteuerungen mit Charlotte von Hagn zusammengekommen ist. Auf seiner zweiten Russlandreise findet er deshalb am 11. November bei seiner Ankunft in Frankfurt a. M. einen Brief der Gräfin vor, den er als sofortiges Ende der Zweierbeziehung interpretiert. Er versucht, zu vermitteln, und bietet an, seine Reisetätigkeit - wie geplant - im Sommer des Jahres 1843 zu beenden. In der Zeit seines Aufenthalts in Berlin im Winter 1842/43 führt er mit Charlotte von Hagn einen Bruch herbei. Als er dann im Sommer 1843 wieder mit der Gräfin auf der Insel Nonnenwerth zusammentrifft, sind die Verhältnisse bereits in solcher Art angespannt, dass an eine Fortsetzung der Beziehung kaum noch zu denken ist. Im Frühjahr 1844 einigt Liszt sich in Paris mit der Gräfin in einer schriftlichen Erklärung darauf, dass er auf alle Rechte bezüglich seiner beiden Töchter verzichten und hohe Alimentenzahlungen leisten will. Zu diesem Zweck ist vorgesehen, dass er in weiteren Konzerten hinreichendes Kapital erwirtschaften und dieses Kapital bei einer Bank - er wählt die Bank Rothschild - in mündelsicheren Wertpapieren anlegen muss. Die frühere Beziehung mit Liszt ist damit aus der Sicht der Gräfin ein abgeschlossenes Kapitel ihrer Biografie.
[Bearbeiten] Sommer 1844 bis Sommer 1845
Nach Konzerten in der französischen Provinz verbringt Liszt den Winter 1844/45 in Spanien und Portugal, wo er davon erfährt, dass in seinem Bekanntenkreis in Paris das Manuskript eines quasi-autobiographischen Romans Nélida der Gräfin d'Agoult zu kursieren beginnt. Da er sich dadurch in seinem Ansehen angegriffen fühlt, wenn er auch später in Briefen an die Gräfin das Gegenteil behaupten wird, bemüht er sich darum, die Gräfin von seinen Kindern fern zu halten. Nach gegenseitigen Drohungen mit Rechtsschritten verzichtet schließlich die Gräfin auf eigene Rechte an den Kindern. Im Sommer 1845 verliert Liszt im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten zur Enthüllung eines Beethoven-Denkmals in Bonn einen großen Teil des zuvor in Konzerten erwirtschafteten Kapitals. Er ist zudem an einem gesundheitlichen Tiefpunkt angelangt, doch sieht er sich der Notwendigkeit gegenübergestellt, seine Konzerttätigkeit ein weiteres Mal zu verlängern, damit er seinen Pflichten in Bezug auf die Alimentenzahlungen nachkommen kann.
[Bearbeiten] Herbst 1845 bis August 1846
Nach einem Erholungsaufenthalt in Baden-Baden, den er zusammen mit der Tänzerin Lola Montez verbringt, gelingt es Liszt mit einem immensen Arbeitspensum bis zum August 1846, ein Kapital zu sammeln, dessen Erträge für die Alimentenzahlungen und die für den Lebensunterhalt seiner Mutter erforderlichen Gelder ausreichend sind. Da er sich aber ästhetische Skrupel in seinen Konzerten kaum noch leisten kann, er sich vielmehr an einem allgemeinen Publikumsgeschmack orientieren muss, um Geld zu verdienen, ist sein künstlerisches Ansehen, insbesondere sein Ansehen als Komponist, beständig gesunken. Es kommt hinzu, dass mit grossem Aufsehen inzwischen der Roman Nélida zuerst in Fortsetzungen in einer Pariser Zeitschrift und dann im August 1846 als Buch erschienen ist. Liszt wird infolgedessen mit der Romangestalt Guerman Regnier identifiziert, einem Maler mit einer amoralischen Lebensanschauung, der als kreativer Künstler versagt. Als zusätzliches Problem macht Liszt sich klar, dass das in seinen Konzerten erwirtschaftete Kapital ihm für die eigene Lebensgestaltung gar nichts nützt, weil es zur Deckung der Alimentenzahlungen in der Bank Rothschild fest angelegt bleiben muss. Da er sich an ein Leben in Luxus gewöhnt hat und nicht mehr darauf verzichten kann oder will, denkt er ernsthaft daran, eine Karriere als Komponist vollständig aufzugeben und nur noch in Konzerten tätig zu sein. Rückblickend auf diese Phase seiner Biografie wird er sich später in seinem Buch über Chopin als Künstler bezeichnen, der seine Begeisterung erstickt und sein Ideal mit den Füßen tritt.
[Bearbeiten] Herbst 1846 bis Oktober 1847
Im August 1846 bricht Liszt zu einer neuen Reise auf, die entlang der Donau bis nach Konstantinopel führen soll. Unterwegs lernt er im Februar 1847 zum Anlass eines Konzerts in Kiew die Fürstin Carolyne von Sayn-Wittgenstein kennen, auf deren Landgut Woronince er im Frühjahr und im Herbst 1847 einige Zeit verbringt. Am 22. Oktober 1847, seinem 36. Geburtstag, schreibt er an die Gräfin d'Agoult einen Abschiedsbrief. An dem gleichen Tag wird er in Woronince in einer feierlichen Zeremonie zum "Seeleneigenen" der Fürstin Wittgenstein. Damit hängt es zusammen, dass er hinfort nicht mehr für Geld konzertieren darf. Als Ersatz bietet die Fürstin an, dass sie ihren Ehemann verlassen und Kapital für die von Liszt gewohnte luxuriöse Lebensführung zur Verfügung stellen will. Liszt hat in diesem Sinn vielleicht ein gutes Geschäft gemacht, wie er in einem Brief an seine Mutter schreibt, doch hat er für viel Geld seine Seele verkauft. Von den Problemen, die sich für ihn daraus ergeben werden, weiß er noch nichts. Da er im Oktober 1842 zum außerordentlichen Kapellmeister in Weimar ernannt wurde und in dieser Funktion zu einem jährlichen Aufenthalt von drei Monaten in Weimar verpflichtet ist, kehrt er zum Jahresende 1847 nach Weimar zurück. Als dann im März 1848 in Paris die Revolution ausbricht, sieht es für Liszt im Moment so aus, dass seine sämtlichen Anstrengungen in Konzerten vergeblich gewesen sind. Das Bankhaus Rothschild stellt alle Zahlungen ein, und es gehen Gerüchte um, wonach das Bankhaus kurz vor der Pleite steht. In diesem Moment erfährt Liszt aus einem Brief der Fürstin Wittgenstein, dass sie sich mit einem Kapital von mehreren Millionen im Gepäck auf der Anreise befindet. Damit beginnt ein neues Kapitel seiner Biografie, in dessen Verlauf die Fürstin ihr immenses Vermögen fast vollständig verlieren, und an dessen Ende Liszt am 22. Oktober 1861, seinem 50. Geburtstag, ein weiteres Mal vor einem Scherbenhaufen stehen wird.
