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Mondtäuschung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Als Mondtäuschung wird das Phänomen bezeichnet, dass der Mond (und ebenso auch die Sonne) in Abhängigkeit von seiner Stellung in Zenitnähe oder in Horizontnähe unterschiedlich groß wahrgenommen wird, obwohl es dafür keine physikalische, astronomische oder optische Ursache gibt. Tatsächlich handelt es sich um eine psychologisch erklärbare Wahrnehmungstäuschung.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Scheinbare Änderung der Mondgröße

Der Mond scheint knapp über dem Horizont wesentlich größer zu sein als im Zenit.

Die Ursache dafür, wie auch für die unterschiedliche Größenwahrnehmung der Sonne, ist nicht, wie oft fälschlicherweise vermutet, eine Folge der „Rötung“ (viel mehr blaues als rotes Licht wird durch die „Rayleigh-Streuung“ an den Atomen und Molekülen der Atmosphäre aus dem zum Beobachter gerichteten Strahlenbündel von Sonne und Mond in Horizontnähe herausgestreut, so dass ein größerer Anteil an rotem Licht zum Auge des Beobachters gelangt), und auch nicht eine Folge der Refraktion – der Brechung von Lichtstrahlen an den Grenzflächen zweier Medien – weil eine durch Refraktion oder Rötung erfolgte Größenveränderung auch auf einer Fotografie zu sehen sein müsste, was nicht der Fall ist. Es handelt sich stattdessen um eine optische Täuschung, die von der Wahrnehmungspsychologie untersucht und erklärt wird.

[Bearbeiten] Sehwinkel und Größenwahrnehmung

Sehwinkel und Größenwahrnehmung
Sehwinkel und Größenwahrnehmung

Wesentlich für die korrekte Größenwahrnehmung eines Gegenstandes ist die ebenso korrekte Information über dessen tatsächliche Entfernung zum Beobachter. Aus der Größe der Abbildung (dem Sehwinkel) eines Objekts auf der Netzhaut und dem gleichzeitig vorhandenen Wissen über dessen Entfernung „errechnet“ das menschliche Gehirn unbewusst die tatsächliche Größe des Objekts (Emmertsches Gesetz), indem es auf die Erfahrung zurückgreift, dass ein naher Gegenstand ein größeres Abbild auf der Netzhaut hervorruft als derselbe, weiter entfernte Gegenstand. Da der Mond stets etwa 385.000 Kilometer von der Erde entfernt ist, muss es sich bei der vermeintlichen Größenzunahme des Mondes bei Auf- und Untergang beziehungsweise seiner Größenabnahme im Zenit somit um eine Täuschung handeln.

Wahrnehmungstäuschungen bezüglich der Größe entstehen meist dann, wenn eine unbewusste falsche Einschätzung der Entfernung vorliegt: Ein Gegenstand (D) in fester Entfernung (f), der ein Abbild in der Größe (A) auf der Netzhaut erzeugt, und dessen Entfernung fälschlicherweise unterschätzt (e) wird, wird als kleiner beziehungsweise als gerade so groß (C) wahrgenommen, wie er sein müsste, um in dieser unterschätzten geringeren Entfernung die Größe (A) auf der Netzhaut zu erzeugen (siehe die Skizze rechts). Ein Beispiel dafür ist der Mond in Zenitnähe oder auch der sogenannte „Spielzeugautoeffekt“: Wenn man von einem hohen Turm hinunterschaut, wird mangels Erfahrung die Entfernung unterschätzt und die Autos unten werden kleiner, wie Spielzeugautos, wahrgenommen.

Umgekehrt: Ein Gegenstand (C) in fester Entfernung (e), der ein Abbild in der Größe (B) auf der Netzhaut erzeugt, und dessen Entfernung fälschlicherweise überschätzt (f) wird, wird als größer beziehungsweise als gerade so groß (D) wahrgenommen, wie er sein müsste, um in dieser überschätzten größeren Entfernung die Größe (B) auf der Netzhaut zu erzeugen (siehe Skizze). Ein Beispiel dafür ist der Mond in Horizontnähe, die „Mondtäuschung“: Da zwischen Mond am Horizont und Betrachter viel mehr Gegenstände (Bäume, Häuser, Hügel etc. – mehr „Tiefeninformation“) liegen als zwischen Mond oben am Himmel und Betrachter, wird die Entfernung fälschlicherweise als größer eingeschätzt, bei größerer Entfernung und gleich großer Abbildung auf der Netzhaut müsste der Gegenstand aber größer sein, und somit wird der Mond oder auch die Sonne am Horizont auch größer wahrgenommen.

[Bearbeiten] Das abgeflachte Firmament

Das abgeflachte Firmament
Das abgeflachte Firmament

Die tatsächliche Größe des Mondes wird auch in Zenitnähe nicht korrekt wahrgenommen. Jeder Astronom weiß, dass der Mond einen weitaus größeren Durchmesser (3476 Kilometer) hat, als die fehlerhafte, leicht täuschbare menschliche Wahrnehmung ihn erscheinen lässt. Dahinter steht die unkorrekte Entfernungseinschätzung: die wirkliche Entfernung (etwa 385.000 Kilometer) des Mondes ist für den Menschen nicht wahrnehmbar, aber der Mond am Horizont scheint weiter weg zu sein als der Mond oben am Himmel. Durch die Tiefeninformation (Bäume, Häuser etc.) bei waagrechter Blickweise zum Horizont und die fehlende Tiefeninformation beim Blick nach oben erhält das Firmament, auf dem Mond, Sonne und auch die Sterne scheinbar stehen, eine abgeflachte Form. Bei real gleich großer Abbildung auf der Netzhaut des Auges wird der scheinbar weiter entfernte Mond am Horizont größer wahrgenommen und wird der scheinbar weniger weit entfernte Mond in Zenitnähe kleiner wahrgenommen.

