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Juden

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Als Juden (hebr. יהודים, transliteriert Jehudim) bezeichnet man sowohl die Angehörigen des jüdischen Volkes als auch der jüdischen Religion.

Unter dem „jüdischen Volk“ werden sowohl das historische Volk der Israeliten als auch dem jüdischen Selbstverständnis gemäß alle Juden verstanden, die nach der Tora von den Erzvätern Abraham, Isaak und Ja'akob abstammen. Deren Verheißungsgeschichte hat nach Gen 12,3 EU alle Völker segnenden, sie einbeziehenden Charakter: Wer von einer jüdischen Mutter geboren ist, gilt im Talmud daher ebenso als Jude wie der, der zu diesem Glauben übergetreten ist, unabhängig von seiner Herkunft. Der Begriff des jüdischen Volkes im zweiten Sinne meint nicht ein ethnisch einheitliches Nationalvolk mit geschlossenem Siedlungsraum, einer gemeinsamen Geschichte, Sprache und Kultur, welches durch die jüdische Diaspora zerfiel.

Der Bezug auf diese gemeinsame Herkunft verbindet auch religiöse und säkulare Juden: Von Zugehörigkeit zum Volk Israel ... kann man jedoch auch sprechen, wenn ein Individuum kulturell oder religiös von der religiös-kulturellen Wirklichkeit der Geschichte Israels in wesentlichen Bereichen seiner Persönlichkeit als geschichtliches Wesen faktisch geprägt ist und das auch positiv akzeptiert.[1]

Das deutsche Wort „Jude“ kommt vom hebräischen jehudi יהודי, was soviel wie „Bewohner des Landes Juda“ bedeutet. Dem Wortsinn nach bezeichnet der Begriff also nur die Angehörigen des Stammes Juda, eines der Zwölf Stämme Israels.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung des Judentums

Als Urväter der Juden gelten Abraham, Isaak und Jakob, die westsemitische Nomadenstämme anführten, die irgendwo zwischen dem Mittelmeer und Mesopotamien lebten. Historische Belege für ihre Existenz gibt es keine. Wenn, dann lebten sie wahrscheinlich während der Zeit der Sesshaftwerdung der Nomaden zu Beginn der Bronzezeit, also zwischen 1900 und 1500 v. Chr. Als Stifter der jüdischen Religion gilt Mose (daher auch „mosaische Religion“). Er ist im Judentum der höchste Prophet aller Zeiten, der Gott so nah kam, wie sonst kein Mensch vorher oder seitdem. Historische Belege für die Existenz Mose fehlen jedoch. In der Bibel führt Mose den Auszug des hebräischen Volkes aus Ägypten an. Wann und ob dieser historisch stattgefunden ist jedoch ebenfalls unklar. Als eigentlicher Begründer des heutigen Judentums gilt Esra (um 440 v. Chr.), der in der Zeit der Babylonischen Gefangenschaft Hohepriester war und mit seinen verschleppten israelischen Volk (vermutlich ca. 20.000) auf Erlass des Perserkönigs Artaxerxes zurück nach Jerusalem durfte und dort Tempeldienst und Priestertum neu ordnete und Ehen von Juden mit heidnischen Frauen scheiden ließ. Die religiöse Identität ist seitdem für das Judentum von ähnlicher Bedeutung wie die der Herkunft.

Begriff in der jüdischen Tradition

Nach der orthodoxen Auslegung der Halacha, den jüdischen Religionsvorschriften, gilt jeder Mensch als Jude, der eine jüdische Mutter hat, unabhängig davon, ob, oder wie sehr er die jüdischen Glaubensvorschriften befolgt oder nicht. Dabei ist es Bedingung, dass die Mutter bei der Empfängnis Jüdin nach der Halacha sein muss. Wenn also eine nichtjüdische Frau nach der Empfängnis, aber noch vor der Geburt des Kindes zum Judentum konvertiert ist, sind die Kinder keine Juden. Wenn sie jedoch kurz vor der Empfängnis zum Judentum konvertiert, ist das Kind jüdisch. Außerdem gilt als Jude, wer formell die Konversion zum Judentum (Gijur genannt) vollzogen hat. Einfacher Glaube an die jüdische Religion reicht nicht aus.