[Bearbeiten] Die Weimarer Zeit
Nach dem Tod Johann Nepumuk Hummels im Oktober 1837 schrieb Liszt einen Brief an den Großherzog von Weimar, um sich in der Nachfolge Hummels um die frei gewordene Stelle des Hofkapellmeisters zu bewerben. Liszt erhielt jedoch keine Antwort; und die zuständigen Stellen am Weimarer Hof bemühten sich zuerst um andere Kandidaten. Mit dem leitenden Gedanken, dass der Name eines berühmten Klaviervirtuosen dem kulturellen Ansehen der Stadt förderlich sei, wurden beispielsweise Thedor Döhler und Sigismund Thalberg, aber auch Felix Mendelssohn Bartholdy mit Angeboten bedacht. Mit Wirkung zum 1. Juli 1840 hatte schließlich André Hippolyte Chelard das Amt des Hofkapellmeisters übernommen. Liszt wurde im Oktober 1842 zum Hofkapellmeister in außerordentlichen Diensten ernannt. Mit den außerordentlichen Diensten war gemeint, dass er zu einem Aufenthalt in Weimar von jährlich drei Monaten und in dieser Zeit zur Leitung von Konzerten verpflichtet war. Die Position Chelards blieb davon unberührt. Liszt ist seinen neuen Pflichten erstmals im Winter 1843/44 und dann im Winter 1845/46 nachgekommen. Er hätte sich auch zum Winter 1846/47 in Weimar einfinden müssen, doch befand er sich in dieser Zeit auf seiner Reise nach Konstantinopel, so dass er nicht abkömmlich war. Bis zum Ende des Jahres 1846 hatte er sich zudem Hoffnungen gemacht, als Nachfolger Donizettis in dem Amt des Kammerkapellmeisters in Wien eingesetzt zu werden. In dieser Angelegenheit sollte im März 1847 entschieden werden, doch haben sich die Hoffnungen Liszts zerschlagen. Die Amtspflichten des erkrankten Donizetti wurde zuerst von Benedikt Randhartinger kommissarisch übernommen; danach wurde der Posten aus Gründen einer aktuellen Finanzkrise des österreichischen Staates nicht wieder besetzt.
Ende 1847 stellte Liszt sich wieder in Weimar ein, wo er seit dem Frühjahr 1848 mit der Fürstin Wittgenstein zusammenlebte. Es wurden Heiratspläne geschmiedet, deren Verwirklichung jedoch als Hindernis entgegenstand, dass die Fürstin sich zuerst um eine Aufhebung ihrer früheren Ehe bemühen musste. Die Bemühungen der Fürstin führten nach einem monströsen Verfahren in vielen Instanzen bis zum Beginn des Jahres 1861 zum Erfolg. Nachdem sie am 9. September 1860 in Rom ihr Anliegen Papst Pius IX in einer Audienz vorgetragen hatte, fiel am 22. September die Entscheidung der Kardinalskonferenz zu ihren Gunsten aus. Die Entscheidung wurde zwei Tage später von dem Papst formell bestätigt, doch musste wegen einer Einrede Gustav Hohenlohes, später selbst Kardinal, die Kardinalskonferenz noch ein letztes Mal in der Angelegenheit der Fürstin tagen. Am 8. Januar 1861 wurde abschließend zu ihren Gunsten entschieden, so dass einer Heirat mit Liszt nichts mehr im Wege stand. Es wurde der Plan gefasst, dass am 22. Oktober 1861, Liszts 50. Geburtstag, in Rom eine Hochzeit stattfinden sollte. Nachdem Liszt sich am 21. Oktober 1861 auch in Rom eingefunden und die Fürstin ein auf den 23. Oktober 1861 vordadtiertes Testament bereits mit dem Namen "Carolyne Liszt" unterschrieben hatte, zog sie am späten Abend des 21. Oktober ihre Einwilligung zu der Heirat zurück. Obwohl Liszt bis in die 1870er Jahre hinein noch mehrfach in Briefen auf den Heiratsplan zurückgekommen ist, war an der Weigerung der Fürstin nichts mehr zu ändern. In Briefen an verschiedene Bekannte hat sie in den frühern 1870er Jahren als Begründung angegeben, dass sie beginnend mit dem Jahr 1848 in der ganzen Zeit des Zusammenlebens in Weimar von Liszt mit anderen Damen betrogen worden sei. Nachdem er dann gerade im September 1860, als das Hindernis, das einer Heirat mit der Fürstin entgegenstand, durch die Entscheidung der Kardinalskonferenz weggefallen war und er in einem Testament, das in dieser Zeit entstand, sich in einem feierlichen Eid verpflichtete, eventuelle Schwächen seines Charakters zu überwinden und in allen Teilen seines Verhaltens nur noch leuchtendes Vorbild anspruchsvollster Moral zu sein, auf eine intime Beziehung mit der Sängerin Emilie Genast verfiel, habe sie seinerzeit, nachdem sie von seiner Beziehung mit Emilie Genast erfuhr, ihre Einwilligung zu der Heirat zurückgenommen. Da von ihrem einstigen Vermögen von mehreren Millionen im Zuge des Aufhebungsverfahrens ihrer früheren Ehe lediglich noch ein sehr geringer Bruchteil übrig geblieben war, sie rechnete im Dezember 1861 damit, dass ihr in einer Frist von sechs, acht oder zehn Jahren gar nichts mehr blieb und sie dann auf Almosen angewiesen sein würde, sah sie Liszt als undankbaren Menschen an.
Soweit es nur darum geht, das Scheitern von Liszts Eheprojekt zu verstehen, reicht es aus, wenn man die Angaben der Fürstin in ihren Briefen als ihre subjektive Sicht der Dinge zur Kenntnis nimmt. Auf den objektiven Wahrheitsgehalt, ob Liszt sich beispielsweise im September 1860 tatsächlich auf eine intime Beziehung mit Emilie Genast eingelassen hat, kommt es dabei nicht an. Es fällt allerdings auf, dass diejenigen Damen, für die sich in der Zeit von 1848 bis 1860 wirklich intime Beziehungen mit Liszt aus seinen Briefen nachweisen lassen, in den Briefen der Fürstin unerwähnt geblieben sind. Dabei geht es erstens um eine "Madame F..." aus Frankfurt a. M., eine frühere Geliebte des Fürsten Wittgenstein, mit der Liszt im März 1848 in Weimar zusammenlebte, und die er in Anbetracht der Anreise der Fürstin in großer Eile nach Paris befördern ließ. Aus dem Briefwechsel Liszts mit seiner Mutter ist bekannt, dass die Dame wegen der Behauptung, von Liszt schwanger zu sein, in Paris einige Gelder bezog. Im November 1848 gab sie schließlich an, ihr Kind bei einer Fehlgeburt verloren zu haben. Zweitens geht es um Agnes Street-Klindworth, die sehr zahlreiche Briefe Liszts hinterlassen hat. Die Briefe lagen früher in einer stark retuschierten Ausgabe als Briefe an eine Freundin vor, doch steht inzwischen eine sehr aufwändig kommentierte Komplettausgabe Pauline Pocknells zur Verfügung. Den Briefen ist zu entnehmen, dass Agnes Street-Klindworth in der Zeit seit etwa 1853 Liszts heimliche Geliebte und faktische Hauptbeziehung gewesen ist. Es zeigt sich zudem, dass Liszt starke Anstrengungen unternommen hat, damit die Fürstin nichts von der Beziehung erfuhr. Danach steht fest, dass er die Fürstin tatsächlich betrogen hat. Die Frage, ob dies außerdem noch - wie von der Fürstin angenommen - mit der Sängerin Hermine Haller, der Frau Venus in der Weimarer Tannhäuser-Inszenierung vom Februar 1849, oder mit Emilie Genast geschah, kann an dieser Stelle offen bleiben. Möglicherweise hat sich die Fürstin bei einem grundsätzlich berechtigten und zutreffenden Verdacht in Bezug auf die Identität der in Frage kommenden Damen geirrt. An dem katastrophalen Ergebnis für Liszt ändert sich nichts. Aus der Sicht der Fürstin hatte sich auch an seinem Status als "Seeleneigener" nichts geändert. Wird dies ernst genommen, dann war er künftig unfrei, ohne dass er Ansprüche stellen konnte. Vor diesem Hintergrund verbindet es sich mit einem eigentümlichen Sinn, dass Liszt sich im Herbst 1861 kurz nach dem Scheitern des Eheprojekts an das Lied Löse Himmel meine Seele von Eduard Lassen erinnerte und es als Klavierstück transkibierte, um es sich selbst vorzuspielen. Die spätere Verkoppelung der Bearbeitung des Lieds Ich weil' in tiefer Einsamkeit, eines komponierten Liebesbriefs an die Widmungsträgerin Olga von Meyendorff, mit einer Neuversion der Bearbeitung des Lieds Löse Himmel meine Seele lässt sich nach dem gleichen Sinn verstehen.
