Jüngstes Gericht
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Das Jüngste Gericht, auch Jüngster Tag, Nacht ohne Morgen, Letztes Gericht, Weltgericht oder Harmagedon, stellt die auf antike apokalyptische Vorstellungen zurückgehende christliche Auffassung von einem das Weltgeschehen abschließenden göttlichen Gericht dar.
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Geschichte
Das Jüngste Gericht spielte vor allem im Mittelalter eine große Rolle. Da zu dieser Zeit die Menschen ständig in dem Glauben waren, das Jüngste Gericht stehe kurz bevor, bemühten sie sich ihr Bestes zu tun, um Gott ihren Glauben zu zeigen und so in den Himmel zu gelangen.
Durch die Ankündigung des Jüngsten Gerichts wird der Ernst gegenwärtiger Entscheidungen deutlich, was oft mit der Wiederkunft Christi (Parusie) zusammengebracht wird. Zeit und Ort des Gerichts bleiben jedoch ungewiss. Dies benutzen manche Religionsgemeinschaften, die den baldigen Weltuntergang vorhersagen und ihren Mitgliedern entsprechende Überlebenskonzepte versprechen.
Das Jüngste Gericht in der christlichen Bibel
Offenbarung des Johannes
Für das Christentum ist (nach der Offenbarung des Johannes), der Kampf zwischen den Kräften des Guten (Gott, Jesus Christus) und den Kräften des Bösen (Teufel) ein Teil des jüngsten Gerichts. Der Ausgang dieses Kampfes ist prophezeit, der Teufel und seine Anhänger werden für immer vernichtet. Diese Vernichtung wird nach einer Schlußprüfung, welche Satan und seinen Dämonen gewährt wird, diese den dann vollkommenen Menschen zu unterziehen, erfolgen. Zu den Anhängern des Satans gehörten Sünder, welche sich nicht aus der Entfernung von Gott (Sünde) befreien lassen hatten. Diese werden in den Feuer- und Schwefelsee geworfen (Höllensturz). Das bedeutet (Bibel) ewige Vernichtung ohne Möglichkeit wieder aufzuerstehen.
Für die meisten Gemeinschaften des Christentums folgt dagegen die Auferstehung und das ewige Leben im Himmel( auch Paradies). Nach der Lehrer der meisten Kirchen des Christentums findet keine leibliche Auferstehung auf der Erde statt, sondern der Mensch verwandelt sich in ein höheres, nicht-körperliches geistliches Wesen: "Seht, ich enthülle euch ein Geheimnis: Wir werden ... alle verwandelt werden ... die Toten werden zur Unvergänglichkeit auferweckt, wir aber werden verwandelt werden. Denn dieses Vergängliche muss sich mit Unvergänglichkeit bekleiden und dieses Sterbliche mit Unsterblichkeit." Das "Neue Jerusalem" ist als bildliche Vorstellung von "Gottesnähe" im Paradies zu begreifen. Bis zur Zeit dieses letzten Kampfes versucht der Teufel nach christlichem Verständnis, möglichst viele Menschen davon abzuhalten, den rechten Pfad, d. h. den Glauben an Gott durch Christus sowie ein gottgefälliges Leben (siehe auch Werke der Barmherzigkeit), zu finden. Die Methoden des Teufels sind dabei Verharmlosung, Lüge oder Verschleierung sowie Lähmung der Missionsarbeit. Einige kleinere Religionsgemeinschaften des Christentums, wie die Zeugen Jehovas haben eine andere Auslegung der Heiligen Schrift: Für sie wird nach dem Jüngsten Gericht auf der Erde durch Gott und unter der Mitarbeit aller eretteten Gläubigen, ein Paradies erstehen. Sie sehen darin eine Wiederherstellung des ursprünglichen Vorhabens Gottes, der nach der Bibel ja auch ein buchstäbliches Paradies geschaffen habe. ('Nähere Begründung dieser Auslegung im Artikel Jehovas Zeugen )
Endzeitreden bei Matthäus
Auch Matthäus berichtet in seinem Evangelium vom Jüngsten Gericht (Weltgericht). Diese Bibelstelle (Mt 25, 31-46) wird als einer der wichtigsten Texte für das Christentum gesehen. Jesus trennt hier als Richter die gerechten Menschen von den ungerechten. Jesus sagt den berühmten Satz: „Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ Zu den Ungerechten sagt er jedoch: „Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, ...“ und schließt: „Und sie werden hingehen: diese zur ewigen Strafe, aber die Gerechten in das ewige Leben.“
Hier zeichnet sich die Bibel aus durch eine unbefangen klare Menscheneinteilung in „gute“ und „böse“. Dies kommt auch in anderen Höllendrohungen Jesu zum Ausdruck; so z.B. bei Verführung zum Abfall („du ... wirst in das ewige/höllische Feuer geworfen“ Mt 18,7ff) oder der Gleichsetzung von „bösen“ Menschen mit ins Feuer zu werfendem Unkraut (Mt 13,40ff). Ein zeitlich begrenztes Fehlverhalten wird durch ewige Feuerqual, also die extremste Unbarmherzigkeit und Grausamkeit vergolten.