Das Prinzip der Halacha wird im Talmud auf die Tora zurückgeführt. Dadurch entwickelte sich eine Kultur, die über lange Zeit stabil blieb und den Juden eine eigene Identität bewahrte, obwohl sie über fast zwei Jahrtausende hinweg keinen eigenen Staat, vor allem kein eigenes Staatsgebiet, hatten. Ihre Heimat war und ist der ewige Bund Gottes mit Abraham und das an Moses und die anderen Propheten verkündete ewige Gesetz Gottes. Eine gleiche Phase der Diaspora (Zerstreuung) hatte das Volk Israel bereits in der babylonischen Verbannung überstanden. Heimgekehrt nach Jerusalem, begrenzten die Kinder Israels ihr Volk erneut auf die leiblichen Nachfahren Abrahams, Isaaks und Jakobs (Israels). Damals erreichte der Prophet Esra, dass Juden, die sich mit nichtjüdischen Frauen verbunden hatten, diese und die mit ihnen gezeugten Mischlingskinder verstoßen mussten.

Neubewertungen

Im Zeitalter der Aufklärung kam es auch innerhalb des Judentums zur Diskussion über den Sinn mancher Gesetze der Tora. So genannte Reformjuden oder liberale Juden begannen, ältere Bräuche, unter anderem auch die Frage, wer Jude ist und wer nicht, in Frage zu stellen. So kam es, vor allem in West- und Mitteleuropa, wo die Assimilationsbestrebungen weitaus stärker waren als im Osten, zu einer allmählichen Lockerung der bislang so engen Definition von „Jude“. Die meisten modernen jüdischen Gemeinden - z.B. in den USA oder Großbritannien - vertreten heute eine andere, weniger strenge Fassung des Begriffs „Jude“.

Innerhalb jüdischer Religionsgemeinschaften

Der orthodoxen Interpretation der Halacha (jüdische Gesetze und Traditionen) entsprechend, ist nur das leibliche Kind einer jüdischen Mutter als jüdisch zu bestimmen. Ein Kind mit einem jüdischem Vater und einer nicht-jüdischen Mutter wird als nicht-jüdisch betrachtet. Obwohl die Konversion eines Säuglings unter bestimmten Umständen in Betracht gezogen werden kann (etwa bei Adoptivkindern oder bei Kindern konvertierender Eltern), werden konvertierte Kinder beim Eintritt in den religiösen Erwachsenenstatus, der bei Mädchen im Alter von 12 Jahren, bei Jungen im Alter von 13 Jahren erreicht wird, typischerweise befragt, ob sie jüdisch bleiben wollen. Dieser Standard gilt sowohl im Konservativen als auch im Orthodoxen Judentum.

Jüdische Glaubensgemeinschaften, die die orthodoxen Auslegungen des jüdischen Gesetzes nicht als bindend anerkennen, haben andere Standards. Das amerikanische Reformjudentum und das Liberale Judentum in Großbritannien erkennen ein Kind mit nur einem jüdischen Elternteil (Vater oder Mutter) als jüdisch an, wenn dieses Kind den Standards dieser Gemeinschaft entsprechend als Jude aufgezogen wird. Für ernsthaft gemeinte Konversion sind alle heute weitverbreiteten Formen des Judentums offen. Obwohl es um die Konversion zum Judentum auch eine Kontroverse gibt, akzeptieren alle religiösen Bewegungen Konvertiten, die sie selbst aufgenommen haben, ohne Einschränkung.

Diese Abweichung von der traditionellen Sichtweise hat zu starken Spannungen mit traditionellen (konservativen, orthodoxen) Juden geführt.

Die Frage, ob eine Person Jude ist oder nicht, hat weitreichende religiöse Bedeutung. Einige orthodoxe Autoritäten erklären eine jüdische Ehe nur dann für gültig, wenn sie zwischen zwei Juden geschlossen wird. Ein öffentlicher Gemeindegottesdienst kann nur dann abgehalten werden, wenn mindestens zehn jüdische Beter (Minjan) teilnehmen.

In liberalen weltlichen Gemeinschaften

Die Mitglieder der meisten weltlichen jüdischen Gemeinschaften akzeptieren jeden Menschen als Juden, der sich als solcher erklärt, es sei denn, es gibt Grund zur Annahme, dass diese Person damit eine Täuschung begeht. Manche Mitglieder des Reformjudentums teilen diesen Standpunkt.

Im Staat Israel

Das Parlament des Staates Israel, die Knesset, hat in einer ersten Fassung des Heimkehrgesetzes 1950 zwar bestimmt: „Jeder Jude ist berechtigt, in das Land einzuwandern.“ Damit war aber nicht geregelt, wer als Jude gilt. Behördliche und gerichtliche Auseinandersetzungen zwangen die Knesset im Jahre 1970 jedoch dazu, des Heimkehrgesetz (die so genannte „Law of Return“), neu zu formulieren. Als Jude gilt seither in Israel derjenige, dessen Mutter oder Großmutter, Urgroßmutter oder Ururgroßmutter (jeweils mütterlicherseits) religiöse Jüdinnen waren, oder der, der nach den orthodoxen religiösen Regeln zum Judentum konvertiert ist. Diese Definition folgt der des Talmud, fügt aber das Ausschlussmerkmal „nicht einer anderen Religion angehörend“ hinzu. Jude ist nach offiziellem israelischem Verständnis keine Bezeichnung einer Nationalität, weil alle Juden der Welt unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft zum jüdischen Volk gehörten. Israel ist nach zionistischem Verständnis der „Staat des jüdischen Volkes“.