Neben dem Dirigieren und Komponieren widmete sich Liszt dem Unterrichten. Sehr bald entwickelte sich die Altenburg, sein Wohnsitz in Weimar, zu einem Zentrum für Schüler, Literaten, Künstler und Komponisten. Zu seinen berühmtesten Schülern in dieser Zeit gehörten Hans von Bülow und Carl Tausig. Auch viele zeitgenössische Komponisten besuchten Liszt und die Fürstin Sayn-Wittgenstein auf der Altenburg, so auch Johannes Brahms und Clara und Robert Schumann.
[Bearbeiten] Römische Jahre
Im Herbst 1862 sind in Briefen Liszts Hinweise enthalten, wonach er in dieser Zeit damit begann, sich auf ein Leben in der Abgeschiedenheit einzustellen. Als auslösender Anlass ist eine neue Katastrophe seines Privatlebens anzusehen. Nachdem am 13. Dezember 1859 bereits sein Sohn Daniel gestorben war, kam am 11. September 1862 seine Tochter Blandine ums Leben, weil ein zur Linderung eines starken Katarrs ausgeführter Luftröhrenschnitt misslungen war. In einem Brief an Franz Brendel vom 8. November 1862 schrieb Liszt, dass er sozusagen unzurechnungsfähig für anderwärtige Angelegenheiten sei. Der angedeuteten Entwicklung entspricht in seinen Kompositionen, dass er am 22. Oktober 1862, seinem 51. Geburtstag, seine frühere Klavierbearbeitung der Ouvertüre zu Wagners Tannhäuser nahm. Er schnitt denjenigen Teil heraus, in dem in Tönen das Leben im Venusberg geschildert wird, so dass auf diese Weise eine neue Version, der "Pilgermarsch", entstand, in der es nur noch Pilger im Büßergewand gibt. Da Liszt ein Jahr zuvor wie Tannhäuser von Thüringen nach Rom gereist war und dann im Zusammenhang mit dem Scheitern seines Eheprojekts erlebte, dass ihm eigene Sünden nicht vergeben wurden, drängte sich eine persönliche Identifizierung auf. Die von Liszt gezogene Konsequenz bestand darin, dass er die Quelle seines Unglücks in seinem Geschlechtsleben sah. Für den Fortgang seines Lebens nahm er sich deshalb Enthaltsamkeit und Entsagung vor.
Liszt bemühte sich um eine entsprechende Umgebung, die er schließlich in dem Kloster Madonna del Rosario fand, wo er am 20. Juni 1863 eine spartanisch eingerichtete kleine Wohnung bezog. Am 25. April 1865 wurde er von Gustav Hohenlohe zum Geistlichen geweiht. Es folgten noch einige höhere Weihen, doch mochte Liszt den vollständigen Weg bis hin zur Priesterweihe nicht gehen. Im Alter gab er zur Begründung an, dass er auf einen Rest von Freiheit nicht habe verzichten wollen. Als weltlicher Kontrapunkt zu dem Eintritt Liszts in den geistlichen Stand erschienen in der zweiten Hälfte des Jahres 1865 seine beiden Episoden aus Lenaus Faust, deren erste, der 1. Mephisto-Walzer, eine wüste Szene in eine Dorfschänke zur Darstellung bringt. Die Verantwortung für dieses Zusammentreffen fiel allerdings zufolge eigener Angaben Liszts nicht ihm selbst, sondern dem Verleger Schuberth zu.
Die Abgeschiedenheit Liszts bedeutet nicht, dass er der künstlerischen Welt vollständig verloren gegangen war. Er nahm neue Schüler an, darunter seit 1863 Giovanni Sgambati, dem er besondere Aufmerksamkeit und Wohlwollen zukommen ließ. Am 26. März 1863 wurden in einem Konzert im Palazzo Altieri unter der Leitung Liszts die Seligkeiten aus seinem Christus-Oratorium und sein Cantico del Sol di Francesco d'Assisi, sowie die Schöpfung von Haydn und weitere geistliche Werke von J. S. Bach, Beethoven, Jornelli, Mendelssohn und Palestrina aufgeführt. Am 21. März 1864 war Liszt an einem Konzert im neuen Gebäude des Castro Pretoriano neben den Thermen des Diokletian mit vier Solonummern, darunter seine Transkriptionen des Cuijus animam aus dem Stabat mater und des Chorsatzes La Charitas von Rossini, als Pianist beteiligt. Am 4. Januar 1866 wurde in der Kirche Ara Coeli das Stabat mater aus seinem Christus-Oratorium und am 26. Februar 1866 zum Anlass der Einweihung eines neuen Konzertsaals seine Dante-Sinfonie aufgeführt.
Im Gesamteindruck sind diese und noch einige weitere Gelegenheiten einer Beteiligung Liszts an dem öffentlichen Konzertleben in Rom allerdings als Ausnahmen anzusehen. Bódog Pichler, der ihn 1864 besuchte und hinsichtlich seiner weiteren Pläne befragte, gewann aus den Worten Liszts den Eindruck, dass sich dieser unter den gegebenen Umständen in Rom in praktischer Hinsicht nicht recht bewähren könne. Damit hängt es wohl zusammen, dass Liszt seit 1864 mit einer gewissen Regelmäßigkeit im Frühjahr oder im Sommer Rom verließ. In der deutschen Presse wurden heftige Gefechte zu dem Thema der im Juni 1859 von Franz Brendel geprägten Begriffsbildung einer "Neudeutsche Schule" ausgetragen. In den Debatten ging es insbesondere um den künstlerischen Rang der Kompositionen Liszts, der außerdem als Ehrenvorsitzender des 1859 unter seiner maßgeblichen Beteiligung gegründeten Allgemeinen deutschen Musikvereins beteiligt war. Er nahm deshalb im August 1864 an einer Tonkünstlerversammlung des Allgemeinen deutschen Musikvereins in Karlsruhe teil.
Seit dem Jahr 1864 sah Liszt sich auch in dem Bereich seines Privatlebens vor neue Probleme gestellt, nachdem seine Tochter Cosima, seit dem 18. August 1857 mit seinem Schüler Hans von Bülow verheiratet, die Geliebte Wagners geworden war. Liszt stellte sich auf die Seite Bülows, doch zeigte sich am Ende, dass alle Bemühungen, die Ehe Bülows zu retten, vergeblich waren. Liszt besuchte am 9. Oktober 1867 Wagner in dessen Haus "Triebschen" bei Luzern am Vierwaldstättersee, in der Hoffnung, das Schicksal in einer weiteren Aussprache noch zugunsten Bülows wenden zu können. Er blieb bis zum nächsten Tag und lernte die bis dahin fertig gestellten Teile der Meistersinger von Nürnberg kennen. War er von der Komposition hingerissen und begeistert, so musste er in anderer Hinsicht erkennen, dass zugunsten Bülows nichts mehr auszurichten war. Er brach darauf den Kontakt mit seiner Tochter und mit Wagner ab.
