KZ Majdanek
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Das KZ Majdanek – eigentlich KZ Lublin – war das erste Konzentrationslager der IKL im Generalgouvernement. Es lag im Osten Polens in Majdanek, einem Vorort Lublins. Neben Auschwitz-Birkenau war Majdanek das einzige KZ der IKL (bzw. ab 1942 des WVHA), das auch als Vernichtungslager genutzt wurde.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Entstehung und Konzeption des KZ Majdanek
Am 17. Juli 1941 beauftragte Hitler Himmler als Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei mit der polizeilichen Sicherung der neu besetzten Ostgebiete in der Sowjetunion. Himmler seinerseits ernannte noch am selben Tag Brigadeführer Globocnik, den SS- und Polizeiführer Lublin, zu seinem Beauftragten für die Errichtung der SS- und Polizei-Stützpunkte im neuen Ostraum, einem ausgedehnten Netz von militärisch befestigten SS- und Polizeistandorten einschließlich Wohnbezirken. Ausgangspunkt und Zentrum dieser SS- und Polizeiviertel sollte die deutsch zu besiedelnde Stadt Lublin werden. Die gewaltigen Baupläne für ein „deutsches“ Lublin sollten von Zwangsarbeitern und Häftlingen realisiert werden.
Am 20. Juli 1941 besuchte Himmler Lublin und befahl Globocnik die Errichtung eines KL von 25-50.000 Häftlingen zum Einsatz für Werkstätten und Bauten der SS und Polizei. Tatsächlich wurde das KZ aber, wie im Reich üblich, vom Hauptamt Haushalt und Bauten unter SS-Oberführer Dr.-Ing. Kammler errichtet. Kammler erteilte am 22. September 1941 den Baubefehl für den ersten Bauabschnitt des KZs für die Unterbringung von 5.000 Häftlingen. Durch die riesenhaften Zahlen sowjetischer Kriegsgefangener nach der Zerschlagung des Kessels um Kiew wurden die Planungen wenige Tage später zunächst geändert. Kammlers revidierter doppelter Baubefehl für Lublin und Auschwitz-Birkenau vom 27. September 1941 lautete jetzt:
- In Lublin und Auschwitz sind sofort am 1. Oktober Kriegsgefangenenlager mit einem Fassungsvermögen von je 50.000 Gefangenen gemäß den in Berlin gegebenen Weisungen und den überlassenen Zeichnungsunterlagen zu errichten.
Die Bauarbeiten der beiden Kriegsgefangenenlager Auschwitz-Birkenau und Lublin begannen zeitgleich eine Woche später. Anfang November erweiterte Kammler die Planung des Kriegsgefangenenlagers auf 125.000, im Dezember auf 150.000, im März 1942 gar für unglaubliche 250.000 sowjetische Kriegsgefangene. Realisiert davon wurde nur ein Bruchteil. Mitte Dezember 1941 waren Baracken für rund 20.000 Kriegsgefangene fertiggestellt. Unter mörderischen Bedingungen waren die Bauarbeiten bis dahin von etwa 2.000 sowjetischen Kriegsgefangenen verrichtet worden. Von ihnen waren Mitte November nur 500 noch am Leben, davon waren 30 Prozent arbeitsunfähig. Ab Mitte Dezember wurden 150 Juden aus Globocniks Lubliner Zwangsarbeitslager Lipowa-Straße in Majdanek eingesetzt. Gleichzeitig brach hier eine Flecktyphusepidemie aus. Im Januar/Februar 1942 war die Baustelle unbesetzt: sämtliche sowjetischen Kriegsgefangenen und das jüdische Arbeitskommando waren tot.
[Bearbeiten] Aktion „Erntefest“
Siehe auch Aktion Erntefest
Am 3./4. November 1943 wurden unter dem Decknamen „Erntefest“ die Juden des Distrikts Lublin von SS-Einheiten ermordet. Das Massaker fand in den drei Konzentrationslagern Majdanek, Poniatowa und Trawniki statt. Insgesamt wurden 40.000 bis 43.000 Menschen umgebracht. Insgesamt – so im Jahre 2006 die polnische Zeitung Gazeta Wyborcza – wurden in Majdanek 79.000 Menschen ermordet.
