Monumenta Germaniae Historica
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Die Monumenta Germaniae Historica (MGH) sind ein Institut zur Erforschung des Mittelalters, das sich auch „Deutsches Institut für Erforschung des Mittelalters“ nennt. Das Institut ist aus der 1819 vom Reichsfreiherrn vom Stein gegründeten „Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde“ hervorgegangen und seit 1949 in München ansässig.
Oft wird die Bezeichnung „MGH“ auch auf die vom Institut herausgegebenen Editionen mittelalterlicher Texte bezogen, deren erstes Anliegen es ist, diese Quellen der Forschung zugänglich zu machen. Außerdem wird von den MGH mit dem Deutschen Archiv für Erforschung des Mittelalters (DA) eine der wichtigsten Fachzeitschriften für die mittelalterliche Geschichte herausgegeben.
Derzeitiger Präsident (Leiter) der MGH ist seit 1994 Rudolf Schieffer.
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[Bearbeiten] Publikationen und Abteilungen der Monumenta
Die Publikationen der Monumenta Germaniae Historica erscheinen hauptsächlich in fünf Abteilungen:
- I. Scriptores (lateinisch „Schriftsteller“): Editionen narrativer Quellen (Viten, Chroniken, Annalen, Staatsschriften);
- II. Leges (lateinisch „Gesetze“): Editionen von Volksrechten, Kapitularien, Konzilsbeschlüssen, Formulae u. a.
- III. Diplomata (lateinisch „Urkunden“): Editionen von Urkunden, vor allem den Urkunden der deutschen Könige und Kaiser derzeit von den Merowingern 481 n. Chr. über die Karolinger, Ottonen und Salier bis hin zu dem Stauferkaiser Friedrich II. 1212.
- IV. Epistolae (lateinisch „Briefe“).
- V. Antiquitates (lateinisch „Altertümer“): Editionen von mittelalterlichen Gedichten, Nekrologien, Memorialbüchern.
Außerdem erscheinen (oder erschienen) bei den Monumenta Germaniae Historica:
- die Zeitschrift „Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters“ (seit 1937; Vorgänger: die Zeitschrift „Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde", 1876-1935);
- die Publikationsreihe „Quellen zur Geistesgeschichte des Mittelalters“;
- die Publikationsreihe „Deutsches Mittelalter. Kritische Studientexte“;
- die Freiherr-vom-Stein-Gedächtnis-Ausgabe mit mittelalterlichen Quellen im lateinischen Originaltext und in deutscher Übersetzung;
- Einzelausgaben lateinischer Quellentexte zum Schulgebrauch („Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi“).
[Bearbeiten] Geschichte
Das Projekt der Monumenta Germaniae Historica hatte sich nach dem Wiener Kongress das ehrgeizige Ziel gesetzt, die wesentlichen Geschichtsquellen zur ‚deutschen‘ Vergangenheit zu edieren. Dementsprechend gab Johann Lambert Büchler 1819 der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde und damit den MGH das Motto Sanctus amor patriae dat animum, lateinisch für „Die heilige Vaterlandsliebe gibt den (rechten) Geist“ – ein Wahlspruch im Sinne des romantischen Nationalismus zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
Anfängliche Meinungsverschiedenheiten über Art und Umfang der Quellensammlung wurden mit dem Plan der Zentraldirektion von 1824 grundlegend geklärt, z. B. wurde die oben beschriebene Einteilung der Publikationen in die fünf Haupt-Abteilungen beschlossen. Als editorische Regeln wurden damals u. a. vorgegeben: Die besten Handschriften eines Werkes sollten vollständig, die schlechteren nur in Auswahl berücksichtigt werden. Die originale Rechtschreibung der Handschriften sei bis auf die Unterscheidung von u, v und w beizubehalten, die Interpunktion könne modernisiert werden.