Nachdem am 6. Februar 1866 in Paris Liszts Mutter gestorben war, traf er Anfang März 1866 zum Anlass einer Aufführung seiner Graner Messe am 15. März 1866 in der Kirche St. Eustache selbst dort ein. Die Einstudierung erwies sich aber als mangelhaft und der Erfolg als gering. Liszt nahm an, dass für Teile der für ihn ungünstig gestimmten Presse die Gräfin d'Agoult verantwortlich sei, die gleichzeitig eine Neuauflage ihres Romans Nélida erscheinen ließ. Es kam zu einer letzten Begegnung Liszts mit der Gräfin, doch trennten sich beide im Streit. Im April 1866 setzte Liszt sich in Paris mit Bekannten, darunter Hector Berlioz und Joseph d'Ortigue, sowie mit prominenten Kritikern zusammen, um an Hand der Partitur den Nachweis zu führen, dass die Graner Messe nicht als Verneinung aller Musik, sondern als sinnvolles Kunstwerk anzusehen sei. Dies wurde jedoch zu seinem Nachteil ausgelegt, da es fortan hieß, er habe die Messe ohne Inspiration, lediglich mit Hilfe ausgeklügelter Verstandesoperationen komponiert.
Im Oktober 1868 verdichteten sich Gerüchte, wonach es die Absicht Liszts sei, Rom zu verlassen und sich entweder wieder in Weimar oder in Ungarn niederzulassen. Am 22. Oktober 1868, seinem 57. Geburtstag, wurde in Rom vormittags ein Konzert zu Ehren Liszts gegeben, an dem er selbst mitwirkte, und am späten Nachmittag gaben in seiner Wohnung seine Schüler ein weiteres Konzert. Es fällt auf, dass Liszts letzte Komposition, die er bis zum Oktober 1868 fertig stellte, ein Requiem war. Er hatte insoweit auch musikalisch mit einer Phase seines Lebens abgeschlossen.
[Bearbeiten] Dreifaltiges Leben
Das Jahr 1869 ist als Beginn eines neuen Abschnitts in der Biographie Liszts anzusehen. Er kehrte nach mehrfachem Drängen des Großherzogs im Januar nach Weimar zurück. Es wurde ihm im Obergeschoss der Hofgärtnerei eine Wohnung zur Verfügung gestellt, die in seinem schon bald dreifaltig gestalteten Lebenswandel ein fester Stützpunkt blieb. In Rom stand ihm eine Wohnung in der Villa d'Este zur Verfügung.
Neben Rom und Weimar kam Budapest als dritter Stützpunkt hinzu. Als 1859 Liszts Buch Des Bohémiens et de leur musique en Hongrie ("Die Zigeuner und ihre Musik in Ungarn") erschienen war, hatte die zentrale These, wonach die von den Zigeunern in Ungarn gespielte Musik als die wahre ungarische Musik anzusehen sei, in Ungarn starke Proteste ausgelöst. Zum Teil damit hängt es wohl zusammen, dass sechs Jahre vergangen waren, bevor Liszt erneut eine Einladung nach Budapest annahm. Es wurde dort am 15. August 1865 unter seiner Leitung sein Oratorium Die Legende von der Heiligen Elisabeth uraufgeführt. Im Juni 1867, zum Anlass der Uraufführung seiner Ungarischen Krönungsmesse, hatte Liszt sich für zwei Wochen ein weiteres Mal in Budapest aufgehalten.
Nachdem er dann am im November 1870 ein weiteres Mal in Budapest erschienen und diesmal bis zum 22. April 1871 geblieben war, hoffte man dort, dass er sich vollständig in Ungarn niederlassen würde. Er wurde am 13. Juni 1871 zum königlichen Rat ernannt und mit einer jährlichen Rente von 4.000 Gulden versehen. Liszt sah es danach als seine Pflicht an, jährlich einige Monate in Budapest zu verbringen. Er erhielt auch dort eine Wohnung, so dass er von nun an drei Wohnsitze besaß.
Im Jahr 1869 kam der Gedanke an die Gründung einer auf Kosten des ungarischen Staates zu errichtenden Musik- und Gesangsakademie auf. Die erforderlichen Maßnahmen der Gesetzgebung zogen sich allerdings für mehrere Jahre hin. Mit einem Entschluss des Königs vom 21. März 1875 wurde schließlich Liszt als Präsident der noch zu errichtenden Hochschule eingesetzt. Die Eröffnung der Hochschule fand am 14. November 1875 in seiner Abwesenheit statt, weil nach seiner Ansicht der erforderliche organisatorischen Aufwand von seinen Professorenkollegen Franz Erkel, Kornél Ábrányi und Robert Volkmann alleine zu bewältigen war. Liszt erschien am 15. Februar 1876 in Budapest, worauf mit einer Klasse von zunächst neun Schülern sein Unterricht im höheren Klavierspiel begann. In den nachfolgenden Jahren hielt er sich jeweils im Winter für eine Zeit von mehreren Monaten in Budapest auf.
Parallel zu der Entfaltung von neuen Aspekten einer beruflichen Tätigkeit lassen sich auch in Liszts Privatleben neue Ansätze erkennen. Eine Affäre mit Olga Janina, die 1869 in Rom seine Klavierschülerin geworden war, führte zu einem katastrophalen Ergebnis und nach der Veröffentlichung verschiedener Enthüllungsbücher der Dame zu einem Skandal. In der gleichen Zeit erhielten verschiedene Bekannte Liszts, darunter sein Onkel Eduard Liszt in Wien und der Baron Antal Augusz in Ungarn, enthüllende Briefe der Fürstin Wittgenstein, in denen ebenfalls von bedenklichen Aspekten von Liszts Charakter zu erfahren war. War dieser Versuch Liszts, zu einem eigenständigen Privatleben zu gelangen, insoweit ein Fehlschlag gewesen, so war seit 1872 Olga von Meyendorff die zentrale Damengestalt in seinem Leben. Während in seinen Briefen an die Fürstin nicht selten eine mit kompliziert gewundenen Formulierungen der Höflichkeit überdeckte Abwehrhaltung zu erkennen ist und man seit der Veröffentlichung der Tagebücher von Liszts Biographin Lina Ramann weiß, dass es zwischen Liszt und der Fürstin starke Aggressionen gab, sind seine Briefe an Olga von Meyendorff typischerweise unkompliziert und aufrichtig formuliert.
Im Jahr 1872 begann für Liszt zudem eine neue Art von Familienleben. Nachdem er einer Einladung Wagners vom 18. Mai 1872 nach Bayreuth gefolgt war, kam es dort zu einer Versöhnung mit seiner Tochter Cosima und Wagner. Entgegen starker Proteste der Fürstin blieb Liszt auch in den nachfolgenden Jahren ein häufiger Gast in Bayreuth. Eine vollständige Loslösung Liszts von der Fürstin lag allerdings nicht in dem Bereich seiner Möglichkeit. Sie kam noch in einem Brief zu seinem 70. Geburtstag auf die feierliche Zeremonie vom 22. Oktober 1847 in Woronince zurück, ihn daran erinnernd, dass der vor nunmehr 33 Jahren geschlossene Bund unverändert und bis in alle Ewigkeit gültig blieb. Mochte Liszt auch große Teile des Jahres außerhalb von Rom und Italien verbringen, so blieb er noch immer "Seeleneigener" der Fürstin Wittgenstein.
[Bearbeiten] Letzte Jahre
Bereits in früheren Phasen seines Lebens war Liszt eine Persönlichkeit voller Widersprüche und mitunter selbst in seiner engeren Umgebung nur in Teilen seines Verhaltens verständlich gewesen. In den 1880er Jahren war ein Stadium erreicht, bei dem über die Wirklichkeit, die sich hinter einer mit viel Routine aufrecht gehaltenen Fassade verborgen haben mag, nur noch in grober Annäherung gesprochen werden kann. Die Briefe Liszts sind in einem unverbindlich höflichen Stil gehalten, der von inneren Teilen seines Seelenlebens kaum Spuren durchscheinen lässt. In den Schilderungen der Memoiren seiner prominenten Schüler strahlt er typischerweise einen quasi jugendlichen Optimismus aus. Wird dagegen der Inhalt der Kompositionen seines Spätstils zum Maßstab genommen, so hat man es mit einem Menschen zu tun, der erschöpft und innerlich zerbrochen ist. Von der früheren Flamme seiner gestalterischen Fantasie war ihm nur noch der Rest eines flackernden Kerzenlichts geblieben.
