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Melatonin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Strukturformel von Melatonin
Strukturformel von Melatonin

Melatonin (N-Acetyl-5-methoxytryptamin) ist ein Hormon, das in der Zirbeldrüse (Epiphyse) – einem Teil des Zwischenhirns – aus Serotonin produziert wird und den Tag-Nacht-Rhythmus des menschlichen Körpers steuert. Chemisch gesehen handelt es sich um ein Alkaloid mit Tryptamin-Struktur. Die Summenformel lautet C13H16N2O2. Die Molmasse beträgt 232,28 g/Mol.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Pharmakologie

[Bearbeiten] Metabolismus

Bei Einfall von Tageslicht in das Auge wird die Synthese von Melatonin gehemmt, in der Nacht (bei Dunkelheit) wird Melatonin vermehrt ins Blut abgegeben und wirkt schlaffördernd. 90 % des Melatonins werden nach der Leberpassage durch Biotransformation mittels Cytochrom P450-Monooxygenasen zu 6-OH-Melatonin metabolisiert und in Form von sulfatierten (60 – 70 %) oder glucuronidierten (20 – 30 %) Derivaten über den Urin ausgeschieden.

[Bearbeiten] Physiologische Zusammenhänge

[Bearbeiten] Melatonin und Winterdepressionen

Im Winter, wenn das Tageslicht nur wenige Stunden vorhält, bleibt der Melatoninspiegel auch tagsüber erhöht. Als Folge davon können Müdigkeit, Schlafstörungen und Winterdepressionen auftreten. Als Gegenmaßnahme wird empfohlen, die kurze Phase von Tageslicht für Spaziergänge zu nutzen. Alternativ kommt auch eine Lichttherapie in Frage.

Melatonin ist ein Metabolit des Tryptophanstoffwechsels. Es wird in der Zirbeldrüse, im Darm und in der Netzhaut des Auges gebildet und zentral pulsatil unter dem Einfluss von Dunkelheit freigesetzt. Melatoninkonzentrationen steigen in der Nacht um den Faktor zehn an, das Maximum wird gegen drei Uhr morgens erreicht – mit einer jahreszeitlich wechselnden Rhythmik. Die Sekretion wird durch Tageslicht gebremst. Die Bedeutung des Melatonins bei Jetlag und Schichtarbeit ist allseits anerkannt, eine Anwendung von Melatonin ist in diesem Zusammenhang umstritten. Durch Koordinierung der circadian-rhythmischer Vorgänge im Körper entfaltet es seine Wirkung als Zeitgeber. Die Melatonin-induzierte Tiefschlafphase ist ein Stimulans für die Ausschüttung des Wachstumshormons. Entsprechende chronische Störungen führen zur vorzeitigen Somatopause. Weitere wichtige Melatonineffekte liegen in seiner Wirkung als Antioxidans, die jedoch nicht therapeutisch genutzt werden kann. Wichtig ist auch die Kenntnis seiner antigonadotropen Wirkung mit Downregulation vieler biologischer und oxidativer Prozesse, darauf ist insbesondere bei der Einnahme von Melatonin zu achten. Besonders eine Erniedrigung, aber auch eine Erhöhung der Melatoninspiegel im Blut bewirken Schlafstörungen oder Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus.

Eine Melatoninsubstitution sollte nur nach klarer Indikationsstellung und unter Kontrolle der Blutwerte erfolgen.

[Bearbeiten] Melatonin und Schlafprobleme

Ein zu niedriger Melatoninspiegel kann mit Schlafstörungen einhergehen. Mit zunehmendem Alter produziert der Körper weniger Melatonin, die durchschnittliche Schlafdauer nimmt ab und Schlafprobleme treten gehäuft auf. Auch bei Schichtarbeit und bei Fernreisen (Jet-Lag) kann der Melatoninhaushalt durch die Zeitumstellung gestört werden.

Erholsamer Schlaf ist wichtig für ein funktionierendes Gedächtnis. Einer der Gründe dafür könnte der Einfluss von Melatonin auf den Hippokampus sein. Diese Region im Gehirn ist wichtig für das Lernen und Erinnern. Durch die Wirkung von Melatonin ist die neurophysiologische Grundlage von Lernen und Gedächtnis, die synaptische Plastizität, einem deutlichen Tag-Nacht-Rhythmus unterworfen.

[Bearbeiten] Melatonin-Präparate

[Bearbeiten] Situation in den USA

In den USA ist Melatonin seit 1994 frei verkäuflich und als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich. 1995 wurde in Kalifornien mehr Geld für Melatonin-Präparate als für Aspirin ausgegeben. Die Mittel werden aggressiv vermarktet und als „Wunderdroge“ angepriesen, u. a. mit folgenden angeblichen Heilwirkungen:

Das sind lediglich Effekte eines natürlichen Schlafrhythmus. Eine zusätzliche Melatoningabe könnte diesen höchstens unterstützen.

Im Gegensatz zu Medikamenten unterliegen Nahrungsergänzungsmittel vergleichsweise weniger strengen Auflagen durch die FDA. Medikamente müssen vor ihrer Zulassung ihre Unbedenklichkeit nachweisen, bei Nahrungsergänzungsmitteln ist die Beweispflicht umgekehrt.

