Oskar Brüsewitz

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Oskar Brüsewitz (* 30. Mai 1929 in Willkischken, Memelland; † 22. August 1976 in Halle (Saale)) war ein evangelischer Pfarrer, dessen öffentliche Selbstverbrennung in Zeitz großes Aufsehen erregte.

Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1.1 Nachahmungsfälle 2 Literatur 3 Film 4 Weblinks 5 Quellen

Leben

Brüsewitz brach 1943 eine kaufmännische Lehre ab, kam 1944 zur Wehrmacht und in sowjetische Kriegsgefangenschaft. 1945 bis 1947 absolvierte er eine Schuhmacherlehre, legte 1951 die Schuhmachermeisterprüfung in Osnabrück ab und siedelte 1954 in die DDR über. Ab 1955 arbeitete er als selbständiger Handwerksmeister in Markkleeberg und Weißensee und nach der Überführung des Geschäfts in die PGH Sömmerda als Zweigstellenleiter.

1964 bis 1969 besuchte er die Predigerschule in Erfurt und wurde 1970 evangelisch-lutherischer Pfarrer in Rippicha im Kreis Zeitz. Seine Jugendarbeit und symbolische Protestaktionen wie das Installieren eines Kreuzes aus Neonröhren an seiner Kirche führten zu zunehmenden Konflikten mit staatlichen Stellen, die 1976 auf eine Versetzung von Brüsewitz drängten. Nachdem ihm die Kirchenleitung einen Stellenwechsel nahelegte, verbrannte sich Brüsewitz am 18. August 1976 öffentlich vor der Michaeliskirche in Zeitz.

Er führte Plakate mit sich, auf denen er den Kommunismus der Unterdrückung anklagte („Funkspruch an alle: Die Kirche in der DDR klagt den Kommunismus an! Wegen Unterdrückung in Schulen an Kindern und Jugendlichen“), und sprach in seinem Abschiedsbrief vom „scheinbaren tiefen Frieden, der auch in die Christenheit eingedrungen“ sei, während „zwischen Licht und Finsternis ein mächtiger Krieg“ tobe.

Brüsewitz erlag am 22. August 1976 seinen Verbrennungen im Bezirkskrankenhaus Halle-Dölau. Seine Tat löste eine DDR-weite Solidarisierung von Theologen und Gemeinden aus, die zu einer neuen Standortbestimmung der evangelischen Kirche in der DDR und zu einer der Wurzeln für die Wende 1989 wurde. Dagegen wollten staatliche Stellen die Geschehnisse zunächst verschweigen und stellten, als dies nicht gelang, Brüsewitz als Psychopathen dar. Das Neue Deutschland brachte am 31. August 1976 unter dem Titel „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden“ einen negativen Bericht mit der Behauptung, die Selbstverbrennung wäre die Tat eines krankhaft veranlagten Menschen, der nicht alle fünf Sinne beisammen habe. Ähnliches war in der Zeitung Neue Zeit zu lesen, der Zeitung der Blockpartei CDU.^[1] Zum 30. Todestag 2006 entschuldigte sich das Neue Deutschland förmlich für den damaligen Artikel, der „in einem der zahlreichen Büros des Zentralkomitees der Partei“ entstanden sei und den es als „üble Verleumdung“ bezeichnete.^[2] Darüber hinaus veröffentlichte es eine Auswahl aus kritischen Leserbriefen von DDR-Bürgern, die 1976 zu Tausenden bei der Zeitung eingegangen, aber nicht veröffentlicht worden waren.^[3] In der Bundesrepublik wurde von der Paneuropa-Union ein Brüsewitz-Zentrum zur Dokumentation von Repressionen und Unterstützung der Opposition in der DDR gegründet.

Die Protestaktion des Oskar Brüsewitz wird auch als das Fanal von Zeitz bezeichnet.

Nachahmungsfälle

Am 17. September 1978 verbrannte sich im vogtländischen Falkenstein der evangelische Pfarrer Rolf Günther in der Kirche; möglicherweise diente ihm die Tat des Pfarrers Brüsewitz als Vorbild. Jedoch waren in diesem Fall innerkirchliche Konflikte die Ursache für die Selbstverbrennung.^[4]

Am 31. Oktober 2006 verbrannte sich im Erfurter Augustinerkloster mit Roland Weißelberg ein weiterer evangelischer Pfarrer.^[5] Auch hier diente die Tat des Pfarrers Brüsewitz offenbar als Vorbild. Als Grund für diese Verzweiflungstat nannte der Pfarrer in einem Abschiedsbrief „Sorge vor der Ausbreitung des Islam“.^[6]

Literatur

• K. Motschmann: Oskar Brüsewitz, Würzburg 1978, ISBN 3-921155-37-1
• H. Müller-Enbergs, H. Schmoll, W. Stock: Das Fanal. Das Opfer des Pfarrers Brüsewitz aus Rippicha und die evangelische Kirche, Berlin 1993.
• Harald Schultze (Hrsg.): Das Signal von Zeitz - Reaktionen auf die Selbstverbrennung von Oskar Brüsewitz, Leipzig 1993, ISBN 3374014275
• H. Müller-Enbergs, W. Stock, M. Wiesner: Das Fanal. Das Opfer des Pfarrers Brüsewitz aus Rippicha und die evangelische Kirche, Münster 1999 (erweiterte 2. Auflage), ISBN 3-402-05263-6
• Freya Klier: Oskar Brüsewitz - Leben und Tod eines mutigen DDR-Pfarrers, Berlin 2004, ISBN 3-00-013746-7
• Krampitz, Karsten; Tautz, Lothar; Ziebath, Dieter: " Ich werde dann gehen..." - Erinnerungen an Oskar Brüsewitz, Leipzig 2006, ISBN 3-374-02398-3

Film

• Der Störenfried. Ermittlungen zu Oskar Brüsewitz. Dokumentarfilm von Thomas Frickel (1992)

Weblinks

• Literatur von und über Oskar Brüsewitz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
• ausführliche Biografie auf den Seiten des MDR
• Leben und Wirken von Oskar Brüsewitz, ausführliche Biografie auf den Seiten der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (PDF)
• „Der Protestant“, Artikel im Berliner Tagesspiegel vom 6. August 2006
• „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden“, Artikel in der Berliner Zeitung vom 19./20. August 2006
• UOKG-Tagung zum 30. Todestag von Oskar Brüsewitz
• Bundesregierung
• Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
• Das Fanal
• Artikel in der Zeitung Die Welt

Quellen

1. ↑ Deutschlandfunk
2. ↑ Karlen Vesper: „Er hat uns alle überrascht ...“. Neues Deutschland vom 12. August 2006, S. 24
3. ↑ Warum dieser Hass? Reaktionen auf einen Artikel im ND. Neues Deutschland vom 12. August 2006, S. 24
4. ↑ BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Nr. 1209/79, Bd. I, Bl. 74f., Bd. II, Bl. 10–16
5. ↑ Mirko Krüger: Pfarrer verbrennt sich selbst. Thüringer Allgemeine vom 1. November 2006, S.
6. ↑ Selbstverbrennung als Protest. Thüringer Allgemeine vom 1. November 2006, S.

Personendaten
NAME	Brüsewitz, Oskar
KURZBESCHREIBUNG	evangelischer Pfarrer
GEBURTSDATUM	30. Mai 1929
GEBURTSORT	Willkischken/Litauen
STERBEDATUM	22. August 1976
STERBEORT	Halle (Saale)