Im Herbst 1881 wurde als Folge eines übermäßigen Alkoholkonsums eine Wassersucht Liszts diagnostiziert, und auf seine Biographin Lina Ramann wirkte er erstmals greisenhaft. Das nachfolgende Jahr 1882 ist noch in anderer Hinsicht als Krisenjahr anzusehen. Nachdem im vorhergehenden Jahr 1881 eine von der Fürstin Wittgenstein bearbeitete Neuauflage seines Buchs über die Zigeuner und ihre Musik in Ungarn erschienen war, sah Liszt sich seit dem Frühjahr 1882 Vorwürfen eines von ihm angeblich vertretenen Antisemitismus gegenübergestellt. In Budapest wurden infolgedessen Aufführungen seiner Werke boykottiert oder abgesetzt. In der gleichen Zeit erhoben sich Stimmen, wonach der musikalische Stil seiner früheren Ungarischen Rhapsodien nicht spezifisch ungarisch sei. Liszt hatte danach Grund, Teile seines Lebenswerks als verfehlt anzusehen. Er reagierte mit der Komposition von neuen Rhapsodien in stark verändertem Stil. Im März 1883 komponierte er zudem sein Ungarisches Königslied mit einem Text von Kornél Abrányi, der in seinem patriotischen Überschwang und einer bis zum Extrem gesteigerten Unterwürfigkeit gegenüber dem ungarischen Königshaus nichts zu wünschen übrig ließ. Der Stil der neuen Rhapsodien wurde aber von Liszts Gegnern als weiterer Beweis für seine kompositorische Unfähigkeit oder als Entgleisungen eines alt gewordenen Exzentrikers registriert. Eine Aufführung des Ungarischen Königslieds wurde von der Zensur untersagt, weil Liszt eine Melodie verwendet hatte, der in früheren Zeiten ein revolutionärer Text zugeschrieben worden war.
Problematisch gestaltete sich auch das Verhältnis Liszts zu seinen Verwandten in Bayreuth. Als er im Sommer 1882 zur Uraufführung des Parsifal erschienen war, kam es zu starken Auseinandersetzungen mit Wagner, worauf Liszt zwischenzeitlich Bayreuth verließ. Er fühlte sich zudem in seiner Ehre gekränkt, weil der Kaiser von Brasilien zwar Wagner in dessen Haus Wahnfried besuchte, es dann aber unterließ, auch einen Besuch bei Liszt in der Hofgärtnerei in Weimar abzustatten. Zum Ende des Jahres 1882 lebte Liszt für einige Wochen mit Wagner und dessen Familie in Venedig zusammen; und es sind viele Einzelheiten des Zusammenlebens aus dem Tagebuch seiner Tochter Cosima bekannt. Zufolge dieser Schilderungen war das Verhältnis Liszts und Wagners in einer nur schwer erträglichen Art angespannt. Dabei blieb der größte Teil der Aggressionen, die von Wagner ausgingen, für Liszt verborgen, weil sich Wagner vor allem am Morgen in Gesprächen mit Cosima in zum Teil groben Formulierungen über ihren Vater in dessen Abwesenheit beschwerte. Nachdem dann Wagner am 13. Februar 1883 gestorben war, erfuhr Liszt aus einem Brief seiner Tochter Cosima, dass seine Anwesenheit in Bayreuth unerwünscht war. Er reagierte in Briefen an seine Enkelin Daniela von Bülow mit Worten von philosophischer Gelassenheit. Dagegen geht aus dem Tagebuch Lina Ramanns hervor, dass er vor Empörung außer sich war und danach dem Alkohol in einem Umfang zusprach wie nie zuvor.
Für das Verhältnis Liszts zu der Fürstin Wittgenstein in Rom mag das Schicksal seines unvollendeten Oratoriums Stanilaus ein bezeichnendes Beispiel sein. Nachdem Liszt in seiner Legende von der Heiligen Elisabeth einer Heiligen seines Geburtslandes Ungarn gehuldigt hatte, sollte das Oratorium Stanislaus als Huldigung eines polnischen Heiligen ein entsprechendes Seitenstück bezüglich des Geburtslandes der Fürstin sein. Liszt kündigte im Oktober 1869 an, dass die Fertigstellung des Oratoriums bis zum Ende des nachfolgenden Jahres 1870 zu erhoffen sei. Als ihn dann im August 1876 Lina Ramann nach dem Oratorium fragte, reagierte er mit einem Wutanfall. Die Fürstin würde ihn wie einen Knaben bevormunden, indem sie die Komposition großer Werke befahl. Aus der Sicht der Fürstin sei er ein Faulpelz, den man einsperren müsse, um ihn zur Arbeit zu zwingen. Er werde sich dies nicht länger gefallen lassen. Knapp zehn Jahre später, Ende Mai 1886, fragte Lina Ramann ein weiteres Mal nach dem Oratorium. Sie erhielt die gereizte Antwort: "Ewig dieser Stanislaus! Lasst mich doch in Ruhe!" Das Werk blieb unvollendet, und Liszt hatte sich insoweit gegen die Bevormundung der Fürstin durchgesetzt. Seine Aufenthalte in Rom, die er beibehielt, waren aber schon längst keine Ruhepunkte mehr gewesen.
Bei alledem wird man nicht vergessen, dass Liszt eine der bedeutendsten Künstlergestalten des 19. Jahrhunderts gewesen ist. In seinem Klavierunterricht versammelte sich noch in seinen letzten Jahren vor allem in Weimar neben einer großen Zahl von Nieten die klavierspielende Elite seiner Zeit. Wenn er auch bei der Mehrzahl seiner Schüler mit seinen aktuellen Kompositionen weder Interesse noch Anerkennung fand, ging in pädagogischer Hinsicht ein Einfluss von ihm aus, der sehr hoch zu veranschlagen ist. Auf Reisen, die er zu Aufführungen eigener Werke unternahm, wurden ihm wie in früheren Zeiten Ehrungen zuteil. Er hatte diese Ehrungen in Anbetracht seines Lebenswerks trotz mancherlei Wirrnisse seiner vielfach gewundenen Biografie auch verdient.
Im Sommer 1885 reiste Liszt gewissermaßen als Tourist nach Bayreuth, wo er am 21. und am 23. Juli Vorstellungen von Wagners Parsifal besuchte. Nachdem er bei dieser Gelegenheit von seiner Tochter Cosima nicht vorgelassen worden war, hatte er sich vorgenommen, im nächsten Jahr auf eine Reise nach Bayreuth zu verzichten. Er erhielt jedoch im Mai 1886 in Weimar einen Besuch Cosimas, die ihn zum Anlass der Vermählung seiner Enkelin Daniela von Bülow mit dem Kunsthistoriker Henry Thode sowie zum Besuch der Wagner-Festspiele dieses Jahres nach Bayreuth einlud. Liszt sagte trotz einer bereits stark angeschlagenen Gesundheit zu. Für den weiteren Verlauf des Jahres hatte er eine Kur in Bad Kissingen im August und eine Operation seiner schon fast erblindeten Augen im September geplant. Nachdem er dann Anfang Juli 1886 an der Hochzeitsfeier in Bayreuth teilgenommen hatte, hielt er sich für zwei Wochen als Gast von Mihály Munkácsy auf Schloß Colpach in Luxemburg auf. Er spielte am 19. Juli 1886 im überfüllten Luxemburger Casinosaal seinen 1. Liebestraum, das Stück Chant polonaise aus seinen Glanes de Woronince und die 6. Nummer aus seinen Soirées de Vienne nach Walzern Franz Schuberts. Zurückgekehrt nach Bayreuth, wo er mit einer starken Erkältung eintraf, besuchte er am 23. und 25. Juli Aufführungen von Wagners Tristan. Sein Gesundheitszustand hatte sich jedoch beständig verschlechtert, und es wurde ein Arzt hinzugezogen. Es waren aber alle Versuche vergeblich, so dass Liszt am 31. Juli 1886 eine halbe Stunde vor Mitternacht verstarb.
