Neue Weltordnung
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Der Begriff Neue Weltordnung bezeichnet die politische Idee, eine ideal geordnete Lebenswelt für alle Menschen der Erde normativ durchsetzen zu können.
Problematisch ist der Begriff, weil naturgemäß die Vorstellungen darüber, welche globale Gesellschaftsordnung ideal für alle Menschen wäre, auseinander gehen.
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[Bearbeiten] Herkunft und Verwendung des Begriffs
Geprägt wurde der Begriff nach dem Ende des Ersten Weltkriegs durch den amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson bei seinem letztlich misslungenen Versuch, den Völkerbund als Weltregierung zu etablieren. Die Alte Weltordnung war in dieser Vorstellung das System des Mächtegleichgewichts im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts (balance of powers), welches sich in der katastrophalen Entwicklung hin zum Krieg als unfähig zur friedlichen Regelung der internationalen Beziehungen erwiesen habe.
Die Bezeichnung wurde erneut populär in der Verwendung durch den damaligen Präsidenten der USA George H. W. Bush nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Diktaturen in Osteuropa Ende des 20. Jahrhunderts und der damit kurzfristig einhergehenden Hoffnung auf den Anbruch eines neuen, friedlicheren Zeitalters für die Menschheit unter amerikanischer Führung. Die vorangegangene Alte Weltordnung – das Gegenüber zweier antagonistischer gesellschaftlicher Systeme mit ihrer militärischen Blockbildung im Kalten Krieg nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs – hatte sich mit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch der kommunistischen Regime in Osteuropa aufgelöst.
Die Popularisierung des Begriffs lässt sich damit zwar historisch verorten, das Phänomen an sich aber tritt nicht erst im 20. Jahrhundert auf; prinzipiell ist es jeder Ideologie – wie im Übrigen auch jeder nichtanimistischen Religion – inhärent, eine Neue Weltordnung anzustreben. In historischen Umbruchsituationen – wie z.B. auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs (Gründung der Vereinten Nationen mit der bis heute andauernden Dominanz der ehemaligen Siegermächte als ständige Mitglieder des Sicherheitsrats) oder eben nach dem Bankrott der kommunistischen Regime – scheint das jeweils entstandene machtpolitische Vakuum eine "neue" Weltordnung geradezu zu fordern.
Die Idee einer Neuen Weltordnung wird am Beginn des 21. Jahrhunderts in den USA unter dem Gesichtspunkt ihres Führungsanspruchs als einzig verbliebener Weltmacht diskutiert; sie wird kritisiert von allen, die mit den entsprechenden Vorstellungen der amerikanischen Regierungspolitik nicht einverstanden sind. Hierzu gibt es diverse Verschwörungstheorien, wie eine solche Ordnung auch gegen den Willen der Menschen durchgesetzt werden könnte und wer dieses anstrebt.
[Bearbeiten] Nationalsozialismus
Auch der Nationalsozialismus unter Adolf Hitler brachte Vorstellungen von einer Neuen Weltordnung hervor: die Hegemonie Deutschlands über Europa etwa (sog. "Neuordnung Europas"), die Vertreibung oder Versklavung der slawischen Bevölkerung Osteuropas oder die Vernichtung der europäischen Juden und anderer missliebiger Bevölkerungsgruppen. Einige dieser Vorstellungen wurden in der Zeit des Nationalsozialismus umgesetzt (z.B. mit der Aktion T4 zur systematischen Ermordung geisteskranker und behinderter Menschen oder mit der fabrikmäßigen Ausbeutung von Menschen bis zum geplanten Tod in den Vernichtungslagern; vgl. auch Aktion Reinhardt). Der Kriegsverlauf hinderte die Nationalsozialisten allerdings daran, ihre Pläne vollständig zu verwirklichen.
[Bearbeiten] Kommunismus
Sozialistische Staaten hatten und haben das Fernziel, eine kommunistische Weltordnung ohne Klassenunterschiede zu etablieren. In einer "Diktatur des Proletariats" sollen die Besitzlosen, die Bauern und Arbeiter die Herrschaft von den Fabrikanten, selbständigen Unternehmern und den alten politischen Eliten übernehmen. Sie sollen zu "sozialistischen Persönlichkeiten" umerzogen werden, um letztendlich eine Gesellschaft der Gleichheit ohne Ausbeutung und Konkurrenzdenken zu bilden.
[Bearbeiten] USA
Wie oben erwähnt sprach George H. W. Bush am 11. September 1990 von einer Neuen Weltordnung (New World Order), die nach dem Ende des Kalten Krieges notwendig und wünschenswert sei. Eine Begründung für die Öffentlichkeit gab dabei der konservative evangelikale Fernsehprediger Pat Robertson, der 1991 ein Buch mit dem Titel New World Order publizierte.
H. W. Bushs späterer Nachfolger im Präsidentenamt, sein Sohn George W. Bush, propagierte mit seinem Krieg gegen den Irak 2003 das Ziel, in diesem Land (und später im ganzen Nahen Osten) demokratische politische Strukturen einzuführen, die Armut zu besiegen und den Menschen ein Leben in Freiheit und Würde zu verschaffen. Er griff damit – ob bewusst oder unbewusst – die rhetorischen Floskeln vor dem Eintritt der USA in die beiden Weltkriege auf. Von Nebenplänen, deren Verfolgung das amerikanische Engagement in den Augen der davon Betroffenen entglorifizierte (Erdöl-Vorratssicherung des ressourcenreichsten Nahost-Staates oder Sicherung von Wiederaufbau-Claims für US-Firmenkonsortien), war öffentlich nicht die Rede.
Deshalb musste der, erst kurz zuvor im Zusammenhang mit den Ereignissen des Ersten Golfkriegs, von den USA mit vielen Petro-Dollars militärisch nachgerüstete Irak von seinem Diktator Saddam Hussein entmachtet werden. Dies geschah offiziell im Zusammenhang mit dem zum Zeitpunkt der Irak-Invasion behaupteten Unterstützung von Osama bin Laden durch Saddam Hussein. Damit sollen geopolitische Interessen der USA durchgesetzt werden, wie sie etwa vom PNAC offen in Strategiepapieren diskutiert werden.
Bush wehrte sich nicht gegen den Vorwurf, eine von den USA dominierte Weltordnung ohne internationale Gegner erreichen zu wollen.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Neokonservatismus in den USA
- Neue Weltordnung (Verschwörungstheorie)
- Grand Orient Projekt
[Bearbeiten] Weblinks
- Michail Gorbatschow, History is not preordained: a new cold war can be averted ("The Guardian", 18. Januar 2007 - vgl. Kalter Krieg)