Bereits seit Ende Oktober 1943 hoben die Insassen des KZ Majdanek hundert Meter lange, sechs Meter breite und bis zu drei Meter tiefe Gräben in unmittelbarer Nähe des Lagers aus. Am Morgen des 3. Novembers wurden die jüdischen Häftlinge separiert, weitere Juden wurden aus den Außenlagern (insbesondere Lipowa und das sogenannte „Flughafen-Lager“) und der Stadt Lublin nach Majdanek geschafft. Sie mussten sich nackt ausziehen und „dachziegelförmig“ – d. h. hintereinander jeweils mit dem Kopf auf dem Rücken des Vorgängers in Längsrichtung – in die ausgehobenen Gräben legen. Ein Kommando aus etwa 100 SS-Männern und Polizisten ging die Gräben ab und tötete die Opfer mittels Genick- oder Kopfschuss. Nachdem der Boden eines Grabens mit Leichen bedeckt war, mussten sich die nächsten Opfer in gleicher Form auf die Toten legen. Jeder Graben wurde bis zur Oberkante gefüllt und anschließend notdürftig mit Erde bedeckt. Die Exekutionen dauerten bis in die Abenddämmerung. Zur Übertönung der Schüsse wurden extra zwei Lautsprecherwagen bereitgestellt, die Marsch- und Unterhaltungsmusik spielten. Der Aktion fielen in Majdanek 17.000 bis 18.000 Menschen zum Opfer, darunter fast alle jüdischen Häftlinge. Lediglich je 300 weibliche und männliche Gefangene überlebten das Massaker, sie mussten anschließend die Kleidung der Opfer verwerten und später die Leichen exhumieren und verbrennen.
Insgesamt taten während der Existenz des Lagers schätzungsweise 1200 SS-Leute dort Dienst. 1975 wurden 17 von ihnen im Düsseldorfer Majdanek-Prozess vor Gericht gestellt.
Eine Außenstelle des KZ Majdanek befand sich in Radom und in dem Dorf Izbica[1] (siehe Weblink).
[Bearbeiten] Tötungsmethoden in Majdanek
Hannah Arendt überliefert aus dem Jerusalemer Prozess unter Nennung von Lublin, was auf Majdanek weisen würde (Arendt selbst glaubte Treblinka), folgende Aussage Adolf Eichmanns: (...) hier würde (...) ein Motor eines russischen U-Bootes arbeiten und die Gase dieses Motors würden hier hineingeführt werden, und dann würden die Juden vergiftet werden. (H. A., Eichmann in Jerusalem, Kap. VI ). Diese Angabe findet sich auch bei Thomas Sandkühler in seinem Buch über Berthold Beitz (s. Literatur in dem Artikel). Nach der neuen Veröffentlichung von Eichmann-Dokumenten durch Irmtrud Wojak handelte es sich um den Zeitraum Februar/März 1942, der Motor war ein sowjetischer Panzer-Motor (Quelle bei Wojak, Seite 183 und Anm.). Da Eichmann in dieser Quelle von einer Autofahrt von knapp 2 Stunden ab Lublin spricht, handelt es sich um eine Verwechslung; es kann sich nur um das Vernichtungslager Belzec gehandelt haben, bei dem ja die Verwendung von Panzermotoren-Abgasen bekannt ist.(Wojak, S. 182) Für das KZ Majdanek sind Gaskammern bezeugt, in denen Menschen anfangs mit Kohlenstoffmonoxidgas, später durch Zyklon B ermordet wurden.
[Bearbeiten] Das Ende
Ende Juli 1944 wurde das Lager Majdanek geräumt, weil die Rote Armee auf dem Vormarsch war. Vor dem Abtransport der Gefangenen wurden alle Dokumente vernichtet und die Gebäude samt dem großen Krematorium in Brand gesetzt. In der Eile des Rückzugs versäumten die Deutschen jedoch die Zerstörung der Gaskammern und eines Großteils der Gefangenenbaracken.