[Bearbeiten] Der Förderer
Liszt ist ohne Zweifel zu den Anhängern des Grafen Saint-Simon zu rechnen, der ein Vordenker von Marx und Engels war; sein sozialer Beitrag war beachtlich. Er zahlte mittellosen Kindern das Schulgeld und erteilte kostenlosen Musikunterricht. Er überwies Renten an alte und kranke Musiker, unterstützte politische Flüchtlinge, spendete ungeheure Summen für Bedürftige, half streikenden Landarbeitern uvm. Viele große Komponisten erhielten finanzielle Mittel von ihm, ohne die sie heute wohl nicht mehr bekannt wären. Hierzu zählen u.a. Richard Wagner, Wendelin Weißheimer, Hector Berlioz, Bedrich Smetana und Edvard Grieg.
Er widmete sich verstärkt der Komposition von Orchesterwerken, allem voran den Sinfonischen Dichtungen, die unter seinem Schaffen eine wegweisende Fortentwicklung sinfonischer Werke darstellten. In dieser Zeit verhalf er u. a. den Kompositionen Richard Wagners zu größerer Bekanntheit. 1849 und 1850 wurden „Tannhäuser“ und „Lohengrin“ in Weimar aufgeführt. Zahlreiche Orchesterwerke u. a. von Robert Schumann, Hector Berlioz, Richard Wagner, Hans von Bülow, Joachim Raff, Anton Rubinstein, aber auch eigene Kompositionen wurden von Liszt in der Folgezeit zu Gehör gebracht. Das Weimarer Publikum hatte daran allerdings wenig Freude. Konservativ und geradezu provinziell, wie es sich gab, favorisierte es das tradierte musikalische Programm und wollte von den modernen Werken der zeitgenössischen Komponisten nichts hören. Dass Liszt ausgerechnet ihr Städtchen zum Bollwerk der Neudeutschen Schule machte, war ihnen bestenfalls gleichgültig. Sein Amt als Hofkapellmeister legte Liszt 1859 erbost nieder, als die Uraufführung der Oper „Der Barbier von Bagdad“ des Komponisten Peter Cornelius vom Publikum niedergezischt wurde. 1861 sorgte der Liszt-Anhänger Felix Draeseke mit der Aufführung seines "Germania-Marsches" für einen Skandal, den viele deutsche Zeitungen zum Anlass nahmen, auch Verrisse über Liszt zu schreiben. Liszt verließ daraufhin Weimar und ging nach Rom.
[Bearbeiten] Lebensabend
1865 empfing Liszt, der schon früher immer wieder religiöse Phasen durchlebte, in Rom die niederen Weihen als Abbé. Wegen seines ausschweifenden Verhaltens wurde er zunehmend bespöttelt; auch sein Weiherang stellte für ihn keinen Grund dar, die zahlreichen Liebeleien mit Frauen aufzugeben. Religiöse Themen und kirchenmusikalische Kompositionen bildeten von nun an den Schwerpunkt seines Schaffens. Zwar war Liszt erst 53 Jahre, als er Abbé wurde, er hatte somit noch 22 Jahre bis zu seinem Tod vor sich. Dennoch lässt sich feststellen, dass das Wesentliche seines Lebens sich bis 1864 abgespielt hat. Seine letzten Jahre verliefen recht unauffällig mit Konzertbesuchen und Dirigaten von Orchesteraufführungen in verschiedenen europäischen Städten.
Als Liszts Tochter Cosima 1864 ihren Mann, den Dirigenten Hans Guido von Bülow, verließ und Richard Wagner folgte (sie heirateten schließlich 1870), war das Verhältnis zwischen Cosima, Wagner und Liszt erheblich gestört. Erst 1872 verbesserte sich die Beziehung langsam. Gleichwohl: Von Wagners Tod 1883 erfuhr Liszt nur durch die Mitteilung, dass Cosima seine Anwesenheit bei der Beerdigung als unerwünscht betrachte.
1886 reiste Liszt – wie in den letzten Jahren regelmäßig – nach Bayreuth, um die unter der Leitung seiner Tochter stehenden Bayreuther Festspiele zu besuchen. Zum Zeitpunkt der Reise war Liszt schon schwer erkrankt. Er starb wenige Tage nach seiner Ankunft am 31. Juli 1886 und wurde auf dem Bayreuther Stadtfriedhof beigesetzt. Damit wurde dem letzten Willen des Verstorbenen entsprochen, den er 17 Jahre vor seinem Tod niedergeschrieben hatte: „Overbecks Hingang (Anm.: die Rede ist von einem Angehörigen seines Freundes Franz Overbeck) hat mich an den meinigen gemahnt. Ich wünsche, bitte und befehle nachdrücklichst, dass meine Bestattung ohne Prunk geschehe, so einfach und schlicht wie möglich. Ich erhebe Einsprache gegen ein Begräbnis, wie jenes Rossinis es war, und selbst gegen jede Zusammenberufung von Freunden und Bekannten, wie bei Overbecks Leichenbegängnis. Keinen Pomp, keine Musik, kein Ehrengeleite, keine überflüssige Beleuchtung noch irgendwelche Reden will ich haben. Ich will keinen anderen Platz für meine sterblichen Überreste, als den Friedhof des Ortes, wo ich sterben werde und die Inschrift meines Grabes könnte lauten: Et habitabunt recti cum vultu suo." (Psalm 139/140,14: die Aufrechten werden vor deinem Angesicht bleiben)
[Bearbeiten] Liszts Lebenswerk
Franz Liszt hat die bis zu seiner Zeit übliche Form des Klavierspiels und dementsprechend auch die Klavierkomposition neu geprägt. Was hierfür entscheidend war: Die Hammerklaviermechanik gab es zwar schon seit 1709 (sie wurde von Bartolomeo Cristofori erfunden), gleichwohl erfuhr sie ihre bedeutendste Fortentwicklung im 19. Jahrhundert. Zudem brach Liszt von Anbeginn mit allen Regeln der Klavierspieltechnik, die zu der Zeit streng nach Lehrbüchern praktiziert wurde. Eine der bekanntesten Vorlagen diesbezüglich dürfte die von Johann Nepomuk Hummel 1828 herausgebrachte "Ausführliche theoretisch-practische Anweisung zum Piano-Forte-Spiel" gewesen sein. Unbeeindruckt von jedweder „Hummelschen Krabbeltechnik“ ließ Franz Liszt seine Hände hoch über die Tastatur fliegen, viele Karikaturen geben Zeugnis von der Eigenart seines Spiels. Hector Berlioz notierte:
- „Was ich bezüglich der Technik als tatsächlich Neues bei den unendlichen unter Liszts Hand entstehenden Tonmassen unterscheiden konnte, beschränkt sich auf Aktzente und Nuancen, die auf dem Klavier hervorzubringen man allgemein für unmöglich gehalten hat und die bisher tatsächlich unerreichbar waren.“ (…)
Zu seinen Erfindungen zählen die so genannten Konzertparaphrasen, bei denen Liszt ein Thema oder mehrere Themen aus bekannten Opern aufgriff und diese ausgeschmückt mit eigenen kompositorischen Ideen zu brillanten Klavierstücken umarbeitete. Bis auf den heutigen Tag sind seiner Technik des Klavierspiels keine nennenswerten Neuerungen hinzugefügt worden.
