Lichtverschmutzung
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Lichtverschmutzung ist die Aufhellung des Nachthimmels durch von Menschen erschaffene, installierte und betriebene Lichtquellen, deren Licht in den unteren Luftschichten der Atmosphäre gestreut wird.
Künstliche Lichtquellen „verschmutzen“ die natürliche nächtliche Dunkelheit und können deshalb als eine spezielle Art der Umweltverschmutzung angesehen werden.
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[Bearbeiten] Ursachen der Lichtverschmutzung
Die größten Verursacher der Lichtverschmutzung sind Großstädte und Industrieanlagen, die die Nacht durch Straßenbeleuchtung, Leuchtreklamen und Flutlichtanlagen erhellen. Seit einigen Jahren verwenden Diskothekenbetreiber Projektionsscheinwerfer, so genannte Skybeamer, die tanzende Lichtkegel an den Nachthimmel projizieren. In Einzelfällen wurden allerdings bereits rechtliche Maßnahmen gegen diese Art der Werbung erfolgreich durchgesetzt.
Problematisch ist dabei hauptsächlich der große nach oben abgestrahlte oder reflektierte Anteil des Lichtes. Dadurch ergeben sich die bekannten Lichtglocken über Städten.
Lichtverschmutzung ist eine Folge der Industrialisierung und tritt demnach vor allem in dicht besiedelten Regionen der Industrienationen auf. In Europa ist beispielsweise mehr als die Hälfte der Bevölkerung davon betroffen. Der jährliche Zuwachs der Lichtverschmutzung beträgt in Deutschland ca. 6 %, in anderen Ländern wie z. B. Japan bis zu 12%.
[Bearbeiten] Folgen der Lichtverschmutzung
Es wird vermutet, dass Lichtverschmutzung bestehende Lebensräume verändert. So wie verschmutzte Meere, Böden, Lufträume für viele Spezies nicht mehr bewohnbar sind, so hat auch die Zerstörung der Nacht vielfältige Folgen.
[Bearbeiten] Pflanzen, Tiere und Menschen
Pflanzen werden durch eine künstlich aufgehellte Umgebung in ihrem Wachstum beeinflusst. Die üblichen Lichtquellen mit hohem Blau- und Weiß-Anteil im Spektrum stellen ein erhebliches Problem für die Navigation nachtaktiver Insekten und teilweise auch für Zugvögel dar. So wird beispielsweise bei Nachtfaltern vermutet, dass diese auf Grund der fehlgeleiteten Navigation durch Straßenlaternen und ähnliche Leuchtmittel an Erschöpfung verenden. Eine Alternative würden hier Natriumdampflampen mit einfarbig gelbem Licht bieten.
Die Auswirkungen auf den menschlichen Organismus (wie auch auf Tiere) sind noch nicht abschließend erforscht. Störungen im Hormonhaushalt des Menschen (Tag-Nacht-Zyklus, Menstruationszyklus der Frau) sind jedoch bereits nachgewiesen bzw. Gegenstand aktueller Forschung. Weitere physiologische Störungen sind nicht auszuschließen. Postuliert wird auch ein Beitrag der verlängerten Helligkeit zum früheren Einsetzen der Pubertät bei Mädchen.
[Bearbeiten] Soziale und kulturelle Folgen
Als die Menschen noch ohne Auto, Flugzeug oder Eisenbahn reisten und das elektrische Licht noch nicht erfunden war, gab es einen ausgeprägten Tag-/Nachtrhythmus: Die Menschen waren tags aktiv und ruhten nachts. Vor der Erfindung der Glühbirne schliefen die meisten Menschen nachts in Intervallen von vier bis fünf Stunden, unterbrochen von einer Pause. Durch permanente Verfügbarkeit von Licht wird der Tag-/Nachtrythmus oftmals verschoben und anstelle von Schlafintervallen trat der heutzutage achtstündige, zusammenhängende Nachtschlaf.
