Middle East Media Research Institute
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Das Middle East Media Research Institute (Abk.: MEMRI) ist eine Organisation zur Beobachtung islamischer Medien des Nahen Ostens. "Explore the Middle East through its own media!" ist ihr Motto.
Als nach eigenen Angaben unabhängige NGO wurde MEMRI 1998 in den USA mit Sitz in Washington, D. C. von der neokonservativen Intellektuellen Meyrav Wurmser und dem Israeli Yigal Carmon gegründet.
MEMRI unterhält ein Medienzentrum in Jerusalem sowie Büros in Berlin, Bagdad und Tokio. Das 2002 gegründete Berliner Büro wendet sich vor allem an das deutschsprachige Publikum.
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[Bearbeiten] Ziele
Mit seinen Übersetzungen und Analysen aus der arabisch- und persischsprachigen Presse richtet sich MEMRI nach eigenem Bekunden an Politik, Medien und Wissenschaft, aber auch an die breite Öffentlichkeit. Schwerpunkt der Arbeit ist die im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit stehende Region des Nahen und Mittleren Ostens. Man verfolge dabei „nicht das Ziel, die Medienlandschaften zwischen Kairo und Teheran repräsentativ abzubilden“, sondern konzentriere sich „auf Meinungen und Kommentare, die in relevanten Medien der Region zu Schwerpunktthemen veröffentlicht werden“, heißt es in der Selbstdarstellung der Organisation.
MEMRI will dabei unter anderem auch „radikale nationalistische, antisemitische und islamistische“ Positionen dokumentieren. Andererseits seien es die „moderaten, liberalen und fortschrittlichen Kräfte“, deren Stimmen innerhalb der arabisch- und persischsprachigen Medienlandschaft MEMRI für bedeutsam hält. Dezidiert wolle man Stereotypen über „den Islam“ oder die Gesellschaften der Region begegnen und arabischen Reformern in der westlichen Öffentlichkeit mehr Gehör verschaffen.
Mit seiner Arbeit will das Middle East Media Research Institute „einen Beitrag zu hiesigen Auseinandersetzungen über die Region leisten und auf diesem Wege auch den Friedensprozess im Nahen Osten sowie Demokratisierungs- und Reformprozesse in den arabischen Gesellschaften und dem Iran unterstützen“.
Das Spektrum der von MEMRI in deutscher und (überwiegend) englischer Übersetzung veröffentlichten Texte aus arabischen und persischsprachigen Medien soll, wie es heißt, „Einblicke in zentrale politische, gesellschaftliche, religiöse oder kulturelle Diskurse und Debatten im Nahen und Mittleren Osten ermöglichen und die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Region ergänzen“.
[Bearbeiten] Weitere Projekte
Über eine Mailingliste versendet das MEMRI dreimal wöchentlich kostenlos Übersetzungen und Analysen aus arabischen und iranischen Medien. Es handelt sich vielfach um Dokumente und Veröffentlichungen, die ansonsten keinen Widerhall in der westlichen Öffentlichkeit oder nur indirekt in die westliche Berichterstattung Eingang finden oder die gar gänzlich ignoriert werden würden.
MEMRI betreibt zudem das Arab TV Monitoring Project, das sich mit den wichtigsten arabischen und iranischen staatlichen Fernsehprogrammen sowie mit der Vielzahl von Satellitenkanälen beschäftigt, die in den vergangenen Jahren in der Region auf Sendung gingen. Untertitelte Mitschnitte stehen für Journalisten und andere Multiplikatoren auch in sendefähiger (allerdings auch in inhaltlich nachbearbeiteter) Qualität zur Verfügung.
"Explore the Middle East through its own media!" lautet das Motto von MEMRI. Als Quelle für die Information über den Nahen Osten und den Iran wird die Arbeit des Middle East Media Research Institute von vielen geschätzt, zumal nur wenige - ansonsten gfs. bestens informierte - Zeitgenossen in den USA und in Europa oftmals weder Arabisch noch Hebräisch noch Persisch sprechen.
[Bearbeiten] Kritik
Kritiker bezweifeln MEMRIs Neutralität und bisweilen auch seine Kompetenz.
Yigal Carmon war 1968-1988 Oberst des israelischen Militärgeheimdienstes. Im Rahmen dieser Tätigkeit leitete er die "Einheit 504", welche u.a. im Libanon "Einrichtung 1391" führte, ein Gefängnis, das als "Israels Guantánamo" beschrieben wurde. ([1] und Ha'aretz, 12. Oktober 2004) Yigal Carmon antwortete in einem Interview auf die Frage, ob er Folter rechtfertigen würde, um an Informationen zu kommen: "Schmerzen zuzufügen bedeutet nicht, jemandem das Leben zu nehmen. Schmerzen kommen und gehen. Schmerzen verschwinden. Wissen Sie, jeder macht das durch. Ungern, natürlich." (Washington Post, 4. Mai 1995) 1972-1982 war er amtierender Leiter der "Zivilverwaltung von Judäa und Samaria", des israelischen Besatzungsregimes im Westjordanlandes. Nach seiner Pensionierung war er Berater der israelischen Ministerpräsidenten Jitzchak Schamir und Jitzchak Rabin auf dem Gebiet der Terrorismus-Bekämpfung. 1991 und 1992 war er ein hochrangiges Mitglied der israelischen Delegation bei den Friedensverhandlungen mit Syrien in Madrid und Washington, D. C..