Sehr bekannt und beliebt sind auch Liszts ungarische Rhapsodien. Sie basieren auf Zigeunerweisen, deren Hauptmerkmal die sogenannte Zigeunertonleiter ist. Hinzuzufügen ist aber, dass Liszt in seinen Kompositionen hierüber gleichwohl den in den Salons seiner Zeit vorherrschenden Musikgeschmack berücksichtigt hat.
Um 1850 setzte in Liszts musikalischer Sprache eine zunehmende Abkehr von der virtuosen Brillanz früherer Werke ein. Die Thematik ist oft religiös inspiriert, und als Liszt 1865 die niederen Weihen eines Abbé empfing, kehrte sich seine Musik langsam von der Welt ab. Harmonisch betrat er nun völlig neue Wege, er ging weit über die Harmonik von Wagners „Tristan und Isolde“ hinaus, sogar das Terrain der Dur-Moll-Tonalität verließ er und gelangte dabei an die Grenze zur Atonalität. Damit stieß er rund 30 Jahre vor Arnold Schönberg und Alexander Skrjabin auf musikalisches Neuland vor, das sich seinen Zeitgenossen unmöglich erschließen konnte, und erwies sich damit als einer der großen Visionäre der Musikgeschichte.
Erwähnenswert ist, dass Liszt seine schöpferische Fantasie gern in den Dienst des Andenkens an Ludwig van Beethoven stellte. Von diesem war er als Zwölfjähriger im April 1823 nach einem Konzert in Wien geküsst worden, was Liszt zeitlebens als große Ehrung empfand. So war es für ihn selbstverständlich, alle neun Sinfonien von Beethoven in Form der Transkription zu Klavierfassungen umzuarbeiten und seinem Publikum in den Konzerten stets den einen oder anderen Satz daraus vorzuspielen.
Bei seinen Werken für Orchester favorisierte Liszt eine Entwicklung, die u. a. von Hector Berlioz angestoßen worden war: Die Gattung der Sinfonischen Dichtung. Ihr Wesensmerkmal ist, der Musik ein „Programm“ zugrunde zu legen (z. B. bei der „Faust“-Sinfonie die gleichnamige Tragödie von Johann Wolfgang von Goethe), und dieses „Programm“ (ausschließlich) instrumental thematisch aufzubereiten und hörbar zu machen. Mit dieser Form erfolgte zugleich die Abkehr von dem bis dahin auch in der Romantik noch sehr gebräuchlichen, formalen Aufbau in der Sinfonie.
Neben der Idee der Programmmusik verwendete Liszt in seinen Werken häufig eine Art Leitmotiv, also ein Motiv, das in verschiedenen Teilen des Werkes wiederkehrt und mit dem häufig ein programmatischer Inhalt verknüpft ist (z.B. das Faust-Mephistopheles-Thema in der Faust-Sinfonie). Seine musikalischen Innovationen können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Das Spätwerk weist weit über seine Zeit hinaus und wurde von seinen Zeitgenossen nicht mehr wahrgenommen. Bezeichnenderweise wurden seine letzten Werke für Komponisten wie Bartok und Schönberg wegweisend, da Liszt deren freie Tonalität und Atonalität antizipierte. Erst ab den 70er Jahren wurde jedoch seine Außergewöhnlichkeit als Komponist von Publikum und Wissenschaft zunehmend erkannt.
[Bearbeiten] Neu entdecktes Liszt Werk
Die Franz-Liszt-Gesellschaft Eschweiler, die 2007 ihr 25-jähriges Jubiläum feiert, kann auf ein besonderes Ereignis schauen: Die "Missa solennis" in der vatikanischen Fassung ist durch Jozsef Ács und Erik Arndt zum erstenmal verlegt worden. Das Manuskript lagerte in den vatikanischen Archiven und ist erst 2006 entdeckt worden. Die Uraufführung dieses Werkes wird am 26.10.2007 stattfinden, da es bisher nie erklungen ist. Ausführende werden unter anderem sein Violetta Palatinus, Sopran, Jozsef Àcs, Orgel und Erik Arndt, Dirigent
[Bearbeiten] Auswahl der Werke Liszts
- Klavierwerke (eine Auswahl)
- Konzertetüden (Gnomenreigen, Waldesrauschen)
- Paganini-Etüden (1838)
- 12 Études d’exécution transcendante (1851)
- Années de pèlerinage (1848-53)
- Sonate h-Moll (1853)
- Ungarische Rhapsodien (ab 1851)
- Mephisto-Walzer (1861)
- Harmonies poétiques et religieuses
- Konzertparaphrasen aus:
- Orchesterwerke (eine Auswahl)
- Ce qu'on entend sur la montagne- Bergsinfonie (Sinfonische Dichtung Nr.1) (1848-1854)
- Tasso, Lamento e Trionfo (Sinfonische Dichtung Nr. 2) (1849/1854)
- Les Préludes (Sinfonische Dichtung Nr. 3) (1848-1854) – Dieses Werk erlangte eine ungewollte Popularität im Dritten Reich, weil der Themenkopf als Erkennungsmelodie zum Wehrmachtsbericht im Rundfunk verwendet wurde.
- Orpheus (Sinfonische Dichtung Nr. 4) (1853-1854)
- Prometheus (Sinfonische Dichtung Nr. 5) (1850/55)
- Mazeppa (Sinfonische Dichtung Nr. 6) (1839/1850)
- Festklänge (Sinfonische Dichtung Nr. 7) (1853)
- „Héroide funèbre – Heldenklage“ (Sinfonische Dichtung Nr. 8) (1849-50/1854)
- Hungaria (Sinfonische Dichtung Nr. 9) (1848-1854)
- Hamlet (Sinfonische Dichtung Nr. 10) (1858)
- Hunnenschlacht (Sinfonische Dichtung Nr. 11) (1856/1857)
- Die Ideale (Sinfonische Dichtung Nr. 12) (1857)
- Von der Wiege bis zum Grabe (Sinfonische Dichtung Nr. 13) (1881-1882)
- Eine Faust-Sinfonie in drei Charakterbildern für Chor und Orchester (1857)
- Eine Sinfonie zu Dantes Divina Commedia mit Frauenchor (Dante-Sinfonie) (1855-1856)
- Klavier und Orchester
- Grand Fantasie symphonique über Themen aus Berlioz' „Lélio“ (1834)
- Phantasie über Motive aus Beethovens „Ruinen von Athen“ (1848-1852)
- Klavierkonzert Nr. 1 Es-Dur (1849)
- Klavierkonzert Nr. 2 A-Dur (1839 - umgearbeitet 1861)
- Totentanz, Paraphrase über „Dies irae“ (1849)
- Klavierkonzert im ungarischen Stil (1885, Zuschreibung an Sophie Menter sehr fraglich)
- Orgelwerke
- Fantasie und Fuge über den Choral „Ad nos, ad salutarem undam“ (1850)
- Praeludium und Fuge über den Namen BACH (1855,1870)
- Variationen über den chromatischen Bass von Johann Sebastian Bachs Kantate „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ (1863)
- Vokalwerke
- Oper „Don Sanche ou le château d'amour“ (1825)
- „Christus“ (1855-66)
- Oratorium „Die Legende der heiligen Elisabeth“ (1857-62)
- Messe „Missa solemnis“ (31. August 1856) Einweihung der Graner Basilika
- Messe für 4-stimmigen Männerchor und Orgel (1848; 2. Fassung 1869)
- Missa Choralis für 4-stimmigen gem. Chor und Orgel (1865)
- Ungarische Krönungsmesse für 4 Solostimmen, gem. Chor und Orchester (1867)
- Requiem für 4 Solostimmen, 4-stimmigen Männerchor, Orgel und Blechbläser (1868)
- 13., 18., 23., 129., 137. Psalm in verschiedenen Besetzungen für Solostimmen, Chor, Instrumente und Orgel (1855-81)
- Cantico del Sol di San Francesco d'Assisi (1861 für Bariton und Orgel bzw. Harmonium, 1865 für Bariton, gr. Orchester, Orgel, Männerchor, überarbeitet 1881/83)
- Legende der heiligen Cäcilia für Mezzo-Sopran, gem. Chor und Orchester (1874)
- Chöre zu Herders „Entfesseltem Prometheus“ (1850; 2. Fassung 1855) für 6 Solostimmen, gem. Chor und Orchester
- An die Künstler, für Solostimmen, Männerchor und Orchester (1853)
- 82 Lieder(u. a. auf Texte von Goethe, Heinrich, Hugo)
- Bücher und Essays (von Lina Ramann ins Deutsche übersetzt)
- Chopin Ein Buch von Liszt über Chopin
- Reisebriefe eines Baccalaureus der Tonkunst
- Briefwechsel zwischen Wagner und Liszt
- Über die Musik der Zigeuner
Überdies hat Liszt eine Reihe literarischer, musiktheoretischer, philosophischer und religiöser Schriften hinterlassen.