Die Stelle Mt 25, 31-46 bezieht sich dem Wortlaut nach allerdings auf „die Völker“, mithin auf Personen, denen das Evangelium noch nicht gepredigt worden ist. Diese Leute werden nach dem beurteilt werden, was jedem einleuchtet: Haben sie die selbstverständlichen Taten der Liebe getan? Anders ist der Maßstab bei denen, die reichlich Gelegenheit hatten, Jesus Christus kennenzulernen: Insofern ist das Jüngste Gericht im Johannes-Evangelium beschrieben. Hier entgehen die Nachfolger Jesu, die Gläubigen bzw. Bekehrten dem Gericht: “Ich versichere euch: Alle, die auf mein Wort hören und dem vertrauen, der mich gesandt hat, werden ewig leben. Sie werden nicht verurteilt. Sie haben den Tod schon hinter sich gelassen und das unvergängliche Leben erreicht.” (Joh 5, 24). Näheres unter Parusie.
Aus heutiger Sicht entspricht eine solche Einteilung der Menschen in „gute“ und „böse“ nicht der psychischen Realität und deren diesseitzverbissene Schwarz-Weiß-Malerei hat in der Geschichte schlimme Folgen gehabt. Eine solche Einteilung, wie auch die von Menschen wie Bäume, die gute oder schlechte Früchte hervorbringen (Mt 7,17ff u. 12,33ff), trägt an slocher Stelle beispielsweise dem nicht Rechnung, dass viele Menschen v.a. in ihrer Kindheit durch Missbrauch so geschädigt werden, dass einem späteren Fehlverhalten nicht mit ewiger Strafe begegnet werden kann.(vgl.: Franz Buggle, Denn sie wissen nicht, was sie glauben, Rowohlt 1997, S. 103-111). Infolge dessen ist es erforderlich, die Betrachtung zur Gnade Gottes hin auszuweiten, die Unvermögen und Unwissenheit durch die Inanspruchnahme des Sühnetodes Jesu Christi dem Menschen vergibt und ihm mit Verständnis und einfühlsamer Hilfe begegnet.
Es ist dabei aber auch zu bedenken, das für die meisten christliche Gruppierungen und Gemeinschaften, die Bibel ein von Gottes Geist inspiriertes Buch ist. Das bedeutet, das ein gerechter, allwissender und allmächtiger Gott sehr wohl das Recht hat, zu entscheiden, wer unverbesserlich böse ist und den ewigen Tod verdient. Insofern ist es in der ihr zugrunde liegenden Sichtweise für Menschen eine Anmaßung, zu beurteilen, wer die ewige Strafe verdient und wer nicht. Ein zeitliches Fehlverhalten wird ein gütiger und gerechter Gott dennoch niemals ungerecht einordnen.
Darstellung des Jüngsten Gerichts in der Kunst
Entsprechend der Bedeutung des Jüngsten Gerichts im christlichen Mittelalter findet man klerikale bildliche Darstellungen von der Romanik bis in die frühe Renaissance, vor allem aber in der Gotik.
Das Bildprogramm folgt dabei einem typischen Muster. Meist befindet sich oben mittig der thronende Christus (Pantokrator (= Allherrscher), Salvator Mundi (= Erlöser der Welt, Heiland), flankiert von Aposteln und/oder Heiligen. Stets werden (vom Betrachter gesehen) links die Seligen dargestellt, die in den Himmel auffahren, und rechts die Verdammten, die zur Hölle herabstürzen. (Dieselbe Links-Rechts-Ordnung findet man auch bei Kreuzigungs-Bildern, obwohl sie nicht biblisch begründet ist.) Oft begegnet man auch dem Erzengel Michael (mit Seelen-Waage und Schwert), den vier Evangelisten oder den klugen und den törichten Jungfrauen (letztere typischerweise mit offenem Haar dargestellt).
Ein bekanntes Gemälde [1] des Jüngsten Gerichts stammt von Michelangelo (1536-41) und befindet sich in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan. Des Weiteren wurde das Jüngste Gericht des flämischen Malers Rogier van der Weyden in einem umfangreichen Altarbild versinnbildlicht.
Thema in der Musik
In der Musik ist das Jüngste Gericht Thema und Titel einer Dietrich Buxtehude zugeschriebenen Abendmusik (siehe: Buxtehude-Werke-Verzeichnis) sowie eines Oratoriums von Georg Philipp Telemann (Tag des Gerichts).
Größte diplomatische Verwicklungen brachte die Kaperfahrt des Danziger Kriegschiffs Peter von Danzig im Seekrieg der Hanse gegen England mit sich, die 1473 ein Schiff aufbrachte, das den bekannten Danziger Hans Memling-Altar Das jüngste Gericht an Bord hatte, der eigentlich für die Medici bestimmt war.
Siehe auch
- Apokalypse
- Sieben Plagen der Endzeit
- Höllensturz
- Parusie
- Ragnarök (die Götterdämmerung)
- Eschatologie
- Harmagedon
Literatur
- Klaus Seybold, Roger David Aus, Egon Brandenburger, Helmut Merkel, Eberhard Amelung: Gericht Gottes I. Altes Testament II. Judentum III. Neues Testament IV. Alte Kirche bis Reformationszeit V. Neuzeit und ethisch. In: Theologische Realenzyklopädie 12 (1984), S. 460-497 (umfassender Überblick)
Weblinks
Commons: Jüngstes Gericht – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
Commons: Apokalypse – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |