Nicolas Edme Restif de la Bretonne
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Rétif de la Bretonne auch Nicolas Edmonde Rétif (Restif) de La Bretonne (* 23. Oktober 1734 in Sacy bei Auxerre; † 3. Februar 1806 in Paris) war ein franz. Romancier und Wegbereiter des Verismus und Naturalismus.
Nicolas-Edme Retif de la Bretonne wurde als achtes von vierzehn Kindern geboren. Sein Vater war ein vermögender Bauer. Er wurde als Nicolas-Edme Restif geboren, benannte sich 1760 aber in Restif um. Später erfolgte eine weitere Namensumnennung in 'de la Bretone' (sic) nach dem Landgut, auf dem er aufwuchs. Von zwei Halbbrüdern, die Geistliche gewesen sind, erhielt er seine einzige Schulausbildung. Nach einer ersten heute nicht belegbaren Vermählung heiratete er Agnès Lebègue, welche Ehe jedoch 1794 wieder aufgelöst wurde. Ein in Geheimschrift verfasstes Tagebuch weist deutlich darauf hin, dass er in der Art eines Inzests mindestens ein Verhältnis zu einer seiner Töchter, Agnès, aus dieser Ehe hatte.
Rétif de la Bretonne war seit seinem fünfzehnten Lebensjahr gelernter Drucker und wurde Autor von um 200 Büchern (nahezu 57 000 Seiten), die zum Teil noch nicht wissenschaftlich ausgewertet wurden. Er verfasste Sittenromane und Sozialutopien. Er schrieb zuletzt, um Zeit zu sparen, direkt in den Setzkasten. Der z. B. von Friedrich Melchior Grimm „Rousseau der Gosse“ (vgl. „Rousseau des ruisseaux“) genannte (wohl wegen seiner Offenheit die mit den Confessions zu vergleichen ist) bzw. auch als „Petronius der Gosse“ Bezeichnete war stets umstritten. Lavater nannte ihn anerkennend den „Richardson français“; deutsche Dichter wie Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller und Wilhelm von Humboldt nahmen ihm gegenüber eine wohlwollende Haltung ein. Er war ein Lieblingsautor Johann Georg Hamanns. Z. B. in L’amante du mérite ist ein republikanischer Tenor zu erkennen und ein Ruf nach Gleichberechtigung der Menschen ohne Ansehen ihres Geschlechts oder ihrer Standes. Im Zuge der Schreckensherrschaft Robespierres, als jener am 27. Juli 1793 in den Wohlfahrtsausschuss gewählt wurde, schlägt Réstifs anfängliche Begeisterung für die französische Revolution um und er redigiert in diesem Jahr Teile seiner Schriften, bleibt aber der Aristokratie gegenüber, zu der er nicht gehört, ablehnend eingestellt.
Er gilt vielfach als bloßer Pornograph. Tatsächlich hat er aber eine Ergänzung zu De Sades Bild der Aristokratie in seinen freizügigen Schilderungen der niederen Stände geliefert. De Sade war ein Kontrahent Rétifs. Seine sexuelle Fixierung auf Schuhe, geschildert in dem Roman Le Pied de Fanchette, führte zu der Bezeichnung: Retifismus für diese Art Fetischismus. Zu seinen skurrilen Einfällen gehört die Idee, per Gesetz die Verheiratung aller sechzehnjährigen Männer mit zweiunddreissigjährigen Frauen zu gebieten. Nach sechzehn Jahren sollten diese Ehen automatisch geschieden werden um dann wiederum eine jüngere zu heiraten. Vergleichbare Ideen hat nur noch Arthur Schopenhauer geäußert. Als Schilderer der Sitten der französischen Revolutionszeit hat ihn Iwan Bloch gewürdigt. Retif konnte sich rühmen jenseits des Rheines der meist gelesene (französische) Autor zu sein.
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[Bearbeiten] Zitate
„La dépravation suit le progrès des lumières.“
– Restif de la Bretonne: Le Pornographe (dt. Übersetzung des Zitates: Die Verderbtheit folgt der fortschreitenden Erkenntnis.)
„Le bonheur n'est pas une plante sauvage, qui vient spontanément, comme les mauvaises herbes des jardins: c'est une fruit délicieux, qu'on ne rend tel, qu'à force de culture. “
– Restif de la Bretonne: Les Parisiennes (dt. Übersetzung des Zitates: Das Glück ist keine wildwachsende Pflanze, die wie das Unkraut in den Gärten von selbst erscheint: es ist eine köstliche Frucht, der man viel Pflege zuwenden muss.)
[Bearbeiten] Werke (Auswahl)
- 1775 Paysan perverti ou les dangers de la ville
- 1780 La Paysanne Pervertie
- 1784 Mr. Nicolas
- 1786 Les Nuits de Paris
- 1787 Paysan et la Paysanne pervertis
- 1793 Anti Justine
- Die Anti-Justine. oder die Köstlichkeiten der Liebe. Übers. und hg. Erwin Müller. 2 Bde. Hanau/Main: Müller & Kiepenheuer ...
- Monsieur Nicolas Abenteuer im Lande der Liebe. Hrsg. von H. Lewandowski. 3 Bde. Hbg., Gala-Verlag 1961-62. Gr.8°. Mit zahlr. Textabb. von W.M. Busch. 252 S., 1 Bl.; 262 S., 1 Bl.; 246 S
- Abenteuer im Lande der Liebe Übertragen von Konrad Merlin. Mit Illustrationen. von Paul Kamm. Nachw. von v. Molen Utrecht Pfeil-Verlag 1927 316 Seiten.
[Bearbeiten] Literatur
- Otto Flake Marquis de Sade mit einem Anhang über Rétif de la Bretonne. Fischer, Frankfurt am MAin 1981, ISBN 3-596-22275-3
- Iwan Bloch: Der Marquis de Sade und seine Zeit. Heyne, München 1978, ISBN 3-453-50124-1
- Eugen Dühren (d.i. Iwan Bloch), Rétif de la Bretonne. Der Mensch, der Schriftsteller, der Reformator. Verlag: Harrwitz, Berlin 1906
- Eugen Dühren (d.i. Iwan Bloch) (Hrsg.), Verzeichnis der französischen und deutschen Ausgaben und Schriften von und über Rétif de la Bretonne, Verlag: Harrwitz, Berlin 1906
- Rétif de la Bretonne, Zeitgenössinnen (Les Contemporaines). übertragen von Helga und Dietmar Rieger, Karlsruhe: Amadis 1968, 425 Seiten
- Die literarische Reflexion der Französischen Revolution im Schaffen des Literaten Nicolas-Edme Retif de la Bretonne (1734-1806) von Martina Bender 209 Seiten. Romanistischer Verlag, Bonn 1995, ISBN 3-86143-030-4
- Ned Rival: Rétif de la Bretonne ou les amours perverties. Paris 1982.
[Bearbeiten] Zeitschrift
- Études Rétiviennes, Paris 1985 ff.
[Bearbeiten] Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Rétif de la Bretonne, Nicolas-Edme |
ALTERNATIVNAMEN | Rétif de La Bretonne, Nicolas Edmonde, bzw. Restif de La Bretonne, Nicolas Edmonde |
KURZBESCHREIBUNG | franz. Romancier |
GEBURTSDATUM | 23. Oktober 1734 |
GEBURTSORT | Sacy bei Auxerre; |
STERBEDATUM | 3. Februar 1806 |
STERBEORT | Paris |