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Johann Georg Hamann

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Johann Georg Hamann
Johann Georg Hamann

Johann Georg Hamann (* 27. August 1730 in Königsberg; † 21. Juni 1788 in Münster) war ein deutscher Philosoph und Schriftsteller. Sein Hang zum Irrationalen und die mystisch-prophetische Sprache führten zu dem Beinamen „Magus des Nordens.“

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Lebenslauf

Hamanns Vater war Wundarzt und Bader. 1746 begann er an der Universität Königsberg Theologie zu studieren; später wechselte er zur Rechtswissenschaft, beschäftigte sich aber vor allem mit Sprachen, Literatur und Philosophie, auch mit Naturwissenschaften. Er gehörte 1749/50 zu den Herausgebern der Wochenzeitschrift »Daphne«. Ohne Abschluss verließ er 1752 die Universität und wurde Hofmeister in Livland. In dieser Zeit setzte er seine breitgefächerten privaten Studien fort.

1756 wurde er von einem Rigaer Handelshaus (Christoph Berens) angestellt und reiste ein Jahr später nach London, wo er bis zum Frühsommer 1758 blieb. Er geriet in eine tiefe Krise und studierte intensiv die Bibel. Dabei kam es 1758 zu einem „Erweckungserlebnis”. In Gegnerschaft zu den Philosophen der Aufklärung (unter ihnen sein Freund Kant) verfocht Hamann unter dem Eindruck Giordano Brunos, Leibniz’, Spinozas und des Neuplatonismus eine Rückbesinnung auf Motive wie Gottesbestimmung, Schöpfung und göttliche Menschwerdung sowie auf die Einheit von Vernunft und Sinnlichkeit, Allgemeinem und Einzelnem bzw. Begriff und wahrnehmbarem Zeichen.

Als sich seine Hoffnung, Katharina Berens heiraten zu können, zerschlagen hatte, kehrte er Anfang 1759 wieder nach Königsberg zurück, kümmerte sich jedoch wie stets nur wenig um einen bürgerlichen Beruf. Wohl wegen eines Sprachfehlers konnte er weder predigen noch Vorlesungen abhalten. Jedoch waren ihm seine Belesenheit und seine Kenntnis fremder Sprachen bei seiner umfangreichen schriftstellerischen Tätigkeit hilfreich. 1762 begann die Freundschaft mit Johann Gottfried Herder, den er stark beeinflusste. 1764 reiste er nach Frankfurt, die Möglichkeit einer dortigen Anstellung zerschlug sich allerdings.

Durch Vermittlung Kants erhielt Hamann 1767 eine Übersetzerstelle bei der preußischen Zollverwaltung; er begann eine nie legalisierte „Gewissensehe“ mit Anna Regina Schumacher, aus der vier Kinder hervorgingen. 1777 wurde er zum Packhofverwalter ernannt. Die berufliche Tätigkeit ließ ihm genügend Zeit zu ausgedehnter Lektüre und zum Schreiben. Von 1764 bis 1779 war er Mitarbeiter der „Königsbergschen Gelehrten und Politischen Zeitungen“, für die er viele Rezensionen schrieb. 1787 erhielt er auf eigenes Gesuch seinen Abschied; er reiste nach Düsseldorf zu Friedrich Heinrich Jacobi und nach Münster, wo er Kontakt zum Kreis um Amalia Fürstin Gallitzin aufnahm. Dort starb er am 21. Juni 1788.

Grab von Johann Georg Hamann in Münster
Grab von Johann Georg Hamann in Münster

[Bearbeiten] Würdigung

Hamann wurde als Prophet der Sturm- und Drang-Bewegung bezeichnet. Er hatte wesentlichen Anteil an der Entwicklung von Persönlichkeiten wie Herder und Jacobi, er beeinflusste Goethe (der ihn einmal den hellsten Kopf seiner Zeit nannte) und Hegel, besonders aber Kierkegaard.