[Bearbeiten] Liszt als Lehrer
Schon in Paris war Liszt als Lehrer sehr gefragt. Außerdem war er auf die finanziellen Einnahmen angewiesen, da er den Lebensunterhalt für sich und seine Mutter bestreiten musste. Eine seiner Schülerinnen war Valérie Boissier, deren Mutter Auguste Boissier den Unterricht in ihren Tagebüchern festhielt. Diese Tagebücher wurden später von Liszts Enkelin Daniela von Thode-Bülow veröffentlicht. In dieser frühen Unterrichtsphase achtete Liszt sehr intensiv auf eine gute Technik, und er empfahl, täglich mehrere Stunden technische Übungen zu absolvieren. Später übernahm Liszt in Genf eine Klavierklasse am neu gegründeten Konservatorium. Während seiner zwölfjährigen Virtuosenzeit unterrichtete Liszt nicht.
Vor allem ab 1869, dem Jahr seiner endgültigen Übersiedelung nach Weimar in die ehemalige Hofgärtnerei, erteilte Liszt stets kostenlosen Klavierunterricht. Sein Schüler Frederic Lamond hat darüber berichtet. Danach erwartete Liszt von seinen Schülern, dass sie mit vollkommener Spieltechnik zu ihm kamen. Technisches wurde im Unterricht so gut wie gar nicht erwähnt. Liszt ging es um den Geist der Musik, den er mit erhellenden Bemerkungen zu benennen wusste. Minderbegabte Schüler drängten zuhauf in seinen Unterricht. Er ließ sie zwar zu, kritisierte aber ihr Spiel, scheinbar scherzend, doch eigentlich vernichtend, mit wohlgesetzten Worten. Gegen die Hochbegabten war er von unerbittlicher Strenge. Selten setzte er sich selbst ans Klavier. Der Höhepunkt seiner Unterrichtstätigkeit war zweifelsohne die zweite Weimarer Zeit. Bis zu 30 Personen drängten sich zweimal wöchentlich in die Räume der Hofgärtnerei. Die Schüler legten ihre einstudierten Werke auf den Flügel, und Liszt suchte sich die Stücke heraus, die er hören wollte. Während des Spiels ging er im Raum auf und ab und gab hier und da spitze, humorvolle Kommentare zu den Anwesenden.
Über 300 Schüler nannte Carl Lachmund, der auch Lisztschüler war. Einige davon prägten das Klavierleben bis ins 20. Jahrhundert hinein.
Eine Auswahl:
- Isaac Albeniz
- Eugen d’Albert
- Conrad Ansorge
- Hans Guido von Bülow
- Henri Gobbi
- Rafael Joseffy
- Karl Klindworth
- Frederic Lamond
- Sophie Menter
- Alfred Reisenauer
- Moriz Rosenthal
- Emil von Sauer
- Alexander Siloti
- Bernhard Stavenhagen
- Carl Tausig
- Anton Urspruch
- José Vianna da Motta
[Bearbeiten] Zitate
- Robert Schumann: (...) Diese Kraft, ein Publikum sich zu unterjochen, es zu heben, tragen und fallen zu lassen, mag wohl bei keinem Künstler, Paganini ausgenommen, in so hohem Grad anzutreffen sein. Am schwierigsten aber lässt sich über diese Kunst selbst sprechen. Es ist nicht mehr Klavierspiel dieser oder jener Art, sondern Aussprache eines kühnen Charakters überhaupt, dem, zu herrschen, zu siegen, das Geschick einmal statt gefährlichen Werkzeugs das friedliche der Kunst zugeteilt. (Aus: Komponisten über Musik)
- Maurice Ravel: Welche Mängel in Liszts ganzem Werk sind uns denn so wichtig? Sind nicht genügend Stärken in dem tumultuösen, siedenden, ungeheuren und großartigen Chaos musikalischer Materie, aus dem mehrere Generationen berühmter Komponisten schöpften? (...) (Aus einer Konzertbesprechung von 1912)
- Alfred Einstein: Franz Liszt war ein geborener Revolutionär, und wäre es vereinbar mit dem Respekt vor seiner großartigen Persönlichkeit, so möchte man sagen, er war ein geborener Libertin, ein geborener Bohemien. Seine seltsame Laufbahn und geistige Entwicklung haben es mit sich gebracht, dass unter allen romantischen Musikern er der unabhängigste und ungebundenste gewesen ist. (...) (Aus: Die Romantik in der Musik, 1950)
[Bearbeiten] Namensgeber
Zu Franz Liszts Ehren wurden die durch seinen Einsatz entstandene Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar und die Franz-Liszt-Musikakademie Budapest nach ihm benannt, die beide auch jeweils einen Franz-Liszt-Preis verleihen. In Weimar, Eschweiler, Eisenstadt/Burgenland, Ungarn und Polen gibt es Franz-Liszt-Gesellschaften. Nach Franz Liszt ist außerdem der Asteroid mit der Nummer 3910 benannt. Ferner sind die Lisztaffen nach Franz Liszt benannt, da ihre Kopfbehaarung seiner Frisur ähnelt.
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Franz Liszt – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Kostenlose Noten Antike Ausgaben von Klaviermusik, zum Beispiel Liszts Einzelstück der „Harmonies Poétiques et Religieuses“.
- Werkeverzeichnis bei Klassika.info (deutsch)
- Werkeverzeichnis, Freie MP3 (englisch)
- Frei verfügbare Noten bei Mutopia
- Hörproben und vollständige Stücke
- Piano Society - Liszt - Freie Aufnahmen
- Classic Cat - Liszt - Verzeichnis mit freien Aufnahmen
- Franz-Liszt-Gesellschaft Eschweiler
- Eintrag über Franz Liszt im Österreich-Lexikon von aeiou
- "Liebestraum" Notturno III als pdf/midi kostenlos
- Cartoon von Katz und Goldt über die Warzen Franz Liszts
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Personendaten | |
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NAME | Liszt, Franz (Ferenc) |
KURZBESCHREIBUNG | Komponist und Pianist der Romantik |
GEBURTSDATUM | 22. Oktober 1811 |
GEBURTSORT | Raiding, Ungarn, heute: Österreich |
STERBEDATUM | 31. Juli 1886 |
STERBEORT | Bayreuth |