Jürgen Seifert
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Jürgen Seifert (* 18. April 1928 in Berlin, † 4. Juni 2005 in Hannover) war ein deutscher Politikwissenschaftler und Bürgerrechtler.
In der Geschichte der Bundesrepublik hat sich der Politikwissenschaftler und Jurist Seifert im Prozess der lebendigen Aneignung der Demokratie an wichtigen Knotenpunkten eingemischt. Er stritt für die Demokratie und gegen die atomare Aufrüstung, engagierte sich gegen die Notstandsgesetze, kritisierte Berufsverbote und andere Einschränkungen der bürgerlichen Freiheiten, wie ausufernde Telefonüberwachung und Eingriffe des Staates ins Private. Er mischte sich ein in die Revolte von 1968, in den Kampf um die neue Ostpolitik und in neue Formen gewaltlosen Protests. Unter anderem stand er in Kontakt zu Jürgen Habermas, Oskar Negt, Wolfgang Abendroth, als Student auch zu Hans Freyer. Er beschäftigte sich auch eingehend mit Carl Schmitt.
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[Bearbeiten] Leben
Seifert, ein gelernter Werkzeugmacher, begann 1951 in Münster das Studium der Rechts- und Staatswissenschaft und der Philosophie. 1954 wurde er Mitglied der SPD. Ende der 1950er Jahre war er Mitglied des Bundesvorstands des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds (SDS), dem sozialdemokratischen Studentenverband. 1961 wurde er aufgrund des Unvereinbarkeitsbeschlusses mit dem gesamten SDS aus der SPD ausgeschlossen. In der Auseinandersetzung um die Spiegel-Affäre und die Notstandsgesetzgebung wurde Seifert einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. In Münster promovierte er 1966 mit einer Arbeit über den Notstandsausschuss zum Dr. jur. Seit 1971 war Seifert Professor für Politische Wissenschaft an der Universität Hannover. 1979 zählte er zu den Mitbegründern des Republikanischen Anwaltsvereins. 1994 wurde er emeritiert, hielt jedoch auch danach noch Lehrveranstaltungen am Seminar für Politische Wissenschaft der Universität Hannover ab und leitete bis zu seinem plötzlichen Tod ein beliebtes tagespolitisches Colloquium.
Von 1977 bis 1997 war Seifert Mitherausgeber und Redakteur der Zeitschriften Kritische Justiz und Vorgänge. Er war Co-Direktor am Deutschen Institut für Föderalismusforschung in Hannover und Mitglied in der Verfassungskommission von Bundesländern, in der Polizeireformkommission des Landes Niedersachsen. Er gehörte ebenfalls dem Kuratorium für eine neue bundesdeutsche Verfassung an. Von 1983 bis 1987 war er Bundesvorsitzender der Humanistischen Union (HU); anschließend war er Mitglied im HU-Beirat. Bis zu seinem Tod gehörte er der so genannten G10-Kommission des Deutschen Bundestags zur Kontrolle der Geheimdienste an.
[Bearbeiten] Werk
- Unterm Wolfspelz. 1958
- Gefahr im Verzuge. Zur Problematik der Notstandsgesetzgebung. Frankfurt am Main 1963.
- Die Spiegel-Affäre. Olten und Freiburg im Breisgau 1966 (mit A. Grosser).
- Der Notstandsausschuß. Frankfurt am Main 1968.
- Zwanzig Jahre Grundgesetz. Textausgabe der Verfassungsentwicklung. Erläuterungen zum Verfassungsrecht. Neuwied und Berlin 1969.
- Kampf um Verfassungspositionen. Materialien über Grenzen und Möglichkeiten von Rechtspositionen. Frankfurt am Main und Köln 1974.
- Politik zwischen Destruktion und Gestaltung. Studien über Veränderung von Politik. Hannover 1997.
[Bearbeiten] Literatur
- Michael Buckmiller, Joachim Perels (Hrsg.): Opposition als Triebkraft der Demokratie. Bilanz und Perspektiven der zweiten Republik. Jürgen Seifert zum 70. Geburtstag. Offizin-Verlag, Hannover 1998, ISBN 3930345137.
- Alexander Cammann: Über die Zäune und Sperren hinweg. Zum Tod von Jürgen Seifert. 2005. lesen
- Till Müller-Heidelberg: Ein Leben zwischen Sicherheit und Freiheit. Zum Tod Jürgen Seiferts (1928–2005). In: Mitteilungen der Humanistischen Union Nr. 190, S. 10–11. lesen
[Bearbeiten] Weblinks
- Nachruf in: Neue Juristische Wochenschrift
- Nachruf von Oskar Negt in: Sozialismus, Heft Nr. 7-8 (Juli / August 2005), 32. Jahrgang, Heft Nr. 290
- Buchbesprechung
Personendaten | |
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NAME | Seifert, Jürgen |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politikwissenschaftler und Bürgerrechtler |
GEBURTSDATUM | 18. April 1928 |
STERBEDATUM | 4. Juni 2005 |
STERBEORT | Hannover |