[Bearbeiten] Situation in Deutschland und der EU

In Deutschland, wo es keine entsprechenden Ausnahmeregelungen für Nahrungsergänzungsmittel gibt, ist Melatonin wegen des bislang fehlenden Unbedenklichkeitsnachweises nicht im Handel. Über das Internet und im Versandhandel sind Melatonin-Präparate jedoch nahezu beliebig erhältlich.

[Bearbeiten] Hinweise zur Melatonin-Einnahme

Melatoninpräparate sollten nur bei dauernder Schlaflosigkeit und unter Anleitung eines Facharztes (Neurologe) eingenommen werden. Selbstmedikation ist wenig sinnvoll und im ungünstigsten Fall sogar riskant. Einzelberichte beschreiben einen positiven Effekt von Melatonin in der Cluster-Kopfschmerz Prophylaxe [1]. Vor dem Verschreiben und dem Verabreichen von Melatonin sollte der endogene Melatoninrhythmus überprüft werden. Dies kann im Krankenhaus durch Blutentnahmen erfolgen, wobei hier der Aufwand und die Kosten beträchtlich sind, zumal Melatonin nicht in allen Labors routinemäßig bestimmt wird. Alternativ können die Melatoninwerte nicht-invasiv (ohne Blutentnahme) aus dem Speichel bestimmt werden, da im Speichel ca. 1/3 der Werte im Blut vorhanden sind. Ein solcher Speicheltest für Melatonin kann auch zuhause durchgeführt werden [2]. Die Kosten für das Bestimmen von Melatonin und auch die Kosten für Melatoninpräparate werden zurzeit nur von wenigen Kassen übernommen. In jedem Fall ist es sinnvoll, die Kassen vorher zu fragen, wenn man nicht die Kosten selbst tragen möchte.


Die Dosis liegt bei circa 1 bis 3 Milligramm pro Tag. Ab dem Alter von 60 Jahren sollten 6 mg eingenommen werden. Melatonin darf nicht zusammen mit MAO-Hemmern eingesetzt werden.

[Bearbeiten] Alternativen

Gerade bei Schlafproblemen kann man jedoch auch die Wirkung der natürlichen, körpereigenen Melatoninbildung nutzen:

  1. Zum Einschlafen den Raum abdunkeln
  2. Um besser aus dem Bett zu kommen, das Licht anmachen. Man kann auch eine Lampe an eine Zeitschaltuhr anschließen und so einen geräuschlosen „Melatonin-Wecker“ bauen.

[Bearbeiten] Melatonin-analoge Medikamente

Der Arzneistoff Agomelatin besitzt fast dieselbe chemische Struktur wie das Melatonin. Trotz der ernüchternden Resultate bisheriger Melatonin-Studien (s.u.) soll die Substanz 2006 oder 2007 von der EMEA als Antidepressivum bzw. mildes Sedativum zugelassen werden. Umfassende klinische Studien laufen an einigen deutschen Universitätskliniken.

[Bearbeiten] Wissenschaftliche Bewertung

Die dem Melatonin zugeschriebenen phantastischen Heilwirkungen – zeitweilig auch unter Medizinern populär – konnten trotz massenhaften Gebrauchs und nach ca. 2 Jahrzehnten intensiver Forschung nicht belegt werden.

Im Februar 2006 kam eine große Metaanalyse aus 9 Studien mit 427 Betroffenen, die Melatonin als Schlafmittel untersucht hatten, zu einem klaren Befund: Es gibt keinen Nachweis dafür, dass Melatonin Schlafstörungen oder Jet-Lag wirksam beeinflusst. Es konnte weder die Wartezeit bis zum Einschlafen verkürzen noch die Schlafdauer deutlich verlängern. Die Studienergebnisse der University of Alberta in Edmonton, Kanada, die im British Medical Journal veröffentlicht wurden, ergaben, dass auch entsprechende Nebenwirkungen auftreten. So kann Melatonin die Wirksamkeit von Antithrombosemitteln und Antiepileptika beeinflussen. Eine kurzzeitige Melatonineinnahme (< 3 Monate) hat keine schädlichen Folgen.[3]

[Bearbeiten] Siehe auch

b:
Wikibooks
Wikibooks: Melatonin – Lern- und Lehrmaterialien

[Bearbeiten] Quellen

  1. Leitlinie Clusterkopfschmerz der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
  2. Bioclocks-Laboratories
  3. British Medical Journal: Efficacy and safety of exogenous melatonin for secondary sleep disorders and sleep disorders accompanying sleep restriction: meta-analysis. BMJ 2006;332:385-393. PMID 16473858

[Bearbeiten] Literatur

  • Arendt J, Touitou Y: Melatonin and the Pineal Gland: From Basic Science to Clinical Application

Elsevier Science 1993, ISBN 0-4448-9583-3 (wissenschaftliches Standardwerk zu Melatonin)

  • Susan M. Webb, Manuel Puig-Domingo: Role of melatonin in health and disease. Clinical Endocrinology (1995) 42, 221-234.
  • Arnold Hilgers, Inge Hoffmann: Melatonin. Mosaik Verlag, München 1996, ISBN 3-5761-0622-7

[Bearbeiten] Weblinks


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