Nikolaikirche (Wismar)
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Kirche St. Nikolai von Wismar wurde von 1381 bis 1487 als Kirche der Seefahrer und der Fischer erbaut und gilt als Meisterwerk der Spätgotik im nordeuropäischen Raum. Die Nikolaikirche ist als Teil der Wismarer Altstadt seit 2002 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes verzeichnet.
Das Bauwerk ist eine dreischiffige Basilika mit Einsatzkapellen, Chorumgang und Kapellenkranz und wurde im Stil der norddeutschen Backsteingotik errichtet. Sowohl dem nördlichen als auch dem südlichen Seitenschiff gliedern sich querhausartige Vorhallen an, die jedoch nicht direkt mit dem Hauptschiff verbunden sind und auch nicht dessen Höhe erreichen. Der Bau orientiert sich im Wesentlichen an der Ratskirche St. Marien von Wismar, die ebenso wie St. Nikolai die Urform der Lübecker Marienkirche aufgreift.
Der ursprüngliche Turm hatte eine Höhe von 120 m. Im Jahre 1703 zerstörte ein Sturm den Spitzhelm des Turms. Teile des Spitzhelmes durchschlugen das Dach des Hauptschiffes und richteten große Zerstörungen an der Inneneinrichtung an.
Der gewaltige Baukörper von St. Nikolai bildet mit seinem hohen Kirchenschiff einen markanten Punkt in der Stadtsilhouette Wismars, zusammen mit den anderen beiden großen Kirchen St. Marien und St. Georgen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Das Innere
Das Innere der Nikolaikirche ist geprägt vom Zusammenspiel sakraler Baukunst aus verschiedenen Epochen. Während die Architektur des Raumes und der Gebäudeteile gotisch sind, ist die Ausstattung weitggehend barock. Eine Renovierung und Neueinziehung der Gewölbe 1867 haben dazu geführt, dass nur noch einzelne Elemente der Originalfassung erhalten sind. Die Renovierung der zerstörten Ausstattungselemente erfolgte dann im Barockstil. Erwähnenswert sind ebenfalls die spätgotischen Wandmalereien.
Viele Teile der reichhaltigen Ausstattung stammen ursprünglich aus ehemaligen oder zerstörten Wismarer Kirchen. So wurde in der südlichen Vorhalle der Hochaltar und das Triumphkreuz von 1430 aus St. Georgen (Rekonstruktion bis 2010) untergebracht. Auch in der Nordhalle befinden sich Relikte der Ausstattung von St. Marien und St. Georgen. Das gotische Gestühl im Chorumgang stammt ebenfalls aus St. Georgen.
[Bearbeiten] Altar
Der Hauptaltar wurde 1774 gebaut und ist ein großartiges Zeugnis des Spätbarock. Interessant ist, dass der Sockel des Altaraufsatzes das Abendmahl darstellt. Die Spitze des Altars bildet eine triumphierende Christusstatue.
[Bearbeiten] Orgel
Die Orgel wurde erst 1985 eingebaut. Vorher befand sich die ab 1787 erbaute Orgel in der Freiberger Nikolaikirche in Sachsen. Das reichverzierte Instrument wurde von Johann Gottlob Mende geschaffen und verfügt über zwei Manuale und 28 Register.
[Bearbeiten] Hauptschiff
Das Hauptschiff der Kirche St. Nikolai ist mit 37 Metern Gewölbehöhe das vierthöchste Kirchenschiff Deutschlands.
Die zusätzliche zur ohnehin schon großen Gewölbehöhe des Hauptschiffes, enorme Betonung der Vertikalen mit hohen und dicht gestellten Arkaden zu den Seitenschiffen und kürzeren Fenstern im Obergaden, verleiht dem Innenraum eine herausragende Höhenwirkung. Dazu bei trägt ebenso die relativ geringe Breite des Hauptschiffes von nur 10,50 m (Höhe 37 m), wodurch der Raum beinah schachtartig erscheint und die Blicke unweigerlich in die unerreichbaren Höhen des zeltförmigen Kreuzrippengewölbes schweifen lässt.
In Deutschland sind nur drei andere Kirchenschiffe höher. Der Kölner Dom mit 43,4 m, das Ulmer Münster mit 41,5 m, und die Marienkirche Lübeck mit 38,5 m sind noch höher als die Nikolaikirche. Die höchste Gewölbehöhe überhaupt besitzt die unvollendete Kathedrale von Beauvais (48,5 m), nördlich von Paris.
[Bearbeiten] Strebewerk
Anders als bei anderen großen Sakralbauten der Spätgotik in Norddeutschland (z.B. Georgenkirche (Wismar), Marienkirche (Stralsund)) wurde bei St. Nikolai nach wie vor großer Wert auf die Präsenz des Strebewerks gelegt.
Daher sind äußerlich vor allem die 16 Strebebögen auffällig, die dem hochaufragenden Mittelschiff nicht nur die notwendige Stabilität geben, sondern auch als Zierde des Gebäudes dienen.
[Bearbeiten] Giebel der Südhalle
Der Giebel der Südhalle weist einen für die Backsteingotik ungewöhlich reichen Schmuck auf. Er ist durch Motivfriese gegliedert, die im Backstein eingefügt sind. Die einzelnen Figuren stellen die Mutter Gottes, den heiligen Nikolaus, Drachen, Löwen, Menschenköpfe dar. Oberhalb der Motivfriese befindet sich eine der Sonne nachempfundene Rosette aus Backstein.
Eben dieser reichverzierte Giebel ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Backsteingotik keineswegs, auf Grund des Baumaterials, künstlerischen Einschränkungen unterlag.
Diese Tatsache beweist, dass die Baumeister der Backsteingotik absichtlich eine allgemein eher schlichte und nüchterne Wirkung ihrer Bauwerke erreichen wollten. Das klare Gesamtbild des ganzen Baukörpers mit seiner prägnanten Struktur sollte in den Vordergrund treten, ohne den überreichen Schmuck, wie etwa bei den hochgotischen Kathedralen Frankreichs.
Dieser Giebel stellt zwar eine Ausnahme dar, zeigt jedoch das eigentliche Potential der Backsteinbauweise.
[Bearbeiten] Maße
- Turmhöhe: 64 m
- Gesamtlänge: 85 m
- Größte Breite: 58 m
- Mittelschiff: 37 m x 10,5 m
- Seitenschiffe: 18,5 m x 5,5 m
- Wandstärke des Turmschaftes: 4,5 m
- Wandstärke der Kapellen: 1,20 m
[Bearbeiten] Weblinks
Wikibooks: Wege zur Backsteingotik – Lern- und Lehrmaterialien |
Koordinaten: 53° 53′ 44″ N, 11° 27′ 56″ O