Meyrav Wurmser ist eine führende Mitarbeiterin rechtsgerichteter US-amerikanischer und israelischer Denkfabriken, darunter des Hudson Institute, des Ariel Center for Policy Research (Hebräisch: מרכז אריאל למחקרי מדיניות), des Institute for Advanced Strategic and Political Studies (םימדקתמ םייטילופו םייגטרטסא םידומילל ןוכמה) und unterrichtet an der United States Naval Academy. 1996 war sie an der Studie "A Clean Break: A New Strategy for Securing the Realm" beteiligt.[2] Diese vielbeachtete und für die israelische wie die amerikanische Nahostpolitik unter Bush II richtungweisende Studie forderte die Entfernung Saddam Husseins von der Macht im Irak, die Beendigung der Umsetzung des Osloer Friedensprozesses, militärische Angriffe auf den Libanon und Syrien und dass Israel "eng mit der Türkei und Jordanien zusammenarbeiten" solle, um regionale "Gefahren einzudämmen, zu destabilisieren und zurückzudrängen (rollback)"; Israel solle syrische Einrichtungen im Libanon und evtl. in Syrien selbst bombardieren. Weitere Autoren der Studie waren bekannte Neokonservative wie Richard Perle, Douglas Feith und David Wurmser. David Wurmser ist der Ehemann von Meyrav Wurmser und Nahost-Berater von US-Vizepräsident Dick Cheney, der seinerseits ein strikt proisraelischer Neokonservativer ist.[3][4][5]
Der Journalist Brian Whitaker veröffentlichte im britischen „Guardian“ einen Artikel, in dem er aktuelle Beziehungen der leitenden Mitarbeiter des Instituts zum israelischen Militär und rechtsgerichteten US-amerikanischen Denkfabriken. Des weiteren wirft er MEMRI eine zionistische und antiarabische Voreingenommenheit vor. So soll drei Wochen nach dem 11. September 2001 folgende Passage aus dem Mission Statement der (US-)Website gelöscht worden sein: „Bei seiner Forschung betont das Institut die fortdauernde Bedeutung des Zionismus für das jüdische [hebräische] Volk und den Staat Israel.“ Die Übersetzungen des MEMRI speziell aus dem Arabischen und dem Persischen seien gezielt ungenau, die Text- und Medienauswahl einseitig und willkürlich.[6]
MEMRI wies die Vorhaltungen zurück: Die Auswahl der Texte sei repräsentativ, Whitaker könne selbst nicht Arabisch und zitiere einen Islamisten gegen MEMRI; selbst die Palästinensische Automiebehörde habe bereits Übersetzungen von MEMRI auf ihrer Homepage veröffentlicht.[7]
[Bearbeiten] Weblinks
- US-Website
- Deutsche Website
- Memri TV - Arab TV Monitoring Project
- Peter Nowak, MEMRI in Not (Telepolis, 6. August 2006)
- Whitakers Guardian-Artikel über MEMRI (englisch)
- MEMRI-Stellungnahme zum Guardian-Artikel (englisch)
- Politische Biographie des MEMRI-Gründers Yigal Carmon
- RightWeb: Profile: Middle East Media Research Institute
- Eine Debatte zwischen Yigal Carmon und Ali Abunimah (CNN, Questions & Answers, 29. Juli 2002 - englisch)
- „Mein Name ist Hase...“ - Warum das Berliner Memri nicht in Frieden leben kann, aus: analyse+kritik Nr. 469 von 17.01.2003
- Armin Köhli: Dokumente des Hasses - Übersetzung als Instrument im Nahostkonflikt (WoZ, 12. November 2004)
- Meggie Jahn: Dr. Jochen Müller am 14. Juni 2004 bei der Hanns-Seidel-Stiftung zum Thema "Feindbild Israel? Die Rolle der arabischen Medien im Nahost-Konflikt" (Deutsch-Israelische Gesellschaft)
- Yigal Carmon: Was ist arabischer Antisemitismus? (Zionistische Organisation in Deutschland)
- Jan-Hendrik Wulf: Rollentausch der Dunkelmänner (taz)
- Mirjam Gläser, Goetz Nordbruch: Eine Selbstvorstellung des Middle East Media Research Institute (D-A-S-H)
- Middle East Media Research Institute (SourceWatch)
- Juan Cole: Intimidation by Israeli-Linked Organization Aimed at US Academic (Informed Comment, 23. November 2004)