Überzeugt davon, dass unsere seelischen Regungen sich in einem Halbdunkel (des Unbewussten?) abspielen, schuf er sich selbst eine neue, schwer verständliche Sprache. Das von Sokrates betonte „Nichtwissen“ deutete er als Bekenntnis zum Irrationalismus und verlangte vom Dichter und Denker die „Herzwärme der Willkür“. Seine Schriften - die meist recht kurz sind - sind durchzogen mit vielen Zitaten und Anspielungen. Allerdings widerspricht der rätselhafte Stil dem seines Briefwechsels, der recht deutlich und klar war. Daher wurde vermutet, er habe den Leser zur aktiven Mitarbeit „zwingen“ wollen, denn (so schrieb er einmal sinngemäß) „ein Autor, der heute sofort verstanden wird, wird morgen falsch verstanden.“ Autor und Leser sind bei Hamann komplementär verbunden: sie bilden zwei Hälften eines Ganzen, die sich aufeinander einstellen müssen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen.

Dies gehört auch zu seinem zentralen Begriff, der coincidentia oppositorum, deren Existenz er überall aufsuchte und auch nachwies: in der rätselhaften Vereinigung von Körper und Geist, von Sinnlichkeit und Vernunft, von Schicksal und Verantwortung im menschlichen Leben, und in den christlichen Mysterien.

Ein Denker, der so sehr vom Widersprüchlichen im Leben überzeugt ist, hat es nicht weit zur Ironie. So war er berühmt für die ironischen Wendungen in seinen Schriften - was ihr Verständnis umso mehr erschwert. Nicht umsonst wird man bei der Lektüre Hamanns an die Romane seines Zeitgenossen Laurence Sterne erinnert.

Bedeutende Werke Hamanns sind Sokratische Denkwürdigkeiten (1759), Golgatha und Scheblimini (1784) sowie Metakritik über den Purismus der reinen Vernunft (1784). Als Wegbereiter des Sturm und Drang sowie der Romantik hatte Hamann nachhaltigen Einfluss auf Denker wie Johann Gottfried Herder, Johann Wolfgang Goethe, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling oder Søren Kierkegaard und Ernst Jünger.

[Bearbeiten] Rezeption

Geistige Verwandtschaften bemerkte schon Kierkegaard. Neben einer vielfältigen Rezeption in der Philosophie zur Sprache hatten die Schriften Hamanns einen nicht unbedeutenden Einfluss auf Ernst Jünger; vgl. u.a. Das Abenteuerliche Herz. Zweite Fassung (1938). u. ö.

[Bearbeiten] Werke

  • Gedanken über meinen Lebenslauf, 1758/59
  • Sokratische Denkwürdigkeiten, 1759
  • Kreuzzüge des Philologen, 1762
  • Golgatha und Scheblimini, 1784

Werkausgaben:

  • Hamann’s Schriften. 8 Bände. Hrsg. von Friedrich Roth. Reimer, Berlin 1821-1843 (vollständiges Digitalisat)
  • Sämtliche Werke. 6 Bände. Hrsg. von Josef Nadler. 1949–1957, Reprint 1999 (nicht unumstrittene historisch-kritische Ausgabe)

[Bearbeiten] Literatur

  • Georg Baudler: Im Worte sehen. Das Sprachdenken Johann Georg Hamanns. Bonn 1970
  • Oswald Bayer: Zeitgenosse im Widerspruch. Johann Georg Hamann als radikaler Aufklärer. München 1988
  • Karl Carvacchi: Biographische Erinnerungen an Johann Georg Hamann, den Magus in Norden. Regensberg, Münster 1855 (Digitalisat)
  • Bernhard Gajek: Ernst Jünger und Johann Georg Hamann. In: Etudes Germaniques. Nr. 51 (1996). S. 677-692.
  • Bernhard Gajek: Ernst Jüngers Hamann Erlebnis. In: Günter Figal, Georg Knapp (Hrsg.): Verwandtschaften. Jünger-Studien. Bd. 2. Attempo, Tübingen 2003, S. 53-73
  • Anna Lydia Huber: Feministische Spuren-Suche. Hamann. In: Die Grüne F Abyss. Nr.3/Okt. 1989, S. 7ff.

[Bearbeiten] Weblinks

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