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Max Brod - Wikipedia

Max Brod

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Max Brod
Max Brod

Max Brod (* 27. Mai 1884 in Prag, damals Österreich-Ungarn; † 20. Dezember 1968 in Tel Aviv) war ein deutschsprachiger jüdischer Schriftsteller, Übersetzer und Komponist. Während sein einst sehr erfolgreiches literarisches Werk heute weitgehend unbeachtet ist, bleibt sein eminentes Verdienst um die Werke des Schriftstellers Franz Kafka und des Komponisten Leoš Janáček unbestritten.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Max Brod wurde als Sohn eines Prager Bankbeamten geboren. Seine Kindheit ist belastet durch schwere Erkrankungen und durch die psychische Störung seiner Mutter. Buchstäblich Harmonie brachte in die Ehe der Eltern nur die Musik, beide waren begeisterte Opernfreunde. Der Vater ließ keine Aufführung von Wagners „Meistersinger“ aus, zu Hause sang er mit starker Stimme Arien von Meyerbeer, Wagner usw. Die Mutter bevorzugte „Traviata“. Für Max Brod und seine Geschwister, Otto und Sophie, waren das nachhaltige Eindrücke.

Nach Absolvierung des Stefansgymnasiums nahm Brod an der Prager Karls-Universität ein Jurastudium auf. Während der Studienzeit begegnete er am 23. Oktober 1902 in der Prager „Lese- und Redehalle der deutschen Studenten“ zum ersten Mal Franz Kafka. Brod hielt dort einen Vortrag über Arthur Schopenhauer. Auf dem Nachhauseweg sprach ihn Kafka an. In „Franz Kafka. Eine Biographie“ schreibt Brod 1937:

„Nach diesem Vortrag begleitete mich Kafka, der um ein Jahr Ältere, nach Hause. – Er pflegte an allen Sitzungen der ,Sektion' teilzunehmen, doch hatten wir einander bis dahin kaum beachtet. Es wäre auch schwer gewesen, ihn zu bemerken, der so selten das Wort ergriff und dessen äußeres Wesen überhaupt eine tiefe Unauffälligkeit war, – sogar seine eleganten, meist dunkelblauen Anzüge waren unauffällig und zurückhaltend wie er. Damals aber scheint ihn etwas an mir angezogen zu haben, er war aufgeschlossener als sonst, allerdings fing das endlose Heim-Begleitgespräch mit starkem Widerspruch gegen meine allzu groben Formulierungen an.“
Max Brod. Franz Kafka. Eine Biographie. Dritte, erweiterte Auflage. Berlin und Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag, 1954. S.57.

Brod und Kafka trafen sich fortan häufig, oft täglich, und blieben bis zu Kafkas Tod eng befreundet. Franz Kafka war öfter Gast im Elternhaus der Brods und lernte dort auch 1912 seine spätere Freundin und Verlobte Felice Bauer kennen, die eine Kusine von Brods Schwager Max Friedmann war. Zusammen mit Brods engem Freund Felix Weltsch und Franz Kafka bildeten diese drei den so genannten engen „Prager Kreis“.

Nach der erfolgreichen Promotion 1907 erhielt Brod nach einigen Umwegen eine Anstellung bei der Prager Postdirektion. Ähnlich wie Kafka lockte ihn hier vor allem die kürzere Arbeitszeit, die ihm ausreichend Zeit für seine literarischen Projekten ließ. Doch im Gegensatz zu Kafka wurde Brod schnell zu einem erfolgreichen Schriftsteller.

[Bearbeiten] Beginn der literarischen Karriere

Bereits mit 24 Jahren veröffentlichte Brod sein viertes Buch, den Roman „Schloß Nornepygge“, der vor allem in Berliner Literaturkreisen enthusiastisch als Meisterwerk des Expressionismus gefeiert wurde. Durch dieses und weitere Werke wurde Brod zu einer bekannten Persönlichkeit der deutschsprachigen Literatur. Er förderte uneigennützig Schriftsteller und Musiker; zu den von Brod Protegierten gehörte unter anderem der Dichter Franz Werfel, mit dem er sich aber später zeitweise überwarf, als Werfel sich vom Judentum abzuwenden begann und sich dem Christentum zuwandte; auch mit dem vom Judentum zum Katholizismus übergetretenen bekannten Publizisten und Schriftsteller Karl Kraus lieferte sich Brod polemische Auseinandersetzungen. Max Brod war in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg von einem „Indifferenten“ zu einem bewussten Juden geworden, der – wie Kafka – mit dem zionistischen Projekt von Theodor Herzl sympathisierte.

[Bearbeiten] Entdecker und Mentor

Der ungemein vielseitige „Poeta doctus“ (Johannes Urzidil) Max Brod, der auch als Übersetzer, Komponist und Publizist tätig war und mehrere umfangreiche philosophische Werke veröffentlichte, trug unter anderem wesentlich dazu bei, dass Jaroslav Haseks „Schwejk“ auf Berliner Bühnen gespielt und der tschechische Autor dadurch populär wurde.