Auch die Wahrnehmung von Naturphänomenen, die nur bei weitgehender oder sogar absoluter Dunkelheit zu sehen sind, ist insbesondere in Großstädten und Ballungsräumen durch die künstliche Erhellung der Nacht stark eingeschränkt. Hierzu zählen zum Beispiel die Milchstraße und andere Deep-Sky-Objekte sowie bestimmte Tiere wie die Nachteule oder Glühwürmchen.
[Bearbeiten] Astronomische Beobachtung und Forschung
Die Abwesenheit eines wirklich dunklen Nachthimmels beeinträchtigt im besonderen Maße die astronomische Beobachtung und Forschung. Über einer hell erleuchteten Stadt sind mit bloßem Auge in der Regel nur noch wenige sehr helle Sterne zu sehen. Ausgedehnte lichtschwächere Objekte wie die Milchstraße, die Große und die Kleine Magellansche Wolke, die Andromedagalaxie oder den berühmten Großen Orionnebel kennen viele Menschen nur noch aus der Erzählung.
Bei einer Studie in der Schweiz wurde bekannt gegeben, dass man Sterne nur noch bis zu Grenzgröße von 4 mag sieht, anstatt bis 6 mag.
Die Zahl der mit bloßem Auge sichtbaren Sterne liegt meistens bei nur noch zwei- bis fünfhundert, während sie früher generell - heute nur noch in sehr dunklen Gegenden - bei bis zu dreitausend lag. Sternwarten, die noch im letzten Jahrhundert in manchen Großstädten in Betrieb waren, mussten mittlerweile den wissenschaftlichen Betrieb einstellen oder an abgelegene Orte verlagert werden.
[Bearbeiten] Einteilung
Im Gegensatz zu Seeing-Skalen erfolgt die Bestimmung des Grades der Lichtverschmutzung vorwiegend ohne optische Hilfsmittel. Neben einigen einfachen Methoden zur Einordnung, wie das Auszählen von Sternen einer bestimmten Himmelsregion, gibt es auch anerkannte Skalen.
Am meisten verbreitet ist die im Februar 2001 veröffentlichte Bortle-Skala nach John E. Bortle. Die Einteilung erfolgt in neun Klassen:
- Klasse 1: Ort mit außergewöhnlich dunklem Himmel
- Klasse 2: Ort mit wirklich dunklem Himmel
- Klasse 3: Landhimmel
- Klasse 4: Ländlicher / vorstädtischer Übergang
- Klasse 5: Vorstadthimmel
- Klasse 6: Heller Vorstadthimmel
- Klasse 7: Vorstädtischer / städtischer Übergang
- Klasse 8: Stadthimmel
- Klasse 9: Innenstädtischer Himmel
Die Klassen 1 und 2 treten in Mitteleuropa nicht auf.
[Bearbeiten] Staatliche Interventionen
In einigen europäischen Ländern werden derzeit Gesetze eingeführt, um die Lichtverschmutzung in den Griff zu bekommen. Tschechien war vor fünf Jahren der Vorreiter, Italien und Spanien folgen demnächst. Auch in Teilen der USA laufen Initiativen zur Vermeidung übermäßiger Lichtemission. Chile hat ebenfalls Gesetze erlassen, um die Lichtverschmutzung in den nördlichen Zonen zu begrenzen, und so das Land als Standort für die Observatorien zu erhalten.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Globale Verdunkelung
- Umweltverschmutzung
- Licht in der Gesellschaft
- Visuelle Astronomie
- Streuung (Physik)
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Lichtverschmutzung – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
[Bearbeiten] Reaktionen auf die Lichtverschmutzung in
Deutschland
Österreich
- Wieviele Sterne sehen wir noch? - Kampagne zur Ermittlung der Lichtverschmutzung mit Hilfe freiäugiger Beobachtungen vom Verein Kuffner-Sternwarte (IDA-Sektion Österreich)
- "Die helle Not" - Artenschutzaspekte aus Österreich
Schweiz
- Dark Sky Switzerland mit Karte zur Lichtverschmutzung in der Schweiz
- "Lichtverschmutzungs-Seite der Sternwarte Sursee
Tschechien
- Kampf um die Schönheit der Nacht. In Tschechien ist Lichtverschmutzung demnächst strafbar auf den Seiten von Telepolis
USA