Die Debatte „Mihu Yehudi“

Das Schlagwort „Mihu Yehudi“ (Umschrift für hebräisch: „?מיהו יהודי“, „Wer ist ein Jude?“) fand innerhalb der jüdischen Öffentlichkeit starke Verbreitung, als sich nach der Gründung des Staates Israel mehrere bedeutende Rechtsfälle mit diesem Thema auseinandersetzten. Die sich anschließende Kontroverse drehte sich vor allem um folgende Streitpunkte:

  • In der Debatte der gemischten Eltern geht es um die Frage, in welchen Fällen Menschen als jüdisch einzustufen seien, die nur einen jüdischen Elternteil haben.
  • In der Konversions-Debatte geht es um die Frage, in welchen Fällen eine Konversion zum Judentum als gültig zu erachten sei.
  • In der Debatte der Lebensumstände geht es um die Frage, in welcher Weise Handlungen (z. B. die Konversion zu einer anderen Religion) oder Lebensumstände (z. B. Unkenntnis über eine jüdische Abstammung) die Identität eines Menschen als Jude berühren.

Definition in antisemitischen Gesellschaften

Die Tatsache, ob jemand als Jude eingestuft wird, kann darüber entscheiden, ob diese Person einen bestimmten Beruf ausüben, eine Ausbildung erhalten, an einem bestimmten Ort leben, in Haft gehalten, verbannt oder mit behördlicher Billigung ermordet werden kann. Die Einordnung eines Juden folgt dabei keineswegs immer einer scharfen Begrifflichlichkeit, sondern kann auch an diffuse Annahmen oder Vorurteile anknüpfen.

In der Römisch-katholischen Kirche dagegen war es etwa zur Zeit der Inquisition üblich, Juden, die ernsthaft zum katholischen Glauben konvertierten, rechtlich nicht mehr als Juden zu betrachten.

Im Nationalsozialistischen Deutschland wurde die jüdische Identität rassisch bestimmt, so dass ein Jude in den Augen des Regimes durch Verzicht auf Religionsausübung, Heirat außerhalb der Religionsgemeinschaft oder Konversion zum Christentum nicht zum Nicht-Juden werden konnte. Die rassistische Beurteilung wurde, ungeachtet des Glaubensbekenntnisses, auf alle Personen angewandt, die mindestens einen jüdischen Großelternteil (männlich oder weiblich) hatten. Insbesondere den betroffenen Juden in Deutschland wurde damit zugleich auch ihre deutsche Nationalität und Identifikation mit Deutschland verwehrt.

Näheres siehe: Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz

Geographische Verteilung

Die Zahlen sind eine vorsichtige Schätzung der jüdischen Bevölkerung. Diese stellt etwa 0,2 % der Weltbevölkerung, das wären etwa 13 Millionen. Andere Schätzungen sprechen von etwa 15 Millionen weltweit.

Staat/Region jüdische Bevölkerung
Vereinigte Staaten 5.671.000
Israel (1) 5.300.000
Europa < 2.000.000
Frankreich 600.000
GUS-Länder (2) 400.000
davon Russland (2) 230.000
davon die Ukraine (3) 105.000
Vereinigtes Königreich (3) 267.000
Deutschland (4) 108.000
Türkei (3) 30.000
Italien 30.000
Kanada 371.000
Argentinien 250.000
Brasilien 130.000
Südafrika 106.000
Australien 100.000
Asien (ohne Israel, Russland und die Türkei) 50.000
Mexiko 45.000–50.000
Iran 11.000
gesamt 14.000.000

Anmerkungen:

1 etwa 76 % der Bevölkerung Israels
2 Gebiet der ehemaligen Sowjetunion; russ. Volkszählung 2002; andere Schätzungen deutlich höher (bis 1 Mio).
3 Volkszählung 2001

Referenzen

  1. Ferdinand Dexinger, Art. Judentum, in: Theologische Realenzyklopädie, 4. Auflage, S. 332

Siehe auch

Literatur

  • Salcia Landmann: Wer sind die Juden? Geschichte und Anthropologie eines Volkes, Dtv, München 1982, ISBN 3-423-00913-6
  • Eisak Schlomer, Peter Guttkuhn: Liebes, altes, jüd'sches Moisling, 3. Aufl., Selbstverlag, Lübeck 1988 <Repr. d. Ausg. Lübeck 1909>

Weblinks

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