Einen ehrenvollen Platz nimmt Max Brod in der Musikgeschichte ein. Er verfasste in enger Zusammenarbeit mit dem mährischen Komponisten Leos Janacek deutschsprachige Libretti für dessen Opern und verhalf ihm damit zum Durchbruch auf den internationalen Opernbühnen. Denn Aufführungen in tschechisch waren damals außerhalb der Tschechei undenkbar und selbst in Prag keineswegs selbstverständlich. Brod hatte die schwierige Aufgabe zu meistern, seinen Text in Einklang zu bringen mit einer Musik, die ganz auf der Sprachmelodie des Tschechischen basierte. Das ging nicht ohne Zugeständnisse des Komponisten ab, so dass z. B. die „deutsche“ Jenufa nicht notengetreu mit der tschechischen übereinstimmt. Zudem trug Brod durch zahlreiche Veröffentlichungen und einer ersten Biografie zum allmählich einsetzenden Ruhm Janáčeks bei. Er machte auch seinen ganzen Einfluss geltend, um Aufführungen der damals avantgardistischen Werke an europäischen Opernhäusern durchzusetzen.

Vor allem aber wurde Max Brod zum entscheidenden Förderer und Mentor der Werke Kafkas. Immer wieder versuchte Brod den zweifelnden Kafka in dessen literarischen Bestrebungen zu unterstützen und drängte ihn, seine Arbeiten zu veröffentlichen. Es ist wahrscheinlich Brod zu verdanken, dass Kafka anfing, ein Tagebuch zu führen. Zwar verabredete man auch gemeinsame literarische Projekte, doch die waren aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsweise der beiden Autoren nicht durchführbar. Auch nach seiner Heirat mit Elsa Taussig im Jahr 1913 blieb Brod der engste Freund und Bewunderer Kafkas, der Kafka in seinen Lebenskrisen immer wieder beistand, wobei Brod andererseits auch bei eigenen Problemen öfter Rat und Hilfe Kafkas suchte und fand.

[Bearbeiten] Nach dem Ersten Weltkrieg

Als sich nach dem Krieg die Tschechoslowakei konstituierte, wurde Brod kurzfristig Vizepräsident des Jüdischen Nationalrates. Nachdem Brod den Postdienst aufgab arbeitete er als Kunstkritiker und freier Autor. Die Nationalsozialisten setzten 1933 seinen Namen bereits auf ihre erste Liste der fortan in Deutschland verbotenen und verfemten Literatur.

Bis zu seiner Auswanderung nach Palästina, 1939, war er Redakteur am „Prager Tagblatt“. In dieser Stellung nahm er von exilierten deutschen Journalisten und Schriftstellern unzählige Artikel und Kurzgeschichten an, obwohl ihm klar war, dass er sie niemals alle veröffentlichen konnte. Die bar ausgezahlten Honorare, auch wenn es geringe Beträge waren, bedeuteten für viele Emigranten eine wichtige Überbrückungshilfe. Eine Zeit lang arbeitete auch die berühmte Autorin Maria Treben für ihn. Manche Quellen behaupten, beide hätten eine Affäre gehabt.

[Bearbeiten] Brod als Nachlassverwalter Kafkas

Kafka starb 1924 und hatte letztwillig verfügt, alle seine literarischen Aufzeichnungen zu vernichten. Als Nachlassverwalter hatte er Max Brod eingesetzt. Brod aber glaubte, die angeordnete Vernichtung von Kafkas Notizen kulturell nicht verantworten zu können. Er fühlte sich sittlich verpflichtet, die Welt auf Leben und Denken Kafkas aufmerksam zu machen. Brod hatte Kafka als den „größten Dichter unserer Zeit“ gerühmt, als dieser noch keine einzige Zeile veröffentlicht hatte.

Bereits 1925 begann Brod mit der Veröffentlichung der Romanfragmente Kafkas. In den Dreißigerjahren folgte eine sechsbändige Werkausgabe und eine Biographie Kafkas. In zahlreichen Veröffentlichungen wehrte Brod sich gegen eine von ihm als einseitig angesehene Interpretation Kafkas. Brod hasste den Begriff „kafkaesk“ und war aufgrund seiner langen intimen Freundschaft zu Kafka überzeugt, dass dieses Wort genau das bezeichnet, was Kafka nicht gewesen sei.

[Bearbeiten] 1939 bis zum Tod

Max Brod wandte sich unter dem Einfluss Martin Bubers früh dem Zionismus zu. Dies kann einer der Gründe sein, warum er 1939 nach Palästina auswanderte, als deutsche Truppen im März 1939 die restlichen Gebiete der Tschechoslowakei besetzten und das so genannte „Protektorat Böhmen und Mähren“ errichteten.

Sein Bruder Otto wurde 1942 in das Konzentrationslager Theresienstadt transportiert und 1944 nach Auschwitz, wo er vergast wurde. Als Max Brod nach dem Krieg vom Schicksal seines Bruder (und Freundes) erfuhr, gab ihm das den Anstoß, sich wieder besonders intensiv mit theologischen Themen zu beschäftigen. Vor allem mit den Fragen: „Ist die Seele unsterblich?“ Und: „Wie läßt sich das Leiden der Welt mit dem Glauben an einen allmächtigen und allgütigen Gott vereinbaren?“

Während der Jahre 1938 bis 1947 hat Max Brod fast nichts publiziert. Das Weltgeschehen und der private Schicksalschlag, der Tod seiner Frau, hatten seine Kräfte gelähmt.