Bereits im August 1944 gelangten westliche Journalisten zu einer Besichtigung nach Majdanek. Daraufhin wurden Darstellungen des Massenmords auf die Titelseiten US-amerikanischer Zeitungen und in US-Zeitschriften gesetzt. Das Life-Magazin berichtete am 28. August 1944 erstmals in einem ganzseitigen Artikel über M. - Überschrift: Begräbnis in Lublin. Russen ehren Juden, die von Nazis massenweise vergast und verbrannt wurden. Der Artikel enthielt sechs Fotos, darunter eines von einem Gottesdienst für die niedergemetzelten Juden. Am 30. August 1944 brachte die New York Times diese Überschrift auf die erste Seite: Nazi-Massenmord im Lager offengelegt. Opfer der riesigen Todesfabrik von Gaskammern und Krematorien auf 1.500.000 geschätzt. Geschrieben hatte den Artikel der erfahrende Journalist William H. Lawrence, der bereits bei zahlreichen Untersuchungen von Verbrechen (der Deutschen) in der Sowjetunion dabei gewesen war. Sein Artikel beginnt: Ich habe soeben den schrecklichsten Ort auf Erden gesehen - das deutsche Konzentrationslager in Maidanek (Schreibweise), eine wahre Produktionsstätte des Todes, in der nach Schätzungen von sowjetischen und polnischen Behörden bis zu 1.500.000 Personen aus fast jedem Land Europas in den letzten drei Jahren ermordet wurden. Er schreibt weiter: Niemals wurde ich mit so vollständigen Beweisen konfrontiert, die jede Anschuldigung der Ermittler deutscher Verbrechen klar belegen. Insgesamt nahmen an dieser Reise 30 westliche Journalisten teil. Sie sprachen u. a. mit deutschen Offizieren, die recht freimütig zugaben, daß dies ein Ort hochgradig systematischer Vernichtung war. In Majdanek fand der bis dahin oft ungläubige Westen die fehlenden Beweise für die Massenvernichtung. Lawrence: Nach der Besichtigung von M. bin ich nun bereit, jeder Geschichte über deutsche Greueltaten Glauben zu schenken, seien sie auch noch so brutal, grausam und verderbt. Eigenartigerweise verzichteten sowohl Lawrence als auch sein Herausgeber im Begleittext darauf, die Opfer als Juden zu bezeichnen. Lawrence erfuhr von deutschen Wachen, dass am Spitzentag der Todesproduktion (3. November 1943, Aktion Erntefest)... von den Deutschen insgesamt zwischen 18.000 und 20.000 Gefangene auf unterschiedliche Weise, einschließlich Erschießen, Erhängen und Vergasen umgebracht wurden.
Möglicherweise sind die früheren Angaben zu den Opferzahlen zu hoch. So schätzte Tomasz Kranz nach seinen Forschungen die Zahl in Majdanek auf 78.000 [2]. Die Forschungen sind aber noch nicht abgeschlossen, daher ist die Zahl noch nicht als abschließend anzusehen.
[Bearbeiten] Der Ort des Lagers heute
Heute befindet sich auf dem Areal eine Gedenkstätte, die im Oktober 1944 errichtet wurde. Da Teile des Lagers erhalten blieben, gibt es dort eine Ausstellung mit einem Archiv.
Die noch bestehenden Teile des Lagers werden von einer Gesellschaft gepflegt. Es wurden auch Forschungsarbeiten über die Geschichte des Lagers im Rahmen des Museums publiziert.
[Bearbeiten] Einige Angehörige der SS, die im KZ Majdanek tätig waren
- Ärzte:
- SS-Hauptscharführer Dr. Erich Grün
- SS-Obersturmführer Dr. Heinrich Schmidt
- SS-Untersturmführer Dr. Heinrich Rindfleisch (Andere Quellen geben auch Karl als Vornamen an)
- Wachpersonal:
- SS-Rottenführer Franz Bago
- SS-Aufseherin Hermine Böttcher
- SS-Aufseherin Hermine Braunsteiner
- SS-Aufseherin Luise Danz
- SS-Oberaufseherin Elsa Ehrich
- SS-Rottenführer Thomas Ellwanger
- SS-Oberscharführer Anton Endres
- SS-Unterscharführer Johann Fischer
- SS-Hauptsturmführer Wilhelm Gerstenmeier
- SS-Hauptscharführer Heinrich Groffmann
- SS-Rottenführer Friedrich Gross
- SS-Hauptsturmführer Hermann Hackmann
- SS-Hauptscharführer Otto Kloppmann
