Metamaterial
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Ein Metamaterial in der Optik bzw. Photonik ist ein Objekt, dessen (elektromagnetischen) Materialeigenschaften von seiner Struktur, anstatt der spezifischen Eigenschaften des Materials aus dem es besteht, abhängen. Die daraus resultierenden Eigenschaften sind meistens abweichend der in der Natur anzutreffenden Materialien.
Allgemeiner gesagt, zeigen Metamaterialien für elektromagnetische Strahlung negatives Brechungsverhalten, das in den 1960er Jahren theoretisch vorhergesagt wurde.
Um elektromagnetische Wellen beeinflussen zu können, muss das Metamaterial Strukturen besitzen, die vergleichbar groß der Wellenlänge der zu beeinflussenden elektromagnetischen Strahlung ist. Bei sichtbarem Licht handelt es sich um die Größenordnung eines Mikrometers, bei Mikrowellen um die eines Dezimeters. Ein Beispiel für ein Metamaterial sichtbaren Lichts ist der Opal oder andere photonische Kristalle. Metamaterialien für Mikrowellen sind meist künstlich, hergestellt aus vielen zusammengeschlossenen Leitern wie z.B Drahtschleifen mit der passenden Induktivität und Kapazität.
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[Bearbeiten] Negative Brechung vorhergesagt
Materialien mit negativer Brechung wurden 1968 von dem sowjetischen Physiker Victor Veselago aus den Maxwell-Gleichungen vorhergesagt und deren Eigenschaften theoretisch untersucht. Normalerweise wird beim Übergang vom optisch dünneren zum optisch dichteren Medium das Licht zum Lot hingebrochen. Die Brechzahl, eine normalerweise positive Zahl, beschreibt, wie Licht oder andere elektromagnetische Strahlung beim Übergang in das jeweilige Material abgelenkt wird. Bei Stoffen mit negativer Brechzahl wird ein auftreffender Lichtstrahl nicht, wie bei herkömmlichen Stoffen zum Lot hin gebrochen, sondern über das Lot hinaus in die negative Richtung. Der Lichtstrahl befindet sich also sowohl innerhalb als auch außerhalb des Materials auf derselben Seite des Einfallslots. Solche Materialien werden deshalb auch als linkshändig bezeichnet.
[Bearbeiten] So entsteht negative Brechung
Die Reaktion eines Materials auf elektromagnetische Strahlung wird durch zwei frequenzabhängige Materialkonstanten charakterisiert (die genau genommen keine Konstanten, sondern eben von der Frequenz abhängige Eigenschaften sind, historisch bedingt aber Konstanten heißen). Die Dielektrizitätskonstante ist dabei ein Maß für die Ausbildung des elektrischen Feldes in diesem Material, die Permeabilität charakterisiert die Durchlässigkeit eines Stoffes für Magnetfelder. Bei den meisten Materialien sind diese beiden Konstanten positiv. Ihr Produkt bestimmt die Ausbreitungsgeschwindigkeit einer elektromagnetischen Welle in diesem Medium und damit die Brechzahl. Für eine negative Brechzahl müssen beide Konstanten einen negativen Wert annehmen. Weil derartige Materialien in der Natur nicht vorkommen, blieben Veselagos Berechnungen viele Jahre ungeprüft. Erst in den 1990er Jahren zeigte der britische Physiker John Pendry vom Imperial College London theoretisch Möglichkeiten auf, Meta-Materialien mit negativer Brechzahl künstlich herzustellen. Sie müssen aus speziellen Strukturen aufgebaut werden, die klein gegenüber der Wellenlänge der benutzten Strahlung sind. Der Begriff „Meta-Material“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass es sich um eine Konstruktion aus verschiedenen Stoffen handelt, die in einer sich wiederholenden Struktur angeordnet sind. Ein Geflecht von haarfeinen metallischen Drähten sollte beispielsweise im Mikrowellenfrequenzbereich eine negative Dielektrizitätskonstante haben, metallische Splitringstrukturen sollten negative magnetische Permeabilität aufweisen.
[Bearbeiten] Erste Erfolge
Eine Forschergruppe von der Universität von California in San Diego ordneten dementsprechend Ringstrukturen und Drähte aus Kupfer abwechselnd in einem periodischen Gitter an und dimensionierten die Elemente so, dass beide Materialkonstanten für einen bestimmten Mikrowellen-Frequenzbereich negativ wurden. Für dieses künstlich hergestellte Meta-Material konnten sie im Jahr 2001 das Phänomen der negativen Brechung für Mikrowellen nachweisen. Die Experimente sind jedoch nicht unwidersprochen geblieben, was zu einer intensiven Diskussion um die Möglichkeit einer negativen Brechung und weiteren intensiven Forschungsarbeiten geführt hat.
Auf dem Symposium der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft in Austin haben 2003 weitere Arbeitsgruppen Ergebnisse zu Materialien mit negativer Brechzahl vorgestellt. Eine Gruppe vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat eine weitere Anordnung von Gittern und Ringen aufgebaut, die für Mikrowellenstrahlung eine negative Brechzahl aufwies. Zu ähnlichen Resultaten ist auch eine Gruppe von den Boeing Phantom Works gekommen. Damit unterstützen die neuen Experimente die bereits veröffentlichten Arbeiten, so dass es im Moment so aussieht, als existierten die vorhergesagten Meta-Materialien mit den maßgeschneiderten elektromagnetischen Eigenschaften tatsächlich, allerdings zunächst nur für den Mikrowellenbereich. Zahlreiche Forschungsgruppen arbeiten jedoch bereits an Materialien, die die außergewöhnliche Eigenschaft der negativen Brechung auch bei kürzeren Wellenlängen aufweisen sollen.