In Tel Aviv arbeitete und lebte Max Brod bis zu seinem Tod im Jahre 1968 als freier Autor, Journalist und Dramaturg am Nationaltheater Habimah.

[Bearbeiten] Werke

[Bearbeiten] Literarische Schriften

  • Tod den Toten (Novellen) (1906)
  • Schloss Nornepygge (Roman) (1908)
  • Ein tschechisches Dienstmädchen (Roman) (1909)
  • Die Erziehung zur Hetäre (Novellen) (1909)
  • Jüdinnen (Roman) (1911)
  • Weiberwirtschaft (Novellen) (1913)
  • Die Höhe des Gefühls (Gedichte) (1913)
  • Ein Kampf um Wahrheit (Romantrilogie):
    • Tycho Brahes Weg zu Gott (1915)
    • Reubeni, Fürst der Juden (1925)
    • Galilei in Gefangenschaft (1948)
  • Die Frau, nach der man sich sehnt (Roman) (1927)
  • Die Frau, die nicht enttäuscht (1934)
  • Novellen aus Böhmen (1936)
  • Annerl (1937)
  • Unambo (1949) (Roman aus dem jüdisch-arabischen Krieg)
  • Der Meister (1952) (Christus-Roman)
  • Beinahe ein Vorzugsschüler oder Piece touchee (1952)
  • Armer Cicero (1955)
  • Rebellische Herzen (1957)
  • Prager Tagblatt (1957) (Roman einer Redaktion)
  • Mira (1958) (Roman um Hofmannsthal)
  • Jugend im Nebel (1959)
  • Streitbares Leben (1960) (autobiographische Schrift)
  • Die Rosenkoralle. Ein Prager Roman. (1961)

[Bearbeiten] Abhandlungen

  • Über die Schönheit häßlicher Bilder (1913)
  • Heidentum, Christentum und Judentum (1921)
  • Sternenhimmel. Musik- und Theatererlebnisse (1923)
  • Leos Janácek. Leben und Werk (1925)
  • Heinrich Heine (1934) (Biographie)
  • Rassentheorie und Judentum. Mit einem Anhang über den Nationalhumanismus von F. Weltsch (1936)
  • Franz Kafka (1937, erweitert 1954)
  • Diesseits und Jenseits (2 Bände):
    • Von der Krisis der Seelen und vom Weltbildes der neuen Naturwissenschaft (1946)
    • Von der Unsterblichkeit der Seele, der Gerechtigkeit Gottes und einer neuen Politik (1947)
  • Israels Musik (1951)
  • Streitbares Leben (Autobiographie) (1960)
  • Johannes Reuchlin und sein Kampf (1965)

[Bearbeiten] Zu Franz Kafka

  • Franz Kafka. Eine Biographie (1. Auflage 1937) (Es folgten weitere Auflagen mit erweitertem Umfang. Neuausgabe: Über Franz Kafka, 1974)
  • Franz Kafkas Glauben und Lehre (1948)
  • Franz Kafka als wegweisende Gestalt (1951)
  • Verzweiflung und Erlösung im Werke Franz Kafkas (1959)
  • Der Prager Kreis (1966)

[Bearbeiten] Deutschsprachige Libretti zu Leos Janaceks Opern

  • Jenufa, 1918
  • Katja Kabanowa, 1922
  • Das schlaue Füchslein, 1925
  • Die Sache Makropulos, 1926
  • Aus einem Totenhaus, 1930

[Bearbeiten] Literatur

  • Wessling, Berndt W. Max Brod: Ein Porträt. Stuttgart, Berlin, Köln und Mainz: Kohlhammer, 1969. Neue Ausgabe: Max Brod: Ein Porträt zum 100. Geburtstag. Gerlingen: Bleicher, 1984.
  • Kayser, Werner. Max Brod. Hamburg: Christians, 1972. (Hamburger Bibliographien; Bd. 12)
  • Pazi, Margarita (Hg.). Max Brod 1884-1984. Untersuchungen zu Max Brods literarischen und philosophischen Schriften. Frankfurt am Main: Peter Lang, 1987.
  • Lerperger, Renate. Max Brod. Talent nach vielen Seiten (Ausstellungskatalog) Wien, 1987
  • Schalom Ben-Chorin: Erinnerungen an Max Brod aus drei Jahrzehnten in: Zeitschrift für die Geschichte der Juden ZGDJ, 1969 Heft 1. Tel Aviv: Olamenu, S. 1 -10
  • Frieda Hebel M.B. zum 1. Todestag ebd. Heft 1/ 1970, S. 5 - 13
  • Paul Raabe Zu Gast bei Max Brod. Eindrücke in Israel 1965 Hg. Niedersächsische Landesbibliothek. Niemeyer, Hameln 2004 ISBN 382718813X (Reihe: Lesesaal, 13)

[Bearbeiten] Weblinks

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