Wegen der abgeflachten Form des Firmaments werden auch die einzelnen Sterne eines Sternbildes (zum Beispiel des Sternbilds „Schwan“) als weiter auseinander stehend wahrgenommen, das ganze Sternbild erscheint also größer, wenn es in Horizontnähe steht, als wenn es im Zenit steht: Und es wird kontinuierlich kleiner, wenn es sich beispielsweise im Verlauf einer Nacht vom Ost-Horizont her kommend dem Zenit annähert. Es gibt diese kontinuierliche und lineare Größenveränderung in Abhängigkeit von der Position am Himmel zwar bei den Sternbildern, aber nicht so eindeutig beim Mond oder der Sonne. Die scheinbare Größenveränderung von Sonne und Mond fällt – im Gegensatz zur Größenwahrnehmung bei den Sternbildern – erst in Horizontnähe auf.

Für das Erklärungsprinzip des abgeflachten Firmamentes spricht, dass nur damit auch die scheinbare kontinuierliche Größenveränderung der Sternbilder erklärt werden kann, während das Prinzip der Vergleichsobjekte (siehe unten) besser erklären kann, warum eine Größenveränderung von Sonne und Mond erst in Horizontnähe wahrgenommen wird.

[Bearbeiten] Vergleichsobjekte

Prinzip der Vergleichsobjekte: die beiden orangefarbenen Kreise in der Mitte sind gleich groß
Prinzip der Vergleichsobjekte: die beiden orangefarbenen Kreise in der Mitte sind gleich groß

Zur scheinbaren Größenveränderung trägt auch das Prinzip der Vergleichsobjekte bei: Weil der Mond am Horizont im Vergleich mit kleineren Objekten, etwa Bäumen oder Häusern gesehen wird, wirkt er dort größer, als wenn er im Zenit im Vergleich mit dem großen Firmament gesehen wird.

Dazu kommt noch folgendes Paradoxon: Der wegen des scheinbar größeren Abstands „am Horizont“ größer wahrgenommene Mond erscheint dann wegen seiner ungewöhnlichen Größe wieder näher zu sein. Diese Paradoxie könnte sich so auflösen: Es vermischen sich hier die Täuschungen nach zwei Prinzipien der Entfernungswahrnehmung:

  • mehr Dinge (Tiefeninformation und Perspektive) dazwischen bedeuten eine größere Entfernung,
  • ein größeres Objekt ist näher.

[Bearbeiten] Geschichte

Erste Hinweise auf das Phänomen der Mondtäuschung finden sich auf Tontafeln aus den königlichen Bibliotheken von Niniveh und Babylon (6. Jahrhundert v. Chr.). Ptolemäus (ca. 150 n. Chr.) vermutete fälschlicherweise vergrößernde Eigenschaften der Atmosphäre, Alhazen (Abu Ali Al-Hasan Ibn Al-Haitham, 965 bis ca. 1040) schrieb bereits vom abgeflachten Firmament, auch Leonardo da Vinci, Johannes Kepler und René Descartes beschäftigten sich mit der Mondtäuschung, seit über 100 Jahren wird diese optische Täuschung von der wissenschaftlichen Wahrnehmungspsychologie untersucht, dennoch ist das Phänomen der Mondtäuschung noch immer nicht eindeutig geklärt. Es bleiben Widersprüche bei den unterschiedlichen Erklärungsansätzen. Die derzeit anerkanntesten und von vielen Experimenten untermauerten Erklärungen sind dabei die der falsch eingeschätzten Entfernung mit dem abgeflachten Firmament und das Prinzip der Vergleichsobjekte. Viele Fachleute glauben inzwischen, dass die Mondtäuschung nie ganz erklärbar sein wird, sprechen vom „vielleicht ältesten ungelösten Problem der Naturwissenschaften“. Im Einzelnen siehe dazu den ersten unten angeführten Weblink.

[Bearbeiten] Fehleinschätzung der relativen Mondgröße

Größenvergleich des Mondes mit der Breite des Daumens einer ausgestreckten Hand. Der kleinste Mond ist im richtigen Verhältnis gezeichnet.
Größenvergleich des Mondes mit der Breite des Daumens einer ausgestreckten Hand. Der kleinste Mond ist im richtigen Verhältnis gezeichnet.

In Relation zum Sehwinkel des Daumens einer ausgestreckten Hand entspricht der Sehwinkel des Mondes (sowohl in Zenitnähe als auch in Horizontnähe) tatsächlich der auf nebenstehendem Bild rechts abgebildeten kleinsten Mondscheibe, auch wenn die meisten Menschen aus der Erinnerung eher auf die Größe der links abgebildeten Mondscheibe tippen würden. Der scheinbare Durchmesser des Mondes beträgt 31 Bogenminuten, also ungefähr 0,5 Grad. Drei bis vier Mondscheiben nebeneinander gelegt erscheinen unter dem gleichen Sehwinkel wie die Breite des ausgestreckten Daumens, die je nach Daumenbreite bzw. Länge des Arms zwischen ungefähr 1,5 und 2 Grad liegt.

[Bearbeiten] Siehe auch

Emmertsches Gesetz

[Bearbeiten] Literatur

  • Helen Ross, Cornelis Plug: The Mystery of The Moon Illusion. Exploring Size Perception. Oxford University Press, Oxford 2002, ISBN 0-19-850862-X
  • E. Bruce Goldstein: Wahrnehmungspsychologie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1997, S. 243 ff., ISBN 3-8274-0094-5

[Bearbeiten] Weblinks


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