[Bearbeiten] Bedeutung
Metamaterialien sind seit kurzer Zeit von Interesse, da sie so genannte „left-handed materials“ bilden. Bei diesen handelt es sich um Materialien, die eine spezielle Lösung der Maxwell-Gleichungen ermöglichen. Die bekannten Lösungen dieser Gleichungen erlauben eine Ausbreitung von Licht in einem Medium nur, wenn dessen Permittivität und Permeabilität beide positiv sind. Ist eine von beiden negativ, kann sich Licht nicht im Medium ausbreiten, es liegt vielmehr als evaneszente Welle vor. Der russische Physiker Victor Veselago fand, dass auch für negative Permittivität und gleichzeitige negative Permeabilität Lichtausbreitung im Medium möglich ist [1]. In diesem Fall formen der Wellenvektor, die elektrische Feldstärke und die magnetische Feldstärke einen linkshändischen Dreibein – daher der Name „left-handed materials“. Der Poynting-Vektor ist hier entgegengesetzt zum Wellenvektor ausgerichtet, was einen Energietransport entgegen der Lichtausbreitung bedeutet. Zudem kam heraus, dass sich Licht in einem solchen Medium so ausbreitet, als sei die Brechzahl negativ. Insbesondere beim Übergang von einem Metamaterial zu einem Medium mit positiver Brechzahl wird das Licht nicht zum Lot hin gebrochen, sondern sogar darüber hinaus. Genauso, wie es das snelliussche Brechungsgesetz für eine negative Brechzahl verlangt. Der britische Physiker John Pendry hat berechnet, dass sich mit einem solchen Metamaterial eine ideale Linse bauen lässt [2]. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass eine punktförmige Lichtquelle ein punktförmiges Abbild hat, also völlig beugungsfrei arbeitet.
[Bearbeiten] Herstellung
In der Natur kommen Materialien mit negativer Permittivität und gleichzeitiger negativer Permeabilität nicht vor. D.h. man muss solche Materialien künstlich herstellen. Negative Permittivität kann man erzeugen, wenn man ein Plasmon unterhalb seiner Plasmafrequenz anregt. Denn diese ist über die Drude-Theorie mit der Permittivität verbunden. Typische Materialien hierfür sind Metalle, wie Gold mit seiner Plasmafrequenz im UV. Um eine negative Permeabilität zu bekommen, benutzt man Spulen. In ihnen kann das einfallende Lichtfeld eine Induktivität erzeugen, welche zusammen mit der magnetischen Feldstärke des Lichtes für eine negative Permeabilität sorgt. Insbesondere im sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums hat sich gezeigt, dass die gewünschten Permeabilitäts-Eigenschaften mit speziell geformten Goldringen erzeugt werden können. Nötig hierfür ist ein schmaler Spalt in den Ringen, welcher den Ring unterbricht. Diese so genannten „Split-Ring Resonatoren“ bilden einen elektrischen Schwingkreis. Hierbei stellt der Ring die Spule und die Unterbrechung im Ring eine Kapazität dar. Steht der Vektor der magnetischen Feldstärke senkrecht auf der Ringebene, so wird im Ring ein elektrisches Feld induziert, welches die freien Elektronen im Metall zu einem Kreisstrom anregt. Dieser wiederum ist mit einem dem induzierenden Magnetfeld entgegengesetztem Magnetfeld verbunden, wodurch sich ebenfalls eine negative Permeabilität ergibt. Das Problem bei dieser Realisierung sind momentan noch die großen Verluste im Gold im sichtbaren optischen Bereich.
[Bearbeiten] Mögliche Anwendungen
Schon Veselago sagte voraus, dass Materialien mit negativer Brechzahl sich durch eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten auszeichnen. Unter anderem sollten sie die Konstruktion neuartiger Linsen aus flachen Platten ermöglichen, die noch Strukturen kleiner als die benutzte Lichtwellenlänge auflösen, da derartige Linsen nicht nur das Fernfeld eines Objekts auf einen Punkt fokussieren, sondern auch das Nahfeld, das die feinen Details eines Objekts beinhaltet. Das erinnert an schmalbandige Antennen, die trotz schlechter Anbindung ans Fernfeld auf einer Resonanz effektiv senden können. Solche „perfekten“ Linsen könnten nicht nur die Auflösung normaler Lichtmikroskope verbessern, sondern auch optische Speichermedien optimieren. Auch die Halbleiterindustrie wäre an diesen Linsen interessiert um Komponenten von integrierten Schaltkreisen zu verkleinern, ohne die bewährten Methoden der optischen Lithografie aufgeben zu müssen. Eine andere Anwendung zeichnet sich für Mikrowellen-Antennen ab. Mit den Meta-Materialien ließe sich nämlich die Beschränkung umgehen, dass eine Antenne nicht wesentlich kleiner gemacht werden kann als die halbe Wellenlänge, mit der sie arbeitet. Deutlich reduzierte Abmessungen wären die Folge.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ V.G. Veselago, The electrodynamics of substances with simultaneously negative values of e and µ, Sov. Phys. Usp. 10, 509 (1968)
- ↑ JB Pendry, Negative Refraction Makes a Perfect Lens, Phys. Rev. Lett. 85, 3966 (2000)
[Bearbeiten] Literatur
- V.G. Veselago, Sov. Phys. Usp. 10, 509 (1968)
- J. B. Pendry, Nature 423, 22 (2003)