Außerdem wurde als Richtwert für den zeitlichen Umfang der Monumenta die Zeit von etwa 500 bis 1500 n. Chr. festgesetzt, vom Aufhören der klassischen Literatur bis zum allgemeinen Gebrauch der Buchdruckerkunst. Antike klassische Schriftsteller – wie etwa Tacitus – sollten allenfalls auszugsweise berücksichtigt werden. Hinsichtlich des räumlichen Umfangs sollte die mittelalterliche Ausdehnung des deutschen Reiches maßgeblich sein, so dass auch die deutsche Schweiz, Elsass-Lothringen, die Ostseeprovinzen und die Niederlande berücksichtigt würden. [1]
Daneben sollten auch die wichtigsten „ausgewanderten deutschen Stämme“ wie die Vandalen, Burgunder und Langobarden berücksichtigt werden: „Bis zu ihrer Vermischung oder ihrem Untergange“ gehöre ihre Geschichte „im weiteren Sinne auch zu der unsrigen“, heißt es im Plan des Unternehmens für ältere deutsche Geschichtskunde von 1824. Befolgt wurde jedoch auch die Warnung von Barthold Georg Niebuhr, der gegen die Aufnahme der Quellen einiger der „ausgewanderten Stämme“ große Bedenken hatte: die Franken seien zwar ohne weiteres aufzunehmen, weil ja ihr Siedlungsgebiet Teil des karolingischen Reiches gewesen war; aber die Angelsachsen, wandte er ein, seien toto orbe divisi gewesen (lateinisch: „mit ihrem ganzen (Siedlungs-)gebiet [vom deutschen Reich] getrennt“), und die Westgoten nicht minder.
Die Tätigkeit der MGH, eine der größten Gruppenarbeiten auf dem Gebiet historischer Forschung, setzt sich auch im 21. Jahrhundert weiter fort. Im Jahr 2004 begannen die MGH, finanziell gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, ihre sämtlichen Editionen, die älter als fünf Jahre sind, in Form von digitalisierten Scans online zu stellen (siehe Weblinks).
[Bearbeiten] Präsidenten
Die Präsidenten der Monumenta Germaniae Historica waren von der Gründung bis heute:
1823-1873 Georg Heinrich Pertz
1875-1886 Georg Waitz
1888-1902 Ernst Ludwig Dümmler
1906-1914 Reinhold Koser
1914-1919 Michael Tangl (kommissarisch)
1919-1935 Paul Fridolin Kehr
1936-1937 Wilhelm Engel
1937-1942 Edmund Ernst Stengel
1942-1945 Theodor Mayer
1947-1958 Friedrich Baethgen
1958-1970 Herbert Grundmann
1971-1994 Horst Fuhrmann
seit 1994 Rudolf Schieffer
[Bearbeiten] Siehe auch
Urkunden des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, Quellensammlung, Corpus Fontium Historiae Byzantinae
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Bresslau, 1921, S. 138f.
[Bearbeiten] Literatur
- Harry Bresslau: Geschichte der Monumenta Germaniae historica. Hannover 1921, Nachdruck Hannover 1976. (Digitale Version)
- Herbert Grundmann: Monumenta Germaniae Historica 1819-1969. 1969. ISBN 3-921575-90-7.
- Mittelalterliche Textüberlieferungen und ihre kritische Aufarbeitung. Beiträge der Monumenta Germaniae Historica zum 31. Deutschen Historikertag. Mannheim 1976. ISBN 3-921575-02-8.
- Zur Geschichte und Arbeit der Monumenta Germaniae Historica. Ausstellung anläßlich des 41. Deutschen Historikertages München 17.-20. September 1996. Katalog. Redaktion: Alfred Gawlik. 1996. ISBN 3-88612-090-2.
- Quelleneditionen und kein Ende? Zwei Vorträge. (Arnold Esch, Der Umgang des Historikers mit seinen Quellen. Über die bleibende Notwendigkeit von Editionen - Rudolf Schieffer, Die Erschließung des Mittelalters am Beispiel der Monumenta Germaniae Historica) 1999. ISBN 3-88612-145-3
- Horst Fuhrmann: "Sind eben alles Menschen gewesen". Gelehrtenleben im 19. und 20. Jahrhundert, dargestellt am Beispiel der Monumenta Germaniae Historica und ihrer Mitarbeiter. München 1996. ISBN 3-406-402801.
[Bearbeiten] Weblinks
- http://www.mgh.de/ - Homepage
- http://www.dmgh.de/ - Digitales Angebot der MGH, im Aufbau (Bilddateien/Scans, weitgehend vollständig)
- http://archiv.twoday.net/stories/24182/ - Nachweis der über 60 Bände der MGH, die bei "Gallica" digitalisiert vorliegen