Jan Dismas Zelenka
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Jan Dismas Zelenka (* 1679 in Launowitz (Louňovice pod Blaníkem) in Böhmen; † 23. Dezember 1745 in Dresden) war ein Barockkomponist böhmischer Herkunft.
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[Bearbeiten] Leben
Als Sohn eines Organisten in Launowitz geboren, wurde Jan Dismas Zelenka am Prager Jesuitenkolleg ausgebildet. 1710 trat er eine Stelle als Kontrabassist am sächsischen Hof in Dresden an. Zwischen 1716 und 1719 reiste er nach Wien, wo er bei Johann Joseph Fux studierte und nach Italien, wo er vermutlich Antonio Lotti und Alessandro Scarlatti traf. Nach seiner Rückkehr wurde er 1735 zum Kirchenkomponisten ernannt und blieb, mit Ausnahme gelegentlicher Reisen nach Prag, bis zu seinem Tod im Jahr 1745 in Dresden.
[Bearbeiten] Werk
Jan Dismas Zelenka komponierte höchst originelle und unkonventionelle Orchester- und Vokalwerke. Viele davon erleben erst seit dem Ende des 20. Jahrhunderts eine Renaissance. In seinen geistlichen Werken für den Dresdner Hof (seit Augusts des Starken politisch motivierter Konversion zum katholischen Glauben), besonders in den großen Letzten Messen (Missae Ultimae), verbindet er teils archaische Satztechniken mit den modernsten Ausdrucksmitteln seiner Zeit zu hochexpressiven Schöpfungen.
In seinen Instrumentalkompositionen trifft Zelenka wie seine berühmten Nachfolger Bedřich Smetana und Antonín Dvořák den typischen "Volkston". Dennoch scheint die manchmal getroffene Spezifikation "tschechischer Vivaldi" teils überzogen, teils nicht angemessen. Im Werk Zelenkas ergeben sich Parallelen zu anderen ihres Glaubens halber aus Böhmen vertriebenen Exulanten wie Johann Joseph Fux (1660–1741), Heinrich Ignaz Franz Biber (1644–1704) aus Wartenberg, Andreas Hammerschmidt (1612–1675) aus Brüx oder Gottfried Finger aus Olmütz (Olomouc).
Die kammermusikalischen Werke Zelenkas sind in der Instrumentierung unspezifisch, wie auch beim Spätwerk von Johann Sebastian Bach (1685–1750), der in seiner Leipziger Zeit ebenfalls für den Dresdner Hof tätig war. Daneben kann Jan Dismas Zelenka auf eine reiche tschechische, wenn auch oft anonyme Tradition zurückgreifen. Als tschechische Komponisten vor Zelenka wären etwa Adam Václav Michna z Otradovic oder Pavel Josef Vejvanovski zu nennen.
Zelenka verdankt seine Wiederentdeckung in Tschechien besonders dem Musikwissenschaftler und Flötisten Milan Munclinger. 1959 hat er mit seinem Ensemble Ars Rediviva für das Label Supraphon eine der Kammersonaten eingespielt (in dem Ars rediviva-Konzertzyklus aber schon 1958 aufgeführt). 1964 folgten dann die Schallplattenaufnahmen von weiteren Triosonaten, Orchesterwerken und 1969 die Lamentationes Jeremiae Prophetae (Solisten: Theo Altmeyer, Karel Berman, Nedda Casei; Ars rediviva unter der Leitung von Milan Munclinger), ebenfalls für Supraphon.
Seit Mitte der siebziger Jahre wird der Erfindungsreichtum und die Virtuosität von Zelenkas Gesamtwerk, das sich von den verbreiteten Stilen des 18. Jahrhunderts beträchtlich entfernt, zunehmend gewürdigt. Einen maßgeblichen Anteil an der Wiederentdeckung der Werke Zelenkas hatte der Schweizer Oboist Heinz Holliger, der 1972 die Schallplattenaufnahmen der sechs Triosonaten für das Label DGG Archiv leitete und 1977 an der Einspielung der Orchesterwerke (ebenfalls DGG Archiv) beteiligt war. Aufgrund der Verwandtschaft zu den Klangvorstellungen Johann Sebastian Bachs wird Zelenka in zunehmendem Maße als dessen Pendant erkannt.
Einer der bedeutendsten Interpreten Zelenkascher Kirchenmusik ist der Marburger Bachchor, 1966 von Studenten der Philipps-Universität Marburg gegründet. Unter der Leitung von Prof. Wolfram Wehnert (früher Hochschule für Musik und Theater, Hannover) erwarb sich der überregionale Chor durch die zahlreichen Uraufführungen von Zelenkas Musik zwischen 1978 und 1990, vor allem der Missa dei Patris, der Missa votiva und vieler anderer, zum Teil einzigartiger Kompositionen, internationale Anerkennung. Mit Zelenkas Musik reiste das Ensemble mit verschiedenen, bedeutenden Orchestern durch viele europäische Länder und trug auf vielen Festivals so erheblich zur Renaissance der Musik Zelenkas bei.
Instrumentalwerke (Auszug):
- 6 Triosonaten für 2 Oboen (oder Oboe und Violine), Fagott und Basso continuo.
- Mehrere Orchestersuiten für unterschiedliche Besetzungen, bezeichnet mit „Cappricio“, „Concerto“, „Symphonie“ oder „Hippocondria“.
Vokalwerke (Auszug):
- Zahlreiche Messvertonungen, Werke für die Karwoche und andere liturgische Kompositionen.
- Einige weltliche Vokalkompositionen.
Zelenkas Kompositionen wurden vom Musikwissenschaftler Wolfgang Reich im Zelenka-Werke-Verzeichnis (ZWV) zusammengefasst und katalogisiert.
[Bearbeiten] Literatur
- Wolfgang Reich: Jan Dismas Zelenka - Thematisch-systematisches Verzeichnis der musikalischen Werke (ZWV). aus der Reihe: Studien und Materialien zur Musikgeschichte Dresdens, Bd. 6, Sächsische Landesbibliothek, Dresden 1985
- Janice B. Stockigt: Jan Dismas Zelenka - A Bohemian musician at the court of Dresden. Oxford University Press, Oxford 2000, ISBN 0-19-816622-2 (auf Englisch, mit Werkverzeichnis), Inhaltsverzeichnis u. -beschreibung sowie 1.Kapitel (PDF)
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Jan Dismas Zelenka im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eintrag (mit Literaturangaben) im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon (BBKL)
- Zelenka-Werke-Verzeichnis (ZWV) inkl. Entstehungsjahr u. Instrumentation (auf Englisch)
- Weitere Informationen mit detaillierten Suchabfragen zu Werkverzeichnis u. Diskografie, Liste von wiss. Publikationen (auf Englisch)
- Classical.net ausführliche Biografie u. Diskografie (auf Englisch)
- Musikbeispiel: Dies Irae aus dem Requiem von 1721
Personendaten | |
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NAME | Zelenka, Jan Dismas |
KURZBESCHREIBUNG | Barockkomponist |
GEBURTSDATUM | 1679 |
GEBURTSORT | Launowitz (Louňovice pod Blaníkem) in Böhmen |
STERBEDATUM | 23. Dezember 1745 |
STERBEORT | Dresden |