- SS-Oberscharführer Ernst Kostial
- SS-Aufseherin Hildegard Lächert
- SS-Hauptsturmführer Walter Langleist
- SS-Hauptscharführer Emil Laurich
- SS-Aufseherin Charlotte Mayer
- SS-Oberscharführer Erich Muhsfeldt
- SS-Aufseherin Alice Orlowski
- SS-Oberscharführer Hans Perschon
- SS-Oberscharführer Fritz - Heinrich Petrick
- SS-Hauptsturmführer Wilhelm Reinartz
- SS-Obersturmführer Friedrich - Wilhlem Ruppert
- SS-Oberscharführer Nikolaus Schiffer
- SS-Rottenführer Theodor Schöllen
- SS-Unterscharführer Arnold Strippel s. a. Bullenhuser Damm
- SS-Aufseherin Rosy Süss
- SS-Obersturmführer Anton Thernes
- SS-Unterscharführer Heinz Villain
- SS-Oberscharführer Hermann Vögel
- SS-Oberaufseherin Else Weber
- SS-Hauptscharführer Westel Wimmer
- "Fremdes" Wachpersonal
- SS-Wachmann Dmytro Sawchuk
- SS-Wachmann Alexander Tityebski
- Heute unbekannte Angehörige der SS
- SS-Unterscharführer Hensche
- SS-Scharführer Melzer
- SS-Aufseherin Redli
- SS-Unterscharführer Terner
- SS-Rottenführer Wende
- SS-Rottenführer Konietzky
[Bearbeiten] Siehe auch
- KZ Plaszow (zeitweise Außenlager)
[Bearbeiten] Literatur
- Zacheusz Pawlak, "Ich habe überlebt... - ein Häftling berichtet über Majdanek", Hoffmann und Campe, Hamburg, 1979, ISBN 3-455-08858-9
- Dieter Ambach; Thomas Köhler, Lublin-Majdanek. Das Konzentrations- und Vernichtungslager im Spiegel von Zeugenaussagen. Düsseldorf 2004 (= Juristische Zeitgeschichte Nordrhein-Westfalen. Band 12), ISSN 1615-5718
- Günther Schwarberg, Der Juwelier Von Majdanek, Göttingen 1998, ISBN 3882436255
- Josef Marszalek, Majdanek. Konzentrationslager in Lublin, Warschau: Verlag Interpress, 1984 u.ö, ISBN 8322319347
- Ingrid Müller-Münch, Die Frauen von Majdanek – Vom zerstörten Leben der Opfer und der Mörderinnen , Reinbek, Rowohlt Verlag 1982.
- Edward Gryn & Zofia Murawska-Gryn, MAJDANEK, 1984. Panstwowe Muzeum na Majdanku.
- Majdanek, Lublin: Krajowa Agencja Wydawnicza, 1985, ISBN 8303010697
- Wydawnictwo Lubelskie Majdanek, Poznan, 1966
- Irmtrud Wojak Eichmanns Memoiren. Ein kritischer Essay Frankfurt/M.: Campus 2001, Fischer TB 2004
- M. Weinmann (Hrsg.), Das nationalsozialistische Lagersystem (CCP), Frankfurt am Main, November 1990
- Tadeusz Mencel Majdanek 1941–1944 Lublin: 1991 (darin: umfassende Bibliographie)
- Tomasz Kranz, Janina Kiełboń Archival Sources and the State of Research Concerning the History of the Camp at Majdanek in: Les archivez de la Shoah, ouvrage collectif sous la direction de J. Fredj, Paris 1998, S. 521–540
- Barbara Schwindt Das Konzentrations- und Vernichtungslager Majdanek. Funktionswandel im Kontext der „Endlösung“ Würzburg: Königshausen & Neumann, 2005
- Samek, Tomasz (Photograph) Mitten in Europa. Konzentrationslager Majdanek Ausstellungskatalog (2001) Münster: Stadtmuseum. Texte von Edward Balawejder, Tomasz Kranz und Barbara Rommé. Erhältlich über Förderverein Münster-Lublin
- Tomasz Kranz (Hg.), Bildungsarbeit und historisches Lernen in der Gedenkstätte Majdanek, Lublin, 2000
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Majdanek – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Das heutige Museum auf dem Gelände des KZ Majdanek
- Eine Darstellung mit vielen Originalbildern des KZ Majdanek und einem Link zur Aktion „Erntefest“
- Artikel zu neuen Forschungen über die Todeszahlen
- Kommuniqué der polnisch-sowjetischen Untersuchungskommission 1944
- Eine Information zum SS Unternehmen Ostindustrie GmbH
- Förderverein Münster-Lublin
[Bearbeiten] Fußnoten
- ↑ http://www.ns-gedenkstaetten.net/nrw/de/krefeld/thema_2/izbicatext.rtf gedenkstaetten.net: Izbica
- ↑ http://www.auschwitz-muzeum.oswiecim.pl/new/index.php?tryb=news_big&language=DE&id=897
Koordinaten: 51° 13' 09" N, 22° 36' 21" O